Protokoll der nicht-öffentlichen Landtagssitzung, gez. Florian Kindle und Fidel Brunhart [1]
30.6.1947
Reg. Chef [Alexander Frick]: Ich möchte noch eine andere finanzielle Angelegenheit zur Sprache bringen. Bis jetzt wurden die Liechtensteiner in Österreich mit Liebesgaben bedient und zwar von der Schweiz. Die Schweiz hat von uns hiefür nichts verlangt, sondern hat von den Empfängern 10 Schilling eingezogen. Nun ist die Schweiz nicht mehr bereit, diese Sache im bisherigen Rahmen durchzuführen, sondern wäre nur unter der Bedingung bereit diese Aktion fortzusetzen, wenn ihr der Wert in Schweizerfranken in der Schweiz bezahlt würde. [2] Wir haben unseren Gesandten [Prinz Heinrich] beauftragt zu erheben, was diese Beträge ausmachen würden. Dieser teilt uns mit, dass die Sache pro Monat und Kopf Fr. 10.- ausmachen würde, [3] in Österreich sind etwa 520 Liechtensteiner. Es würde sich somit pro Jahr um ca. 60 bis 70’000.- Franken handeln nur für Lebensmittel. Die Abgabe von Schuhen und Medikamenten ist dann noch separat. Unsere Liechtensteiner in Österreich sind nun aufgeregt. [4] 2 Jahre hat die Liebesgabenaktion geklappt und nun im 3. Jahr soll sie happern. Ich möchte daher die Stellungsnahme des Landtages hören, was in dieser Sache gemacht werden soll.
Präs. [David Strub]: Das war von der Schweiz sehr nobel, dass sie für unsere Leute diese Sache gemacht hat und keine Bezahlung verlangt hat. Es wäre bestimmt nicht in Ordnung, wenn wir von dieser Hilfsaktion zurücktreten würden, sobald wir selber etwas zahlen müssen. Die Aktion sollte daher weiter geführt werden.
V.Chef [Ferdinand] Nigg: Auch die gewesenen Liechtensteinerinnen haben Anrecht auf die Sendungen. Es wäre zu prüfen, ob wir event. nur mehr den Bürgern etwas zukommen lassen sollten.
Abg. [Florian] Kindle: Es würde einen schlimmen Eindruck machen, wenn wir im heutigen Zeitpunkt sagen würden, wir machen nichts mehr. Heute müssen wir die Sache in vollem Umfang übernehmen und weiter führen. Wir können vielleicht später sagen, dass nur mehr Liechtensteiner die Pakete bekommen.
Reg. Chef: Es wird eine schwere finanzielle Belastung für uns, da es auf über Fr. 100’000.- zu stehen kommt. Denn die Schilling, die wir einziehen, können wir abschreiben.
Abg. Dr. [Alois] Ritter: Nimmt die Schweiz keine Rücksicht auf die Bedürftigkeit der Empfänger?
V.Chef Nigg: Nein, jeder Schweizer und jede gewesene Schweizerin hat Anrecht auf den Bezug des Paketes. Es wäre aber eine andere Sache zu überprüfen, nämlich dass die Pakete vernünftiger zusammengestellt würden. Was hat es für einen Sinn, wenn z.B. Kondensmilch in die Vorarlberger Dörfer hinaus gesandt wird.
Reg. Chef: Ich habe mir soeben überlegt, ob nicht die liechtensteinischen Geschäfte betr. dieser Paketaktion berücksichtigt werden könnten. Man müsste noch wegen der Ausfuhr und den Rationen verhandeln.
V.Chef Nigg: Der Verteilungsdienst wird recht kompliziert werden, wenn wir die Aktion separat durchführen.
Abg. [Philipp] Elkuch: Wenn die Aktion von Liechtenstein aus gemacht wird, würde ich keine Schillinge mehr für die Pakete einziehen.
Ers. Abg. [Oswald] Bühler: Es müsste schon gründlich studiert werden, wie die Aktion technisch durchführbar wäre.
Abg. [Johann] Beck: Wird diese Aktion nur in Österreich durchgeführt, in Deutschland nicht?
Reg. Chef: Doch auch in Deutschland. Es handelt sich jedoch heute um eine prinzipielle Stellungsnahme des Landtages.
Präs.: Ich würde die Organisation der Regierung anheimstellen. Hier haben wir nur grundsätzlich zu entscheiden.
V.Chef Nigg: Es sollte möglich sein, den Paketpreis auf Fr. 5.- bis 6.- zu reduzieren und den Inhalt aus vernünftigen Sachen zusammenzusetzen.
Abg. Dr. Ritter: Es ist die Frage, ob eine selbständige Hilfsaktion möglich ist oder nicht.
Reg. Chef: Für Vorarlberg wäre dies möglich, für die übrigen Gebiete nicht.
Präs.: Im Prinzip ist der Landtag doch dafür, dass diese Aktion vorläufig weiter geht. Das andere wäre eine Härte und würde ein schlechtes Bild machen. Wer ist dafür, dass diese Hilfsaktion weiter geführt werden soll?
Abstimmungsergebnis: einstimmig angenommen.
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[1] LI LA LTP 1947/250.
[2] Vgl. LI LA V 143/2523 (b).
[3] Vgl. LI LA V 143/2523, Note des Eidgenössischen Politischen Departements an die Gesandtschaft in Bern, 24. Juni 1947.
[4] Vgl. LI LA RF 235/236, Fasz. "Reklamationen".