[Gesetz zur Verminderung der Kosten bei Executionen auf Fahrnisse][1]
vom 22. Juni 1843
Von Gottes Gnaden Wir Alois Joseph, souverainer Fürst und Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein von Nikolsburg, Herzog zu Troppau und Jägerndorf in Schlesien, Graf zu Rietberg, Ritter des goldenen Vliesses, Grosskreuz des kön. Hannoverischen Guelphen-Ordens, etc. etc. etc.
Zur Erleichterung der Einbringung der mindern Forderungen, welche den Betrag von fünfzig Gulden R.W. ohne Einrechnung der Zinsen nicht übersteigen, und zur Verminderung der betreffenden Kosten bei Executionen auf Fahrnisse haben Wir folgendes summarische Verfahren zu bestimmen befunden:
§ 1
Die Execution für die erwähnten minderen Forderungen kann nicht nur auf der Grundlage der von der Gerichtsordnung und durch andere Gesetze bereits bestimmten Urkunden, sondern auch auf Grundlage eines blossen gerichtlichen, auch ohne vorläufige Klage, jedoch nach eingetretener Verfallzeit aufgenommenen Vernehmungs- (Audienz-) Protokolls, zu welchem der Gläubiger und der Schuldner vor Gericht erscheinen, der letztere die Forderung darin eingesteht und sogleich oder in einer bestimmten Zeit die Zahlung zu leisten verspricht, von welchem Protokolle den Partheien nur auf ihr Verlangen Abschriften zu ertheilen sind, bewilligt werden.
§ 2
Das Executionsgesuch kann beim Oberamte mündlich zu Protokoll gestellt oder auch schriftlich überreicht werden und das Oberamt hat, wenn es das Gesuch gegründet findet, auf das namhaft gemachte bewegliche Vermögen des Schuldners mittelst eines einzigen Bescheides die Pfändung und Schätzung, welche an einem Tage und gleichzeitig vorzunehmen sind, dann auch zugleich die Feilbiethung zu bewilligen, welche jedoch auf Verlangen des Gläubigers nur dann wirklich vorzunehmen ist, wenn der Schuldner binnen 14 Tagen vom Tag der vorgenommenen Pfändung und Schätzung den Gläubiger zu befriedigen und die bereits erwachsenen und liquidierten Kosten zu bezahlen nicht vorgezogen haben sollte, wovon der Schuldner in dem Executionsbescheide ausdrücklich in Kenntniss zu setzen ist.
§ 3
In dem Bescheide ist kein Schätzmann zu bestimmen, sondern es bleibt dem Ortsrichter, der die Pfändung und Schätzung, wie bisher, vorzunehmen hat, überlassen, einen beeideten Schätzmann beizuziehen, und durch denselben die gepfändeten Gegenstände zugleich schätzen zu lassen.
§ 4
In dem über die wirkliche Pfändung und gleichzeitige Schätzung aufzunehmenden Protokolle sind die gepfändeten Gegenstände einzeln genau aufzuführen, und der gegebene Werth bei jedem Stücke einzeln anzumerken.
Dieses Protokoll ist von der anwesenden Parthei, von dem zugezogenen Schätzmanne und dem mit der Vollziehung der Executions-Verordnungen beauftragten Ortsrichter, und wenn die gepfändeten und geschätzten Gegenstände zufolge oberämtlichen Auftrages bei einem Dritten zu hinterlegen sind, zum Beweise der wirklich übernommenen Verwahrung derselben auch von demjenigen zu unterzeichnen, dem die Sachen zur Aufbewahrung übergeben worden sind.
§ 5
Das Protokoll über die vorgenommene Pfändung und Schätzung ist unverzüglich von dem Ortsrichter mit einer Relation dem Oberamte einzusenden; auch kann jeder Theil eine Abschrift verlangen und selbe ist dann sogleich auf einem Groschenstempel hinauszugeben. Es ist nicht nothwendig, die Partheien auf irgend eine Art an die Erhebung einer solchen Abschrift zu erinnern.
