Motivenbericht von Prof. Julius Landmann zum Steuergesetz


Motivenbericht zum Neuen Steuergesetz des Fürstentum Liechtenstein ausgearbeitet von Universitätsprofessor Dr. Julius Landmann in Basel[ 1] 

Botschaft des Liechtensteinischen Landtages zum Steuergesetz

An die Stimmberechtigten des Fürstentums Liechtenstein!

Werte Mitbürger!

Die Vorlage, die wir Euch hiemit zur Abstimmung unterbreiten, enthält zusammenfassend alle steuerrechtlichen Bestimmungen. Die nachfolgenden Ausführungen berichten über die Veranlassung und die Notwendigkeit und enthalten die Begründung der Vorlage:

Allgemeines

Der Finanzhaushalt des Fürstentums Liechtenstein hatte während der letzten 50 Jahre seine historische Grundlage und rechtliche Stütze im Provisorischen Steuergesetz vom 20. Oktober 1865. Um die Aufgabe einer neuen gleichmässigen Steuerregulierung zu lösen, durch welche der im Laufe des 19. Jahrhunderts bei steigendem Staatsaufwand sich überall durchsetzenden Forderung gerechter Lastenverteilung Genüge geschehen sollte, war in diesem Gesetz ein Ertragssteuersystem ausgebildet, dessen Hauptbestandteile — in der sachlich gebotenen, üblichen Kombination — eine Grundsteuer, eine Gewerbesteuer, dazu eine sogenannte Personal- und Klassensteuer waren. Die Grundsteuer wurde erhoben auf Grund einer im gleichen Jahr in Angriff genommenen Ermittlung der Grundstückwerte, die durch die Eintragung ins Kataster als unveränderlich stipuliert wurde. Ihrem Inhalt nach war sie, wie jede Grundsteuer, eine Abgabe nicht vom tatsächlichen Reinertrag, sondern von dem Bodenwert, bezw. von dessen auf Grundlage der Bonitierung geschätzten Erträgen. Die Gewerbesteuer legte in gleicher Weise nicht den gewerblichen Reinertrag zu Grunde, ging vielmehr von der vermuteten Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen aus, der, unter Benutzung von Umfang des Gewerbes und Grösse der Ortsbevölkerung als Massstab, in verschiedene Steuerklassen eingewiesen wurde. Die Personal- und Klassensteuer endlich verknüpfte eine Besteuerung des Gehaltes der öffentlichen Funktionäre und des Erwerbseinkommens der Angehörigen liberaler Berufe mit einer Kapitalrentensteuer.

Das Aufkommen und die wachsende Bedeutung der Fabriken veranlasste zunächst im Jahre 1879 eine Umbildung der Bestimmungen über die Einschätzung der Gebäude und eine Neufestsetzung der Gewerbesteuer-Klassen (Gesetz vom 15. Aug. 1879), dann im Jahre 1887 den teilweisen Bruch mit der alten Form der Gewerbebesteuerung auf Grund objektiver Merkmale, dergestalt dass, mit Ausnahme der Textilindustrie, für die fabrikmässig betriebenen Gewerbe nunmehr der amtlich festgestellte Reinertrag als Steuerobjekt festgesetzt werden sollte (Gesetz vom 23. August 1887).

Parallel ging eine Umbildung der Personalklassensteuer vor sich (Gesetz vom 19. September 1898), mit dem Ziel, den Haushalt der Gemeinden zu stützen, — ein Zweck, dem auch eine Erhöhung der Gewerbesteuer und eine Steigerung der seit alters erhobenen Taxen und Gebühren zu dienen hatte. In diesem ergänzten Zustand blieb dann das Steuersystem von 1865 im Wesentlichen unverändert durch 50 Jahre hindurch bestehen, — nur in dem gesondert entwickelten Gebührenwesen wurde eine nennenswerte Erweiterung dadurch vorgenommen, dass die nach österreichischem Vorbild schon in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts eingeführte Verlassenschaftsgebühr erhöht und dadurch eine stärkere Besteuerung der Erbschaften angebahnt wurde (Gesetz vom 16. Dezember 1912 für Inländer, vom 4. Dezember 1911 für Ausländer).

Auch hier hat der Weltkrieg umwälzend eingegriffen. Unmittelbar nach seiner Beendigung haben wirtschaftliche Störungen bedrohlichster Art, von denen später noch eingehend zu sprechen ist, die Regierung vor die Notwendigkeit gestellt, eine beträchtliche Vergrösserung der Landes-Einnahmen herbeizuführen. Die Gesetze vom 24. Januar 1919, die Verordnung vom 6. November 1919, die Gesetze vom 31. Januar, 29. März, 11. April, 15. Juni, 27. Dezember 1921 und 3. Januar 1922 unternahmen den Versuch, dieses Ziel durch kleine Änderungen einzelner Bestimmungen der alten Gesetzgebung, durch Erhöhung der Taxen, Gebühren und Stempel sowie durch Hinzufügung einer Fahrrad- und Kraftwagensteuer, einer staatlichen Maischesteuer und einer Ausfuhrtaxe für Branntwein zu erreichen. Zu diesem Zweck wurde zunächst für die beiden Teile der sogenannten Personal- und Klassensteuer, für die Steuer von Dienst- und Berufseinkommen wie für die Kapitalrentensteuer gesondert das Prinzip der Progression zur Anwendung gebracht; dann wurde die Klassensteuer ausgedehnt auf sämtliche Bezieher eines Lohneinkommens, unter gleichzeitiger Anordnung der Steuer auf dem Wege des Lohnabzugs. Mithin stehen heute nebeneinander: 1. die Grundsteuer, in wesentlich der gleichen Form wie zur Zeit ihrer Einführung; 2. die Gewerbesteuer, in ihrem Hauptteil unverändert, für die Fabriken auf dem Wege der Umbildung zu einer Besteuerung der Reinerträge, für einzelne Neuunternehmungen vertragsmässig auf 10-30 Jahre pauschaliert; 3. die Klassensteuer, trotz der Besteuerung des Lohnes auch heute noch nur eine Erweiterung der Steuer von 1865, eine Besteuerung zweier Einkommensteile, des Gehalt- bezw. Lohneinkommens und der Kapitalrente, eine spezielle, keine allgemeine Einkommensteuer, jedoch mit dem der allgemeinen Einkommensteuer entlehnten Prinzip der Progression. Daneben 4. unverbunden eine Fahrrad- und Automobilsteuer und eine einzige Verbrauchssteuer, neben dem Zoll, in Gestalt der Maischesteuer. 5. Einige Gebühren, Taxen und Stempel, darunter als wichtigste eine Gebühr auf. Hinterlassenschaften.

