Normale Nr. 12641: Massnahmen zur Verhinderung oder Entdeckung von Verrechnungsfehlern (Kassa-Defekten) (Druck).


Normale

zur Abstellung verspäteter Anzeigen über vorkommende Kassa- und andere Defekte, dann zur Verhinderung oder schnelleren Entdeckung solcher Defekte.[1]

Aus Veranlassung wiederholt hervorgekommener höchst leidiger Kassa- und Naturalien-Defekte haben Se. Durchlaucht nachfolgende höchste Resolution herabzugeben geruht:

„Es hat sich nun in drei Gelegenheiten erwiesen, wie spät Anzeigen über bedeutende Abgänge zur Kenntniß der Kanzlei, wie noch später sie bei mir einlangen; - es ist dieses der größte Uebelstand, dem gesteuert werden muß. – Die Aemter sind zu beschleunigten – vorkommenden Falls direkten, wenn gleich nur vorläufigen Anzeigen unter schwerer Verantwortung zu verpflichten, und derlei Gegenstände sin mit in gleicher Art immer unverzüglich zur Kenntniß zu bringen.“

Alois Fürst von Liechtenstein.

In Folge dieser höchsten Anordnung Sr. Durchlaucht muß vor allem Anderen der Schluß des hierortigen Circulares vom 23. September 1834 Nr. 6989 in Erinnerung gebracht werden, in welchem ausdrücklich:

„sämmtliche Amtsvorsteher auf das strengste dafür verantwortlich und haftend gemacht worden sind, daß jeder vorkommende Kassa- oder sonstige Defekt, sobald darüber die vorgeschriebene Protokollverhandlung gepflogen worden ist, unter Allegirung derselben sogleich und unumwunden zur hierortigen Kenntniß gebracht, und über die weiter erforderlichen Einleitungen die hierortigen Befehle erbeten werden.“

Die Außerachtlassung dieser früheren Vorschrift hat leider auch ihre bedauerlichen Folgen haben müssen, die für die Zukunft möglichst hindanzuhalten, und den oben ausgedrückten Absichten Sr. Durchlaucht zu entsprechen, das Nachfolgende zu genauesten Darnachachtung hiermit weiter angeordnet wird, und zwar:

1tens. Jeder Rent- oder Naturalien-Rechnungsbeamte ist, sobald er irgend eine Unrichtigkeit in seiner Kassa oder in seinen zu verrechnenden Natural-Vorräthen wahrnimmt, bei Dienstesverlust verpflichtet, davon sogleich dem Gutsverwalter die Meldung zu machen, welcher sodann -  ohne den mindesten Verzug – darüber lediglich den Sachverhalt zu Protokoll zu nehmen, und längstens binnen 24 Stunden darüber nach Umständen direkte anher vorläufigen Bericht zu erstatten und den Antrag zu stellen hat, wie die Sache weiter zu verfolgen wäre.

2tens. Unterläßt der Rechnungsbeamte diese Anzeige, oder verspätet er sie auch nur um Einen Tag, so soll die Unrichtigkeit, wenn sie auch nicht unmittelbar von ihm selbst, sondern von einem seiner Untergebenen oder von sonst wem immer ausgegangen sein sollte, oder wenn er sich auch keiner eigenen Malversation schuldig bewußt ist, sondern lediglich als Grund der Unrichtigkeit irgend einen Rechnungsverstoß vermuthet, so anzusehen sein, als ob er selbst der Schuldtragende wäre, oder doch wenigsten die Sache zu verheimlichen oder zu unterdrücken die Absicht gehabt habe, was dann um so strenger gestraft werden müßte, wenn mittlerweile die Sache in anderen Wegen zur Kenntniß des Amtsvorstehers, der inspicir. Behörde, des Forstamtes, der fürstl. Hofkanzlei oder Sr. Durchlaucht Höchstselbst gelangen sollte.

