Hans von Bülow bedankt sich für die Exemplare, und hofft ihn bald zu sehen.


Brief an J.G. Rheinberger
3. Juli 1865, München


Hochgeehrter Herr,
unverschuldeter Weise bin ich mit meinem Danke für das mir von Ihnen gewährte schöne Geschenk in Rückstand gerathen. Kurz vor der letzten Tristanaufführung von einem kleinen Erholungsausfluge zurückgekehrt, habe ich erst heute Vormittags die nähere Bekanntschaft mit Ihrem interessanten Klavierwerke eingehen können. Da ich nicht weiss, wann ich die Ehre haben würde, Sie zu Hause ohne Störung Ihrer kostbaren Musse anzutreffen, so beschränke ich mich heute darauf, Ihnen schriftlich den Zuwachs der Bewunderung auszudrücken, mit welchem mich Ihre meisterhaften, künstlerischen Productionen erfüllen. Sobald ich meine vom Taktstab versteiften Finger wieder ein wenig disziplinirt haben werde, will ich mir gestatten, Ihnen die fünfzig Variationen [1], die mir sehr sympathisch sind, wenigstens zum grössten Theile mit der Anfrage vorzuspielen, ob ich dieselben dem Münchener Publikum im künftigen Winter den Absichten des Componisten entsprechend vorführen kann.

Mit vorzuglicher Hochachtung
ganz ergebenst
Hans von Bülow
München, 3. Juli 1865.

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[1] ... die fünfzig Variationen = vgl. J.G. Rheinberger schreibt, dass es eigentlich nichts zu erzählen gebe, ausser vielleicht von Emil, der ständig Geld suche. Sein grosses Octet und die 50 Variationen, die er in den Ferien geschrieben habe, fänden grosse Anerkennung. 09.11.1861, in: Wanger/Irmen, Bd. 2, S. 15 f.
General -Direktor L... = Generalmusikdirektor Franz Lachners Einfluss nahm nach seiner Pensionierung ab, während Wagner seine Beziehungen zu König Ludwig II. au.fzubauen begann. Für Rh. stiegen damit die Chancen, dass seine Oper "Die sieben Raben" in München angenommen werde.