Das Institut St. Elisabeth ersucht den Landesschulrat um die Erlaubnis, das Mädchenrealgymnasium in eine Höhere Töchterschule umzuwandeln


Schreiben des Instituts St. Elisabeth, gez. Albert Drexel, Rektor der Schule, und Rosina Hack, Provinzoberin der "Anbeterinnen des Kostbaren Blutes", an den Landesschulrat [1]

15.10.1945, Schaan

Die unterzeichnete Leitung des Institutes St. Elisabeth in Schaan gestattet sich, an eine Hohe Landesschulbehörde des Fürstentumes Liechtenstein das folgende Ansuchen zu richten:

Es möchte dem Institute bzw. dem Kloster und Mutterhause St. Elisabeth in Schaan gestattet werden, dass es die bisherigen Schulen (Mädchenrealgymnasium, Handelsabteilung und Haushaltungsschule) in eine einheitliche höhere Töchterschule umwandle.

Die verantwortliche Leitung des Institutes glaubt dieses Ansuchen mit folgenden Gründen stützen zu können: I. war es von Anfang an der Wille und Plan der Institutsleitung, eine höhere Töchterschule zu gründen, wie sie analog besonders in Österreich (wie auch in der Schweiz und anderswo) lange schon bestehen und zum Segen für Volk und Familie gewirkt haben.

II. Entgegen diesem Plane wurde, anscheinend um eine Konkurrenz mit der Landesschule in Vaduz zu vermeiden, den Schwestern nur der Weg des Gymnasiums offen gelassen, obwohl einer solchen Schule gegenüber innerhalb Liechtenstein schwere Bedenken entgegenstanden.

III. Die Versprechungen, die aus akademisch gebildeten Kreisen den Schwestern und der Institutsleitung abgegeben wurden, dass nämlich mit einem konstanten und zwar wachsenden Zufluss von Kindern als Gymnasiumsanwärtern gerechnet werden könne, haben sich nicht als zutreffend erwiesen und sind jedenfalls nicht bestätigt worden. Dabei liegt es der Institutsleitung durchaus ferne, an dem Willen und dem Glauben derer zu zweifeln, die jene Versprechen gemacht haben.

IV. Ein von manchen Gutmeinenden angenommener Zustrom an Zöglingen von aussen (Schweiz, Österreich) fällt kaum ernstlich ins Gewicht. Die Schweiz ist im glücklichen Besitze einer Reihe von höheren Töchterschulen und Mädchen-Mittelschulen.

In dem benachbarten Österreich sind die Schulen auch dieser Art wieder in neuem Entstehen begriffen, und ist gerade Österreich ja das typische Land guter und gut geleiteter Mädchenlyzeen geworden. Nun sind aber von ebendorther Stimmen laut geworden, dass der Typus des Mädchengymnasiums aus sozialen Gründen nicht mehr in Betracht gezogen wird.

V. Grundsätzlich ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft in den letzten Dezennien laufend mehr an einer Übersättigung mit männlichen Gymnasialabsolventen und an einer ungesunden Häufung in den akademischen Berufen gelitten hat. Es ist darum verständlich, dass ein Gymnasium in St. Elisabeth von Anfang an in der Allgemeinheit wenig Verständnis gefunden hat.

VI. Es ist für die Schwestern ein Fortführen des Gymnasiums unter den gegebenen Umständen untragbar, da sie drei Jahre lang, jedweder öffentlichen Unterstützung bar, mit nachweisbarem bedeutendem Verlust in der Schule gearbeitet haben. Aus Rücksicht auf die wenigen für den Ernstfall in Betracht kommenden Gymnasiastinnen der Anstalt werden die Kurse 5 und 6 bis Ostern zum ordentlichen Abschluss gebracht.

VII. Da nun die Schwestern dessenungeachtet auch weiterhin willens sind, namentlich dem Lande Liechtenstein durch die Offenhaltung und Führung einer höheren Töchterschule und des aus derselben erwachsenden Mädchenpensionates nützlich zu werden, haben sie im Einvernehmen mit der Institutsleitung beschlossen, an die endgültige Umwandlung der Schule in ein Mädchenlyzeum oder höhere Töchterschule heranzutreten und hiefür bei der Hohen Landesschulbehörde um die Bewilligung einzureichen. Zu diesem Zwecke ist von der Institutsleitung ein über den Charakter dieser Schule orientierender Lehrplan ausgearbeitet worden, der dem gegenwärtigen Gesuchschreiben als gesonderte Beilage mitfolgt. [2]

VIII. Da die Einrichtungen für eine solche Schule vorhanden sind und auch die Lehrbehelfe für die einzelnen Abteilungen (Sprachunterricht, Erdkunde, Physik und Chemie, Handarbeit, Geschäftskunde, musikalische Schulung, Leibesübungen) bereitstehen, erscheint eine solche Umwandlung nicht allzuschwer. Auch für andere Fächer wie den Zeichenunterricht und die Haushaltungskunde ist im Wesentlichen vorgesorgt worden.

IX. Für den Unterricht und die Leitung einer höheren Töchterschule haben die Schwestern in sozusagen hinreichendem Masse eigene Kräfte zur Verfügung und kann infolgedessen die Schule in einheitlichem Geiste geführt und methodisch-harmonisch ausgestaltet werden.

X. Der Sinn einer solchen höheren Töchterschule ist die von einer allgemeinen Wissensbildung begleitete Heranschulung des Mädchens und der Tochter für die fraulichen Berufe in der Familie und für die Gesellschaft, unter Berücksichtigung aller gesund-modernen Bestrebungen und Forderungen unserer Zeit.

XI. Das Institut erklärt sich bereit, am Ende jeden Schuljahres eine öffentlich zugängliche Prüfung klassenweise zu veranstalten und eine Gesamtausstellung der an der höheren Töchterschule geleisteten Arbeiten aus den hiefür in Betracht kommenden praktischen und darstellerischen Fächern zu bewerkstelligen.

XII. Über die Gründe und die Art der Überleitung der gegenwärtigen Schule in die höhere Töchterschule könnte eine Elternversammlung unter Beisein einer Vertretung der Hohen Landesschulbehörde zu einem geeigneten Zeitpunkte einberufen werden. In derselben würde die Institutsleitung entsprechende Erklärungen abgeben und zu besonders noch gewünschten Aufklärungen bereit sein.

In Wiederholung des oben formulierten Antrages, erbitten die unten Gezeichneten eine wohlwollende Erledigung des ganzinhaltlichen Ansuchens, mit der Versicherung der Dankbarkeit und der grösstmöglichsten Bemühung für eine gute und volksnützliche Führung der Schule. [3]

Es zeichnen e.h. in aller Ergebenheit:

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[1] LI LA RF 237/021 (a).
[2] Nicht abgedruckt.
[3] Der Landesschulrat genehmigte die Umwandlung des Gymnasiums in eine Höhere Töchterschule, nachdem er von Schulkommissär Anton Frommelt eine Stellungnahme zum Lehrplan eingeholt hatte (LI LA RF 237/021, Alexander Frick, Vorsitzender des Landesschulrats, an Frommelt, 8.2.1946; Frommelt an den Landesschulrat, 15.2.1946; Frick an das Institut St. Elisabeth, 15.3.1946).