Schreiben der fürstlichen Zentraldirektion, gez. Zentraldirektor Franz Svoboda, an die Nationalbank in Prag (Abschrift) [1]
1.12.1938, Olmütz
Der regierende Fürst von Liechtenstein besitzt in der Tschechoslovakei elf Güter / cca 68'000 Hektar /, von welchen nur vier / Posořitz bei Brünn, Butschowitz und Ungarisch Ostra und Skworetz / ferner vier kleinere Waldteile in der Tschecho-Slovakei verbleiben / etwa 26'000 Hektar /, während acht Güter / Jägerndorf, Karlsberg, Sternberg, Neuschloss bei Littau, Mährisch Trübau, Hohenstadt, Lundenburg und Feldsberg / zu dem dem Deutschen Reich angeschlossenen Gebiete gehören.
Durch die Besetzung der oben erwähnten Güter ergeben sich finanzielle Schwierigkeiten in der Bewirtschaftung derselben, da das Betriebskapital sich in Verwaltung der Hauptkassadirektion in Olmütz befindet und diese Gelder bei Bankinstituten in Prag und in Olmütz hinterlegt sind.
Nach den bestehenden Vorschriften kann eine Überweisung der für jedes einzelne Gut notwendigen Betriebskapitalien nicht durchgeführt werden. Da aber diese Güter nur kleinere Guthaben zur Deckung der laufenden wöchentlichen Ausgaben zur Verfügung hatten, sind sie nicht in der Lage, die Wirtschaft weiterzuführen und sie haben sich an die fürstliche Kabinettskanzlei gewendet und um Abhilfe gebeten.
Die Kabinettskanzlei hat die gefertigte Zentraldirektion dringend ersucht, in dieser Angelegenheit bei der Nationalbank in Prag vorstellig zu werden, um diesen schwierigen Zustand beheben zu helfen.
Dieses vorerwähnte Betriebskapital besteht aus:
a/ 52 Millionen Kĉ Barbeständen, Anlage I
b/ einem grösseren Posten Wertpapieren, darunter folgende:
A/ Sudetendeutsche:
1. rein sudetendeutsche im Werte von etwa 2 Millionen Kĉ, Anlage II
2. Werte noch unbestimmter Zukunft / CSR, Polen oder Deutschland / im Werte von etwa 1 Million Kĉ, Anlage III,
B/ Tschechoslovakische:
1. Staatspapiere im Werte von etwa 4 Millionen Kĉ, Anlage IV,
2. private im Werte von etwa 5.8 Millionen Kĉ, Anlage V,
C/ Ausländische und sonstige im Werte von etwa 400.000.- Kĉ, Anlage VI,
1. Da die Regierung der Tschecho-Slovakei Geldüberweisungen in das sudetendeutsche Gebiet gesperrt hat, ist der jetzt in Deutschland befindliche Grundbesitz von seinem Betriebskapital abgeschnürt. Es ist daher dringend erforderlich, dass die Regierung der Tschecho-Slovakei die Überweisung eines entsprechenden Teiles dieses Betriebskapitales nach Deutschland genehmigt.
Nach der Fläche gerechnet betragen die in der Tschecho-Slovakei verbleibenden Güter ein Drittel und die nach Deutschland angeschlossenen Güter zwei Drittel des Gesamtbesitzes. Dieser Schlüssel kann aber aus folgenden Gründen nicht der Verteilung des Betriebskapitales zugrunde gelegt werden:
Sämtliche zu dem Grundbesitze gehörenden Industriewerke / Holzwarenfabrik in Lundenburg, Brauerei Landskron, der wesentliche Teil des Betriebes der Kohlen- und Tonwerke Blosdorf /, die Gartendirektion Eisgrub mit den weltbekannten Gartenanlagen und Gewächshäusern / Erhaltungskosten jährlich durchschnittlich RM 100'000.- / , ferner zehn Schlösser, fünf besondere Kunstbauten, das Stallamt des Fürsten samt Gestüt und die Jagdgebiete des Fürsten befinden sich auf dem Gebiete, das an das Deutsche Reich angeschlossen ist. Auf dem in der Tschechoslovakei verbleibenden Grundbesitz befinden sich nur ein kleiner Teil der Kohlen und Tonwerke Blosdorf und nur ein Schloss.
2. Ausserdem braucht der Fürst von Liechtenstein als Souverän für die Zwecke des Fürstentum sowie auch für eine gesetzliche und vertragsmässige Pflicht zum Unterhalte der Familienmitglieder grössere Vermögenswerte, welche Verpflichtung im Übrigen der Nationalbank gemäss der erteilten Bewilligung Z. 929445 bekannt ist und anerkannt wurde.
Die fürstliche Verwaltung ist durch die wirtschaftliche Lage gezwungen demnächst das Betriebskapital entsprechend dem wirtschaftlichen Umfange der einzelnen Wirtschaftobjekte und dem Wirtschaftsbedarf aufzuteilen und den in Betracht kommenden Objekten auch zuzuführen. Unserer Schätzung nach erfordert die wirtschaftliche Situation folgende Aufteilung:
1./ Bargeld:
Den Transfers von 45'000'000 Kĉ, und zwar dergestalt, dass
a/ 25'000'000.- Kĉ in freien schweizer Franken für die souveränen Zwecke des Fürstentums und die Verpflichtungen des Fürsten durch Vermittlung der Deutschen Reichsbank nach dort und
b/ 20'000'000.- Kĉ in freien Reichsmark als Betriebskapital des in Deutschen Reich befindlichen Grundbesitzes an eine Deutsche Devisenbank.
2./ Wertpapiere:
Die Versendung aller im Namen des Fürsten von Liechtenstein bei Banken in Prag und Olmütz hinterlegten Wertpapiere an eine von dem Fürsten von Liechtenstein zu bezeichnende Bank ausserhalb der Tschecho-Slowakei.
Die fürstliche Verwaltung ersucht, die tschechoslowakische Nationalbank möge den Transfer von 45'000'000.- Kĉ nach Deutschland und der Schweiz sowie die Ausfuhr der Papiere im angeführten Verteilungsplan genehmigen und uns bekanntgeben, in welchem Zeitraum diese Überführung und auf welche Weise sie der Nationalbank geeignet erscheint.