Unabhängig von der Tatsache, dass trotz der wiederholten letztjährigen Revisionen der Steuergesetzgebung die Ergiebigkeit dieser Steuern nicht mehr hinreicht, um den Landesaufwand zu decken, kann ein Ertragssteuersystem, in der eben skizzierten Form trotz seiner anfänglichen Leistungsfähigkeit heute nicht mehr als befriedigende Lösung der dem Steuergesetzgeber gestellten Aufgabe gelten. Jedes Ertragssteuersystem, das auf einer Grundsteuer als Hauptsteuer aufbaut, muss notwendig den Grundsatz der „Gerechtigkeit“, d.h. der Gleichmässigkeit der Besteuerung, zu dessen Verwirklichung es geschaffen wurde, mit der Dauer seines Bestehens selbst wieder durchbrechen. Von verschiedenen Seiten her ist dies geschehen: 1. Die Grundsteuer, festgesetzt und erhoben auf der Grundlage eines vor mehr als 50 Jahren aufgenommenen Katasters, entfernt sich von Jahr zu Jahr weiter von dem zur Zeit der Steuererhebung bestehenden Bodenwert und -ertrag; weder fanden Wertsteigerungen gebührende Berücksichtigung, wie sie oft ohne eigene Arbeit des Besitzers durch die Ausdehnung der Ortschaften oder Entstehung von Fabriken eingetreten sind, noch konnte auch nur die allgemeine Veränderung der landwirtschaftlichen Betriebsrichtung erfasst werden, die durch die Ausdehnung der Viehzucht den Boden der Hänge an Wert gewinnen, den Boden der Täler an Wert relativ verlieren liess. 2. Die Tatsache, dass der Ertrag der Grundsteuer in jährlich wachsendem Missverhältnis zum wirklichen Bodenertrage steht, würde eine relative Mehrbelastung der Gewerbetreibenden, die unter Berücksichtigung ihrer konkreten Leistungsfähigkeit zur Steuer herangezogen werden, bedeuten, würde sie nicht in ihren Wirkungen wieder durchkreuzt, werden durch die Veranlagung der Grundsteuer ganz ohne Rücksicht auf die Belastung des Grundbesitzes mit Hypothekenschulden und die daraus häufig resultierende völlige Beziehungslosigkeit zwischen Leistungsfähigkeit und Steuerlast. 3. Für den Gewerbetreibenden und für den Angehörigen der liberalen Berufe haben die jüngsten Gesetze die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung verhängt bezw. verschärft. Ein solcher Deklarationszwang kann aber erfahrungsgemäss nur dann zu wahrheitsgemässer Deklaration und also zu einer der tatsächlichen Leistungsfähigkeit entsprechenden Belastung führen, wenn die Möglichkeit einer Nachprüfung der Steuererklärungen anlässlich einer Vermögensübertragung von Todeswegen gegeben ist. Die Nachlassgebühr ohne obligatorische und ernste amtliche Inventarisation wird dieser Funktion in keiner Weise gerecht. Daher wirkt die spezielle Einkommensteuer heute als Sonderbelastung des Lohn- und Gehaltseinkommens. 4. Die Kapitalrentensteuer mit starker Progression verstärkt die durch Grund, Gewerbe und Gehaltssteuer bereits bestehende Ungleichmässigkeit der Steuerbelastung noch weiter, indem sie von einem Merkmal ausgeht, das keineswegs geeignet ist, über die steuerliche Gesamt-Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers irgend einen Aufschluss zu geben. 5. Die Fahrradsteuer und namentlich die Maischesteuer als einzige Verbrauchssteuer wirken in ihrer Vereinzelung durchaus ungleichmässig und willkürlich.

Von diesen fünf Tatsachen wäre jede einzelne geeignet und ausreichend, um das Verlangen einer Umbildung des gegenwärtigen Steuersystems zu begründen, ja um das Verlassen der alten Grundlage von 1865 und den Versuch eines völligen Neubaues nahezulegen. In den stillen Jahren der Vorkriegszeit konnte trotzdem der Wunsch, an dem anscheinend in Ruhe Befindlichen nicht zu rütteln, über die theoretischen und praktischen Mängel des versteinerten Steuersystems hinwegsehen lassen, und dies umso eher, als die Möglichkeit des Rückgriffs auf andere Einkünfte eine Schonung der Steuerkraft der Landesbewohner zu erlauben schien. Krieg und Nachkriegswirren haben hierin einen völligen Wandel geschaffen. Die Vermehrung politischer Rechte erheischt im Ausgleich gebieterisch die Erfüllung aller staatsbürgerlichen Pflichten, unter denen die Aufbringung der zur Deckung des öffentlichen Bedarfes notwendigen Mittel zu allen Zeiten in erster Linie stand. Und die schwierige Wirtschaftslage, in die das Land ohne sein Verschulden, trotz seiner Neutralität während des Krieges, dadurch geraten ist, dass die Währungskrisis ihre Wellen nach Liechtenstein herüber warf, macht es erforderlich, dass die theoretisch wünschenswerten Veränderungen unmittelbar, vollständig und folgerichtig geschehen.

Die jahrzehntelange Währungsgemeinschaft mit dem österreichischen Nachbarn hatte wirtschaftlich eine völlige Verknüpfung des wirtschaftlichen Schicksals von Liechtenstein mit dem der österreich- ungarischen Monarchie im Gefolge. Einer eigenen Währung ermangelnd, wie sie den Ländern mit blosser Münzgemeinschaft, der lateinischen Münzunion etwa, die Trennung der Währungen und die Sonderung des Wirtschaftsschicksals erleichterte, machte das Fürstentum nicht nur ein weites Stück Wegs des Niedergangs der österreichischen Krone mit, sondern sah sich auch ausser Stande, ohne langwierige Verhandlungen und Vorbereitungen den Übergang zur neuen Frankenwährung zu vollziehen. Mittlerweile war nicht nur das in österreichischen Kronenwerten aller Art angelegte Geld, sondern nahezu alles Mobiliarvermögen verflüchtigt, der mühsam von Generationen ersparte Reichtum vernichtet und der Zustand geschaffen, den heute jeder Bürger kennt und den jedes Gesetz, vor allem aber ein Finanzgesetz zu berücksichtigen hat: Liechtenstein ist ein armes Land.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist in wesentlichen Teilen durch diese Rücksicht auf die ökonomische Krisis mitbestimmt, seine sozialen Absichten finden hier ihre Grundlagen wie ihre Grenze, seine Schonung des Kapitals und Förderung der Kapitalbildung erhält von hier aus ihre politische Rechtfertigung und ihren ökonomischen Sinn. Dabei war es notwendig, den rechten Mittelweg einzuhalten, der die Stützung der wirtschaftlich Schwachen ermöglichte und doch dem Staat die Aufbringung der erforderlichen Summen gewährleistete. Es können infolgedessen Bestimmungen über das Existenzminimum, wie sie heute zum Inventar der meisten Steuergesetze gehören, nur in verhältnismässig bescheidenem Umfang zur Anwendung gelangen; ein hohes Existenzminimum für alle Zeit frei zu stellen, kann nur ein reicher Staat sich gestatten, in dem eine Minderzahl von wohlhabenden Bürgern einen erheblichen Prozentsatz der Staatseinnahmen aufbringt, wogegen ein armes Land sich davor hüten muss, auch nur einen seiner wirtschaftlich produktiven Bürger zu überlasten, und nicht darauf verzichten kann, innerhalb der Grenzen seiner Leistungsfähigkeit einen Jeden mit dem geringstnötigen Betrag zur Lastendeckung heranzuziehen.

