[Hofkanzleiverordnung betr. die Einrichtung von Schulen und Einführung der allgemeinen Schulpflicht][1]
vom 18. September 1805
Da nicht zu verkennen ist, daß wohl eingerichtete Landschulen zur Bildung der Jugend und ihrem künftigen Fortkommen ungemein viel beytragen, so ist das von dem Herrn Landvogt untern 31ten v[origen], Erhalt 10ten dieses Monats einberichtete Vorhaben der sammentlichen Herren Pfarrer der oberen Herrschaft allerdings lobenswürdig, und es ist nicht zu zweifeln, daß Seine Durchlaucht unser gnädigster Herr und Fürst diesem ersprießlichen Institut ihren gnädigsten Schuz angedeihen laßen werden; obwohlen nun bey denen dermaligen Kriegsrüstungen es nicht an der Zeit zu seyn scheinet, diese Anstalt gleich in die Wirklichkeit zu setzen, so ist doch auch nicht alle Friedens-Hofnung verschwunden und auf allen Fall rathsam, wenigstens die Vorbereitungs-Maaßregeln einzuleiten.
Man ist dahero vor der Hand allerdings mit dem Vorschlag der Pfarrherren einverstanden, daß
Erstens,
in jeder Gemeinde ein tauglich und fähiger Lehrer aufgestellet werde.
Zweytens,
daß die Aufnahm desselben so wie die Absezung, welche ohne erhebliche Ursache niemal zu gestatten seyn wird, nicht der Willkühr der Ortsvorgesetzten überlassen, sondern mit Einstimmung des Ortspfarrherren und der Landesobrigkeit geschehen solle.
Drittens,
daß die Winterschule von Martini bis Georgi dauern müsse.
Viertens,
daß jede Gemeinde in Zeit vier Wochen sich über ihren gegenwärtigen Schulfond und wie sie denselben so vermehren könne, daß der Lehrer gut besoldet, und in Hinkunft auch die Sommerschule an Sonn- und Feyertagen gehalten werden kann, auszuweisen habe.
Fünftens,
daß in jeder Gemeinde ein geräumig, hell und gesundes Schulhaus erbauet werde.
Sechstens,
daß die Eltern ihre Kinder nach dem 6ten Jahre ihres Alters bis nach vollendeten dreyzehnten in die Schule schücken müssen; und
Siebentens,
daß sobald möglich ein ausführlicher Schulplan entworfen werden solle, wie die Schul in Aufnahm gebracht, die Aufsicht, Zucht, Lehrart, und was dahin einschlägt, erzielet werden könne.
Das fürstliche Oberamt wird demnach über diesen für die Gemeinden so wohl gemeinten Antrag dieselbe durch ihre Vorgesetzte vernehmen und wenn sie hiezu, wie man nicht zweifeln will, geneigt sind, auch ihre weitere Vorschläge anhören, auf was Art sie sowohl den hinlänglichen Unterhalt der Lehrer, als auch die Kosten zu Bestreitung der zu erbauenden Schulen sicher zu stellen und zu bestreiten vermeinen; maßen wenn diese zwey Hauptgegenstände einmal sicher gestellet sind, die Bestimmung des eigentlichen Schulplanes leicht bewerkstelliget werden kann.
Der Unterhalt des Lehrers wird durch die Beyträge der Gemeinden, und das von jedem Kind zu bezahlende Schulgeld nicht so schwer, als die Erbauung der Schulhäuser selbst zu erschwingen seyn. Es wird demnach bey jeder Gemeinde zu untersuchen seyn, ob nicht irgend ein zur Schule hinlänglich geräumiges Hauß einstweilen in die Miethe genohmen werden könnte, bis der beßere Zustand der Unterthanen die wirkliche Erbauung der Schulhäuser erlauben wird.
Man hätte übrigens gewunschen in dem Amtsbericht zu vernehmen, ob denn bishero gar keine oder welche Schulen ob der Herrschaft, dann auf welchen Fuß bestanden und wie es bishero wenigstens mit der Religionslehre gehalten worden? Ein welches also nachträglich einzuberichten auch die Schulfundi, und der Betrag der Kirchenpeculien[2] anzuzeigen ist.
Wien, den 18ten Sept. 1805.
Franz Haymerle mp
Hochfürstl: Johann
Liechtensteinische Kanzley.
Franz Dipolt mp
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[1]Kein Originaltitel.
[2] Einkünfte.