Josef G. Rheinberger schreibt einen Mundartbrief.
Brief Josef G. Rheinberger an seine Schwester Amalie Februar 1857, o. O. [München]
Liebes Mali! Also so gross bist Du nun geworden, dass Du auch auf Bälle gehst? Du bischt gwöss a rechte magare Hopfastang worda! Hä! net wohr! S'Lisi hät mers scho gschreba. Du heiest min Polka bim Landvogt gschpelt , gwöss recht schö? Häscht Du o danzt? Haa. Du Gespele, Du dunners maitele? Duast Du o flissig Klavier spela? Duast Du o argla? Gelt, der Lehrer ka gwöss mine Mess recht schö schpela! Die wüaren schö singa. Und min Häli=Gäst der gfallt dena dumma Mosikanta o nümma; ischas wohr dass a nümma singa duand? Wenn i met der Zit weder a mol häm komm, i well dena Lumpa aber scho zäga was ma för a Häli=Gäst singa muass; der Pfarrer däta gwöss=gwöss o liaber höra, as das ander Dudl=Dum. Jetz han i gmähnt, dass a met der Zit All Lüt i der Kircha met anander singa sölland; aber för des Mosikantagsindl duane o nüt me componiera, ka Nöttele meh, ka Schwenzle von a ma Nöttele, förwohr, förwohr! Han i öppa öppa net recht? Die Lüt verschtond halt an Dr - - - - ] (das ischt an Eck.) Ischt der Wagus scho bi Eu gse? I han am brühawarme Grüassle a d' Matscherle met ge. Gelt, das ischt a schö's Herrle, und fascht so gross, as dar David - Hett er ne recht viel verzellt? Kunnt der Peter vielmohl gi Vadoz ahi? I han am o amol a Briefle gschreba, dass er net alawiel z'säga brucht, i sei an fula Borscht. I ha halt o alawiela und öberal uma Brief z'schrieba, und ha halt o viel z'dua, I kan net alawiel häm schrieba, bal am David, bal am Lisi, bal am Toni, bal am Peter, bal am Tatsch und bal am Matscherle. Jetz muass i Dir, weni viel öbrigs Gelt ha, Musikalia schecka, und o das II. Heft vo's Kramers Etüda. Do ka's Gespele weder uf am Klaviar uma haspla und net zella und rera, wenns net grad well, wenn i dahäm wer, wet I Dir's scho zäga, o so muascha's halt alläh lerna, I ka dar halt o net alawiel helfa, förwohr, förwohr! Jetz säg der Mama, I hei se recht gern, und sie soll diar für miar ah' Prisle Daback i d' Nasa ufischopfa, oder am Lisi, es duat gewüss o hämlig schnopfe; I ha wega dem der Neiere, wo nam sin Rock gmacht het, gset, sie söll am o noch a stoppenes Täschle a si Balkleid macha för a Tabakböx; und d' Neiere hätt mehr's o verschprocha, ma muass halt o a all's denka, und's Lisi kam er's net verdenke, wenn am hätt sölla das Ander schecka, aber s'Lisi ischt a guata Meanka, und hätt der grad d' Feder i duanke, und hät mer s'Restle vom Gelde gescheckt, und wega dem bin i o net verr ] t (das ischt o an Eck.) Jetz bhüat Gott! Und bis brav, förwohr, förwohr, so schribi dar nümma a Briefle vo dim Brüderle [1] Jos. Rhybärgerle z'Münka am so und so vielten Februar Hornig anno 7581. [1857]
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[1] Uebertragung: Liebes Mali! Also so gross bist Du nun geworden, dass Du auch auf Bälle gehst? Du bist gewiss eine recht magere Hopfenstange geworden! Nicht wahr! Lisi hat mir das geschrieben. Du habest meine Polka beim Landvogt gespielt, gewiss recht schön? Hast Du auch getanzt? Spielst Du auch fleissig auf dem Klavier? Spielst Du auch die Orgel? Der Lehrer kann gewiss meine Messe recht schön spielen! Die werden auch schön singen. Und mein Heilig- Geist-Lied gefällt also den Musikanten auch nicht mehr. ist es wahr, dass sie es nicht mehr singen? Wenn ich nach einiger Zeit wieder einmal nach Hause komme, will ich diesen Lumpen zeigen, was für ein Heilig-Geist- Lied gesungen werden muss. Der Pfarrer möchte dieses Lied gewiss-gewiss lieber hören als das andere Dudl-Dum. Ich glaubte, dass mit der Zeit alle Leute in der Kirche geweinsam singen sollen. Aber für das Musikantengesindel komponiere ich nicht mehr, kein Nötchen mehr, kein Schwänzchen von einem Nötchen, fürwahr, fürwahr! Habe ich etwa nicht Recht? Die Leute verstehen einen Dr. . .] (das ist ein Eck) War Wagus schon bei Euch? Ich gabe ihm brühwarme Grüsschen für das Matscherle mit. Das ist aber ein schönes Herrchen, und fast so gross wie David. Hat er Euch recht viel erzählt? Kommt Peter oft nach Vaduz hinunter? Ich habe ihm einmal ein Briefchen geschrieben, damit er nicht immer sagen braucht, ich sei ein fauler Bursche. Ich habe immer und überall herum Briefe geschrieben, und habe auch viel zu tun, ich kann nicht immer nach Hause schreiben, bald an David, bald dem Lisi, bald dem Toni, bald dem Peter, bald dem Tatsch und bald dem Matscherle. Nun muss ich Dir, sobald ich viel übriges Geld besitze, Musikalien schicken und auch das II. Heft von Cramers Etüden. Da kann das Gespele (=unruhiges Kind) wieder auf dem Klavier herumhaspeln und nicht zählen und weinen, wenn es nicht gerade üben will, wenn ich daheim wäre, wollte ich es Dir schon zeigen, so aber musst Du es allein lernen, ich kann Dir nicht immer helfen, fürwahr, fürwahr! Jetzt sage der Mutter, dass ich sie lieb habe und sie soll Dir für mich eine kleine Prise Tabak in die Nase stopfen, oder dem Lisi, das schnupft gewiss auch schon heimlich. Ich habe wegen dem der Näherin, die ihm sein Kleid genäht hat gesagt, sie solle ihm auch noch ein geheimes Täschchen an das Ballkleid nähen für die Tabakdose, und die Näherin hat es mir versprochen, man muss immer an alles denken, und das Lisi soll mir nichts nachtragen, wenn ich ihm hätte das andere schicken sollen, aber das Lisi ist eine gute Meanka (=Jammertasche) und hatt gerade die Feder eingetunkt und hat mir das Restchen vom Geld geschickt, und deswegen bin ich nicht ver]t. (Das ist auch ein Eck.) Jetzt behüte Dich Gott. Und sei brav, fürwahr, fürwahr, sonst schreibt Dir Dein Brüderchen kein Briefchen mehr...
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