Trotzdem ist der Entwurf durchaus sozialpolitisch, im Sinne möglichster Schonung der wirtschaftlich Schwächsten und der Schonung aller produktiven Wirtschaftskräfte des Landes, orientiert. Dies ist möglich, denn die relative Geringfügigkeit des öffentlichen Bedarfes, wie sie aus mehr denn einer Ursache seit je die Finanzen des Fürstentums kennzeichnet, gibt die Möglichkeit, die Umlagen sehr viel niedriger zu halten, als es beute irgend einem andern Lande gestattet ist, wo die Grösse der Staatsausgaben die Gesamtheit der Steuerkraft des Volkes auszuschöpfen und den Forderungen einer brutalen Fiskalität rücksichtslos nachzuleben zwingt. Teilt zwar das Fürstentum in Inflation und Krisis das Schicksal der Nachbarländer, so belässt derart doch die Freiheit von unmittelbaren und mittelbaren Kriegslasten den Finanzbedarf in erträglicher Höhe und erlaubt dem Einzelnen, sein Privatschicksal relativ schnell wieder aus der Tiefe zu lösen, in die ihn das Unglück des Währungsgenossen geworfen hat.

Einzelheiten über die Grösse, oder richtiger: die Kleinheit der Steuerbelastung, die sich im Falle des Inkrafttretens des vorliegenden Gesetzesentwurfes ergäbe, werden später bei Besprechung der einzelnen Bestimmungen zu erörtern sein. An dieser Stelle sei vorgreifend nur soviel gesagt: nach erfolgtem Inkrafttreten des Gesetzes wird die Gesamtheit der Landes- und Gemeindesteuern dem Steuerzahler bei den im Lande häufigsten kleinen und mittleren Einkommen nicht mehr als etwa 3 – 6 % des Einkommens zugunsten des öffentlichen Bedarfes wegnehmen. Die Sätze erscheinen idyllisch niedrig angesichts der Tatsache, dass in Deutschland sowohl wie in Frankreich die Einkommensbesteuerung mit 10 % des Einkommens einsetzt, dass sie in Deutschland bis auf 60 % ansteigt, und dass auch in der Schweiz ein Steuersatz von 10 % des Einkommens sehr rasch erreicht und weit überschritten wird. Dazu besteht noch die Wahrscheinlichkeit, dass die Geringfügigkeit der gesamten Besteuerung auf die Dauer indirekt zur Verminderung der Steuerlast jedes Einzelnen weiter beitragen wird; denn in einer Zeit, da in den meisten Nachbarstaaten eine excessiv hohe Besteuerung den letzten Rest des infolge der Inflation schon minimalen Renteneinkommens aufzehrt und eine Rentnerexistenz unmöglich macht, das Gesellschaftsvermögen doppelt und dreifach belastet und so die Ausdehnung der wirtschaftlich leistungsfähigsten Unternehmungsformen in ungesunder Weise verhindert, – in einer solchen Zeit darf erwartet werden, dass ein Steuersystem vom Charakter des für Liechtenstein vorgeschlagenen sehr wesentliche Anziehungskraft für ökonomisch potente Steuerzahler besitzt, wodurch automatisch eine Herabsetzung der Steuerlast des einzelnen Alt-Bürgers sich ergäbe.

Die Tatsache der gegenwärtigen Armut des Landes, die die Gesamtheit der Steuerbelastung niedrig zu halten zwingt, ist zugleich auch von bestimmendem Einfluss für die Auswahl und Ausgestaltung der einzelnen Steuern. Eine wirtschaftliche Erholung ist nur dann möglich, wenn es gelingt, den Prozess der Neubildung des Vermögens zu beschleunigen. Eine aktive Förderung dieses Prozesses kann nur durch produktions- oder handelspolitische Massnahmen geschehen. Die Finanzpolitik aber muss ihrerseits darauf bedacht sein, diesen Vorgang so wenig als möglich zu hemmen; sie muss daher in einer Lage wie der jetzigen auf tunlichste Schonung des Vermögens abgestellt werden. Wenn es in der Vorkriegszeit und noch heute in den meisten europäischen Ländern als ausgemacht galt, dass das fundierte Einkommen eine stärkere Belastung vertrage und erfordere als das unfundierte Arbeitseinkommen, das reine Rentnereinkommen eine stärkere als das Unternehmereinkommen, so kann dieser Satz im vorliegenden Entwurfe eines Steuergesetzes keine Berücksichtigung finden: eine stärkere Belastung des Kapital- und Renteneinkommens ist möglich in einer kapitalgesättigten Volkswirtschaft; in einem armen Lande verbietet sie sich von selbst.

Werden alle diese Momente in Anschlag gebracht, so mag trotzdem sowohl die formale Gestaltung des Entwurfes wie der materielle Aufbau des Steuersystems zunächst befremden; denn weder entspricht der Entwurf in seinem Umfang und in der Vielzahl seiner Bestimmungen dem in Liechtenstein bisher üblichen, geringen Ausmass der Steuergesetze, noch versteht es sich von selbst, dass ein Neben- und Ineinander verschiedener Steuern die beste Lösung des Finanzproblems darstellt. Beides findet in der juristischen und ökonomischen Struktur des modernen Staates seine Erklärung. Was zunächst die formale Gestaltung angeht, so ist der Umfang des Entwurfes durch die Tatsache bedingt, dass es sich darum handelt, eine erschöpfende Steuerordnung zu geben, die die gesamte Steuermaterie regelt und als Ergänzung nur noch eines Stempel und eines Zollgesetzes bedarf. Zudem ist alles für den Steuerpflichtigen Wichtige in dem Gesetz unmittelbar enthalten, so dass ihm das übliche zusätzliche Studium von schwer zugänglichen und schwer verständlichen Ausführungsverordnungen erspart bleibt.

