Schreiben der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern, gez. Prinz Heinrich, an Bundesrat Max Petitpierre [1]
16.1.1946
Herr Bundesrat,
Im Auftrage Seiner Durchlaucht des Fürsten [Franz Josef II.] und der Fürstlichen Regierung beehre ich mich, Euerer Excellenz den Inhalt dieser Note zu unterbreiten.
Es dürfte dem Bundesrate zweifellos bekannt sein, dass im Laufe des vergangenen Jahres im Ausland gewisse Pressekampagnen gegen die damalige fürstliche Regierung gerichtet wurden. Obwohl seither ein Regierungswechsel eingetreten ist, besteht doch noch die Möglichkeit, dass eine Misstimmung von Seiten der Alliierten Regierungen gegen das Fürstentum zurückgeblieben ist.
Die Nachforschungen nach den deutschen Guthaben in der Schweiz und in Liechtenstein obliegen der Schweiz und die Schwierigkeiten, die der Eidgenossenschaft aus dieser heiklen Aufgabe erwachsen, werden von der fürstlichen Regierung voll anerkannt. Infolge der engen Verbindung der beiden Länder besteht nun die Gefahr, dass irgendein Verdacht der Alliierten gegenüber Liechtenstein auch die Schweiz in ihren Verhandlungen benachteiligen könnte. Diese Möglichkeit gibt der fürstlichen Regierung Anlass zu Bedenken.
Um also den Grund irgendeines Verdachtes gegen Liechtenstein zu beseitigen, hält es die fürstliche Regierung für angemessen, dem Bundesrate vorzuschlagen, die Kontrollmassnahmen zur Feststellung der deutschen Vermögenswerte in Liechtenstein, sowie der eventuell getarnten deutschen Vermögenswerte im Besitze von Liechtensteinern oder in Liechtenstein wohnhaften Personen überprüfen zu wollen und vielleicht sogar die Untersuchungspraxis noch zu verschärfen.
Bei diesem Vorschlag an die Bundesregierung ist die fürstliche Regierung von dem Wunsche geleitet, die Wirksamkeit der Zusammenarbeit der beiden Staaten zu verstärken und somit ihre gemeinsamen Interessen zu fördern.
Ich bitte Eure Excellenz, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung entgegennehmen zu wollen.
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[1] LI LA V 143/253 (a). Aktenzeichen: 46/46. Handschriftliche Betreffangabe: "Deutschland".