Venedig, 2. Sept. 1894.
Hochgeehrter Herr Professor!
Ich erlaube mir Ihnen meinen besten Freund Giulio Bas auf's wärmste zu empfehlen, der, voll Vertrauen Ihrem grossen Wirken, Ihr Schüler in Kontrapunkt werden möchte. Er ist aus Venedig, und war ein Jugendfreund von mir. Wie viel er weiss, weiss ich nicht, aber seine Leidenschaft für die Musik, und immer für die ernste und strengste, ist ohne Grenzen, er ist auch fleissig. Bach ist sein liebster Meister. Ich bitte Sie also ihn gern zu haben, er ist in München ganz allein. Deutsch kann er nicht viel, aber er wird es lernen. Er spielt Violine, auch ein wenig Klavier, und hat grösste Leidenschaft für die Orgel, die er mit Professor studieren will. Ich bitte Sie höflichst ihm zu sagen wenn die Aufnahme-Prüfungen sind, ihm würde sonst die Frage schwer fallen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ergebener dankbarer Schüler
Ermanno Wolf-Ferrari[1].
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[1] Ermanno Wolf Ferrari = (1876-1 948), deutschitalienischer Komponist, Schüler Rheinbergers 1892 bis 1895.