Ist die Steuer im modernen Rechtsstaate ein Rechtsverhältnis, so muss auch der gesamte Inhalt und Umfang der Steuerpflicht gesetzlich umschrieben sein. Dadurch wird zwar formal der Umfang des Steuergesetzes von 1865 weit überschritten, aber es wird eine wirksame rechtliche Festlegung der gesamten Steuerverhältnisse erreicht, dem Steuerpflichtigen wird wirksamer Schutz gegen die Fiskalität der Verwaltung geboten, und auch der Grundsatz der Bestimmtheit der Steuer verwirklicht, der ein gut Teil des Odiums jeder Steuer beseitigt; denn eine jede Steuer wird leichter getragen, wenn man die eigene Last wie die Last jedes Andern genau umschrieben und berechenbar weiss.

Wie der Umfang des Entwurfes aus der besonderen, rechtlichen Natur des modernen Staates, so folgt die relative Vielzahl der Steuern aus dessen besonderen ökonomischen Struktur. Eine einzige Steuer, seit je das Ideal einiger wirklichkeitsfremden Phantasten, ist wirtschaftlich unmöglich, wenn die Wirtschaft selbst eine immer grössere Zahl von Erwerbs- und Verkehrsarten ausbildet. Die Finanzkunst aller Zeiten hat ihre Aufgabe darin gesehen, und deshalb ist sie eine Kunst, die Bedeckung des öffentlichen Bedarfes auf eine Mehrzahl von Steuern zu verteilen, teils wegen der Ergänzungsbedürftigkeit jeder Steuer um ihrer Lücken willen, teils deshalb, weil die jeder Steuer innewohnende Härte desto stärker empfunden werden muss, je grösser der durch eine einzelne Steuer zu bedeckende Teil des öffentlichen Bedarfes, teils endlich deshalb, weil durch die Mannigfaltigkeit der Besteuerungsformen der Steuerdruck nicht allein besser verteilt, sondern auch erleichtert werden kann. Der vorliegende Entwurf hat aus dieser Tatsache die Folgerung gezogen, dass er die wichtigsten Steuerkategorien zu einem System zusammenfasst. Hierbei ist grundsätzlich auf die gebräuchliche Unterscheidung von direkten und indirekten Steuern verzichtet, obwohl sich die Bezeichnung der Kombination von Vermögens- und Erwerbssteuer als eigentlicher direkter Steuer sehr wohl rechtfertigen liesse. Die Entwicklung der letzten Jahre hat aber dazu geführt, dass das Unterscheidungsmerkmal direkt – indirekt seinen ursprünglichen ökonomischen Sinn weitgehend verloren hat, denn die Überwälzbarkeit, die einst das Merkmal der indirekten Steuer gebildet hatte, ist in einer Zeit schwankender Preise, veränderlichen Geldwerts und also dauernd wechselnder Marktsituation nicht mehr einer bestimmten Steuer inhärent, sondern ob eine Überwälzung stattfinden kann, ist eine gesetzlich nicht fixierbare Tatfrage. Der technische Sinn der Scheidung direkt – indirekt, die Trennung veranlagter von tarifierten Steuern, ist zwar haltbar, jedoch ökonomisch irrelevant. So empfiehlt sich im Interesse sachlicher Behandlung die hier gewählte Form der namentlichen und sachlichen Verbindung von Vermögens- und Erwerbssteuer, deren jede eine besondere Kategorie von Steuerobjekten, und die in ihrer Verknüpfung die Gesamtheit des Einkommens erfassen (Entwurf: Zweites Hauptstück. Erster Abschnitt).

Der früher erwähnten Notwendigkeit einer Nachprüfung der Deklarationen wie dem Wunsche fiskalisch ergiebiger Erfassung des Vermögensüberganges von Todeswegen ist hierbei Rechnung getragen durch Ausbildung einer spezifizierten Schenkungs- und Erbschaftssteuer, die den Vermögensübergang unter Lebenden und von Todeswegen als Schenkung, als Nachlass und als Erbanfall gesondert der Besteuerung unterwirft (Zweites Hauptstück. Zweiter Abschnitt). Stellt diese Steuer ihrem Charakter nach eine Ergänzung der Vermögenssteuer dar, so ist es nach anderer Richtung nötig gewesen, die Vermögens und die Erwerbssteuer, die für physische Personen und einen Teil der juristischen Personen gelten, zu ersetzen: die Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit werden von einer eigenen Gesellschaftssteuer erfasst, die in einer Kombination von Kapital- und Ertragssteuer ein gleichgewichtiges Gegenstück zur Vermögens- und Erwerbssteuer bedeutet (Zweites Hauptstück. Dritter Abschnitt).

Neben diese Steuern auf Vermögen, Erwerb und Vermögensübertragung treten dann schliesslich die eigentlichen Verbrauchssteuern. Auch bei diesen ist der Grundsatz befolgt, nur die wichtigsten Objekte auszuwählen und der Besteuerung zu unterwerfen. Es ist infolgedessen darauf verzichtet, eine Sondersteuer auszubilden etwa zur fiskalischen Nutzung der Wasserkräfte, vielmehr ist im Interesse grösster Vereinfachung der Einbau solcher einzelnen Objekte in die Vermögenssteuer vorgenommen, und bei den Verbrauchs- und Verkehrssteuern der Hauptteil der Steuerlast konzentriert auf die zwei Objekte, die seit langem und in allen Ländern die eigentlichen Lastträger des Fiskus darstellen: auf Tabak und berauschende Getränke. Da im Land selbst keine Tabakindustrie vorhanden ist, obliegt ausschliesslich dem Zoll die Erfassung von Tabak und Tabakfabrikaten. Das Steuergesetz kann sich daher beschränken auf die Ausbildung einer Getränkesteuer, die sämtliche alkoholische Getränke zur Lastentragung heranzieht (Zweites Hauptstück. Vierter Abschnitt).