3tens. Da die sorgfältigste Ueberwachung der Dienstleistung und Gebahrung aller seiner Untergebenen unter die verantwortlichsten Pflichten jedes Amtsvorstehers gehört, und alle bestehenden fürstl. Regievorschriften dahin gerichtet sind, Unordnungen und Gebrechen möglichst hindanzuhalten, oder sie doch wenigstens schneller in Evidenz zu bringen; so kann einem diensteifrigen und besorgten Vorsteher, wenn er die Manipulation und den Befolg der Regievorschriften von Seite seiner untergebenen Rechnungsbeamten stets scharf im Auge erhält, der Bestand einer etwas größeren Unrichtigkeit oder Unordnung bei denselben unmöglich lange verborgen bleiben, ohne erst nothwendig zu haben, darauf von jenen aufmerksam gemacht zu werden, was im Falle dessen eigenen Verschuldens ohnehin auch kaum zu erwarten wäre.

Der Vorstand einer jeden Gutsverwaltung bleibt daher auf das strengste dafür verantwortlich, daß er, sobald aus Vernachlässigung irgend einer, die Evidenz der Verrechnung und der jeweiligen Barschafts- oder Naturalienvorräthe beabsichtenden Regievorschrift, oder aus einer, wenn auch nur oberflächlichen Vergleichung dieser Vorräthe mit der dießfälligen Verrechnung oder Registerführung, oder aber aus irgend einem anderen Grunde die Möglichkeit einer obwaltenden Unrichtigkeit mit einiger Wahrscheinlichkeit besorgt werden kann, die Liquidation des betreffenden Rechnungsamtes sogleich einleite, von dieser seiner Einleitung aber auch ohne Verzug, und ohne erst das Resultat dieser Einleitung abzuwarten, die Anzeige anher längstens binnen 24 Stunden mit Angabe der Veranlassung dazu erstatte.

4tens. Sind und bleiben auch die inspicirenden Ober- und Forstämter verantwortlich und verpflichtet, bei ihren möglichst oft vorzunehmenden Lokalisirungen die Gebahrung und Verrechnung besonders auch der Rechnungsbeamten und des mit der Aufsicht über bestehende Vorräthe betrauten sonstigen Personales ihrer Bezirke sorgfältig zu überwachen, da bei einer derlei Ueberwachung das Entstehen bedeutender, meistens erst nach und nach sich bildender Defekte kaum möglich erscheint. Sollte irgend ein Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der vorhandenen Vorräthe hervorgehen, so haben sie sogleich unter Intervenirung des betreffenden Gutsverwalters nach Anordnung des obigen dritten Punktes die Inquisition des bezüglichen Rechnungsamtes entweder im Ganzen oder nach Umständen auch nur einzelner Natural-Vorrathsdepots zu verfügen, und daß dieses geschehen, so wie von dem ganzen Sachverhalte ohne Verzug die vorläufige Anzeige anher zu erstatten.

Schlüsslich wird

5tens. noch bemerkt, daß der nach der Anordnung ad 1. vorläufig zu erstattende Bericht nicht hindern dürfe, nach Erstattung desselben weitere Erhebungen zu pflegen und da, wo Gefahr am Verzuge obwalten oder die Vorsicht es sonst gebieten sollte, ohne erst die Erledigung desselben abzuwarten, die sogleich allenfalls nothwendig erscheinenden Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, nur müssen diese letzteren in dem besagten Berichte, oder wenn deren Nothwendigkeit sich erst später als dringend herausstellen sollte, nachträglich beschleunigt zur hierortigen Kenntniß gebracht werden.

Jedenfalls bleibt aber die Gutsverwaltung für deren zweckmäßige Einleitung verantwortlich.

Wien, den 28. November 1851.

Ad Mandatum:

Joseph Freiherr von Buschmann,

hochfürstlich Liechtenstein’scher dirigirender Hofrath.

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[1] LI LA SgRV 294. Originaltitel. Druck. Registervermerk: 1851, Nr. 12641/24.