Ordnung für die Huldigung
Ordnung, welche bey der auff den 14. September angestelten huldigung von denen herren vorgesetzte undt landtofficieren solle gehalten werden[1] September 1722 - Morgenss früh umb sieben sollen sich alle undt jede zue der huldigung gehörendte underthanen des reichsfürstenthumb Lichtenstein undt zwahr so vill deren bewöhrt under ihren fahnen im marckh Lichtenstein bey dem schiesshauss einfinden.
- Alle vorgesetzte und gerichts persohen finden sich umb solche zeith ebenmässig auff dem schloss Hohen Lichtenstein in dem grossen saal mit ihren mänteln undt hellpartten ein.
- Wirt so dann beeeder seitts so wohl in der schloss alss St. Florini Capellen eine heilige Mess gelesen.[2]
- Wann dieses alles vorbey, so marchiret so dann aller forderist der schlossfahn, hernach der der oberen ämbter undt dan letzlich der underen ämbter landtfahnen mit klingendem spiell den berg herauff undt postiren sich auff der herrschafftlichen wiessen die Quadretsch[3] genant.
- Diessen folgen die des reichsfürstenthum Lichtenstein ohnbewöhrte sowohl alte alss junge leüthe paar undt paar in guter ordtnung, alsso undt dergestalten, dass sie sich hernach auf der wiessen hinder ihre landtfahnen stellen undt eben diejenige ordtnung halten alss von denen bewöhrten geschehen.
- Im herauff marchiren sollen, so bald die schloss comapnie gegen das rondell gekhommen, die stuckh[4] undt doppell hackhen[5] ringsumb das schloss gelösset undt alsso die untderthanen dardurch salutiret werden.
- Underdessen so stehet von der schloss compagnie eine corporalschafft in dem schloss in armis undt werden die herren gaistliche undt andere frömbde, welche sich etwa anmelden möchten, von dem herrn landtschreiber herauff in den grossen saal geführet und bewillkhommet.
- Wann die schloss und landtfahnen auf der Quadretsch ordentlich postiret, so khommen die herren oberofficier sammentlich mit ihren fahnen under klingendem spiell undt einer kleinen bedeckhung in das schloss herein, bringen die fahnen auff den grossen saal und stellen sich dergestalten dass die frömbde undt geistliche alss gäste dem herrn landtvogdt und landtschreiber zur rechten, die vorgesetzte undt gericht aber zur linkhen handt, die herren officier undt fahnen aber dem herrn landtvogdt gerad gegen über zu stehen kommen.
- Nach diesem ziehen die herren landtofficier mit ihren fahnen under klingendem spiell wieder hinauss undt werden dieselbe von denen auff der Quadretsch in gewöhr stehenden underthanen mit einer völligen salve auss dem kleinen gewöhr salutirt.
- [6]Nach diesser gehet die procession auss dem schloss zu denen underthanen hinauss folgender gestalten an:
a) die landtweibell auss dem reichsfürstenthumb b) die vorgesetzte und gerichts verwandte c) die herren gaistliche auss dem fürstenthumb mit denen sich etwa einfindenden frömbden gästen d) der herr landtvogdt und landtschreiber e) der fürstliche herr commissarius allein f) herr Brändl und newer verwalter g) und dan letzlich die biss dahin in armis gestandene corporalschafft mit klingendem spiell. - Wan man alsso in diesser ordtnung auff den platz gekhommen, so werden die herren gaistliche undt frömbde auf die rechte seitte der allda aufgebauenen bühne, so dann herr landtvogt undt landtschreiber an sie undt alss dann der hochfürstliche herr commissarius in die mitte, die vorgesetzte undt gerichts persohnen aber söllen sich gleich unden vor die bühne in zweyen gliedern nicht minder vor denenselben der von denen gesambten underthanen bestölte redtner undt so baldt diesses geschehen, so beweget sich die schlosscompagnie undt landtfahnen dergestalten, dass von der schlosscompanie die rechte undt von der landtfahne die linckhe seitten biss an die böhnen völlig geschlossen, mithin ein rechtes viereckh formiret werde. Hoc facto incipit concio.[7]
- Hierauff so wirt herr landtvogdt denen sammentlichen underthanen anzuzaigen und zugleich[8] zu vermelden wissen, dass sie nunmehro dem jetz regierendten fürsten alss rechtmässigen primo genitur nachfolger huldigen sollen.