Dieses System von Einkommens- und Verbrauchssteuern, dessen wirksames Ineinandergreifen bei der Erläuterung der einzelnen Steuern erst richtig hervortreten kann, wird nach beiden Seiten von einer Reihe von Gemeindesteuern ergänzt. Abgesehen von den Zuschlägen zur Vermögens- und Erwerbssteuer, deren Erhebung den Gemeinden unter bestimmten Bedingungen frei steht, erhalten die Gemeinden das Recht der Erhebung einer besondern Erwerbssteuer auf dem von der Landessteuer nicht erfassten Erwerb, und einer Aktivbürgersteuer, wodurch die Vermögens- und Erwerbssteuern eine wichtige Erweiterung erfahren: die besondere Erwerbssteuer erfasst den letzten, kleinen Einkommensteil, der von der Landessteuer ausgesondert wurde, und die Aktivbürgersteuer bringt die allgemeine Grundlage aller moderner Besteuerung, die Tatsache, dass die Mitwirkung bei der staatlichen Willensbildung als Gegenstück die Mitwirkung bei der Deckung des öffentlichen Bedarfes erheischt, noch zu besonderem steuerlichen Ausdruck. Wenn schliesslich noch eine Billetsteuer, eine Hundesteuer und eine Steuer auf Kraftfahrzeuge und Fahrräder als Gemeindesteuern zur Einführung gelangen, so erhält dergestalt auch die Seite der Verbrauchssteuern noch eine Ergänzung durch drei Abgaben, deren Erhebung die Deckung der Gemeindeausgaben sichern wird, ohne dass lebens- und wirtschaftsnotwendige Bedürfnisse getroffen werden (Drittes Hauptstück).

Erstes Hauptstück
Einleitung und allgemeine Bestimmungen.

Die Rücksicht auf die Einheitlichkeit der Verwaltung im allgemeinen, wie der Steuerveranlagung und Steuerverrechnung im besonderen, erfordert die Übertragung des Gesetzesvollzugs an die Regierung; die Kleinheit des Steuergebietes und die Sorge für den geringstmöglichen Erhebungsaufwand verbieten den Aufbau eines grosses Steuerapparates. Die Steuerverwaltung ist daher konzentriert in der Hand eines einzelnen Steuerkommissars (Art. 1), der nur in besonderen Fällen ausser einem Kanzlisten noch andere Hilfskräfte wird beschäftigen müssen, und Steuerveranlagung wie Steuerbezug obliegen den bestehenden Gemeindeorganen (Art. 3, Abs. 1), denen für ihre Mitwirkung bei der Erhebung der Landessteuern eine Inkassoprovision von 3 % auf den eingezogenen Betrag zusteht (Art. 3, Abs. 2, mit Art. 10, Abs. 2).

Die Einschätzung und Veranlagung geschieht durch die Gemeindesteuerkommissionen (Art. 4). Als Beschwerde-Instanz fungiert eine Landessteuerkommission (Art. 2).

In der Landessteuerkommission soll der Ausschluss der Wahl von Präsidenten der Gemeindesteuerkommissionen die objektive Geschäftsführung sichern (Art. 2, Abs. 2). Ihre Wählbarkeit und Teilnahme an den Beratungen der Landessteuerkommission könnte die Befürchtung erwecken, dass in der Berufungsinstanz nicht objektives Recht gesucht und gesprochen, sondern die Meinung einer Partei vertreten und, vielleicht durch private Verpflichtung gegenseitiger Unterstützung mit den andern Kommissionsmitgliedern, zum Siege geführt werde. Darüber hinausgehend nicht nur die Präsidenten, sondern auch den Mitgliedern der Gemeindesteuerkommission die Wählbarkeit zu versagen, erschien nicht angängig, da der Kreis der Steuersachverständigen naturgemäss begrenzt ist und die Mitgliederschaft [!] sachkundiger Vertreter in allen Kommissionen gewährleistet sein muss.

Die Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse, wie sie vor allem für die Einschätzung des Vermögens erforderlich ist, macht es notwendig, dass in der Landessteuerkommission eine jede der beiden Landschaften Vaduz und Schellenberg vertreten ist. Der Gesetzentwurf setzt als Mindestziffer ihrer Vertreter je zwei fest (Art. 2, Abs. 1), wodurch die tunlichste Gleichmässigkeit innerhalb der Fünferkommission erreicht wird.

Die Befassung von Gemeindemitgliedern mit dem Veranlagungsgeschäft erhöht die Bedeutung der dem Beamten seit lange gewohnten Pflicht zur Verschwiegenheit über die Verhältnisse der Steuerpflichtigen und die Verhandlungen in den Kommissionen (Art. 5). Demgegenüber besteht im Verkehr des Steuerpflichtigen mit der Behörde die Pflicht zur unbeschränkten Auskunftserteilung, soweit es sich um für die Besteuerung erhebliche Tatsachen der eigenen oder einer fremden Wirtschaft handelt (Art. 7, Abs. 1), und soweit nicht amtliche oder Berufsverpflichtung des Geistlichen, Notars u.s.f. zur Verschwiegenheit dieser Auskunftspflicht entgegensteht (Art. 7, Abs. 3).

Im Sinne des vorliegenden Entwurfes ist unter den physischen Personen die Einheit, wie später noch zu erörtern und in seinen Konsequenzen zu behandeln ist, die Familie. Daraus versteht sich die allgemeine Bestimmung der Steuersubstitution der Ehefrau durch den Ehemann, dergestalt, dass der Ehemann die in ungetrennter Ehe lebende Ehefrau in ihrer Steuerpflicht zu vertreten hat (Artikel 8, Absatz 1). Und desgleichen versteht sich die Bestimmung, dass der Inhaber der elterlichen Gewalt die in seiner Gewalt stehenden Kinder steuerlich vertritt (Art. 8, Absatz 2). Erhält dadurch der Fiskus eine doppelte Sicherung unter Lebenden, so muss, um nicht durch den Tod des steuerpflichtigen Familienhauptes den gesamten Anspruch des Fiskus oder zumindest den auf den Gestorbenen entfallenden Teil der Steuerschuld hinfällig werden zu lassen, eine entsprechende Regelung für den Todesfall getroffen werden. Art. 9, Abs. 1, bestimmt daher, dass Steuerschulden beim Ableben des Pflichtigen, zu Nachlassschulden werden, die vor Verteilung des Nachlasses zu tilgen sind, unter Solidarhaft der Erben für den geschuldeten Betrag. Die gleiche Solidarhaft trifft bei Auflösung einer offenen Handels- oder Kommanditgesellschaft die unbeschränkt haftenden Gesellschafter, die die Steuerschuld vor Verteilung des Liquidationsergebnisses zu begleichen haben (Art. 9, Abs. 2), und die gleiche Verpflichtung zur Entrichtung des Steuerbetrags vor Ausschüttung eines Liquidationserlöses liegt auf den mit der Liquidation einer juristischen Person betrauten Organen (Art. 9, Abs. 3). In allen drei Fällen hat zudem der Steuersukzessor nicht nur die bereits festgesetzte Steuerschuld zu tilgen, sondern darüber hinaus die Verpflichtung, falls eine Steuererklärung oder Steueranzeige des gestorbenen Steuerpflichtigen noch ausstand, diese seinerseits abzugeben.

