Bestätigung der Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft Vaduz durch König Wenzeslaus


Prag, 22. Juli 1396

Auf Ansuchen der Grafen Hartmann und Heinrich von Vaduz erklärt König Wenzeslaus, dass die Grafschaft Vaduz und ihre übrigen Herrschaften Reichslehen seien und dass er sie ihnen nach Ordnung des römischen Reiches weiter verleihe.[1]

Übersetzung

Wir Wenzeslaus von Gottes Gnaden römischer König, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches und König zu Böhmen, bekennen und verkünden öffentlich mit diesem Briefe allen, die ihn ansehen oder lesen hören, dass der ehrwürdige Bischof Hartmann von Chur, unser andächtiger Fürst, und sein Bruder der edle Graf Heinrich von Montfort, genannt von Vaduz, unser und des Reiches lieber Getreuer, uns inständig gebeten haben, wir möchten gnädiglich geruhen, ihnen ihre Grafschaft zu Vaduz und alle ihre übrigen Herrschaften, Länder und Leute zu verleihen, und zwar mit Städten, Festungen, Märkten, Gerichten, Zöllen, Mühlen, Äckern, Wiesen, Wäldern, Gebüschen, Gewässern, Teichen, Jagdgründen, Vogelweiden und allen andern sonstigen Zubehörden, nichts ausgenommen, wie man es auch im Besonderen benennen möge. All das ist von ihren Vorfahren redlich an sie gekommen, befindet sich auch in ihrem rechtskräftigen, gesicherten und ungestörten Besitz und rührt von des Reiches Lehen her. In Anbetracht dessen und im Hinblick auf die genehmen Dienste und auf die Treue, die der ehegenannte Fürst und sein Bruder Heinrich zu unserem und des Reiches Nutzen stets willig geleistet und gehalten haben, täglich leisten und halten und auch fürderhin in künftigen Zeiten leisten und halten mögen, haben wir ihnen mit Vorbedacht und bei vollem Wissen die ehegenannte Grafschaft und alle ihre sonstigen Herrschaften samt allen ihren Zubehörden ohne jede Ausnahme aufs Neue verliehen und wieder überreicht. Wir verleihen und überreichen sie ihnen kraft dieses Briefes und kraft der römischen Königsmacht in der Weise, dass sie und ihre Lehenserben diese ihre Grafschaft und ihre Herrschaften samt Zubehörden von uns und dem Reiche zu rechtem Lehen haben, halten, besitzen, geniessen und gebrauchen sollen in gleichem Ausmasse und in gleicher Weise, wie sie ihre Vorfahren bis auf uns innegehabt und besessen haben, und zwar ohne jede Verminderung von irgend einer Seite her, aber auch ohne Schaden für uns, für das Reich, sowie an unseren Diensten und Rechten oder an den Rechten irgend eines Anderen. Auch bestätigen und bekräftigen wir ihnen alle Privilegien, Rechtsverbriefungen, Urkunden, Rechte, Gnaden und Freiheiten, die sie für die ehegenannte Grafschaft und für ihre Herrschaften von unseren Vorfahren, den Kaisern und Königen des römischen Reiches oder auch von uns selber erworben haben. Wir beabsichtigen, wollen und bestimmen, dass all dies in allen Punkten, Klauseln und Artikeln stets unverletzt und unverändert bleiben soll, wie es oben von Wort zu Wort geschrieben steht mit Urkunde dieses mit unserem königlichen Majestätssiegel versiegelten Briefes. Gegeben zu Prag im Jahre 1396 nach Christi Geburt, am Tage der heiligen Maria Magdalena, im 34. Jahre unseres böhmischen und im 21. Jahre unseres römischen Königtums.

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[1] LUB I/2 Nr. 80, S. 246-250, Abschrift in der Stiftsbibliothek St. Gallen, Cod. 629. Bearbeitung Franz Perret.