Staatsvertrag zwischen Österreich-Ungarn, zugleich in Vertretung für Liechtenstein, Bayern und der Schweiz über die Herstellung einer Eisenbahn von Lindau über Bregenz nach St. Margarethen sowie von Feldkirch nach Buchs


Staatsvertrag
zwischen Österreich-Ungarn, zugleich in Vertretung für Liechtenstein, Bayern und der Schweiz über die Herstellung einer Eisenbahn von Lindau über Bregenz nach St. Margarethen
sowie von Feldkirch nach Buchs
[1][2]

vom 27. August 1870

Nachdem der zwischen den Regierungen von Oesterreich, Bayern und der Schweiz unter dem 5. August 1865[3] über die Vervollständigung des Eisenbahnnetzes in den am Bodensee gelegenen Gebietstheilen abgeschlossene Staatsvertrag nicht zum Vollzuge gelangt ist, und in der Zwischenzeit Verhältnisse eingetreten sind, welche eine theilweise Abänderung der früher getroffenen Bestimmungen bedingen, so haben die Regierungen von Oesterreich-Ungarn, zugleich in Vertretung für Liechtenstein, Bayern, sowie der schweizerische Bundesrath Namens der schweizerischen Eidgenossenschaft und des Cantons St. Gallen beschlossen, den erwähnten Vertrag einer Revision zu unterziehen, und zu diesem Zwecke Bevollmächtigte ernannt, und zwar:

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen u.s.w. und Apostolischer König von Ungarn:    
Allerhöchst Ihren Hof- und Ministerialrath im Ministerium des kaiserlichen Hauses und des Aeußern, Maximilian Freiherrn von Bayern,

Seine Majestät der König von Bayern:   
Allerhöchst Ihren Staatsrath, Wilhelm Weber und Allerhöchst Ihren Ministerialrath im Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten, Michael von Suttner,

Der schweizerische Bundesrath:
Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am k. und k. österreichisch-ungarischen Hofe, Dr. Johann Jakob von Tschudi,      
das Mitglied des schweizerischen Ständerathes und des Regierungsrathes des Kantons St. Gallen, Arnold Otto Aepli,

welche nachfolgenden Vertrag abgeschlossen haben, der an die Stelle des früheren Vertrages treten soll.

 

Artikel 1

Es soll:

a. Eine Eisenbahn von Lindau nach Bregenz und von da nach St. Margarethen zur Verbindung mit den vereinigten Schweizer Bahnen;
b. eine Bahn von Feldkirch nach Buchs, gleichfalls zum Anschlusse an die vereinigten Schweizer Bahnen hergestellt werden.

Artikel 2

Die vorerwähnten Bahnen sollen an ihren Endpuncten mit den dort mündenden Eisenbahnen auf geeignete Weise in unmittelbare Verbindung gesetzt, und daher in die bereits bestehenden oder noch zu errichtenden Bahnhöfe eingeführt werden. Für den Fall, daß schweizerischerseits von Oberriet aus eine Eisenbahn zum Anschlusse an die Linie Feldkirch-Bregenz, beziehungsweise nach Feldkirch gebaut werden wollte, wird österreichischerseits die Ertheilung einer Concession für den Bau und Betrieb einer solchen Linie zugesichert, ohne daß jedoch hieraus der kaiserl. und königl. Regierung irgendeine finanzielle Verbindlichkeit erwachsen soll.

Bei Feststellung des Anschlußpunktes wird von Seite der k. und k. österreichischen Regierung auf die schweizerischen Wünsche geeignete Rücksicht genommen werden.

Artikel 3

Der Bau der im Artikel 1 ad a) erwähnten Bahn wird auf der bayerischen Strecke von der königlich bayerischen Staatsregierung übernommen werden.

Die k. und k. österreichische Staatsregierung hat den Bau der Bahnstrecken auf österreichischem Gebiete den Concessionären der Vorarlberger Eisenbahn mit Concession vom 17. August 1869[4], die fürstlich liechtensteinische Regierung bezüglich ihres Gebietes mit Concession vom 14. Jänner 1870 übertragen.

