Johann Franz Paur [Bauer] berichtet dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein über den Verlauf der Kaufverhandlungen für die Brandstatt des Hubhauses in Feldkirch und ein starkes Erdbeben.


Durchleuchtigester fürst.

Gnädigester fürst und herr, herr, etc., etc.[1] 

Eine alhier subsistierendte[2] kayserlich oberösterreichische commission benimmet herren Huebmaister[3] die zeith den eventual kauff zue behandlen, mit bedeithen, das ehemahls sollicher der statt auch angetragen worden, und ihre negotiva[4] noch diße wochen zue vernemmen were, etc. Inmittels zaigeten die copien befelchs ad alienandum[5] seinen gewalth, welliche gegen denn originalien gehallten, und ewr hochfürstlich durchlaucht hiermit gehorsammest ybermachen wollen.

Nachdem neulich beschribenen sturm findet man mehrer und größeren schaden, alß damahlß vermerkht worden. Donnerstags spirete man ein zimlich starkhes erdböben. Ewr hochfürstlich durchlaucht der gnadenvollen obhuet Gottes deß allmechtigen zue fürstlichen hulden aber mich underthänigst und gehorsamst empfehlendte.

Eur hochfürstlich durchlaucht.

Feldtkirch[6], den 19. Julii 1700.

Underthänigster, threw gehorsamster diener.

Johann Franz Paur[7], manu propria[8]. /

[Beilage]

Copia befelchs von hochlöblicher Oberösterreichischer Hoffcammer an mich, Antonius Dominicus Schmidl von Lewenfeldt, oberösterreichischer hoffcammerrath und huebmaister der herrschafft Veldtkirch abgangen, etc.

Unßer freundtlich dienst zuvor, edler, vester, lieber freundt. Hiebey communicieren wür euch, was unß der allhiesige hoffstainmetz und maurmaister Gallus Appeller yber denen abgebränten herrschäfftlichen ambtheußeren allda zue Veldtkirch für ein umbständtliche relation[9] eingeraicht, und mithin vorschlag gegeben hat, wellicher gestallten sowohl zue eines huebmaisters bewohnung, die in besagter statt Veldtkirch ligend Mahlerische[10] behaußung, allß auch für den gegenschreiber die negst an das Zohlhauß anstossende zway heußlein erhandlet; das abgebrante Huebhauß[11] hingegen verwendet, zumahlen was darüber hinbey ain und anderer behaußung für reparationes vorgenomben, auch waß für uncosten hierzue erforderlich und dan wie zue fruezeitiger herbeyschaffung der hierzue nöthigen materialien die anstalt gemacht werden möchte. Wie wür nun euch beraits unterm 14. passato[12] gewallt erthailt haben, das ihr zue eurem unterkhomen umb ain tauglich und bequembe behaußung in erwähnter statt Veldtkürch umbsechen, solliche biß zue erpauung des Hueb- und Zollhaußes in bestandt nehmen, und (da ihr es für nutzlicher achter) gar eventualiter yedoch auch unßer ratification[13] hierumben kheufflich tractieren möget. /

Allso wollen euch hierauf weiters mithin bevelchlichen aufgetragen haben, das ihr umb obersagt Mahlerische behaußung, in fahl ihr khain tauglich oder wohlfeilere erfragen köntet, ainen eventual khauffs contract ad ratificationem cameræ[14] auf das zuelänglichist anstossen und einschickhen, sondern auch umb das abgebrante herrschafftliche Huebhauß euch umb, oder anderen kheuffer böstmöglichist umbsechen und bewerben, auch gleichfahls auf disortige approbation[15] handlung pflegen. Nit weniger mithin die materialien von ihme, Appeller, eingerathner massen herbeyschaffen, in ain und anderen aber eurer beywohnenden dexterität nach und wie es das herrschafftliche interesse und euer obhabende pflicht erfordert, euch verhalten, zumahlen den ervolg zu weiterer gebürs vornembung zuverlasslich anhero bericht, anbey auch die einlag remittieren sollet. Datum Ynsprugg[16], den 12. Octobris anno[17] 1697.

Der römisch kayserlichen mayestät etc. etc.[18] præsident[19] und hoffcammerräthe Oberösterreichischer Landen. /

Copia befelchs von hochlöblicher Oberösterreichischer Hoffcamer an mich, Antonius Dominicus Schmidl von Lewenfeldt, oberösterreichischer hoffcammerrath und huebmaister der herrschafft Veldtkirch abgangen.

Unßer freundtlich dienst zuvor, edler, vester, lieber freundt. Waß wür an euch wegen verenderung der in negstpassierten jahr laider daselbs abgeprunenen Hueb- und Zollheußer bevelchlich gelangen lassen; dessen werdet ihr euch annoch gueter massen zue erynneren wissen.

Wan unß aber, ob und was in sachen bevelichter massen geschechen ist, zue dato ainicher bericht von euch nit erstattet worden.

Allß wirdet euch hiemit iterato nochmahlen und zwar alles ernsts bevolchen, das ihr dissfahls unßerer ob ergangener verordnung pflichtmessig nachgeleben, umb erwente abgepreunene Hueb- und Zollheußer anstendige kauffleith umbsechen; und sodann mit selbigen auf unßer ratification pöstmöglichist, alls es immer sein kan, tractieren, und wie es beschechen, unns ain sollches hinnach allhero berichten sollet. Daran beschicht unnßer willen und mainung. Datum Yhnnsprugg, den 10. Februarii anno 1699.

