Briefnotiz Peter Rheinberger
18. Januar 1856, o. O.
Der Zufall wollte gerade, dass an diesem Tage Josef's Simphonia zum 2ten male aufgeführt wurde, obschon ich mich nicht ganz gesund fühlte, wohnte ich doch mit Hr. Wolfinger bei. Der Saal war gedrängt voll, besonders waren viele Musik=kenner zu bemerken: Schaffhäutl, Maier, Leonhart, sogar Direktor Hauser etc: Josef dirigirte nicht, danach wurde er stürmisch gerufen. Der Privat=Musikverein gibt keine öffentlichen Konzerte, daher erhalten in dieselben nur diejenigen Zutritt, welche von seinen Mitgliedern Billiette bekommen. Josef darf sich jedoch Glück wünschen, dass ihm der Direktor dieses Vereins Hiber gewogen ist und seine Compositionen zur Aufführung bringt. Ein offenes Konzert im kgl. Odeon zu geben, ist hier für den Compositeur oder Virtuosen nicht gerade immer rentabel. Ich wohnte letzten Montag einem solchen Concerte bei, (eben weil ich ein Freibilliet erhielt) welches ein Hr. Paur aus London, früher Schüler von Lachner, gab. Man schilderte dasselbe als sehr gelungen. Er brachte mit dem Hoforchester, das vielleicht mehr als 100 Mann stark, auf weichem Instrumente er Virtuos ist etc: Dies ist alles recht schön zu hören, besonders für solche, die Freibillietten haben, deren Zahl sich vielleicht über 200 belaufen mag, welche jedoch sammt denen mit den Kassa=billietten den Saal nicht halb füllten, weil man eben zu viel Musik zu hören Gelegenheit hat. Die dankbaren Zuhörer riefen Hr. Paur stürmisch und wir klatschten, dass die Finger zu erbarmen waren, Hr. Paur aber musste für diese Ehre an die Hofmusiker und für Beleuchtung etc: über seine Einnahme noch 150fl drauf zahlen. Nun haben Sie einen Begriff vom Concertgeben, denn Ähnliches wiederholt sich hier genugsam.
Josef, der recht wohl ist und Sie Alle tausendmal grüsst, ist mit seiner kleinen Oper fertig; er wird sie morgen Hr. Lachner zur Einsicht vorlegen. - Von Frankfurt noch nichts, wird aber nicht ausbleiben."
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