Andreas Marock an seinen Bruder Wilhelm Marock über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach dem Tod des Vaters Jakob Marock


Handschriftliches Originalschreiben des Andreas Marock, Mauren, an seinen Bruder Wilhelm Marock in Indiana [1]

01.03.1882, Mauren

Lieber Bruder Wilchelm!

Schon 4. Tage trieb ich es Dir zu schreiben,
fascht keine Zeit blieb mir übrig, bis heute
Morgens. Am Sonntag vor 8. Tagen, las ich auf
dem Kirchenplaz den Brif den Jakob Keiser [Jakob Kaiser]
eben erhilt, der mich zwar nicht so sehr freute,
doch ist es Dir leicht zu verzeihen.

Jakob Keiser wird Dir kürzlich alles schrei-
ben, doch bemerkt, er will sich unsers Bruders
auch nicht höhnen, weil Sie Nachbarn bleiben
müssen [2]. Das Joseph [Josef Marock] wider Mensch geworden
ist habe ich zu Stande gebrach. Da er immer zu
muken hatte es treffe ihm nichts. fragte den
ich ihn was er den ferlange, nach seinem
Ferlangen, gab ich ihm noch 100 fl. [Gulden] mehr.
Nämlich an statt 200 fl. 300 fl. und den Heerren-
wingat [3], dehn er schon [4] vorher unter
seinem Nahmen hate. Ich werde wahrscheindlich
noch ferspielen, ist aber gleich ich that
es nur damit wir ruhe bekahmen. [5]
Nun seither hat Joseph den Staab des fer-
lornen Sohnes angetreten, und wir haben
ihm alles wider ferzihen, und bitten Dich
ferzeihe es ihm auch wider. Was er jezt
nun entschlossen ist, hat Dir schon der voraus-
gegangene gleine Brif angekündet.

Nun lieber Wilchelm, die zurükgelassene liebe
Mutter [Genofeva Marock [-Meier]], und wir dableibente Brüder
bitten Dich, sowohl auch Mari [Maria Marock [-Hauser]], inständig, nehmt
ihn als Bruder u. Schwager auf.

Dann prüffe Joseph, indem er seinerzeit ein
ein Mitglid Ferdinants [Ferdinand Marock] war, dan wirst Du
klar werden, wer eigentlich der Schwindler
unter den Brüder in Deutschland ist.

Den schon vor 2. Jahren hab ich Dir Zwei Brife
nach einander geschriben, und zwar mit sehr
grosem Fleiss, hab aber keine Antwort fon
Dir bekommen, hab die Brife zwar nur bei-
gelegt in die väterlichen Brife, die durch
Ferdinant geschrieben u. abgeschikt wurden.
Warscheindlich oder ganz gewiss sind meine
genannten Brife nicht nach Amerika gekommen. [6]

Das Dir 300 fl. angerehnet werden bin ich zwar
nicht schuldig, der Vater [Jakob Marock] hat in den lesten Tagen
noch gesagt, wen Wilchelm in etlichen Jahren
wider gekommen wäre, so hätte mann das Reis-
geld nicht rehnen können, sonst müsse mann es halt
doch rehnen. Mit den 48 Dolar die ich selbst in
Feldkirch einwechslen lies, und dir schikte, brauch-
te ich 129. Banknoten, damahls hatten wir
eben kein Geld, da nahm ich fon Theias [Matthäus Kieber] der
später mein Schwigervater gab 120. Banknoten.
Da ich aus dem Väterlichen Hause ging, gab man
mir 100 fl. dafür, an der Abhandlung meines
Schwigerfaters wurde es mir Hundert u. Zehen
angerehnet. Überhaubt wen Du meiner Lage bekannt
wärest, würdest Dich Deiner nicht missbilliget
fühlen. Da ich aus dem Väterlichen Hause
mit meiner Familie ging, wurde mir das geringste
Werhzeug nur von 3 x [Kreuzer] angerechnet.
Die Betstat die ich 3. Tage vor meiner Hohzeit mahte
wurde mir 4. fl. angerehnet, der Kasten 12 fl.
wo ich jedem einem gemaht hab, 3. Tag musste
ich auf dem Hobelbang mit meiner Famieli
esen, und alles – alles wegen Ferdinant. [7]

Ich habe gewiss in der Haushaltung fiel gearbei-
tet an dem neuen Stall, u. das Haus die hälfte
vergrösert, haben wir ohne Zigel u. Kalk 10 fl.
bezahlt, das andere hab ich abferdint u. selbst
gemacht. überhaupt bespreche Dich mit Joseph
über alles müntlich. Der Boden ist jezt der
meiste an Fremde vekauft, hat mitelmässig ge-
golten, J. Keiser wird alles wohl mahen. Ich und
J. Keiser sind beste Kolegen seit dem Du aus
unserer Mitte warst. Ich musste sehr schnel
schreiben, der Brifbothe warthet auf den Brif
Du wirst es der Schrift ansehen.

Schlisslich file herzliche Grüsse von Freunden u.
Nachbarn. Zum [8] vohraus grüssen wir Mutter
u. Brüder meine so Gottfrids Frau [Maria Marock [-Marxer]] , meine Kinder
Urban [Marock] u. Mina [Wilhelmina Bühler [-Marock]], Dich u. Mari [Maria Marock [-Hauser]], so auch Deine
Kinder reht herzfreundlich.

Andreas Marok

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[1] US PA Delph Donna. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliche Fassung: „müẞen“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] „Herawingert“: Wiesen, Häuser und Strasse am Hang über dem Dorfzentrum von Mauren, östlich des Herabböchel, steil abfallend.
[4] Durchstreichung.
[5] Seitenwechsel.
[6] Seitenwechsel.
[7] Seitenwechsel.
[8] Durchstreichung.