Der Landtag nimmt zur Kenntnis, dass Fürst Franz Josef II. die Gesandtschaft in Bern wieder errichtet hat


Protokoll der Konferenzsitzung des Landtags, gez. Landtagspräsident Anton Frommelt und Schriftführer Florian Kindle [1]

21.12.1944

1. Errichtung einer liecht. Gesandtschaft in Bern

Präsident teilt mit, dass die gewählte Kommission dem Fürsten [Franz Josef II.] den Beschluss des Landtages auftragsgemäss mitgeteilt habe und schriftlich überreicht habe. [2] Der Fürst habe erklärt, dass es ihm nicht möglich sei, den Schritt in Bern rückgängig zu machen und habe neuerdings seine Begründung dargelegt. [3] Die verfassungsmässige Auffassung der Regierung und des Landtages sei vom Fürsten übernommen worden und er habe das Bedauern ausgesprochen, dass in diesem Belangen Unangenehmes geschehen sei.

Dr. [Otto] Schädler stellt aufgrund der neuen Sachlage folgenden Antrag: Der Landtag nimmt nach Anhörung der fürstlichen Erklärungen Kenntnis, dass der Landesfürst aus eigener Initiative und eigenem Entschluss die liechtensteinische Gesandtschaft bei der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft wieder errichtet und sein Bruder, Seine Durchlaucht Prinz Heinrich, zum liechtensteinischen Gesandten bestellt hat.

Ferner stellt der Abg. Dr. Schädler folgenden Antrag:

Der Landtag beschliesst, ein Gesetz zu schaffen, worin die Stellung, die Kompetenzen und Aufgaben des Gesandten und der Gesandtschaft umschrieben sind und beauftragt die Regierung mit der Ausarbeitung dieses Gesetzesentwurfes. [4]

Landtagspräsident Frommelt stellt nachstehenden Ergänzungsantrag: "Der Landtag nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass er sowohl sich als auch die Regierung in der Frage der Errichtung einer Gesandtschaft bei der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Bern entgegen den Bestimmungen und dem Sinn der Verfassung vor eine fertige Tatsache gestellt sieht. Wenn der Landtag nachträglich seine Zustimmung zur Errichtung dieser Gesandtschaft und zur Bestellung seiner Durchlaucht des Prinzen Heinrich als Gesandter erteilt, so geschieht dies aus dem Grunde, um einerseits das Ansehen des Fürsten als Staatsoberhaupt nach aussenhin nicht zu beeinträchtigen und weil andererseits seitens des Fürsten die ausdrückliche Erklärung erfolgte, dass die Gesandtschaft als Organ der Regierung derselben in vollem Umfange unterstellt und untergeordnet ist, eine Einflussnahme aussenstehender nichtverantwortlicher Persönlichkeiten ausgeschaltet wird und bleibt und weiterhin eine finanzielle Belastung für das Land nicht entsteht, nachdem Seine Durchlaucht der Landesfürst erklären, die Finanzierung der Gesandtschaft aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

Diese 3 Anträge werden vom Landtage in der Abstimmung einstimmig beschlossen. [5]

______________

[1] LI LA LTP 1944/059.
[2] Diese schriftliche Fassung des Landtagsbeschlusses ist nicht mit letzter Sicherheit zu identifizieren. Möglicherweise handelt es sich um das Schriftstück in LI LA RF 227/227/020 (o.D., verm zu 14.12.1944). 
[3] Zum Standpunkt des Fürsten vgl. sein Schreiben an Regierungschef Josef Hoop vom 15.12.1944 (LI LA RF 227/228/024).
[4] Die Schaffung eines Gesetzes "betreffend Errichtung und Unterhaltung von Vertretungen des Füstentums im Ausland oder bei auslänischen Regierungen" erfolgte erst 1952 (LGBl. 1952 Nr. 20).
[5] Die Beschlüsse des Landtags wurden dem Fürsten durch Josef Hoop mit Schreiben vom 27.12.1944 mitgeteilt (LI LA RF 227/228/034). Die tatsächliche Errichtung der Gesandtschaft erfolgte dann sehr schnell: Noch am 21.12.1944 wurde das Beglaubigungsschreiben für Prinz Heinrich an das Eidgenössische Politische Departement geschickt (LI LA RF 227/228/025-030). Am 22.12.1944 wurde die liechtensteinische Presse informiert (LI LA RF 227/228/031-32, o.D., erschienen in L.Vo., Nr. 146, 23.12.1944, S. 2, und L.Va., Nr. 103, 23.12.1944, S. 1 ("Mitgeteilt")). Am 26.12.1944 wurde Prinz Heinrich von Bundesrat Marcel Pilet-Golaz zur Übergabe des Beglaubigungsschreibens empfangen (LI LA RF 227/228/033, 035-036, LI LA RF 227/322/004). Gleichentags wurde auch die Schweizer Presse informiert. Am 29.12.1944 teilte Pilet-Golaz dem Fürsten mit, dass die Schweiz Prinz Heinrich als Geschäftsträger anerkenne (LI HALV, Karton 630, Akt Errichtung der liechtensteinischen Gesandtschaft Bern 1944). Prinz Heinrich nahm seine Tätigkeit als Gesandter bereits Anfang Januar 1945 auf.