Auch nach der Fälligkeit einer Steuerschuld, die mit der Eröffnung des endgültigen Steuerbescheides eintritt (Art. 11, Abs. 1), und die innerhalb 1 Monat zu begleichen ist, widrigenfalls ein Verzugszins von 5 % erhoben wird, können besondere, die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners beeinträchtigende Verhältnisse dadurch Berücksichtigung finden, dass die Regierung generell das Recht hat, auf Gesuch des Pflichtigen hin und nach Vernehmlassung der Steuerverwaltung und der zuständigen Gemeindebehörde von Fall zu Fall eine Stundung, einen teilweisen oder einen gänzlichen Erlass der Steuerschuld zu verfügen (Art. 12, Abs. 1 und 2). Hinsichtlich der Erbschafts- und Schenkungssteuer erschien es angezeigt, die Stundung nicht an das Vorliegen von besonderen, die Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Verhältnissen zu binden. Da hier einerseits der Betrag der Steuerschuld leicht eine verhältnismässige Höhe erreicht, dass andererseits die sofortige Flüssigmachung einer grösseren Summe für den Erben wie den Beschenkten oft nur mit Verlust möglich sein wird (eine Steuerfolge, die nicht im Willen des Gesetzgebers liegt und deren Eintritt eine erhebliche Minderung der späteren Steuerkraft bedeuten könnte), gewährt hier der Gesetzgeber allgemein die Möglichkeit einer Stundung bis zur Dauer von sechs Monaten nach dem Tode des Erblassers oder nach vollzogener Schenkung unter Lebenden (Art. 12, Abs. 1, Satz 2). Liegen besondere Umstände vor, die eine weitere Ausdehnung der Stundungsfrist notwendig machen, so steht dem Erben wie dem Schenkungssteuerpflichtigen der allgemeine Weg des begründeten Gesuches noch immer offen.

Die Rückforderung eines zuviel gezahlten Steuerbetrages wird, zumal bei der Vermögenssteuer, in Anbetracht des vorsichtigen Einschätzungsverfahrens zu den Seltenheiten gehören. Es bedeutet mehr eine letzte Rechtssicherung des Steuerpflichtigen als die Vorsorge für einen öfter zu erwartenden Fall, wenn dem Steuerpflichtigen der bei Steuerverwaltung bezw. Gemeinderat zu erhebende und bis zum Verwaltungsgericht vertretbare Anspruch auf Rückerstattung zuerkannt wird, falls er im Zeitpunkt der Steuereinschätzung vorhandene, aber ihm nicht bekannte Tatbestände anzuführen hat, die sein Steuersoll zu vermindern geeignet sind (Art. 13). Praktisch wird, wie vorgreifend bemerkt sei, die Tatsache der Steuerüberzahlung am ehesten beim Lohnabzug eintreten. Hierfür setzt daher Art. 29, Abs. 3, Zurückzahlung des zuviel gezahlten Betrages in bar ohne besondern Antrag fest.

Für die gesamten Steuerforderungen gilt, dass sie der Verjährung unterliegen in einem Zeitraum von fünf Jahren, gerechnet vom Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Zahlung hätte erfolgen sollen oder – bei nachfolgenden neuen Verwaltungsakten – in welchem die letzte Zahlungsaufforderung zugestellt bezw. die letzte Vollstreckungshandlung vorgenommen wurde. Diese Verjährung bedeutet einen gewissen Schutz für den Leistungsunfähigen, der nicht der Gefahr einer Eintreibung der Steuerschuld wie einem ewigen Schuldschein Zeit seines Lebens gegenüberstehen soll.

Gegenrechts- oder Vergeltungsmassnahmen im Verhältnis zum Ausland müssen meist innerhalb einer kurzen Frist verordnet und durchgeführt werden, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Es ist daher notwendig, der Regierung die Befugnis zu solchen Anordnungen und das Recht zur Abweichung vom Landessteuergesetz zu erteilen (Art. 15).

Der weitgehende Rechtsschutz, den der Entwurf dem Steuerpflichtigen gewähren will, wird gesichert durch das Recht der Beschwerde gegen alle Entscheidungen der Steuerbehörden, insbesondere gegen die Einschätzung, Verhängung von Bussen und Rechtsnachteilen, sowie gegen Kostenauflagen (Art. 16, Abs. 1). Zur Wahrung der Sachlichkeit nach und von allen Seiten, sowie zur Ausschliessung alles Hinspielens politischer Momente, sollen gemeinsame Beschwerden aller Steuerpflichtigen einer Gemeinde oder aller Steuerpflichtiger einer Berufsgruppe ausgeschlossen sein. Das Beschwerdeverfahren selbst zerfällt in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil. Schriftlich erfolgen: die Begründung der Beschwerde und die Gegenbemerkungen der jeweiligen Partei, also in einem Fall des Beschwerdeführers und der Gemeinde-Steuerkommission, im andern Fall der Steuerverwaltung und des Steuerpflichtigen, schriftlich ferner die Begutachtung der Beschwerde durch die Steuerverwaltung (Art. 17, Abs. 2). Daran schliesst sich das mündliche Verfahren, die Verhandlung der Beschwerde vor der Landessteuerkommission, vor der der Steuerpflichtige das Recht, der Steuerkommissar als Beschwerdeführer die Pflicht hat, die Beschwerde persönlich zu vertreten (Art. 17, Abs. 3). Die aus der Behandlung der Beschwerde erwachsenden Kosten, einschliesslich einer mit der Grösse der bestrittenen Forderung und dem Umfange des Verfahrens zwischen 3.- und 100.- Franken wechselnden Entscheidungsgebühr und einer festen Kanzleigebühr trägt die unterliegende Partei (Art. 18, Abs. 1 und 2), eine an sich selbstverständliche Massnahme, die ihrerseits die leichtfertige Erhebung von Beschwerden hintanhalten wird.

