Stadtammann und Rat der Stadt Feldkirch schreiben an die Oberösterreichische Hofkammer in Innsbruck, dass sie die Brandstatt des kaiserlichen Hubhauses in Feldkirch nicht kaufen konnten, aber nun nicht einverstanden sind, dass sich der Käufer, nämlich der Fürst von Liechtenstein, betreffend dieses Haus der Feldkircher Gerichtsbarkeit entziehen will. In diesem Fall würde die Stadt die Kaufsumme doch aufbringen können.
Copia. Ihro excellenz. Hoch- und wohlgebohrene, hochedlgebohrne und hochgelehrte gnädig gebüethendte herrn. Für den under dem 23. Augusti letsthin gnädig offerierten anfahl deß verkaufften allten Huebhauses brandtstatt sagen wür ganz underthänigsten danckh, die wür auch gleich dazuemahlen die 1150 fl. ahnzunemmen würden resolviert haben, wan nit unß die wegen laydigester feursbrunst und derendtwegen auf dem halß habendter beschwerlichen und ohnedeme fast unerschwinglichen paweeßen ermanglendte pare mittl abgehallten hetten. Seitenmahlen aber gleich gestern sich ein ganz newes unvermuethetes und nachthayligestes emergens herfürgethan, massen der sich nunmehr namhafft machendte und angebendte käuffer der fürstlich lichtensteinische landtvogt der herrschafft Schellenberg, Johann Franz Paur, bey so besagter brandtstatt alligliche immunität und dergleichen prætendieren will, hingegen aber solliche in das ex parte inclytæ cameræ new erkhauffte Hueb- und vormahls in der statt besteyrung und iurisdiction undisputierlich geweste gröste bürgerliche hauß transferiert worden, und wür anbey der ungezweyfleten gehorsamen hoffnung geleben, ewr excellenz und gnaden nit gemeint sein werden, uns in loco alias perangusto dergestallten zu coartieren, und wie gehört beede ohrts die iurisdiction zue benemmen, wür auch auf den zwar keinesweegs befahrendten fahl ad inter duo mala ad minus eligendum necessitiert weren, solliche allte Huebhauß brandstatt ehender an unß zue laßen, ia zue deren bezahlung mit unßerem schaden das gellt ander ohrts / zue endtlehnen, in sonderheitlicher consideration, daß durch die vorhabendte anhero deponierung so viler herrschafft schellenbergischen weinen nit allein der gemeinen statt und gesambter bürgerschafft, sondern auch und vornemblichen dem Huebambt selbsten ahn verschleissung dessen aigener weinen großes præiudiz, und nachthayl zuewachßen thete. So wür durch aigens abschickhendten in underthäniger anfragen, und unß getresten wollen, ewr excellenz und gnaden bey sobewandten dingen ehender genaigt sein werden, solliche brandtstatt unß noch gegen parer bezahlung gedeuen und zuekommen zue lassen. Zue gewissiger resolution und beharrlicher hochen gnaden uns inthen gehorsamst empfehlendte. Euer excellenz und gnaden. Feldtkirch, den 13. Octobris 1700. Gehorsame […] Stattaman und rath alda. / [Dorsalvermerk] Copia schrejbens ahn der römisch kayserlichen mayestät hochlöbliche Oberösterreichische Hoffcammer zu Ynspruk von stattamman und rath der statt Feldkirch, de dato 13. Octobris 1700.
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Das Palais Liechtenstein befindet sich in der Schlossergasse 8 in Feldkirch. Vorher stand an dieser Stelle das kaiserliche oberösterreichische Hubhaus. Nachdem dieses bei einem Stadtbrand 1697 abbrannte, kaufte Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein diese Brandstätte zusammen mit der angrenzenden kleinen Anna’schen Brandstatt und ließ auf beiden Brandstätten ein Amtshaus errichten, welches von den liechtensteinischen Landvögten im 18. Jahrhundert verwendet wurde. 1774 wurde das Gebäude verkauft. Heute befindet sich darin das Stadtarchiv und die Stadtbibliothek. Vgl. Arthur Hager, Das ehemals fürstlich liechtensteinische Haus in Feldkirch. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 63, Vaduz 1964, S. 141–153; hier: S. 143–144; Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Vorarlberg, Feldkirch, Profanbauten, Schlossergasse 8, Ehemaliges Palais Liechtenstein. Topographisches Denkmälerinventar herausgegeben vom Bundesdenkmalamt. bearb. in der Abteilung für Denkmalforschung, früher: Institut für österreichische Kunstforschung. Bearb. von Gert Ammann, Martin Bitschnau, Paul Rachbauer, Helmut Swozilek mit Beiträgen von Géza Hajós, Horst R. Huber, Herlinde Menardi, Elmar Vonbank. Verlag Anton Schroll & Co, Wien 1983, S. 207. Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72. Das Hubamt in Feldkirch war die landesfürstliche Finanzverwaltung, die für den Steuereinzug zuständig war. Vgl. Arthur Hager, Das Hubamt in Feldkirch. In: Jahrbuch des Vorarlberger Landemuseumsvereins 1974/75, S. 81–104; hier: S. 81–82. Leopold I. (9. Juni 1640–5. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.
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