§ 6
Der § 324 der allg. G.O., wornach, wenn kein Theil innerhalb von 30 Tagen die Feilbiethung angesucht hat, der Executionsführer schuldig ist, die Sache um den Schätzungspreis zu übernehmen und der Schuldner es ihm dafür zu überlassen, tritt bei diesem Verfahren gänzlich ausser Kraft, und es bleibt vielmehr beiden Theilen nach Verlauf dieser Frist jederzeit frei, die Feilbiethung zu verlangen. Auch ist der Tag, an welchem die Abschrift der Pfändung und Schätzung erhoben werden kann, weder durch Anschlagung, noch durch eine Anmerkung auf der Relation selbst besonders ersichtlich zu machen.
§ 7
Dem Schuldner bleibt frei, die Feilbiethung auch sogleich nach der Pfändung und Schätzung mündlich oder schriftlich zu verlangen. Wenn binnen 14 Tagen vom Tage der erfolgten Pfändung und Schätzung der Schuldner den Gläubiger nicht vollkommen befriediget und sich während dieses Zeitraumes bei dem Oberamte verlässlich nicht ausgewiesen hat, kann der Gläubiger bei diesem mündlich und schriftlich um die Feilbiethung ansuchen. Ueber das Ansuchen des einen oder des anderen Theils um die Feilbiethung wird, ohne eines weitern Bescheides zu bedürfen, lediglich in Befolgung der ersten richterlichen Executions-Verordung das Feilbiethungs-Edikt, nemlich die Kundmachung erlassen, dass die bewilligte Feilbiethung werde vorgenommen werden und die Vornahme der Feilbiethung einem Beamten oder dem Ortsrichter unter Mittheilung des unter § 5 an das Oberamt gelangten Pfändungs- und Schätzungsprotokolls verordnet.
§ 8.
Dieses Edikt hat den Namen der Partheien, den Wohnort des Schuldners, den Betrag der Forderung, die in allgemeinen Ausdrücken abgefasste Anzeige der feilzubiethenden Gegenstände, die Angabe des Gesammtschätzungswerthes derselben, nicht aber den Werth der einzelnen Stücke, die Bedingung, dass die Bezahlung des Versteigerungspreises sogleich zu erfolgen habe, die genaue Bestimmung des Ortes, des Tages und der Stunde der Feilbiethung und zugleich auch die Erklärung zu enthalten, dass nur eine Feilbiethung gehalten werde, bei welcher, wenn für den feilgebothenen Gegenstand nicht wenigstens der Schätzungspreis angebothen werden, derselbe auch unter dem Schätzungspreis angebothen werde, derselbe auch unter dem Schätzungspreise werde dem Meistbiethenden überlassen werden.
§ 9
Die Versteigerungszeit ist zwischen 14 und 30 Tagen von dem Tage der Ausfertigung des Edikts oder der Kundmachung, die alsogleich zu geschehen hat, festzusetzen.
§ 10
Das Versteigerungs-Edikt hat das Oberamt auszufertigen, und durch das betreffende Ortsgericht verlautbaren zu lassen, was durch Angschlagung an der Gerichtstafel oder vor dem Gemeindehause und durch dessen einmahlige Publikation vor der Kirche oder auf sonst übliche Weise zu geschehen hat.
§ 11
Ueber die Feilbiethung muss von dem Ortsrichter, der sie vornimmt oder von dem dazu bestimmten Beamten ein Protokoll aufgenommen werden. In demselben ist nebst dem Namen des Ortsrichters oder Beamten und des Ausrufers, wenn solcher zugezogen wäre, und mit Beziehung auf das Versteigerungs-Edikt für jeden besonders feilgebothenen und zu bezeichnenden Gegenstand der letzte höchste Anboth ersichtlich zu machen, der Name des Meistbiethenden anzugeben, und der wirklich erfolgte Erlag des angebothenen Preises anzumerken oder der Grund anzugeben, warum derselbe nicht erfolgt ist.
Wenn bei der Versteigerung innerhalb der ersten Stunde Niemand für einen Gegenstand wenigstens den Schätzungspreis anbiethet, wird derselbe in der darauf folgenden Stunde dem Meistbiethenden auch unter dem Schätzungspreise überlassen.