Der Bau der Bahnabtheilungen auf schweizerischem Gebiete ist denselben Concessionären von der Regierung des Kantons St. Gallen mit Concession vom 1. December 1869 übertragen und diese Concession von der Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft mittelst Beschlusses vom 22. Dezember 1869[5] genehmigt worden.

Artikel 4

Die Bestimmung der speciellen Bahnlinie, sowie der Stationsplätze, bleibt jeder Regierung auf ihrem Gebiete vorbehalten, jedoch soll, so viel möglich, die kürzeste Linie zwischen den im Art. 1 genannten Hauptpuncten der Bahn eingehalten werden.

Der unmittelbare Anschluß der einzelnen Bahnabtheilungen an der Landesgränze in horizontaler, wie vertikaler Linie wird durch besondere Vereinbarung auf Grund technischer Erhebung festgesetzt.

Zu diesem Ende sollen die Detailpläne der Gränzstrecken vor Beginn der Ausführung gegenseitig mitgetheilt werden, auch die bauführenden Techniker während des Baues dieser Strecken sich in fortwährendes Benehmen setzen.

Artikel 5

Der Bau der genannten Bahnstrecken soll in der Art betrieben werden, daß dieselben längstens bis 17. August 1872 dem regelmäßigen Betriebe übergeben werden können.

Artikel 6

Die gesammten Bahnstrecken sollen gleichmäßig eine Spurweite von 4 Fuß 8½ Zoll englischen Maßes im Lichten der Schienen erhalten.

Artikel 7

In Bezug auf die zu erbauenden Rheinbrücken wird festgesetzt, daß die Ueberbrückung des Rheines auf der Linie St. Margarethen-Bregenz-Lindau bei Brugg, jene auf der Linie Buchs-Feldkirch bei der Station Buchs zu geschehen hat.

Diese Brückenbauten sind mit den Rhein-Correctionsbauten in beiderseitig entsprechende Uebereinstimmung zu bringen, und nach den von den Regierungen Oesterreichs und der Schweiz einverständlich zu genehmigenden Plänen zu construieren, wobei diese Regierungen gegenseitig die Anbringung von Trottoirs von 1½ Meter Breite für Fussgänger gestatten.

Es geben ferner die k. und k. österreichische und die Regierung des Cantons St. Gallen, letztere unter Vorbehalt der Genehmigung der Bundesbehörde, ihre Zustimmung, daß die gedachten beiden Rheinbrücken entweder gleich ursprünglich dermaßen construirt oder in der Folge erbreitet werden dürfen, daß dieselben auch für gewöhnliche Fuhrwerke benützt werden können.

Artikel 8

Um den Betrieb der ganzen Bahnstrecke von Lindau bis St. Margarethen so einheitlich wie möglich zu machen, soll derselbe, wie jener der Zweigbahn Feldkirch-Buchs, nur einer einzigen Betriebsverwaltung übertragen werden.

Zu diesem Ende hat die Regierung des Cantons St. Gallen und beziehungsweise die schweizerische Bundesregierung den Betrieb der auf schweizerischem Gebiete gelegenen Strecken von der schweizerisch-österreichischen Gränze bis St. Margarethen und Buchs, den Concessionären der Vorarlberger Eisenbahn mit der im Art. 3 erwähnten Concession übertragen, und ebenso erklärt sich die königlich bayerische Regierung bereit, den Betrieb auf der Bahnstrecke von Lindau bis zur bayerisch-österreichischen Gränze denselben Concessionären, gegen eine angemessene Pachtrente und gegen Uebernahme der Verpflichtung zur entsprechenden Unterhaltung der Bahn, zu überlassen.

Die näheren Bestimmungen hierüber, sowie über die Verhältnisse des gemeinschaftlichen Bahndienstes in den Bahnhöfen zu Lindau, St. Margarethen und Buchs, werden durch besondere Verträge der betreffenden Betriebsverwaltungen geregelt werden.

Artikel 9

Die königlich bayerische Regierung wird den Concessionären der Bahn die Mitbenützung des Bahnhofes Lindau unter angemessenen Bedingungen gestatten.

