Regensburg, 28.11.94
Hochverehrter Herr Professor!
Ich erlaube mir, Ihnen meine Vertheidigung Ihrer Advent- Motetten Hrn. Haberl gegenüber, welche soeben in der Urania erschienen ist, anbei zu übersenden. Darf ich Sie, ohne unbescheiden zu werden, daran erinnern, dass Sie bei meiner letzten Anwesenheit in München so liebenswürdig waren, mir Ihr neues Orgelkonzert zu versprechen? Wie ich aus der Nr. 10 der Urania[1] erschienen ist, anbei zu übersenden. Darf ich Sie, ohne unbescheiden zu werden, daran erinnern, dass Sie bei meiner letzten Anwesenheit in München so liebenswürdig waren, mir Ihr neues Orgelkonzert zu versprechen? Wie ich aus der Nr. 10 der Urania ersehe, ist dasselbe nun erschienen und bereits von Herrn C. L. Werner in Baden-Baden mit glänzendem Erfolg aufgeführt worden. Es wäre meine grösste Weihnachtsfreude, dieses Werk von Ihnen, meinem stets hochverehrten Meister, selbst zu erhalten, - sind doch alle jene Werke, welche ich aus Ihrer eigenen Hand empfing, der schönste Schmuck meiner Bibliothek. Zu meinem Bedauern erfahre ich, dass Ihre schwankende Gesundheit Sie veranlasste, von der Direktion der Hofkapelle zurückzutreten; gehörten doch jene Stunden zu den schönsten meines Lebens, in denen ich in der Allerheiligen-Hofkirche einer Aufführung Ihrer herrlichen Kompositionen unter Ihrer eigenen Direktion lauschen durfte!
Das ist nun vorüber - für immer!
Möge Gott Sie von Ihrem Leiden befreien und noch lange recht gesund und schaffensfroh erhalten, damit Sie uns noch recht viele Meisterwerke schenken können!
Dies wünscht aus tiefstem Herzen
Ihr stets ergebenster dankbarer Schüler
Josef Renner[2] jun
Domorganist.
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[1] „Urania. Ein musikalisches Beiblatt zum Orgelfreunde etc.“, ab 1889: „Musikzeitschrift für Orgelbau, Orgel- und Harmoniumspiel...“
[2] Z. 30: Josef Renner jun. = (1868-1934), Schüler Rheinbergers, 1893 Domorganist in Regensburg, ab 1896 dort Lehrer für Orgelspiel (ab 1912 Professor) an der Kirchenmusikschule; Komponist. Er gab 5 Messen seines Lehrers Rheinberger liturgisch ergänzt neu heraus, wobei er allerdings auch zum Teil massive Eingriffe in das harmonische Gefüge vornahm.