Das Feilbiethungsprotokoll ist von dem Beamten oder dem Orstrichter, dem Ausrufer und dem Meistbiethenden und auch von dem Executionsführer und dem Schuldner, wenn sie dabei anwesend sind, zu unterfertigen.
§ 12
Gleich nach Beendigung der Versteigerung hat der Ortsricher in der Regel die Vertheilung des erlegten Preises in Gegenwart zweier Zeugen in der Art vorzunehmen, dass vorläufig
die in dem ersten Executions-Bescheide ausgedruckten Gerichtsgebühren und andere später aufgelaufene Exectionskosten, und
die Gebühren des Ortsrichters, des Schätzmannes, des verwendeten Gemeindedieners, des Ausrufers und jeder anderen bei den Executions-Akten gesetzmässig verwendeten Person, welche für jede Person besonders und genau anzusetzen sind, und
die in dem Executions-Bescheide für den Executionsführer liquidirten Kosten, die nicht in den obigen ad a begriffen sind, gehörig bezahlt und sohin der Executionsführer für seine in dem Executions-Bescheide ausgedrückte Forderung befriediget, der allenfällige Ueberrest aber dem exequirten Schuldner übergehen werden.
Diese Vertheilung ist am Ende des Versteigerungsprotokolls umständlich anzuführen, und von den Empfängern und den beigezogenen Personen zu unterschreiben.
§ 13
Ist die Feilbiethung von einem Kanzleibeamten vorgenommen worden, so hat auch dieser sich nach der Vorschrift des vorhergehenden § 12 zu benehmen.
§ 14
Wenn bei der in den zwei vorhergehenden §§ 12 u. 13 bezeichneten Vertheilung Anstände oder besondere Ansprüche dritter Personen sich ergeben sollten, so ist sich in die Vertheilung nicht einzulassen, sondern das erlegte Geld mit den Akten dem Oberamte zu übergeben, die Partheien davon mündlich zu verständigen und am Ende des ebenfalls dem Oberamte zu übergebenden Versteigerungsprotokolles die entsprechende Anmerkung beizusetzen.
§ 15
Die Pfändung, d.i. Beschreibung der in Execution gezogenen beweglichen Sachen und deren Schätzung, so wie der Feilbiethung nimmt der Ortsrichter selbst vor; zur Anschlagung und Kundmachung des Feilbiethungs-Ediktes, dann zum Ausrufen bei der Feilbiethung, so wie zur sonst etwa nothwendigen Hilfe und Mitwirkung hat er einen Geschworenen zu verwenden.
Damit der Ortsrichter jederzeit Auskunft über seine Executionsführungen geben könne, hat er ein ordentliches Gantbuch zu führen und in dieses alle oberämtlichen Executionsaufträge, so wie seine darauf erfolgten Amtshandlungen, wie sie der Reihe nach auf einander folgen, mit Angabe des Namens des Gläubigers und des Schuldners, des Datums und der Zahl der oberämtlichen Executionsverordnung, des Betrages der Forderung und des Datums seiner Amtshandlungen aufzuzeichnen, und dieses Gantbuch seinem Nachfolger mit den übrigen Dienstakten nach § 97 des G.G.[2] v. 1. August 1842 einzuhändigen.
§ 16
Der Ortsrichter hat die an ihn gelangenden Executionsaufträge, so auch seine darauf vorgenommenen Aktenstücke nach der Reihe, so wie sie auf einander folgen, verlässlich zu numeriren und sorgfältig beisammen aufzubewahren, und sobald ein Executionsakt gänzlich abgeführt ist, hat er die sämmtlichen Akten sammt den eingehobenen Taxen dem Oberamte zu übergeben. Diejenigen Executionsakten, die entweder wegen erfolgter Zahlung, oder weil keine Parthei auf die Fortsetzung bestanden, unvollendet geblieben sind, sind jedoch erst dann dem Oberamte einzusenden, wenn seit dem letzten Akte bereits drei Monate verstrichen sein werden.
