Ferdinand Marock an seinen Bruder Wilhelm Marock über die Anpflanzung und Ernte des aus Amerika zugesandten „Knallkorns“, seine Magen-, Darm- und Augenleiden, die mangelnde österreichische Sympathie für die USA im spanisch-amerikanischen Krieg von 1898, den Fleiss des Theologiestudenten Urban Marock sowie den Tod von Johann Georg Ritter


Handschriftliches Originalschreiben des Ferdinand Marock, Mauren, an seinen Bruder Wilhelm Marock in Indiana [1]

20.05.1899, Mauren

Lieber Bruder Schwägerin etz!

Vor 14 Tagen zurück traf das Paget
Knallkorn unversehrt hir an. Ein recht
herzliches „Vergelts Gott“ für diese Sen-
dung. Ich habe diese Körner an 10 ver-
schiedene Parthein verteilt, welche in
der Lage sind recht schöne warme Haus-
gärten zu besitzen, um eher bei dem
einen oder dem andern eine richtige
Reife der Körner zu erlangen. Ich habe
dagegend noch weitere Versuche in einem
Weinberg an der Leimgrub [2], u. sogar
im Torf boden gemacht. Also noch ein-
mahl [3] mein verbindlichsten Danck dafür.
Es wäre natürlich am Platz gewessen [4]
sofort meinen verbindlichsten Danck
abzustatten aber ich erwartete immer
einen ausführlichen Brief, wie das
Korn eingepflanzt, die Behandlung [5]
der Entwicklung u. so wie
überhaupt eine Gebrauchsanweisung.
Jeder von denen ich Körner gegeben
habe, fragen mich immer, ist noch kein
Brief da vom Wilhelm bezüglich wie
man die Körner behandel muss, den
jeder möchte das beste Resultat ereichen.
Also sei so gut u. beschreibe mir in
angedeutender Weise die Behandlung
I. Bei Anpflanzung. II. bei der Entwik-
lung. III. bei der Ernte. Die Fragen
welche Du in Deinem letzten Brief
Brief unterm 16. Jänn. 99 liss ich durch
meine Tochter Theresia [Theres Kieber [-Marock]] beantworten.
Ich war nähmlich 3 Wochen zimlich
schwer krank, ich lit an einem
Lungen u. Magen Catar u. an einem
schmerzlichen Augen leiden, welches
mir das [6] Brief schreiben
absolut nicht gestattet. Jedoch wider
alle 3 Faktoren wider zimlich
gut sind. [7]

Die freie Presse ist seit 4 Wochen
ausgeblieben; sie war mir wirklich
eine Liblingslektüre. Ich lese gegen
wärtig, jene Nummer welche ankamen
während meinem Augen leiden. Der
Amerkanische Krieg mit Spanien [8]
hat hier in Östrreich keine grosse
Simpathie für die Union hervor
gerufen. Kommt das Lichtensteiner
Volksblat immer regelmässig an,
wen nicht, so schreibe es mir sofort.
Urban [Marock] war über die Osterfeiertag in Ferien
hier; u. hat mir mitgetheilt das Du ihm
nach Cur ein schönen Brief welcher er be-
antwortete geschickt habest. Ich ersuchte ihn
die Pfotografie Dir zuzuschicken. Ich lege sie
bei u. theile Dir mit, dass wenn ihn Gott
bei Gesundheit erhält, im Monat Augst
in 1901 die Pfotografie als Premiziant [9]
Dir zugeschickt wird. Urban ist verhältnis-
mässig nicht mit dem besten Talent begabt [10]
aber trotzdem in allen 18 Schulsemestern lauter
Vorzugs Zeugnisse erungen, welches natürlich
seinem überaus grossen Fleiss zuzuschreiben
ist. In sittlicher Aufführung u. Fleiss wird
er von seinen Professsorren seinen Schul-
Colegen als Muster bezeichnet.

Neuigkeiten die hier vorgehen u. Dir
Interesssant sein könnten, nehme ich an
dass Du sie im Licht. Volksblat lesen
könnest. Heute wurde Joh. G. Ritter [Johann Georg Ritter] (Ferdis
Hansjirg) beerdigt. Seine Erben machen
ein vergnügtes Gesicht. Zum Schlusse
herzliche Grüsse an Dich, Frau u. Kinder
von uns allen.

Ferdinand

Nachtrag

Heute sind zwei Zeitungen je eine
u. eine halbe vom April angekommen.

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[1] US PA Delph Donna. Brief in Kurrentschrift.
[2] „Leimgrueb“: Wiesen und Häuser in Mauren an der Gemeindegrenze zu Eschen, am Südhang des Leimgruebböchel, reicht an die Fallsgass. Vgl. Hans Stricker, Liechtensteiner Namenbuch, Bd. 3, S. 439-440.
[3] Unterstrichen.
[4] Ursprüngliche Fassung: „geweẞen“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[5] Seitenwechsel.
[6] Durchstreichung.
[7] Seitenwechsel.
[8] Gemeint ist der spanisch-amerikanische Krieg von 1898, welcher am 10.12.1898 mit dem Vertrag von Paris endete.
[9] Primiz am 4.8.1901 in Mauren.
[10] Seitenwechsel.