Die Mitbenützung der Bahnhöfe zu St. Margarethen und Buchs wird den Concessionären unter Vorbehalt der mit der Verwaltung der vereinigten Schweizer Bahnen zu vereinbarenden Bedingungen gestattet, und es wird die Regierung von St. Gallen hiefür nöthigenfalls die geeignete Vorsorge treffen.

Artikel 10

Das für den durchgehenden Verkehr bestimmte Transportmaterial soll so eingerichtet werden, daß es ohne alle Behinderung sowohl auf die königlich bayerische Staatsbahn, als auch auf die vereinigten Schweizer Bahnen, sowie auf die österreichischen Eisenbahnen übergehen kann.

Die sonstigen Betriebseinrichtungen sollen ebenfalls soviel möglich in Uebereinstimmung mit den bereits bestehenden gebracht werden.

Die von einer der contrahirenden Regierungen in Betreff ihrer Betriebsfähigkeit gehörig geprüften Locomotiven und Waggons sollen ohne weiters auch auf die in dem Gebiete der anderen Staaten liegenden Strecken der im Art. 1 erwähnten Bahnen übergehen können.

Artikel 11

Die volle Landeshoheit (also auch die Ausübung der Justiz- und Polizeigewalt) bleibt jeder Regierung für die auf ihrem Gebiete befindlichen Bahnstrecken unbedingt und ausschließlich vorbehalten.

Artikel 12

Die Ausübung der Bahnbetriebspolizei soll unter Aufsicht der dazu in jedem Staatsgebiete competenten Behörden und in Gemäßheit der für jedes Gebiet geltenden Vorschriften zunächst durch die Beamten der Eisenbahnbetriebsverwaltung gehandhabt werden, welchen sowohl in Oesterreich, als in Bayern und der Schweiz diejenigen Befugnisse eingeräumt werden, welche dort im Allgemeinen für die Beamten anderer Privatbahnen Geltung haben.

Artikel 13

Die Ernennung des Betriebspersonales steht, vorbehaltlich der hierüber in den Concessionsurkunden getroffenen Bestimmungen, der Betriebsverwaltung zu.

Das gesamte Beamten-, Diener- und Arbeiterpersonale untersteht den Gesetzen und Polizeiverordnungen desjenigen Staates, in welchem es sich befindet.

Bei allenfallsigen Verhaftnahmen soll jedoch in Fällen, in welchen ein Verzug mit keinerlei Gefahr verbunden ist, auf die Erfordernisse des Dienstes billige Rücksicht genommen und auch die Oberbetriebsbehörde hievon in Kenntniß gesetzt werden.

Artikel 14

Personen, welche wegen gemeiner Verbrechen oder Vergehen, wegen Schleichhandels oder schwerer Gefällsübertretungen rechtskräftig verurtheilt worden sind, dürfen auf den in gegenwärtigem Vertrage genannten Bahnstrecken nicht verwendet werden.

Artikel 15

Die Festsetzung der Tarife und Fahrordnungen bleibt, insoferne es die von Oesterreich und der Schweiz ertheilten Concessionen oder die in den drei contrahierenden Staaten bestehenden Gesetze und Verordnungen über den Betrieb von Eisenbahnen vorschreiben, der Genehmigung der betreffenden Regierung bezüglich ihrer Bahnstrecken vorbehalten.

Es soll sowohl hinsichtlich der Beförderungspreise, als der Zeit der Abfertigung kein Unterschied zwischen den Bewohnern der contrahierenden Staaten gemacht werden; namentlich sollen die aus dem Gebiete des einen Staates in das Gebiet eines andern Staates übergehenden Transporte weder in Beziehung auf die Abfertigung, noch rücksichtlich der Beförderungspreise ungünstiger behandelt werden, als die aus dem betreffenden Staate abgehenden oder darin verbleibenden Transporte.

Artikel 16

Die Unternehmung der im Art. 1 erwähnten Bahnen ist verpflichtet, anderen schweizerischen Bahnunternehmungen den Betriebsanschluss in der Weise zu gestatten, daß, soweit solches im Interesse eines zusammenhängenden Betriebes nothwendig erscheint, durchgehende Wagen für den Güterverkehr (wobei die Wagen der fahrenden Postbureaux inbegriffen sind) und directe Personen-, Gepäck- und Waaren-Expeditionsscheine zugelassen werden; sowie, daß die Tarifsätze nicht zu Ungunsten der einmündenden Bahnlinien ungleich gehalten werden. Der Eingangs erwähnten Bahnunternehmung wird hinwieder die gleiche Berechtigung in allen vorgenannten Beziehungen gegenüber den schweizerischen Bahnunternehmungen zugesichert.

