Pfarrer J.T. Wolfinger aus Türkenfeld, der Geld für J. G. Rheinberger verwaltet, legt Rechenschaft ab über die Verwendung der Gelder.


Brief Pfarrer J.T. Wolfinger aus Türkenfeld an Johann Peter Rheinberger


Türkenfeld, den 12ten März 1852
Hochwohlgeborener Herr Rentmeister!
Hochgeehrter Herr Vetter!

Hiermit habe ich die Ehre den Empfang der am 10ten d. M. mittelst Post erhaltenen 81 fl /Achtzig Einen Gulden/ zur Verwendung für Ihren Herrn Sohn Pepi zu bestätigen.

Ich erlaube mir nachstehend die bisherigen Auslagen zu bezeichnen:
a) für den 1/2 Monat Oktober v.J. 8 fl
b) für den ganzen Monat Novbr. 16 fl
c) für Dezb. inclusiv des Instructionsgeldes für französische Sprache 17 fl 30 +
d) für Januar 17 fl 30 +
e) für Februar, inclusiv des Quartal-Honorars ins Conservatorium 27 fl 30 +
f) für den Monat März /Vorausbezahlung 17 fl 30 +
In Summa 104 fl

Mit den 22 fl, welche Euer Hochwohlgeboren dem Pepi unmittelbar zu übermachen die Güte hatten, wird derselbe so die kleineren Studenten-Ausgaben bestritten haben?? –

Pepi steht unter guter Aufsicht, die Quartierleute sind fleissig, u. in jeder Beziehung um sein Wohl besorgt. Von grossem Vortheile in Bezug auf musikalische Vervollkommnung wäre es allerdings für Pepi, wenn derselbe bey einem Klavier-Virtuosen in Kost und Logie kommen könnte, wo öfters Familien-Concerte stattfinden; - das würde jedoch bedeutend höhere Kosten verursachen u. den Betrag von circa 24 fl per Monat erreichen. –
Pepi sollte auch das Latein nicht ganz vernachlässigen, für heuer hat er jedoch keine Zeit dazu, ja würde sein Fachstudium dadurch verkürzen nach dem alten Sprichwort: "Sensus ad plura adtentus, ad singula minus". –
Kommendes Jahr dürfte bessere Gelegenheit bieten. - Die Herren Professoren habe ich schon mehreremal gesprochen, dieselben äusserten sich immer mit vieler Zufriedenheit über den kleinen Mozart.
Mit nur 1 fl 30+er Instructionsgeld per Monat kann sich der französische Sprachlehrer deswegen begnügen, weil derselbe mehrere Zöglinge hat, welche miteinander eine tägliche Lernstunde bezahlen.
Mit meinem verkauften Rittergut werde ich nicht mehr lange renommiren, die Gemeinde Türkenfeld hat sich bereits mit mir in Kaufs-Unterhandlungen eingelassen, behufs Erwerbung eines neuen Schul- dann Armen-, Feuer-, und Gemeinde-Versammlungs Hauses, wozu sich die geräumigen Locale der dermaligen Schlossgebäude mit wenig Unkosten einrichten lassen.
Um der Gemeinde den Ankauf zu ermöglichen, sind durch Wohlthätige schon 1600 fl gratis zusammen gekommen, auch ich werde ein kleines Opfer bringen müssen um den schon lange erstrebten guten Zweck zu erreichen. - Dass das Entwässerungs-Werk in Balzers [1] gute Fortschritte macht, habe ich auch in letzter Zeit mit vielem Vergnügen vernommen; die Balzner haben die Gelegenheit einen neuen Beweis zu liefern: "was vereinte Kraft vermag". Die spätere Zeit wird ihre Mühe lohnen. –
Dass nicht Alles mit der Ausführung dieses grossartigen u. gemeinnützigen Projectes einverstanden ist, finde ich natürlich: quilibet, Cicero pro Domo sua. –
Die Oster-Ferien wird Pepi in Türkenfeld zubringen, wozu ich Euer Hochwohlgeboren freundlichst einlade, u. sollte es da nicht rnöglich seyn, so geben wir uns der angenehmen Hoffnung hin, dass Sie uns wenigstens auf den Herbst mit einern schätzbaren Besuche beehren werden.
Titl. Herrn Peter, wie Ihrer ganzen verehrten Familie, dem Titl Herrn Landes-Verweser, Herrn Vetter Pfarrer Wolfinger; Dr. Grass, Dr. Schädler meinen gehorsamsten Respekt zu vermelden
bittend zeichnet:
Mit besonderer Hochachtung u. Verehrung
Euer Hochwohlgeboren. ergebst.
J.T. Wolfinger, Pfarrer

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[1] Balzers = südlichste Gemeinde des Fürstentums Liechtenstein, Heimatgemeinde Pfarrer Wolfingers.