Simon Büchel an Ulrich Öhri über den Tod seiner Ehefrau Bertha, den Bau des Kirchenturms in Ruggell und den einstweiligen Verbleib der Kirchenglocken, die angebliche Zuchthausstrafe von Adolf Biedermann, die Erpressung des Landrichters Carl Blum durch Wilhelm Büchel, Eheschliessungen in Ruggell und Mauren sowie die Zwangsversteigerung von Bad Nofels


Handschriftliches Originalschreiben des Simon Büchel, Schellenberg, an Ulrich Öhri, Spencer (Nebraska) [1]

04.03.1902, Schellenberg

Lieber Ulrich!

Mit grosser [2] Freude habe
ich von Dir wider einen
Brif bekommen u. darin
gesehen dass Ihr alle gottlob
gesund sind u. Euch gut geht,
was gottlob ich u. meine
Kinder auch sind, u. haben
nichts mehr zu wenig als
unsere theure Mutter
ja unsere liebe Bertha [Büchel [-Koch]].
Was die Haushaltung an-
betrift geht es mir wirglich
sehr gut, wie ich schon geschriben
habe ich eine sehr gute Magd
die mir auf alles schaut
wie wenn sie eigen wäre. [3]
O lieber Ulrich wenn nur
die 3 Jahre verflossen wären
wie Du schreibst dass Du wider
einmahl zu mir kommest, wie
würde ich Dir vieles erzählen
welche grosse Freude hätte ich.
Nun will ich Dir noch die Neuikeiten
mitteihlen gestorben ist in
Ruggell lange niemand
mehr, der Kirchenthurm steht
noch immer ohne Helm, die
Klocken sind im Kellersfeld
in einer kleinen Hütte wie
ein Torfschollenstand. Zollertonis
Emil [Emil Büchel] hat ein neuhes Haus
gebaut gegenüber dem alten
wird heiraten mit Rösslewirts
Lisabeth (Ribures) [Elisabeth Büchel [-Hoop]] Fridolin Hoop
(Rotes) hat Sich durch gemacht mit
Pfarers Bidermanns Marie [4]
Sie wissen nicht wo er ist.
Der Adolf Bidermann war ein-
gespert wegen betrug, [5] der Lehrer
[Wilhelm] Büchel von Ruggell, Neffes [Näff] ist
auch eingespert wegen Landrichters [Carl Blum]
Tochter [Melanie] er hat Seine Frau [Filomena Büchel [-Wolf]] [6]
u. seine 2 [7] Kinder am stich ge-
lassen u wollte mit dess Land-
richters Tochter fort, da es
nichts ausgab ist er nach Amerika
schikte dem Landrichter Trobrif
er kam bis nach Sargans von
da aus wurde er von der
Polizei erwisch u. gebracht
bekam 8 Monat Zuchthaus. [8]
[9] Das Bergbasches Albertina [Albertina Bühler [-Meier]]
hat schon 5 Kinder sie hat geheuraten
mit Johan Bühler [Johann Bühler] von Mauren
Madilda [Mathilde Schreiber [-Meier]] mit Ferdinand
Schreiber
von Mauren. [10]
Marian mit dem Schmid
Marxer von Eschen die
Rossina ist noch ledig.
Die Adresse von Pfarer Bidermann [Johann Evangelist Biedermann]
habe ich von unsserem Pfarer [P. Jakob Marte]
abgeholt nun will ich jetzt
aufhören zu schreiben
und bitte Euch schreibet
mir recht geschwind wider
ich werde Euch sobald sich
wider etwas neuhes gibt
schreiben aber nicht schön
dass ich zwar nicht sagen darf
das Bad Nofels wird am 10 dis
Monats im Conkursweg ver-
steigert Lass mir der Andreas [Öhri]
seine Frau Magdalena Mutter
Frendlich Grüssen einen
Herzlichen Gruss an Euch
von gewiss Deinem Frend S. Büchel

______________

[1] LI LA PA 016/3/06/07. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliche Fassung: „groẞer“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt. 
[3] Seitenwechsel.
[4] Seitenwechsel.
[5] In den gerichtlichen Strafakten des Liechtensteinischen Landesarchivs scheint zwischen 1890 und 1902 kein Adolf Biedermann auf.
[6] Durchstreichung.
[7] Unsichere Lesung.
[8] Zum Strafverfahren gegen Wilhelm Büchel vgl. LI LA J 007/S 018/025: Büchel wurde vom F.L. Landgericht Vaduz als Kriminalgericht am 11.9.1901 wegen Erpressung zu schwerem Kerker in der Dauer von 6 Monaten verurteilt. Das F.L. Appellationsgericht in Wien bestätigte das erstinstanzliche Urteil am 21.10.1901.
[9] Durchstreichung.
[10] Seitenwechsel.