Artikel 17[6]

Die Bahnen zwischen Lindau und St. Margarethen, dann von Feldkirch nach Buchs werden in allen betreffenden Gebieten als allgemeine Zollstraße erklärt, und auf denselben allen nicht freien, für alle Straßenzüge jener Gegend giltigen Ein-, Aus- oder Durchfuhrverbote unterliegenden Waaren der Ein- und Austritt, sowohl bei Tag als bei Nacht, ohne Unterschied der Wochen-, Sonn- oder Festtage, für den vorschriftsmäßigen Bahnbetrieb gestattet.

Für Gegenstände, welche in den contrahirenden Staaten zu den Staatsmonopolien gehören, bleiben bei der Einfuhr die einschlägigen, in jedem Staate bestehenden gesetzlichen Bestimmungen maßgebend. Die Durchfuhr solcher Gegenstände unterliegt lediglich den allgemeinen zollordnungsgemäßigen Controlen.

Artikel 18.

Die Waarendurchfuhr auf den im gegenwärtigen Vertrage bezeichneten Bahnstrecken bleibt von allen Durchgangsabgaben befreit. Bezüglich der Zollbehandlung an der bayerisch-österreichischen Gränze werden zwischen den Organen der betheiligten Regierungen von Bayern und Oesterreich die zur Erleichterung des durchgehenden Verkehrs nöthigen Vereinbarungen getroffen werden.

An der österreichisch-schweizerischen Gränze sollen für die Zollbehandlungan den Anschlußpuncten der beidseitigen Eisenbahnen vereinigte (österreichisch-schweizerische) Zollämter mit den erforderlichen Befugnissen errichtet werden.

Die drei contrahirenden Regierungen werden bezüglich der zollämtlichen Abfertigung der ein-, aus- und durchgehenden Waaren, der Passagierseffecten und des Reisegepäckes jede nach den bestehenden Gesetzen zulässige Erleichterung und Vereinfachung gewähren.

Artikel 19

Jede Zollbehörde respectirt den von den Zollbehörden eines der contrahirenden Staaten angelegten zollämtlichen Verschluß, solange derselbe den vorschriftsmäßigen Bedingungen entspricht und unter dem Vorbehalte, den eigenen Verschluß beizufügen, wenn sie es für angemessen erachtet.

Die Verschlußanlage der Zollbehörden anderer, mit Bayern oder Oesterreich zollgeeinigter Staaten, wird jener der Zollbehörden Bayerns und Oesterreichs gleichgeachtet.

Die näheren Förmlichkeiten der zollämtlichen Abfertigung, sowie die Bestimmungen über die Beschaffenheit der Transportmittel und die Behandlung etwa vorkommender Verschlußverletzungen sollen von den Zollverwaltungen der betheiligten Staaten einverständlich festgesetzt werden.

Artikel 20

Jeder der betreffenden Zollbehörden steht es frei, die Züge innerhalb des Landes und bis zur nächsten Station des Nachbarlandes durch Zollbedienstete begleiten zu lassen.

Die Eisenbahnverwaltung ist verpflichtet, für dieses Personale das erforderliche Unterkunftslocale herzustellen, und demselben die nöthigen Sitzplätze auf einem der Wagen in der Art, daß der ganze Zug übersehen werden kann, und den von der Begleitung zurückkehrenden Bediensteten in einem der Personenwaagen mittlerer Classe die unentgeltliche Rückreise zu gewähren.

Artikel 21

Die Paßrevision, soferne eine solche stattfindet, sowie überhaupt die Handhabung der Paß- und Fremdenpolizei, soll an denselben Orten erfolgen, wo die Zollbehandlung eintritt, und jedenfalls keinen besonderen Aufenthalt der Reisenden verursachen.

