Johann Franz Paur [Bauer] legt dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein dar, dass die Stadt Feldkirch nicht mehr viel Widerstand gegen das Einlagern von Weinen aus der Herrschaft Schellenberg in Feldkirch vorbringen werde.


Durchleuchtigister fürst.[1]

Ewer hochfürstlich durchlaucht under dem 30. passato[2] abgegebenes gnedigstes rescript[3] habe gestern mit underthenigstem respect gehorsammest empfangen, nit zweifflende, indessen meine unnder dem 30. Octobris und 2. decurrentis[4] abgefertigte vernere underthenigste bericht wohl eingangen sein und allerhöchsten ohrts annoch weitere instanz machen zue khönnen, in compendio[5] genuegsambe materi mitgebracht haben werden. Welliche mit widerhohlung des under dem 30. passato an ihro kayserliche mayestät[6], etc., etc., gestellten desiderii[7] ein noch größeres peso[8] geben möchte, etc., ohne undertheinigiste maßgebung derffen sich ewr hochfürstlich durchlaucht umb beybehaltung dessen, was under ersagten 2. Novembris gehorsambst an die hand gegeben, mit offerirung einer billichen jahrs recognition[9], oder des umbgellts[10] frey heraus lassen, indeme von herren huebmaisteren[11] schon so vil verstehe, das, wann an denselben, wie vermuethlich geschechen wirt, die sach und sonderbahr ob das weinschenckhen dem loblichen Huebambt[12] nit præiudicierte[13], umb bericht und guetachten khommen solte, dise auf bezahlung des umbgelts hinauslauffen werden. Hierdurch wirdt allergnedigister herrschafft nit allein das camerale in tantum augmentiert[14], sonderen, quod magis est[15], / höchst ermelt allergnädigste herrschafft ohne ewr hochfürstlich durchlaucht allergeringesten nachtheyl der wegen bißherigen mangels die occasion[16] in der statt aigens zu exercieren[17] unmöglich geweste umbgeltsbezug in die hannd gespillt, mithin in fine finali[18] der statt selbsten nach billichem verdienst eine unvermuethete lange naßen getrehet werden kan. Von Ynnsprugg[19] versichern mich brief des großem müssfallens, welliches ein oder anderer minister yber der statt unbehuetsame motus discursim[20] verspühren lasset, derowegen ich mir auch von dorthen ein zuelängliches guetachten promittiere[21], sobald ybrigens die dise und vorjährige wein vollendts versorget, und der fruchteinzug beschechen sein wirdt, so werde auch von meiner ganzen wirtschafft gehorsambste relation erstatten. Bis dahin dann und sofort bestendig, zue immerwehrenden hochfürstlichen hulden und gnaden mich underthenigst empfehle.

Eur hochfürstlich durchlaucht.

Veldtkhirch[22], den 15. Novembris anno 1700.

Underthänig, threw gehorsamster.

Johann Franz Paur[23], manu propria[24]. /

[Rubrum]

Præstentatum[25], 26. Novembris 1700.

Schellenbergischer verwalter das umbgelt betreffend.

[Adresse]

Dem durchleuchtigisten fürsten und herren, herren Johann Adam Andreas, des Heyligen Römischen Reichs[26] fürsten und regiereren des hauß Liechtenstein von Nickholspurg[27], in Schleßien[28] herzogen zue Troppaw[29] und Jägerndorff[30], rütteren des Guldinen Flüss[31], der römisch kayserlichen mayestät etc. etc. würckhlichen gehaimen rath und cammereren, etc. Ihro durchlaucht, meinem gnedigisten herren.

Wien[32] per[33] Feldtsperg[34][a]

Franco ½

 


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[1] Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.

[2]vergangenen [Monat].

[3]Befehl.

[4]laufenden [dieses Monats].

[5]Zusammenfassung.

[6]Leopold I. (9. Juni 16405. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.

[7]Wünsche.

[8]Gewicht (Spanisch).

[9]Anerkennung.

[10](Getränke-)Steuer.

[11] Anton Dominik Schmidl(in) (Schmied(el)) von Löwenfeld (Lebenfeld) war um 1700 Hubmeister in Feldkirch. Vgl. Susanne Lotteraner, Die Vögte und Hubmeister in den vier Herrschaften vor dem Arlberg in der Frühen Neuzeit, unged. Dipl., Wien 2011, S. 80; Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 35 Schle– Schwa, Leipzig 1731–1754, Sp. 434.

[12]Das Hubamt in Feldkirch war die landesfürstliche Finanzverwaltung, die für den Steuereinzug zuständig war. Vgl. Arthur Hager, Das Hubamt in Feldkirch. In: Jahrbuch des Vorarlberger Landemuseumsvereins 1974/75, S. 81–104; hier: S. 81–82.

[13]vorher entschied.

[14]camerale in tantum augmentiert“: staatlich Finanzwesen in dem Ausmaß fördern. 

[15]quod magis est“: was besser ist. 

[16]Gelegenheit.

[17]auszuüben.

[18]letztendlich.

[19]Innsbruck (A).

[20]motus discursim“: Erregung plänkelnd.

[21]verspreche.

[22]Feldkirch (A).

[23]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72.

[24]eigenhändig.

[25]Vorgelegt.

[26] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.

[27]Nikolsburg (Mikulov), Stadt (CZ).

[28]Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa.

[29]Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ).

[30] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).

[31] Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein burgundischer Ritterorden.

[32]Wien (A).

[33]über.

[34] Feldsberg (Valtice), Stadt (CZ).

 


[a]Darüber ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.