Vorschriften für die Volkszählung


 

Wir Johann, von Gottes Gnaden Fürst und Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein, Herzog von Troppau und Jägerndorf, Graf zu Rietberg etc. etc. finden zu verordnen, dass künftighin die Volkszählung in Unserem Für­stenthume durch das Regierungsamt nach der vorliegenden Vorschrift, welcher Wir hiermit Unsere Sanction ertheilen, ausgeführt werde.

Zugleich bestimmen Wir, dass die erste Zählung nach dieser Vor­schrift noch im heurigen Jahre vorgenommen werden solle.

 

Vorschrift über die Vornahme der Zählung der Bevölkerung[1]

vom 28. Oktober 1861

§ 1

Durch die allgemeine Volkszählung sollen die für die Regierung wichtigsten Verhältnisse des Bevölkerungsstandes ermittelt und über­sichtlich ausgewiesen werden.

Zugleich wird mit dieser Erhebung die Aufnahme der wichtigeren häuslichen Nutz- und Hausthiere verbunden.

§ 2

Die Zählungen haben in der Regel alle fünf Jahre durch das Re­gierungsamt gemeindeweise nach Wohngebäuden. bezüglich Wohnungen, im ganzen Fürstenthume stattzufinden.

§ 3

Zu diesem Behufe müssen alle Gebäude, welche fortwährend oder auch nur zeitweise bewohnt sind, numerirt sein.

Nebengebäude sind unter der Nummer des Wohnhauses begriffen.

§ 4

Die Numerirung geschieht mittelst der gewöhnlichen Zahlziffern mit Vermeidung der Bruchtheile und zwar auf Kosten des betreffenden Hauseigenthümers.

§ 5

Die Numerirung kann zum Gegenstande haben:

1. eine ganze Ortschaft,

2. ein einzelnes Wohnhaus.

§ 6

Im ersteren Falle wird bei dem am äussersten Ende des Ortes ge­legenen Hause mit der Nummer 1 begonnen und nach der Lage der Häuser wo möglich reihenweise in arithmetischer Ordnung fortgesetzt, bis alle zu derselben Ortschaft gehörenden Wohnhäuser numerirt sind.

§ 7

Besteht eine politische Gemeinde aus mehreren getrennt liegenden und mit eigenen Namen versehenen Orten, so haben die Hausnummern in jedem Orte von 1 zu beginnen.

§ 8

Ein einzelnes Wohnhaus, wenn es neu erbaut wird, ist mit jener Nummer zu versehen, welche auf die letzte im Orte vorkommende folgt. Werden aber 2 oder mehrere Häuser durch einen Bau in ein Wohnhaus vereinigt, so muss dieses Eine diese mehrere Nummern fortführen.

§ 9

Die Numerierung eines noch nicht numerirten Hauses hat nur über Bestimmungen des Regierungsamtes zu geschehen, die Abänderung der Numerirung ganzer Gemeinden bedingt die Bewilligung der fürstlichen Hofkanzlei.

§ 10

Die den Wohngebäuden eigenen Nummern haben bei denselben auch im Grundbuche vorzukommen.

Wenn die Abänderung der Nu­merirung einer ganzen Ortschaft Platz greift, so sind durch das Regierungsamt von Amtswegen die neuen Hausnummern im Grundbuche auf den bezüglichen Folien unterhalb der alten Hausnummern mit rother Tinte anzumerken.

§ 11

Die Bestimmungen der Hausnummern bei neuen Wohngebäuden erfolgt mit der Ertheilung des regierungsämtlichen Baukonsenses.

§ 12

Die Zählung geschieht in jeder Gemeinde durch einen Abgeordne­ten des Regierungsamtes in Beisein der die Tauf-, Heirats- und Todten­register führenden Seelsorger mit Beiziehung des Ortsvorstandes.

§ 13

Sie hat die Aufnahme der Einheimischen und der Fremden mit Einschluss der Ausländer zu enthalten.

Unter Einheimischen werden alle Anwesenden oder Abwesenden männlichen oder weiblichen Geschlechts, welche zur betreffenden Ge­meinde, wo die Zählung eben statt hat, heimatberechtiget oder zustän­dig sind, unter Fremden aber die anderen inländischen Gemeinden­Angehörigen und die Ausländer verstanden.

Ausgenommen von der Zählung sind die sich im Orte zufällig aufhaltenden Reisenden.

§ 14

Über die gesammte einheimische Bevölkerung und über die Frem­den, dann über die eigenthümlichen wichtigsten Nutzthiere hat der regierungsämtliche Abgeordnete im Beisein der erwähnten Commis­sions-Mitglieder im Gemeindehaus oder in einer anderen geeigneten Lokalität nach den mündlichen Angaben der vorgerufenen Familienhäupter und der selbständig lebenden Einzelnpersonen von Haus zu Haus die Verzeichnisse aufzunehmen, welche

1. in den Aufnahmsbogen der Einheimischen,

2. in der Fremdentabelle und

3. in der Viehstandstabelle zu bestehen haben.

§ 15

Für jede einheimische Familie, welche einen eigenen Haushalt bildet, ist ein eigener Aufnahmsbogen zu verfassen, und jeder Bogen hat sämmtliche Familienmitglieder, ob ledig oder verheiratet, zu ent­halten, jedoch darf die Zählung nur rücksichtlich jener Mitglieder der Familie geschehen, welche noch keine eigene Haushaltung gründeten, jene mit eigener Haushaltung hingegen sind nur nominell aufzuführen und ist sich bloss auf den betreffenden Aufnahmsbogen, wo deren Familie verzeichnet erscheint, in der Rubrik „Anmerkung“ zu beziehen.

§ 16

Die Fremden werden nach Familien in eine Fremdentabelle ver­tragen; allein die einzelnen Familien besonders abtheilungsweise er­sichtlich gemacht.

§ 17

Die Viehstandstabelle gibt die Anzahl der vorhandenen eigenthüm­lichen Hausnutzthiere, nach Häusern und Haushaltungen geordnet, an.

§ 18

Die einzelnen Aufnahmsbogen werden in ein Gesammtverzeichnis zusammengestellt, welches die Ortsübersicht über die Einheimischen zu bilden hat.

§ 19

Aus diesen, dann aus den abgeschlossenen Fremden- und Vieh­standstabellen der einzelnen Gemeinden verfasst das Regierungsamt das Gemeinde- und das Landes-Summarium.

§ 20

Wer sich der Zählung entzieht oder eine unwahre Angabe macht, verfällt in eine dem Armenfonde seiner Gemeinde zufallende Geld­busse bis zum Betrage von 10 fl Österr. W. und für den Fall der Zahlungsunfähigkeit in eine angemessene die Dauer von 3 Tagen nicht überschreitende Arreststrafe.

§ 21

Die mit der Volkszählung verbundenen Auslagen, insbesondere die Lasten für die Anschaffung der nöthigen Drucksorten, werden vom Landesfonde getragen.

Wien, am 28. Oktober 1861

Johann Fürst von und zu Liechtenstein

L. S.

Ernest Zipfl, fürstlicher Wirtschaftsrath

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[1] LI LA Sg RV 1861. Originaltitel. Druck.