Der Entscheid der Landessteuerkommission ist endgültig, soweit Tatbestandsfragen in Betracht kommen (Art. 17, Abs. 4, mit Art. 19, Satz 2). Da es aber dem Wesen des Rechtsstaates entspricht, dass in einem Verwaltungsrechtskonflikt in letzter Instanz ein Gericht entscheidet, so muss für Rechtsfragen ein Einspruchsrecht auch gegen den Entscheid der Landessteuerkommission dem Beschwerdeführer gewahrt bleiben. Diese Beschwerde wird der Natur des Konfliktes entsprechend logischerweise angebracht beim Verwaltungsgericht. Vor ihm hat daher die beschwerdeführende Partei das Recht zum Einspruch gegen den Entscheid der Landessteuerkommission, wenn es sich um Verletzung oder willkürliche Anwendung bestimmter Vorschriften des Steuergesetzes handelt (Art. 19). Das Verwaltungsgericht trifft dann, wenn es die Beschwerde für berechtigt erklärt, sofort den endgültigen Entscheid über die betreffende Steuersache.

Zweites Hauptstück
Die Landessteuern
Zu Abschnitt I: Die Vermögens- und Erwerbssteuer.

Allgemeines

In der Mehrzahl der europäischen Staaten bildet heute eine Einkommenssteuer mit ergänzender Vermögenssteuer das eigentliche Rückgrat der direkten Besteuerung. Entwickelt in einer Zeit, da eine relativ lange Friedensperiode und ein im Vergleich zu der Kriegs- und Nachkriegszeit kleiner Staatsaufwand die Steuersätze und damit die Ansprüche an die barzahlende Ehrlichkeit der Steuerdeklaration niedrig zu halten erlaubte, da ferner eine innere Staatsverbundenheit der Bürger eine sonst ungewöhnliche Höhe der Steuermoral bewirkte, hat dieses Steuersystem bis zum Jahre 1914, zumal in den industrialisierten Ländern, sich als ausserordentlich ergiebig erwiesen. Ob es auch in der heutigen politischen und ökonomischen Lage die gleichen Erfolge zeitigen wird, darf selbst dort füglich bezweifelt werden. Schon ohnedies aber haben sich Schwierigkeiten gezeigt, die vor einer Übertragung auf die gänzlich anders gearteten Verhältnisse des kleinen Landes Liechtenstein warnen müssen. Die erste Klippe ergibt sich immer wieder bei der Festlegung des Einkommensbegriffes. Entweder man macht sich die meist verbreitete Theorie, die sogenannte Quellentheorie zu eigen – dann sind Einkommen nur die Erträge, die in einem bestimmten Zeitabschnitt aus stetig fliessenden Quellen stammen, und alle einmaligen, gerade heute sehr zahlreichen Gewinne bleiben ausserhalb. Oder aber man schliesst sich dem Einkommensbegriff an, den der ausgezeichnete deutsche Lehrer der Finanzwissenschaft Schanz entwickelte, – dann ist Einkommen gleich dem Reinvermögenszugang eines Jahres, in Schanz‘ eigenen Worten: „Reinvermögenszugang eines bestimmten Zeitabschnittes einschliesslich der Nutzungen und geldwerten Leistungen Dritter“. Bei Annahme dieses Begriffes werden zwar die einmaligen Gewinne erfasst, aber es ergibt sich sofort die Notwendigkeit, Vermögenszugänge besonderer Art, wie die Schenkungen und Erbschaften, deren Heranziehung mit den allgemeinen Sätzen der Einkommenssteuer zu unerträglichen Härten führen würde, auszuscheiden und gesondert zu behandeln, und selbst bei den einmaligen Gewinnen ist es zumindest strittig, ob nicht, zumal in einer Periode schwankenden Geldwertes, Gewinne aus regulären Veräusserungsgeschäften anders zu behandeln sind als Spekulationsgewinne. Die deutsche Praxis der drei letzten Jahre hat gezeigt, dass in dieser letzten Frage der Anlass zu peinlicher Kasuistik und zu verhängnisvoller Unsicherheit über den Inhalt der Steuerpflicht liegen kann.

Wollte man sich indessen über diese Bedenken hinwegsetzen, so ist nun die weitere Klippe aller Einkommensbesteuerung von solcher Art, dass sie jede Diskussion über die Einführung einer reinen „Einkommens“-Steuer im Fürstentum ausschliesst. Es ist dies die Berechnung des Einkommens. Erstens nämlich lässt sich bei noch so starker begrifflicher Einheit des Gesetzes niemals erreichen, dass auch die Einkommens-Vorstellung der Individuen einheitlich ist und den gleichen Einkommensbegriff der Deklaration zu Grunde legt. Für den Pflichtigen der nur ein kontrollierbares Gehalts- oder Lohneinkommen bezieht, bei dem daher das Roheinkommen ermittelbar ist oder gar beim Verfahren des Lohnabzuges unmittelbar gefasst wird, ist es selbstverständlich, dass er nur bestimmte, gesetzlich festgelegte Abzüge vom Roheinkommen zwecks Ermittlung des Reineinkommens machen kann. Die Mehrzahl der Steuerpflichtigen aber, vor allem die Angehörigen der Landwirtschaft und die Gewerbetreibenden, halten es für ebenso selbstverständlich, dass sie vom Einkommen, d.h. vom Reingewinn, den sie beim Verkauf ihrer Produkte erzielen, die Kosten ihres eigenen und des Unterhalts ihrer Familie abziehen, meist ohne zu wissen, dass sie damit gegen den Willen des Gesetzgebers verstossen. Zu der Ungleichmässigkeit der Besteuerung, die durch diese zwiefache Berechnungsart hervorgerufen wird, tritt dann zweitens die nicht minder unaufhebbare Schwierigkeit, dass nämlich eine ziffernmässig exakte Einkommenserklärung das Bestehen eines rechenhaften Haushaltes des Pflichtigen, die kaufmänn. Buchführung, zur Voraussetzung hat. Auch diese wieder ist unter den Angehörigen der Landwirtschaft durchaus nicht allgemein verbreitet. Und schliesslich muss drittens auch noch die heute von der Einkommenssteuer untrennbare Progression ihre Anwendung gerade dem bäuerlichen Landwirt unerträglich machen; so berechtigt die Progression bei einem reinen oder vorwiegenden Kapitaleinkommen erscheint, dass hier weniger die Mehrleistung des Eigentümers als die meist grössere Produktivität des grösseren Kapitals den höheren Ertrag hervorruft, so unmöglich wirkt sie dort, wo das Einkommen in seinem grösseren Teil Ergebnis der persönlichen Arbeitsleistung ist. Die Progression kann hierdurch dazu führen, dass die Belastung des Bauern umso grösser ist, je härter er arbeitet. Die allgemeine Einkommenssteuer mag daher, unter den eingangs skizzierten Voraussetzungen, tauglich sein zur Besteuerung von Handel und Industrie. Gewiss aber ist: je grösser der Prozentsatz der landwirtschaftlichen Bevölkerung, umso schwieriger ist die Anwendung der Einkommenssteuer, und gar in einem Land mit vorwiegend mittel- und kleinbäuerlicher Bevölkerung ist die Beschaffung von Mitteln auf diese Art ausgeschlossen.