Reisende, welche auf den durch gegenwärtigen Vertrag bestimmten Eisenbahnen durch Oesterreich ohne Aufenthalt transitiren, sollen während ihres Verweilens in den Bahnhöfen. soferne sie dieselben nicht verlassen, keiner speciellen Paßcontrole unterzogen werden.

Artikel 22

Die im Art. 1 erwähnten Bahnen sollen auch zur Beförderung der Postsendungen benützt werden.

Zu diesem Zwecke werden die Postverwaltungen von Bayern, Österreich und der Schweiz das Einverständniss pflegen, um wenigstens für Einen von jeder Hauptstation täglich abgehenden Zug die Abfahrtsstunden und dessen Geschwindigkeit zu bestimmen.

Längs der erwähnten Bahnen soll eine Telegraphenleitung für den Bahnbetrieb angelegt werden. Insoferne rücksichtlich der Manipulation des Post- und Telegraphendienstes noch besondere Verfügungen nothwendig sein sollten, werden dieselben von den Post- und Telegraphenverwaltungen der betheiligten Staaten verabredet werden.

Artikel 23

Die Eisenbahnverwaltung ist verpflichtet, die für den Zoll-, Post-, Telegraphen- und Polizeidienst von den betheiligten Regierungen als erforderlich anerkannten Localitäten den betreffenden Aemtern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

Soferne außer den eigentlichen Amtslocalitäten und dem Locale für die Zoll- oder Finanzwache auch noch Wohnungen für Bedienstete als nothwendig erkannt werden, soll die Eisenbahnverwaltung zwar zu deren Herstellung verpflichtet sein; es wird aber derselben der hiefür gemachte Aufwand von den betreffenden Verwaltungsbehörden mit fünf Percent in Form eines Mietzinses vergütet werden. Die Kosten der inneren Einrichtung, Erhaltung, Beleuchtung und Reinigung sind von den die Localitäten benützenden Verwaltungen zu tragen.

Artikel 24

Im Falle die gedachten, auf österreichischem oder schweizerischem Gebiete gelegenen Eisenbahnstrecken durch Einlösung (Rückkauf) oder Heimfall von den bezüglichen Regierungen erworben werden sollten, wird für die entsprechende Fortführung des Betriebes auf diesen Strecken durch ein besonderes Uebereinkommen geeignete Vorsorge getroffen werden.

Artikel 25

Gegenwärtiger Vertrag soll ratifiziert und die Auswechslung der Ratificationsurkunden sobald als möglich, jedenfalls noch im Laufe dieses Jahres, zu Wien vorgenommen werden.

So geschehen Bregenz, den 27. August 1870.

(L.S.) Gagern m. p.       (L.S.) Weber m. p.         (L.S.) Tschudi m. p.

            (L.S.) Suttner m. p.        (L.S.) Weber m. p.

            (L.S.) Aepli m. p.

 

Schlussprotokoll

Die unterzeichneten Bevollmächtigten haben bei dem heute vorgenommenen Abschlusse und der Unterzeichnung eines Staatsvertrages zwischen der Schweiz, Österreich-Ungarn und Bayern über die Herstellung einer Eisenbahn von Lindau über Bregenz nach St. Margarethen sowie von Feldkirch nach Buchs, folgende Erläuterungen und nähere Bestimmungen in gegenwärtiges Schlussprotokoll aufgenommen.

I ad Artikel 2

Über dem im Artikel 2 erwähnten Anschlusspuncte Oberriet soll überhaupt eine Verbindung in der Nähe von Oberriet verstanden sein, wie sich eine solche infolge technischer Untersuchung als die geeigneteste herausstellt. Bei Erteilung der Concession für die Bahn von Oberriet an die Linie Feldkirch-Bregenz, beziehungsweise nach Feldkirch, sollen in betreff der Konstruktions- und Betriebsverhältnisse keine ungünstigeren Bedingungen als für die Vorarlberger Bahn gestellt werden, wenn solche nicht durch locale Verhältnisse gerechtfertigt erscheinen.

Bezüglich der Mitbenutzung der Bahnhöfe sollen die im gegenwärtigen Vertrage aufgestellten Grundsätze in Anwendung kommen.

