Bad Kreuth den 10.8.93
Mein lieber Bruder!
Es hat mich sehr gefreut, heute einige Zeilen von Deiner Hand zu erhalten, und weiss ich diesen Beweis Deiner brüderlichen Liebe wohl zu schätzen - weiss ich aus Erfahrung doch selbst, wie schwer einem Kranken das Schreiben wird. Allerdings konntest Du noch leider nicht von Besserung berichten, doch tönt mir immer das Wort Nussbaums[1] ins Ohr: „So lange der Mensch athmet, darf er hoffen; ich habe hierin Wunderbares erlebt“.-
Wegen Deiner Kinder sollst Du ruhig sein; sie werden in mir immer einen guten Onkel finden. -
Von meinem eigenen Befinden will ich Dich verschonen; doch zeigt es sich, dass das vergangene schreckliche Jahr mich viel weiter zurückgebracht hat, als ich erst ahnte . -
Heute ist in dem sonst so stillen Kreuth grosser Trubel und Aufregung wegen Ankunft des Fürsten Taxis mit 20 Pferden usw. Das Wetter, welches 3 Wochen lang schlecht war, ist jetzt etwas besser. /.../
Nur den Muth nicht verlieren in all der Trübsal, und Gott befohlen!
Dein treuer Bruder
Jos. Rheinberger.
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[1] Prof. Dr. Johann Nepomuk (von) Nussbaum, Rheinbergers Hausarzt.