Verbot der Güterzerstückelung infolge Erbteilungen.


Fürstliche Verordnung No. 124 über das Verbot der Güterzerstückelung[1]

Es hat sich seit vielen Jahren die dem Wohlstande der Unterthanen und der vollständigen Benutzung der Felder äusserst nachtheilige Gewohnheit eingeschlichen, dass bey Erbschaftsfällen grössere Grundstücke in mehrere kleinere nach der Zahl der Erben abgetheilt wurden, wodurch denn nicht nur die Aufrechthaltung der Familien hintangesetzt, sondern auch in den bis ins das undendliche vermehrten /:oft breiten Gränzlinien:/ ein grosser Theil fruchtbaren Bodens verödet wurde, nicht zu gedenken der zeitversplitternden Unbequemlichkeit bei Bebauung mehrerer überall zerstreut liegender einem Besitzer zugehörigen kleineren Grundstücke.

Diesem in seinen Folgen so schädlichen Missbrauche zu steuern, haben Seine Hochfürstliche Durchlaucht Nachstehendes zu verordnen gnädigst geruhet:

1tens Von dem Augenblicke der Bekanntmachung gegenwärtiger Verordnung an dürfen bey sich ergebenden Erbschaftsfällen die zur Verlassenschaft gehörigen Grundstücke , Weinberge, Felder, Wiesen, Gärten u. d. g. nicht mehr wie bisher dergestalten unter die Erben vertheilt werden, dass aus einem Grundstücke mehrere kleinere gemacht würden; sondern es sollen wenn anderst die Erben nicht durch Hülfe gerichtlicher Schäzung der liegenden Gründe, und durch Uiberlassung derselben an einen oder mehrere von ihnen gegen Hinausbezahlung des die Erbsportion übersteigenden Betrags, gütlich sich vereinigen können, die zu vererbenden Grundstücke im Wege öffentlicher Versteigerung veräussert, und der Erlöss unter die Erben nach Maasgabe ihres Erbrechtes vertheilt werden.

2tens Bey künftigen sowohl gerichtlicher als aussergerichtlicher Veräusserung von Grundstücken sollen die Eigenthümer der angränzenden Felder, denen von dem vorhabenden Verkaufe unter Strafe der Nichtigkeit Nachricht zu ertheilen ist, binnen 30 Tägen das Retracktsrecht ausüben können und wenn in solchem Falle mehrere Nachbarn concuriren, so ist dem Besitzer des kleinsten benachbarten Feldes der Vorzug zu ertheilen.

3tens Wer von nun an mehrere kleine Striche Feldes in ein grösseres vereiniget, ist von diesem, wenn es wenigstens einen Morgen oder ein Joch ausmisst, auf ein ganzes Jahr schazungsfrey.

4tens Von allen jenen kleinen Grundstücken, welche bis zum 1ten Jenner 1808 in grössere nicht vereinigt seyn werden, wenn sie kleiner als ¼ Morgen oder ¼ Joch sind, muss alsdann jährlich, und bis zu ihrer Vereinigung mit anderen, von einem jeden 1 fr. Vereinigungssteuer in die fürstliche Rentey bezahlt werden, wovon jedoch die Hausgärten ausgenommen sind.

5tens Hat das fürstliche Oberamt für die unverweilte gehörige Bekanntmachung und genaue Befolgung gegenwärtiger Verordnung Sorge zu tragen. Wien den 6ten Dezember 1806.

Franz von Haymerle m.p.

Seiner Hochfürstlich Johann

Liechtensteinische Kanzley

S.Walberg m.p.

Hochfürstliches Hofkanzleyreskript, womit retractus vicinitatis eingeführt, das Zerstückeln der Güter aber Verbotten wird

Wien d. dat. 6ten 10ber 806

Liechtensteiner Oberamt

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[1] LI LA RA 01/16/28 vom 6. Dezember 1806