Der Schweizer Redakteur Paul Weber nimmt Stellung zur Aufhebung bzw. zur Wiedererrichtung der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern


Schreiben der "Schweizer Mittelpresse", gez. Paul Weber, an Regierungschef Josef Hoop [1]

22.3.1939, Bern

Sehr geehrter Herr Regierungschef,

In Ihrem freundlichen Schreiben vom 3. ds. sprachen Sie den Wunsch aus, sich zu Artikeln zu äussern, in denen die Beziehungen Liechtensteins zum Auslande behandelt werden. Da nun der bekannte Artikel der "Basler Nachrichten" vom 13. ds. über "Die Lage in Liechtenstein" sowohl in Liechtenstein wie in der Schweiz Aufsehen erregt hat, wäre ich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie mich über den Standpunkt der fürstlichen Regierung orientieren wollten, bevor ich in unserem Pressedienst dazu Stellung nehme. Unseres Erachtens war der Artikel äusserst beklagenswert, weil geeignet, in der Schweiz neue Unsicherheit und neues Misstrauen gegenüber der liechtensteinischen öffentlichen Meinung zu erzeugen. Andererseits erscheint der Gedanke der Wiedererrichtung einer Gesandtschaft in Bern äusserst beachtenswert, nicht nur für das Gelingen des im Wurfe befindlichen Staatsvertrages über Wirtschaftsfragen, sondern auch zur Dokumentierung der liechtensteinisch-schweizerischen Einigkeit gegenüber dem Ausland, was in den heutigen bewegten Zeiten kaum überschätzt werden kann. Unseres Wissens ist die seinerzeitige Aufhebung der fürstlichen Gesandtschaft von den amtlichen Stellen in Bern lebhaft bedauert und von der gesamten öffentlichen Meinung der Schweiz als Distanzierung empfunden worden. Gewiss möchte man im Bundeshaus den direkten Verkehr zwischen Vaduz und Bern unter keinen Umständen missen; indessen dürfte die Wiedererrichtung einer Gesandtschaft auch in dieser Hinsicht keine Gefahr, sondern eine Bereicherung bedeuten. Bevor unsere Redaktion sich öffentlich zu dieser delikaten Frage äussert, möchten wir uns gerne über Ihre eigene Auffassung, sehr geehrter Herr Regierungschef, unterrichten lassen. Selbstverständlich liegt uns jede Einmischung in liechtensteinische Angelegenheiten fern. Dagegen wissen wir uns mit Ihnen einig in dem Wunsche, dass auch diese Diskussion zu einem Ergebnis führe, dass den gemeinsamen Interessen beider Länder entspricht.

Genehmigen Sie, sehr geehrter Herr Regierungschef, den Ausdruck unserer vorzüglichen Hochachtung.

Redaktion Schweizer Mittelpresse

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[1] LI LA RF 189/418/005.