II ad Artikel 4

Die k. und k. österreichische Regierung wird bei Genehmigung der Baupläne darauf Bedacht nehmen, daß die Übelstände einer Kopfstation in Lauterach sowohl für den Verkehr von Lindau nach St. Margarethen als auch in der Richtung von Feldkirch nach St. Margarethen durch Anlage von Verbindungscurven tunlichst vermieden werden. Es wird als selbstverständlich betrachtet, daß die Vereinbarung über den unmittelbaren Anschluss an der Gränze nicht in der Form eines neuen Vertrages, sondern lediglich durch eine Verständigung der hiebei unmittelbar beteiligten Regierungen in beliebiger Form zu geschehen habe.

Dabei wird bemerkt, daß der Bau der Bahnbrücke über die, die Landesgränze bildende Laiblach von der königlich bayerischen Regierung übernommen wird, welche auch die Hälfte des hiefür sich ergebenden Kostenaufwandes trägt. Die andere Kostenhälfte fällt mit der Unterhaltung der Brücke den Concessionären der Vorarlberger Bahn zu.

III ad Artikel 5

Sollte der Bau der Vorarlberger Bahn früher als zu dem im Artikel 5 festgesetzten Termine vollendet werden können, so wird auch die königlich bayerische Regierung bedacht sein, die Bahnstrecke auf bayerischem Territorium gleichzeitig mit der Vorarlberger Bahn zur Vollendung zu bringen.

Im Falle durch Krieg oder andere ausserordentliche politische Ereignisse eine wesentliche Behinderung der Vollendung der Bahn innerhalb des vertragsmässigen Termines herbeigeführt werden sollte, werden die contrahirenden Staaten sich über eine angemessene Verlängerung desselben verständigen.

IV ad Artikel 7

Die Zustimmung zur eventuellen Anlage von Fahrbahnen für gewöhnliches Fuhrwerk an den beiden im Artikel 7 genannten Rheinbrücken soll in keinem Falle eine Verpflichtung der beteiligten Regierungen zu einer Beitragsleistung begründen.

In Betreff der den Concessionären für die Kosten der Herstellung der Trottoirs zu gewährenden Entschädigung wird weitere Verständigung vorbehalten.

V ad Artikel 8 und 9

Es wird vorausgesetzt, daß die königlich bayerische Regierung mit den Concessionären der Bahn sowohl wegen der Mitbenutzung des Bahnhofes Lindau als auch wegen der Überlassung des Betriebes auf der Bahnstrecke von Lindau bis zur Gränze seinerzeit ein Übereinkommen treffe, welches mit den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages in Übereinstimmung steht.

Was die Höhe der von den Concessionären für diese Mitbenutzung des Bahnhofes und für die Pacht der Bahnstrecke von da an bis zur Gränze zu entrichtenden Entschädigung betrifft, so wird von Seite der königlich bayerischen Regierung bemerkt, daß sie beabsichtige, bei der Bestimmung dieses Pachtgeldes denjenigen Aufwand zu Grund zu legen, welchen sie selbst für die Aufbringung und Verzinsung der auf die fraglichen Bauobjekte zu verwendenden Summen zu machen verpflichtet ist.

Zugleich bemerken die bayerischen Bevollmächtigten, daß nach Ansicht ihrer Regierung die von den Concessionären zu leistende Entschädigung auch eine entsprechende Quote für die Mitbenutzung der bereits vorhandenen Objekte und Einrichtungen zu enthalten habe.

VI ad Artikel 15

Die Absicht des zweiten Absatzes dieses Artikels ist nur dahin gerichtet, einer allenfallsigen tendenziösen Begünstigung oder Benachteiligung des Verkehrs der Angehörigen des einen oder anderen der contrahirenden Staaten vorzubeugen. Es sollen daher Minderungen im Tarife oder sonstige Transporterleichterungen weder für gewisse Warenklassen oder Warenmengen noch auch für gewisse Strecken ausgeschlossen werden, sofern solche nur für alle Angehörigen der contrahirenden Staaten, welche sich in der Lage befinden, davon Gebrauch machen zu können, in gleicher Weise in Anwendung gebracht werden.

