Grossbritannien verlangt die Repatriierung von Friedrich Bock und Rudolf Ruscheweyh


Note des Eidgenössischen Politischen Departements an die liechtensteinische Gesandtschaft in Bern [1]

28.11.1946, Bern

Das Eidgenössische Politische Departement beehrt sich, der Fürstlich Liechtensteinischen Gesandtschaft bekanntzugeben, dass die Britische Gesandtschaft ihm kürzlich unter Bezugnahme auf das Washingtoner Abkommen, das die Liquidation des in der Schweiz befindlichen Vermögens von in Deutschland lebenden oder dorthin repatriierten deutschen Staatsangehörigen vorsieht, eine Liste von deutschen Staatsangehörigen in der Schweiz und Liechtenstein überreicht hat, deren Heimschaffung von der Britischen Regierung für wünschbar gehalten wird. Es wurde das Begehren vorgebracht, die Guthaben dieser Personen in der Schweiz möchten vorläufig nicht deblockiert werden. Für den Fall, dass eine dieser Personen (was, wie die Britische Regierung hoffe, nicht der Fall sein möge) die Schweiz mit Bestimmung nach einem andern neutralen Staat verlassen sollte, besonders auf dem Luftwege, werde gebeten, die Britische Gesandtschaft davon zu verständigen.

Die in der fraglichen Liste angeführten Personen, die in Liechtenstein wohnen sollen, sind die folgenden:

Bock Friedrich, Vaduz,

Ruscheweyh Rudolf, Vaduz. [2]

Das Politische Departement darf der fürstlichen Gesandtschaft anheimstellen, es wissen zu lassen, ob und welcher Bescheid der Britischen Gesandtschaft allenfalls, was die zwei genannten deutschen Staatsangehörigen betrifft, nach Auffassung der liechtensteinischen Behörden zu geben ist.

Es sei zur vertraulichen Unterrichtung der liechtensteinischen Behörden beigefügt, dass das Politische Departement zurzeit mit dem Justiz– und Polizeidepartement in Verbindung steht, um zu prüfen, welche Folge dem britischen Schritt schweizerischerseits, was die in der Schweiz lebenden auf der fraglichen Liste aufgeführten Deutschen anbelangt, gegeben werden soll. Nach der bisher zum Ausdruck gebrachten Stellungnahme des Bundesrats ist damit zu rechnen, dass in der Antwort darauf hingewiesen wird, der Bundesrat müsse sich allein das Recht vorbehalten, zu entscheiden, welche ausländischen Staatsangehörigen des schweizerischen Gastrechts würdig seien und welche andern, gestützt auf das den schweizerischen Behörden zur Verfügung stehende Material, allenfalls die Schweiz zu verlassen hätten. Die Schweiz habe selbst kein Interesse am weiteren Aufenthalt von Ausländern auf ihrem Gebiet, die sich unzulässiger politischer Umtriebe schuldig gemacht hätten, und sie habe denn auch aus diesem Grunde zahlreiche deutsche Staatsangehörige in den letzten Monaten aus der Schweiz ausgewiesen. In jedem Fall sei aber, damit eine solche Massnahme angeordnet werden könne, die Vorlage der nötigen Beweise erforderlich; die blosse Nennung von Namen genüge nicht.

Auch was die übrigen von der Britischen Gesandtschaft in diesem Zusammenhang vorgebrachten, oben erwähnten Wünsche betrifft, wird man ihnen schweizerischerseits jedenfalls nicht ohne weiteres entsprechen werden können.

Gerne benützt das Departement auch diesen Anlass, um die Fürstliche Gesandtschaft erneut seiner ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

 

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[1] LI LA V 143/3167 (b). Zeichen: B.14.21.Liecht.2.14.-WF. Eingangsstempel der Gesandtschaft: 29.XI., 17.XII., No 1754/46.
[2] Die Repatriierung von Rudolf Ruscheweyh wurde zuvor bereits durch die alliierten Vertreter in der gemischten Kommission für das Washingtoner Abkommen gefordert, vgl. LI LA V 143/3167, Note des Eidgenössischen Politischen Departements an die Gesandtschaft in Bern, 15.10.1946. 
[3] Zu den Vorwürfen gegen Ruscheweyh vgl. LI LA V 143/3167 (c).