§ 17
Das Oberamt prüft die eingesendeten Akten mit Entgegenhaltung seines eigenen Vormerks, den es über alle hinausgegebenen Executions-Verordnungen zu führen hat, revidirt die Berechnungen über Gebühren und andere Auslagen und verfügt im Falle eines ungebührlichen Bezuges dessen unverzügliche Rückstellung an die Parthei gegen einzusendende Quittung und ermächtiget sie, wenn bei unvollendet gebliebenen Executionen Taxen oder Gebühren nicht eingebracht worden sind, mit Bestimmung ihres Betrages zur Einbringung derselben durch summarische Execution.
§ 18
Die von dem Ortsrichter zu beziehenden oder zu berechnenden Gebühren sind folgende:
Für Vornahme der Pfändung und Schätzung bis zum halben Tage - fl. 30 kr.
Für Feilbiethung, wenn nicht mehr als ein halber Tag verwendet wird - fl. 30 kr.
Wenn mehr als ein halber Tag verwendet wird 1fl. - kr.
Für Publikation des Edikts dem Kundmacher - fl. 10 kr.
Für den Gehülfen bei der Pfändung, dann dem Ausrufer im Orte,
wenn nicht mehr als ein halber Tag verwendet wird - fl. 24 kr.
wenn mehr als ein halber Tag verwendet wird - fl. 48 kr.
Für allenfalls von den Partheien geforderte Abschriften der
Executionsakten für jede Seite - fl. 4 kr.
Die Gebühren für die nöthigenfalls etwa verwendeten kunstvertändigen Schätzmänner und Handlanger sind von dem Ortsrichter nach Umständen und immer mit möglichster Sparsamkeit zu bemessen.
§ 19
Auch wenn die Executionen von den Beamten des Amtes selbst nach den Bestimmungen der gegenwärtigen Instruktionen vorgenommen werden wird, sind für den Schätzmann und Ausrufer nur die obigen Gebühren zu entrichten.
§ 20
Gegen die Amtshandlungen des Ortsrichters müssen die allfälligen Beschwerden bei dem Oberamte binnen 8 Tagen mündlich zu Protokoll oder schriftlich angebracht und seine Verfügungen abgewartet werden.
§ 21
Gegen die Executionsbescheide des Oberamts so wie gegen seine weiteren Verfügungen und Verordnungen in dem durch gegenwärtige Instruktion vorgezeichneten Verfahren ist der Rekurs binnen 8 Tagen bei dem Oberamte mündlich zu Protokoll oder schriftlich anzubringen, und der Richter hat denselben mit den erforderlichen Akten und seinen Amtserinnerungen unverzüglich an das Appellationsgericht zu befördern. Dasselbe hat auch in dem Falle eines Rekurses gegen die Entscheidung des Appellationsgerichtes Statt zu finden.
§ 22
In allem, was durch gegenwärtige Anordnung ausdrücklich nicht anders bestimmt ist, hat es bei den allgemeinen Bestimmungen der Gerichtsordnung zu verbleiben.
§ 23
Ortsrichter, welche in festgesetzter Frist die ihnen aufgetragenen Executionsakte nicht vornehmen, die Relationen nicht einsenden oder sonst eine nicht verantwortliche Zögerung herbeiführen, haften dem Gläubiger für den ihm dadurch zugefügten Schaden und haben alle jene Kosten und Taxen, die sie ihm durch die Zögerung darin verursacht haben, dass er zu Betreibungen genöthiget wurde, selbst zu tragen.
§ 24
Diese Anordnungen, welche mit dem Tage ihre Kundmachung in Gesetzeskraft treten, sind auf bereits im Zuge begriffene Executionsführungen nicht anzuwenden.
Gegeben in Unserem Schlosse zu Liechtenstein[3] am 22. Juni 1843.
Alois
(L.S.)
Joseph Freiherr von Buschmann, fürstlicher dirigirender Hofrath.
Maximilian Kraupa, fürstlicher Wirtschaftsrat.
Nach Sr. Durchlaucht höchst eigenem Befehle:
Franz Strak, fürstlicher Sektretär