Josef G. Rheinberger berichtet seinen Eltern, dass er seine Studien wieder aufnehmen konnte und seine Oper Schafhäutl vorspielte.


Brief Josef G. Rheinberger an seine Eltern


München, den 18.11.54
Theuerste Eltern!
Durch Ihre Güte in den Stand gesetzt, meine Studien wieder fortsetzen zu können, halte ich es für meine Pflicht, Sie nicht lange in Ungewissheit zu lassen. Dienstags früh wurde ich in Feldkirch zu spät geweckt, versäumte also den Poststellwagen. 1/2 Stunde später fuhr ich jedoch mit dem Stellwagen nach Bregenz. 1/2 11 Uhr mit Post nach Lindau, von 1/4 nach 12 Uhr bis 10 Uhr abend mit Eisenbahn bei einer Kälte von 18° nach München. Die Reisekosten betrugen inkl. allem 10 fl 48+er. Diese Nacht blieb ich im Stachus. Anderntages wurde ich bei Perstenfelds auf's freundlichste aufgenommen. Die Napoleons d'or sind 9 fl 18+er gegenwärtig. Nachmittags (Mittwoch) traf ich Hr. Maier nicht an. (Notabene trage ich jetzt einen Hut!!!) Ging deshalb zu Hr. Leonhard, welcher sehr grosse Freude bezeigte. Abends ging ich ins Konzert - traf Maier, Schafhäutl... alles beisammen. Hr. Schafhäutl hatte eine ungeheure Freude, ich musste nach dem Konzert mit zum "Shampagner"...
Gestern (Donnerst.) früh ging ich zu Hr. Maier. Er sagte mir manches - unter anderm: dass Schafhäutl von allem wisse, und zeigte mir jene Liste: wo ich schnell hineinblickte und Schafhäutl - 2 fl monatl. las. Er ist ganz der Alte.
Hernach ging ich zu Perfall mit Hr. Maier. Er war erfreut mich zu sehen und ungemein freundlich. Sagte mir manches über den Verein...
Heute früh ging ich mit meiner 'Oper' zu Schafhäutl und spielte sie ihm vor. Er sagte, ich müsse sie Hr. Lachner zeigen und ich solle recht oft kommen und viele Grüsse... Hr. Maier sagte, ich brauche die Beiträge nicht selbst zu holen, auch nicht hingehen, er werde jemanden hinschikken. Nur zu Lachner soll ich gehen und ihm danken. Dienstag werde ich hingehen.
Morgens samstags bekam ich meinen Überrock. An der Cholera sterben hier nur wenige mehr täglich. Von meinen näher Bekannten beinahe niemand. -
Hier ist es ganz warm wie im April. Hr. Herzogs Nachfolger in der protestantischen Kirche und Conservatorium ist bestimmt: ein W. Scherzer aus Stuttgart.
Jetzt werde ich sogleich Hr. Herzog und Wolfinger schreiben.-
Bisher ging alles gut, gebe Gott, dass es nur so gut gehe. Lisis Bestellung werde ich dieser Tage ausrichten und ihm dann zuvor schreiben.
Es grüsst alle und besonders Sie, teuerste Eltern
Ihr dankschuldiger Sohn

Jos. Rheinberger.

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