Die Verwaltungsbeschwerdeinstanz schützt die Wegweisung des deutschen Asylanten und vormaligen Wehrmachtsangehörigen Otto Falk durch die Regierung


Entscheidung der Verwaltungsbeschwerdeinstanz in der Verwaltungssache des Otto Falk, gez. Präsident Johannes Fäh [1]

10.1.1946

Entscheidung

(Art. 82, 101 LVG) [2]

Die fürstlich liechtensteinische Verwaltungsbeschwerdeinstanz

hat in ihrer Sitzung vom 10. Januar 1946, an welcher anwesend waren, die Herren:

Präsident: Dr. J. Fäh

Rekursrichter:

Rudolf Matt, Mauren,

Franz Laternser, Vaduz

in der Verwaltungssache des

Falk Otto, geb. 26.5.1902 in Königsberg, des August und der Johanna geb. Schütz, Mechaniker, zuständig nach Königsberg (Ostpreussen), z. Zt. in Ruggell,

betreffend

Wegweisungsverfügung der fürstl. Regierung vom 27. Nov. 1945, zugestellt am 29. Nov. 1945,

nach Prüfung der Akten

entschieden:

Spruchverfügung:

  1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.
  2. Eine Verwaltungsgebühr wird nicht erhoben.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

  1. Der Rekurrent betrat als Angehöriger der Deutschen Wehrmacht in der Nacht vom 2./3. Mai 1945 liechtensteinisches Gebiet und liess sich hier internieren. Der Grenzübertritt erfolgte mit einer russischen Truppenkolonne unter militärischer Führung und Befehlen. Durch den Grenzübertritt wollte die Truppe den von Norden her vorrückenden Streitkräften der französischen Armee kampflos ausweichen. Mit Entscheid vom 27. Nov. 1945 beschloss die fürstliche Regierung, die noch im Lande internierten Angehörigen der Deutschen Wehrmacht nach Deutschland zurückzuschicken.
    Gegen diese Wegweisungsverfügung hat der Rekurrent rechtzeitig Beschwerde erhoben und beantragt Aufhebung der Verfügung und macht geltend, dass er nach geltendem internationalen Recht nicht weggewiesen werden könne, bevor er die Garantie besitze, nicht an die sowjetrussische Behörde, welche die Heimat bezw. den bisherigen Wohnort des Rekurrenten besetzt hält, ausgeliefert zu werden.
  2. Der Rekurrent ist als Internierter in kein Rechtsverhältnis zum Gastland, das dem geltenden fremdenpolizeilichen Recht entspricht, getreten. Er besitzt hier Asyl. Das Asyl ist eine einseitige Gewährung seitens der Regierung des Gastlandes, ein einmal gewährtes Asyl verschafft dem Rekurrenten keinen Rechtsanspruch auf weiteres Verbleiben.
    Die Feststellung der fürstlichen Regierung, dass zur Zeit keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben des Rekurrenten mehr besteht, ist zweifellos richtig. Eine Auslieferung an Sowjetrussland durch die westlichen Besatzungsmächte der Alliierten ist nicht zu befürchten, eine solche wäre höchstens denkbar, wenn sich der Rekurrent im Kriege gegen Russland eigentlicher Kriegsverbrechen schuldig gemacht hätte. In diesem Falle stände ihm aber ein Asyl in Liechtenstein umsoweniger zu. Es kann sich keineswegs darum handeln, dass die fürstliche Regierung vor dem Vollzug der Wegweisung von den Besatzungsmächten eine Garantieerklärung zu Gunsten des Rekurrenten zu erlangen hätte. Zum Gegenteil, es wäre Sache des Rekurrenten, Beweise für die bestehende Gefahr zu erbringen. Nachdem dies nicht geschehen ist, ist die Wegweisungsverfügung zu schützen.
    Die fürstliche Regierung hat die Beschwerdeinstanz inzwischen wissen lassen, dass sie gewillt sei, dem Rekurrenten während der Zeit des härtesten Winters, d.h. bis zum 28. Februar 1946, Asyl zu gewähren. Mit diesem Entgegenkommen muss es sein Bewenden haben.
    Trotzdem der Rekurrent mit seiner Beschwerde unterlegen ist, werden mit Rücksicht auf die mangelnden Mittel keine Kosten erhoben.

Dieser Entscheid ist endgültig

 

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[1] LI LA RF 230/043i/027. Die Entscheidung ging an die Regierung und an Falk.
[2] Gesetz vom 21.4.1922 über die allgemeine Landesverwaltungspflege, LGBl. 1922 Nr. 24.