- Sobald dieses von ihme herr landtvogten geschehen undt herr landtvogdt seinen vortrag vollendet, fanget der hochfürstliche herr commissarius ebenmässig seine proposition an mit begehren, dass sie underthanen nunmehro den huldigungsaydt an seine jetz regierendte hochfürstliche durchleücht ablegen, sich aber darbey aller landesfürstlichen protection undt gnade gesicheret halten sollen, wie dann, wann hierauff der underthanen redener ebenmässig seine andtworth gethan undt die confirmationem privilegiorum gesucht haben wirt, ihme nochmahlen darauff nach obiger manier geziemendt wirt geandtwortet werden.
- Hierauff so wirt ihnen der huldigungsaydt deuttlich und vernemblich additu praeviae admonitiones[9] abgelessen undt vorgesprochen werden undt wan sie denselben abgelegt so wirt ihnen der hochfürstliche herr commissarius so dann das oberambt gebührendt praesentiren, sie zu allem gehorsamb gegen der obrigkeith auch nachbahrlicher liebe undt freündtschafft under sich selbst bestmöglichst ermahnen undt dann mit einem wohlgemeinten glückhwunsch den gantzen actum beschliessen.
- Sobald nun die oration vollendet, so geben alle drey fahnen salve wie auch das grobe geschütz undt marchiret die schlosscompagni mit klingendem spiell vorauss besetzet, den weeg auff beeden seitten von der erstern wacht biss an die steinerne stiegen undt kommet darauff die gantze procession in der obigen sub 10 exprimierten ordnung wieder in das schloss zurückh, da dann, wan die procession im grossen saal angelangt, auf ein gegebenes zaichen die stuckh und doppel hackhen das andere mahl sollen abgefeüert undt redtlich von den musquetiere sowohl in dem schloss alss draussen auff dem platz geandtwortet, mithin diesser actus alsso beschlossen werden.
- Eine halbe stundt darnach wirt zur taffel gerichtet, so dann die speissen auffgetragen und von dem herrn commissario zu allererst ihro römisch kayserliche mayestät gesundtheit getrunckhen, darbey auch auss allen so gross alss kleinen gewähr eine general salve gegeben werden.
- Wan diesse vorbey so theilen sich alss dann die compagnien und darzu gehörige leüthe undt empfangen so dann den ihnen gnädigst zugedachten trunckh undt brodt. Die herren officier aber gehen zu ihrer angewiesener taffell.
- Der andere trunckh gehet auff des nunmehro regierendten landes herren hochfürstliche wohlergehen, da dann die stuckh und doppelhackhen undt kleine gewöhr ins gesambt das letzte mahl abgefeüret werden. Kommen hernach noch andere vornehme gesundtheiten, so wirt es an zwey stuckh undt vier doppel hackhen schiessen genug seyn, die constabell undt jäger aber sollen beordret werden, ohne des herrn schlosshaubtmanns befehl niemahlen zu schiessen. Auch wirt der herr schlosshaubtmann der wacht wohl zu befehlen wissen, dass sie ausser denen in das schloss zur auffwartung gehörenden leüthen niemandt ohnangemeldet hereinlassen, sondern wass geringe leüth, buben und mäddtlen seyn, solche schlechter dingen abweissen, fahlss aber einige frömbde oder erwachsene ehrliche persohnen auss dem fürstenthumb herein begehren undt die taffell zuschauen wolten, solche solang zur gedult weyssen sollen, biss ihnen der eintritt von dem herrn schlosshaubtmann wirt gestattet werden.
[ohne Datum, ohne Unterschrift]
______________
[1] LI LA RA 17/4 und 5. Es existieren zwei inhaltlich identische Exemplare mit geringen Unterschieden in der Rechtschreibung. Ohne Datum (kurz vor der Huldigung am 14. September 1722) und ohne Angabe des Urhebers. [2] Gestrichen: „Undt von dem herrn hoffcaplan Hoppen auf dem huldigungsplatz hernach eine kleine huldigungspredig gehalten werden.“ [3] Wiese, ordöstlich an Schloss Vaduz angrenzend. [4] Grobes Geschütz, Kanone. Vgl. Krünitz, Oekonomische Encyklopädie, Stichwort „Stück“. [5] Doppelhaken: „eine Art Hakenbüchsen auf Bockgestell mit fast 2 m langem Lauf, schoß Bleikugeln von 100–200 g; sie wurden seit 1521 hauptsächlich im Festungskrieg, in Wagenburgen etc. gebraucht.“ Meyer's Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., 1905-1909. Online-Version. [6] Gestrichen: „Nach diessem wirt von herrn hoffcaplan Hopp eine kleine huldigungs predig gehalten.“ [7] Danach begann die Versammlung. [8] Gestrichen:“ mittelst ablesung des hochfürstlichen credentialis.“ [9] Hinzugefügt die vorangehenden Ermahnungen/Erinnerungen.
|
|
|