Josef G. Rheinberger berichtet von seinen Klavierschülern und freut dass die Messe in der St.Ludwigskirche aufgeführt werden soll.


Brief Josef G. Rheinberger an seine Eltern
2. August 1857, München


Theuerste Eltern!
Ich kann Ihnen heute nur Weniges berichten, und zwar weil ich fast nichts des Aufzeichnens Werthes weiss. Gesund und wohl, wie ich bin, hoffe ich auch von Ihnen, Theuerste Eltern und Geschwister, es zu vernehmen.
Zwei von meinen Schülern gehen auf das Land bis September; bleiben mir in loco noch 3 Schüler. (6 Lectionen per Woche). Vielleicht, dass ich noch Schüler während dieser Zeit bekomme. Wenn man so einen Schüler hat, welcher ohne Talent und Lust Klavier lernen muss, so ist das eine äusserst unangenehme Quälerei zwischen Lehrer und Schüler. Da ist man froh, wenn auf der Uhr der Zeiger die Erlösung anzeigt. Doch noch viel lieber das als einem talentlosen Schüler Harmonie- oder Contrapunkt-Begriffe beizubringen. Doch genug davon!
Endlich am 15ten August (Mariä Himmelfahrt) soll meine Messe in der St. Ludwigskirche losgelassen werden - so sagte mir Pentenrieder - ka si, aber globa duane's net [2], weil Hr. Pentenrieder zuerst eine Probe halten und diese selbst bezahlen muss. Hier steckt der Knoten, das sagte mir Hr. Prof. Schafhäutl. Nun, wollen wir sehen. -
Heuer ist es furchtbar heiss, und im ganzen Juli war kein Regentag, höchstens alle 8 Tage ein kleines Gewitter. Desswegen geht Alles auf's Land. Die einen in's bayerische Hochgebirge, nach Salzburg, Tirol etc. Von meiner Bekanntschaft ist fast Alles fort.
In der Schweiz sollen alle Früchte so ausnehmend schön und reichlich stehn; ist das auch bei uns in Liechtenstein der Fall? Hier gibts vom 15ten Mai bis 15ten August Kirschen. Kommt der Peter oft nach Vaduz? Auf meinen Brief vom Mai schrieb er mir noch nicht. Dem Toni werde ich von nun an alle 8 Tage einen Brief unfrankirt schreiben, bis er mir einmal zu schreiben beliebt. Von Hr. Pfarrer Wolfinger von Vaduz habe ich nichts weiter gesehen oder gehört.

Ist Mali im Toggenburg? Was macht die liebe Mutter? Sie sind hoffentlich, Theuerste Eltern! immer gesund und meiner eingedenk, und in dieser Meinung verbleibe ich für immer Ihr dankschuldiger Sohn

Jos. Rheinberger
Viele Grüsse an Alle.
München, den 1ten Sonntag im Monat August [1857] [1]

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[1] Datum des Poststempels: 3. Aug. 1857
[2] … ka si, aber globa duane's net = . . .kann wohl sein, ich glaube es aber nicht...