Pfarrer Wolfinger berichtet von dem Befinden seines Schützlings Josef G. Rheinberger, welcher Anerkennung verdient. Pfarrer Wolfinger spricht die Bereinigung der väterlichen Verlassenschaft an, um fremden Schuldmachen vorzubeugen.


Brief Pfarrer Wolfinger an Johann Peter Rheinberger


Türkenfeld, den 2ten Januar 1854
Euer Hochwohlgeboren
Hochgeehrtester Herr Vetter!

Auf Ihr sehr verehrtes S. v. 25ten Sept. v. J. erlaube ich mir bey Gelegenheit des neu angehenden Jahres Antwort zu geben mit dem herzlichsten Wunsche: dass der gütige Gott bey Abwendung alles Unglücks nur Heil und Segen spenden wolle. -
Herrn Pepi besuchte ich seither zweimal, er befindet sich wohl u. munter, ist sehr fleissig und brav u. verdient sich dadurch die ehrsamste Anerkennung von Seiten Aller, welche mit ihm in Berührung kommen. -
Die Titl. Herrn Professoren sprechen sich mit grössten Lobeserhebungen über sein Benehmen u. musikalischen Leistungen aus; eben so gross ist aber auch mein Vergnügen, Titl. Herrn Papa solch' erfreuliche Nachrichten kund geben zu können. -
Die Beilage resp. Bedenken am Schluss Ihres Briefes betreffend, dürfen Sie durchaus keiner Ängstlichkeit Raum geben - in fraglicher Beziehung konnte ich über die Anstalt nicht im Geringsten etwas Nachtheiliges in Erfahrung bringen. - Titl. Herr Professor Schafhäutl scheint mir auf vielleicht einzelne Individuen des Professoren Collegiums anspielen zu wollen; worin er gerade nicht Unrecht haben mag, in dem was die Anstalt selbst betrifft, ist nichts zu befürchten. -

Professor Schafhäutl ist übrigens ein sehr braver im Ansehen stehender Mann, dem jedenfalls grosses Vertrauen geschenkt werden kann. -
Herr Perstenfeld sucht, wie ich vernehme, das Quartier u. Kostgeld immer mehr zu steigern; - mir scheint derselbe will Ihre Güte so ziemlich auf die Probe setzen; - er wollte auch bey mir in gewissen Angelegenheiten Versuche machen - allein der Pfarrer von Türkenfeld ist nicht immer zu erwünschten Zeiten zu Hause - Steigerung des Quartiers,der Kost u. etwa grössere Vorauszahlungen würde ich mir durchaus nicht mehr gefallen lassen - ein hier allbekanntes Sprichwort sagt: dass nur kleinste Stadtleute in ihren Ansprüchen und ihrer Unverschämtheit keine Grenzen kennen. -
Um das Geld, was Pepi jetzt .bezahlen muss, sind ohne viel Complimente die schönsten u. besten Quatiere zu vermitteln.-
Dem Pepi wünscht ich grössere Vervollkommnung in der französischen Sprache, was für ihn in Zukunft gewiss von grossem Werthe wäre - doch diess wird sich etwas später leichter machen lassen. -
Die Osterferien wird Pepi, auf Verabredung zu meinem Vergnügen in Türkenfeld zu bringen. -

Titl. Herr Jauch von Balzers [1] besuchte mich auf seiner Reise von Wien her. - Wenn alle die grossartigen Projekte, über die er mich in nicht geringes Erstaunen setzte in Erfüllung gehen, gratuliere ich dem ganzen Lande, - Balzers dürfte in kurzer Zeit das alte 'Athen' werden. -

Durch Herrn Vetter Wolfinger, vulgo Mühlenhans [2], vernehme ich leider selten etwas Erfreuliches von meinen Geschwisterten in Balzers. -
Schuld über Schulden; u. mir wird natürlich stets die Ehre zugemuthet, dieselben zu zahlen - neuerdings erhielt ich wieder zum guten neuen Jahre die angenehme Meldung von 150 fl, welche sich noch vom Vater sel. datieren sollen u. noch - aymol [3] zu bezahlen seyen.-
Currentschulden der Geschwisterten habe ich alle Jahre in Mengen zu bezahlen. -

Um diesen Geschäften einmal ein Ende zu machen, wäre mir nichts erwünschter als einmal die Erledigung resp. Bereinigung der väterlichen Verlassenschaft, um demnach fremden leichtsinnigen Schuldmachen vorzubeugen - Ich bitte Sie hierüber gelegentlich mit Titl. Herrn Grundbuchführer und Titl. Herrn Landesverweser zu reden und diese Angelegenheit in förderliche Anregung gütigst bringen zu wollen - gegebenenfalls würde ich u. meine Schwester hier, dem Herrn Vetter Wolfinger in der Mühe all unsere Stellenpatente bevollmächtigen. -
Schliesslich Alles Gute u. Schöne Bekannten u. Verwandten namentl. Titl. Herrn Peter - Titl. Hr. Carigiet Canoniko, - Titl. Hr. Dr. Grass, Schädler, dann Lu, Lu, Lu!!! zu vermelden bittend
zeichnet mit besonderer Hochachtung und Verehrung
Euer Hochwohlgeboren
ergbst. J.T. Wolfinger, Pfarrer.

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[1] Herr Jauch = H. Jauch war Pfarrer von Balzers um die Zeit von 1853-1863. Einer Ueberlieferung gemäss galt er lange Zeit als Verfasser der liechtensteinischen Landeshymne.
[2] vulgo Mühlenhaus = sog. Hausnamen waren in Liechtenstein lange zur Unterscheidung von Personen im Gebrauch.
[3] aymol = einmal (mundartlich)