Der römisch kayserlichen mayestät, etc., etc. præsident und hoffcammerräthe Oberösterreichischer Landen. /

[Dorsalvermerk]

Copia befelchen hochloblichen Oberösterreichischen Hoffcamer zue Insprugg ahn (titel) herren huebmaistern der herrschafft Feldkirch wegen verkhauffung der allten Huebhauß hoffstatt.

De dato Insprug, 12. Octobris anno 1697 und 10. Februarii 1699. /

[Rubrum]

Præstentatum[20], den 27. Julii 1700.

Schellenbergischer verwalter sendet informationes wegen deß vorhabenden haußkauffs in Feldkirch.

[Adresse]

Dem durchleuchtigesten fürsten und herren, herren Johann Adam Andreaß, deß Heyligen Römischen Reichs[21] fürsten und regiereren deß haußes Lichtenstein von Nickholspurg[22], in Schlesien[23] hertzogen zue Troppaw[24] und Jägerndorff[25], ritteren deß Guldenen Flüsses[26], der römisch kayserlichen mayestät[27] etc. etc. würkhlichem gehaimen rath und cammereren, etc. Ihro durchlaucht, meinem gnädigisten herren, etc. etc.

Wien[28] per[29] Feldtsperg[30][a] 

Franco ½

 


______________

[1]Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.

[2]bestehende.

[3] Anton Dominik Schmidl(in) (Schmied(el)) von Löwenfeld (Lebenfeld) war um 1700 Hubmeister in Feldkirch. Vgl. Susanne Lotteraner, Die Vögte und Hubmeister in den vier Herrschaften vor dem Arlberg in der Frühen Neuzeit, unged. Dipl., Wien 2011, S. 80; Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 35 Schle– Schwa, Leipzig 1731–1754, Sp. 434.

[4]Verhandlungen.

[5]zum Verkauf.

[6]Feldkirch (A).

[7]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72. 

[8]eigenhändig.

[9]Bericht.

[10]Die Mahler von Weißenberg waren eine Patrizierfamilie in Feldkirch. Vgl. Andreas Ulmer,Burgen und Edelsitze Vorarlbergs und Liechtensteins.Dornbirn 1931 (Nachdruck: Dornbirn 1978), S. 729.

[11]Das Palais Liechtenstein befindet sich in der Schlossergasse 8 in Feldkirch. Vorher stand an dieser Stelle das kaiserliche oberösterreichische Hubhaus. Nachdem dieses bei einem Stadtbrand 1697 abbrannte, kaufte Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein diese Brandstätte zusammen mit der angrenzenden kleinen Anna’schen Brandstatt und ließ auf beiden Brandstätten ein Amtshaus errichten, welches von den liechtensteinischen Landvögten im 18. Jahrhundert verwendet wurde. 1774 wurde das Gebäude verkauft. Heute befindet sich darin das Stadtarchiv und die Stadtbibliothek. Vgl. Arthur Hager, Das ehemals fürstlich liechtensteinische Haus in Feldkirch. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 63, Vaduz 1964, S. 141–153; hier: S. 143–144; Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Vorarlberg, Feldkirch, Profanbauten, Schlossergasse 8, Ehemaliges Palais Liechtenstein. Topographisches Denkmälerinventar herausgegeben vom Bundesdenkmalamt. bearb. in der Abteilung für Denkmalforschung, früher: Institut für österreichische Kunstforschung. Bearb. von Gert Ammann, Martin Bitschnau, Paul Rachbauer, Helmut Swozilek mit Beiträgen von Géza Hajós, Horst R. Huber, Herlinde Menardi, Elmar Vonbank. Verlag Anton Schroll & Co, Wien 1983, S. 207 

[12]letzten [Monats].

[13]Beschluss.

[14]eventual khauffs contract ad ratificationem cameræ“: Vorabkaufvertrag bis zur Zustimmung der [Hof]Kammer.

[15]Genehmigung.

[16]Innsbruck (A).

[17]im Jahr.

[18]Leopold I. (9. Juni 16405. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.

[19] Johann Franz Edler von Coreth zu Starkenberg, Reichsritter, Pfandinhaber des Hofgerichtes Stubai, geheimer Rat, Kämmerer, Vizepräsident und später Präsident der Oberösterreichischen Hofkammer in Innsbruck. Vgl. Vorarlberger Landesarchiv, Gemeindearchiv Nenzing, Urkunde 3183 vom 24. Dezember 1695 und SL-HA, H 2609, Schellenberger Verwaltungskorrespondenz vom 30. August 1700.

[20]Vorgelegt.

[21] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.

[22]Nikolsburg (Mikulov), Stadt (CZ).

[23]Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa.

[24]Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ).

[25] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).

[26] Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein burgundischer Ritterorden.

[27]Leopold I. (9. Juni 16405. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.

[28]Wien (A).

[29]über.

[30] Feldsberg (Valtice), Stadt (CZ).

 


[a]Darüber ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.