Provisorische Jagdordnung


Provisorische Jagdordnung[1]

vom 27. Juli 1849

für das Fürstenthum Lichtenstein, welche nach Einvernehmung des Engern Landrathes bei der Ausübung des Jagdrechtes zur genauen Befolgung festgesetzt wurde.

1tens Das Recht die Jagd ausüben zu dürfen wird an Inländer durch sogenante Patente vergeben, Ausländer überhaupt sind von dem Jagdrechte im Fürstenthum ausgeschlossen.

2ten Die Grossjagd auf Hirschen, Gemse und Reh beginnt vom 1ten August und endet mit letztem Jenner 1850.

3ten Die Kleinjagd zerfällt in zwey Abtheilungen, nämlich
a) in die Jagd auf das Kleinwild und
b) in die Flugjagd, oder in jene auf Federwild.

4ten Die Kleinjagd auf Kleinwild, Füchsen, Hasen, Dachsen und d.g. begint mit 1ten Weinmonath[2] und endet mit Jenner 1850.

5ten Die Kleinjagd auf Federwild oder Flugjagd beginnt mit 1ten August und endet mit letztem Jenner 1850.
Das Schüssen von Singvögel ist zu jeder Zeit verboten, und nur den Innhabern von Weinreben zur Zeit der Traubenreife ist gestattet in ihren Weingärten die Vögel durch Schüssen [oder] auf sonstige Art zu verscheuen oder verscheuen zu lassen.

6ten Die Jagd darf nur mit Feuergewehr, in keinem Falle mit Fangeisen, sogenannten Trapeln und Schlingen geschehen.

7ten Die Gamsjagd mit Hunden im Hochgebirg ist gänzlich und streng untersagt.

8ten Die Dachsjagd ohne Gewehr, nämlich durch Ausgraben oder mit Gabeln u.d.g., ist frei.

9ten Jagdhunde darf nur derjenige halten, der mit Patent zur Jagd berechtiget ist, andere welche Jagdhunde halten, müssen solche anhängen oder sonst bei Hand behalten.

10ten Auser der festgesetzten Jagd darf niemand das Jagdrecht ausüben, doch ist den Patentisten gestattet Raubthiere, Füchse, Raubvögel und dergleichen auch auser der Jagdzeit zu schüssen. Hauskatzen, die sich auf den Feldern befinden, dürfen nicht geschossen werden.

11ten Die Tax für die Grosse und Kleinjagd, so unter welch letzterer nur das Kleinwild im 4ten Absatz verstanden ist, beträgt durch die festgesetzte Zeit ohne Jagdhund zwey Kronenthaler und mit Hund drey Kronenthaler.

12ten Für die Flugjagd oder Jagd auf Federvieh werden eigene Patente ausgegeben, wobei sich der Berechtigte eines Vorstehe-[3] oder Hühnerhundes[4], unter keinem Vorwande aber eines anderen Hundes, bedienen darf, es wäre dann, dass er auch die Tax nach Abs. 11 gelöst hätte.
Die Tax für die Flugjagd durch die festgesetzte Zeit ist vier Gulden.

13ten Patente werden nur für die Person des Abnehmers ausgefertigt, er darf sie weder an einen andern verkaufen noch damit einen andern auf die Jagd gehen lassen noch aber Unpatentisirte mit Gewehr mit sich auf die Jagd nehmen.

14ten Zur Vertilgung des Gewildes darf die Jagd nicht ausgeübt werden, es versteht sich daher von selbst, das die Jagd weidmännisch aus[geübt werden muss] und keine Hirschkuh geschossen, überhaupt die Jagdlust nicht so gehandhabt werden dürfe, wodurch das Land durch kleinlichen Eigennuz um das Jagdgefell gebracht würde.

15ten Zur Handhabung der Jagdordnung werden eigene Aufseher bestellt, welche so wie die öffentlichen Conroll[?]bediensteten und jeder Jagdberechtigte das Recht haben, von jederman, der mit einem Gewehr auf der Jagd getroffen wird, das Patent zur Ausweisung abzuverlangen, vermag der hiezu aufgeforderte es nicht, so wird er zur Untersuchung gezogen und nach Umständen bestraft.

16ten Um Unberechtigte von der Jagd abzuhalten, werden alle Patentisirten von Zeit zu Zeit in allen Gemeinden bekannt gemacht.

17ten Die Strafen gegen Übertrettung dieser Provisorischen Jagdordnung sind folgende.
a) Wer ohne Lösung eines Patentes zur Zeit der offenen Jagd mit Gewehr im Felde oder Walde betretten oder der unberechtigten Jagd sonst überwiesen wird, verfällt das erste mahl in eine Strafe von zwey Thaler, das zweite mahl von vier Thaler und das dritte mahl nebst Abnehmung des Gewehres von 8 Thalern […][5].
b) Wer auser der Jagdzeit, mag er zur Jagd sonst berechtiget sein oder nicht, auf der Jagd betretten oder derselbe überwiesen wird, wird mit Wegnahme des Gewehres und vier Thaler bestraft.
c) Die Gamsjagd mit Hunden im Hochgebirge wird mit Abnahme des Patentes und sechs [Kron?][6] Thaler bestraft, bei Unberechtigten aber die Geldstraffe um 3 Thaler erhöcht.
d) Fangeisen, Trappeln u.d.g. zu legen wird mit Wegnahme und vier Thaler, das Legen der Schlingen mit einem halben Thaler und das Schüssen der Singvögel mit einem Gulden bestraft.
Ausländer, welche auf der Jagd betretten werden, verfallen in die gleiche Strafe wie der Inländer, nur mit dem Unterschied, dass dem Ausländer schon bei der ersten Übertretung das Gewehr weggenommen wird.
e) Jene, welche einer Strafbestimmung dieser Jagdordnung verfallen, und sich nebstbei noch gegen den Absatz 14ten verfehlt haben, werden auser der festgesetzten Strafe noch mit einer Strafzulage von einem bis fünf Gulden je nach der Gattung der erlegten Wild und der dabey obwaltenden Umständen bestraft, welche Strafezulage auch in Wiederholung verdopelt wird.

18ten Unfolgsamkeit oder Wiedersetzung gegen die zu Überwachung des Jagdregales in den Absatz 15 beruffenen insbesondere aber gegen die hiezu eigens aufgestelten Aufseher werden [nach] Umständen bestraft werden.

19ten Wer einen unbefugten Jäger zur offenen Jagdzeit oder einen befugten zur verbothenen Zeit oder sonstentlich ein strafbares Jagdvergehen anzeigt und erweislich macht, erhält die Helfte der einbringlichen Strafe. Der Name des Anzeigers wird nicht veröffentlichet.

Vaduz, am 27. July 1849

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[1] LI GAV A 28/1/17. Handschriftliche Fassung, nicht unterzeichnet. Der engere Landrat tagte vom 21.-30. Juli 1849, die entsprechenden Protokolle sind jedoch nur unvollständig erhalten. Im Protokoll vom 16. Juli wird der Beschluss festgehalten, „für das Jahr 1849 die Jagd nach der provisorischen Jagdordnung vom vorigen Jahre mit Patenten zu erlassen.“ (LI LA SchäU 323)
[2] Oktober.
[3] Vorstehhund: Jagdhund, der durch Vorstehen anzeigt, dass er Wild gefunden hat.
[4] Vorstehhund: Hund, der zur Jagd auf Geflügel eingesetzt wird.
[5] Unsichere Lesung, im Original vermutlich verschrieben.
[6] Unbekannte Abkürzung.