Auch wird anerkannt, daß die Bestimmungen über Tariferung, welche in der österreichischen Concessionsurkunde vom 17. August 1869 enthalten sind, mit der Bestimmung des Artikels 15 des Staatsvertrages nicht im Widerspruche stehen.

VII ad Artikel 16

Es besteht Einverständniss darüber, daß im Verkehr der Unternehmung der im Artikel 1 des Staatsvertrages erwähnten Rahmen mit den schweizerischen Eisenbahnen, und umgekehrt die Anwendung der sogenannten Differenzialtarife, soweit solche nach den in jedem Staate bestehenden Bestimmungen als zulässig erscheinen, nicht ausgeschlossen sein sollen.

VIII ad Artikel 22

Die contrahirenden Regierungen werden infolge des von den schweizerischen Bevollmächtigten geäusserten Wunsches auf die baldtunlichste Einführung fahrender Postbüreaux in der Strecke von Lindau nach St. Margarethen Bedacht nehmen.

IX ad Artikel 23

Die Verpflichtung der Eisenbahnverwaltung zur unentgeltlichen Herstellung und Überlassung von Amtslokalitäten für den Zoll-, Post-, Telegrafen- und Polizeidienst erstreckt sich nur auf solche Amtslokalitäten, welche aus Anlass der Bahnanschlüsse notwendig werden.

Wenn schon vorhandene Localitäten für die bezeichneten Zwecke benutzt werden, so hat die Eisenbahnverwaltung für diese Benutzung eine verhältnismässige Entschädigung, beziehungsweise Rente zu zahlen.

Bezüglich der Ausführung der gemäss dieses Artikels erforderlichen Bauherstellungen in den Bahnhöfen zu Buchs und St. Margarethen haben die Concessionäre der Vorarlberger Bahn sich mit der Verwaltung der Vereinigten Schweizer Bahnen zu verständigen.

X

Auf besonderen Wunsch der k. und k. österreichischen Regierung erklärt sich die königlich bayerische Regierung bereit, wenn sie von der königlich württembergischen Regierung hiezu veranlasst werden sollte, mit dieser behufs der Fortsetzung der Bodensee-Gürtelbahn von Lindau nach Friedrichshafen wiederholt in Verhandlung zu treten, jedoch unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß dieselbe der bayerischen Regierung zur Verbesserung ihrer Bahnverbindung mit dem Bodensee eine Bahnführung auf württembergischem Gebiete von der Landesgränze bei Memmingen in der Richtung nach Hergatz in der von Bayern gewünschten Trace gestatte.

Bregenz, den 27. August 1870

Gagern m.p.     Weber m.p.       Tschudi m.p.

            Suttner m.p.      Weber m.p.

                        Aepli m.p.

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[1] Textwiedergabe nach dem Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder RGBL 1871 Nr. 13, S. 23 -31. Online http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=rgb&datum=1871&page=53&size=45 In der Schweiz publiziert im BBl 1870 III 905. Online:
http://www.admin.ch/ch/d/sr/i7/0.742.140.316.31.de.pdf. Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 21. Januar 1871.
[2] Anmerkung Schweizer Ausgabe: „Mit der Republik Österreich ist die Weitergeltung dieses Staatsvertrages festgestellt worden durch Bst. B Ziff. 1/2 des Notenaustausches vom 7. Juli 1948/11. Okt. 1949 (siehe AS 1950 87).“
[3] Reichsgesetzblatt 1865 Nr. 138.
[4] Reichsgesetzblatt 1869 Nr. 169.
[5] Nicht publiziert.
[6] Anmerkung zu den Art. 17 bis 21 in der aktuellen Schweizer Version: „Gegenstandslos geworden durch die Abk. zwischen der Schweiz und Österreich vom 30. April 1947 betreffend den österreichischen Zolldienst in den Bahnhöfen St. Margrethen und Buchs sowie den Durchgangsverkehr der Zollorgane über kurze ausländische Verbindungsstrecken (SR 0.631.252.916.31) und den Grenzverkehr (SR 0.631.256.916.31) (siehe Note vom 25. Febr. 1948 - SR 0.631.252.916.31).“