Arnold Kirchthaler an seinen Freund Wilhelm Marock über den einseitigen Briefwechsel, seine Geschäfte, die teure Saloonlizenz sowie die Zusendung einer Fotografie


Handschriftliches Originalschreiben des Arnold Kirchthaler, Nelson (Wisconsin), an Wilhelm Marock in Indiana [1]

28.04.1882, Nelson (Buffalo County, Wisconsin)

Lieber William [2]!

Schon auf zwei Briefe entbehre Deine
gef. Antwort, was mich sehr beunruhigt,
und will hoffen, dass [3] dieses mein drittes
Schreiben endlich eine Antwort er-
möglichen wird. – Mein lieber
Freund, was ist den eigentlich los,
solltest Du vielleicht gar keine
Briefe von mir erhalten haben? kann
es kaum begreifen, oder bist Du
vielleicht krank, oder ist Dir gar
etwas Unangenehmes in Deiner
lieben Familie vorgefallen;
ich will es nicht hoffen; würde
mich sehr unangenehm berühren.

Nun was mein Geschäftl
anbelangt bin ich nun damit
fertig, aber die unangenehme
Arbeit steht mir noch bevor, näm- [4]
lich die Monetten zu collecten, deren
ich ungefähr $ 160- ausstehen habe.
Der vergangene Winter war eben
in dieser Gegend für Jedermann
ein trauriger, denn weil nie
kein ordentlicher Schlitt noch Wagen-
weg war, so war beinahe Alles
ausser Verdienst, u. folge dessen
waren die chrisliche Linsen [5] bei
den Meisten sehr rare.  

Die Meisten wo ich geborgt habe
sind jedoch erhrliche Leute, und
habe nicht lange auf mein Geld
zu warten.

Dieses Jahr kann einem in dieser
Gegend die Saloonkepperei vergehen,
denn die Town Licence kommt auf $ 75.–
u. die U.S.L. auf $ 30.–, also
zusammen $ 105.–.

Beiliegend findest Du meinen
photographischen Schatten, das [6]
Bild ist aber meiner Ansicht
nach, nicht besonders gut ge-
troffen.

Nun schliesse ich mit der ange-
nehmen Hoffnung recht bald
von Dir zu hören, und grüsse
mir vielmals Deine liebe
Frau u. Kinder.

Herzlich grüsst Dich
Dein tr. Freund

Arnold Kirchthaler

______________

[1] US PA Delph Donna. Brief in Kurrentschrift.
[2] In lateinischer Schrift. Im Folgenden kursiv gesetzt.
[3] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[4] Seitenwechsel.
[5] „christliche Linsen“: Geld.
[6] Seitenwechsel.