Unter dem Gesichtspunkte des Steueraufkommens ist hierbei gewiss auch der Umstand nicht zu unterschätzen, dass das Vermögen, namentlich Immobiliarvermögen, weniger flüchtig und folglich auch der Besteuerung viel schwerer zu entziehen ist als das Einkommen, und dass folglich je grösser der Teil der gesamten Steuerleistung, der durch die Vermögenssteuer aufgebracht wird, desto geringer die Gefahr einer Beeinträchtigung des Steueraufkommens durch Steuerhinterziehungen.

Zu A. Gemeinsame Bestimmungen

Materiell wird das an Stelle der allgemeinen Einkommenssteuer mit ergänzender Vermögenssteuer vorgeschlagene System einer Kombination von Vermögens- und Erwerbssteuern die Gesamtheit des Einkommens nur desto sicherer erfassen; denn wenn die Vermögenssteuer das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen des Steuerpflichtigen belastet (Art. 30, Abs. 1), die Erwerbssteuer das Berufseinkommen, ausschliesslich der Erträge aus vermögenssteuerpflichtigem Vermögen und der Erträge aus vermögenssteuerpflichtigen Leistungen zum Objekt hat (Art. 35, Abs. 1), so ist evident, dass beide Steuern zusammen sämtliche Einkommensbezüge des Pflichtigen der Besteuerung unterwerfen.

Der Kreis der Steuerpflichtigen ist bei den natürlichen Personen einleuchtend durch Wohnsitz, Erwerb und Aufenthalt im Lande gegeben (Art. 20). Den ausländischen Aktionär oder Tantièmeberechtigten zur Einkommenssteuer heranzuziehen, ist dadurch zwar unmöglich. Aber erstens unterliegt sein Einkommen bereits der Besteuerung bei der Gesellschaft, und zweitens rechtfertigen diese stets schwer fassbaren Fälle nicht den Aufbau eines grösseren, kaum wirksamen Steuerapparates. Aufenthalt zu Kur- und Lehrzwecken bleibt ausdrücklich frei. Fraglich könnte nur sein, bei welcher Dauer des Erwerbs bezw. des Aufenthalts die Steuerpflicht gegeben sein soll. Der Entwurf schlägt vor: bei Aufenthalt ohne Erwerb sie nach drei Monaten, im eigenen Hause nach sechs Wochen beginnen zu lassen; bei Erwerb sie der Einfachheit halber für die Landessteuer bei nicht abzugsfähigen Erwerbseinkommen gleichfalls erst nach drei Monaten einzusetzen (Art. 38, Abs. 2, lit. b), wogegen die Gemeindesteuerpflicht bereits nach der Erwerbsdauer eines Monats gegeben ist (Art. 91).

Bei den juristischen Personen ist der Ausschluss der Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit notwendig (Art. 20, Abs. 1, Ziffer 2), da für diese Gesellschaften durch die Gesellschaftssteuer (Abschnitt III) eine besondere Regelung getroffen ist.

Die inländischen offenen Handels- und Kommanditgesellschaften haben, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Teilhaber oder Kommanditäre, nicht das Recht des Abzugs von Anteilen (Art. 30, Abs. 3); daher erscheint es unbedenklich, wenn unter den nicht im Lande domizilierten natürlichen und juristischen Personen, die der Steuerpflicht unterliegen, die im Auslande wohnenden, schwer ermittelbaren Gesellschafter und Kommanditäre nicht aufgeführt sind und auf ihre personale Besteuerung verzichtet wird. Wohingegen die gleichen Personen, soweit sie Eigentum oder Nutzniessung an im Lande gelegenen Grundstücken haben, oder Wasserkräfte nutzbar machen (Art. 20, Abs. 1, Ziffer 3), ohne Schwierigkeit personal fassbar und der Vermögens- und Erwerbssteuer zu unterwerfen sind.

Ausgenommen von der Steuerpflicht sind im wesentlichen die gleichen Kreise wie im provisorischen Steuergesetz von 1865. Ausser in der historischen Entwicklung finden diese Ausnahmen ihre sachliche Begründung in der dauernd gültigen Erwägung, dass sowohl bei freiwilligem, das Steuersoll übersteigendem Betrag zur Deckung des öffentlichen Bedarfes wie bei Widmung eines Vermögens oder einer Tätigkeit für gemeinnützige Zwecke die politischen Voraussetzungen der Steuerzahlung nicht gegeben sind. Vorsorge musste nur getroffen werden, um den Missbrauch der gemeinnützigen Flagge zu verhindern. Daher bestimmt Art. 21, Ziffer 1 und 2, dass die unter Aufsicht des Landes verwalteten Fonds und Stiftungen, sowie die Gemeindegüter, Steuerfreiheit nur geniessen, wenn die Erträge der Vermögen konkret bezeichneten öffentlichen Zwecken dienen, und Art. 21, Ziff. 4, dass auch die Ausnahme zugunsten gemeinnütziger Anstalten nur gilt für denjenigen Teil des Vermögens oder des Erwerbs, der ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken dient.

Bei der Feststellung des Steuerobjektes hat sich die Zusammenrechnung des Vermögens und des Erwerbes von Ehegatten,die in ungetrennter Ehe leben, lange und allgemein durchgesetzt, da, gleichgültig ob rechtlich Gütergemeinschaft besteht oder nicht, tatsächlich eine gemeinsame Nutzung des beiderseitigen Vermögens wie des Erwerbseinkommens die Regel bildet. Wirtschaftseinheit ist nicht das Individuum, sondern die Familie, und es rechtfertigt sich daher, ja es gebietet sich die Erfassung dieser Wirtschaftseinheit auch als Steuereinheit. Demgemäss wird in dem vorliegenden Entwurf Vermögen und Erwerb von Ehegatten, die in ungetrennter Ehe leben, unter jedem Güterstand als einheitlich behandelt (Art. 23, Abs. 1), und aus gleichem Grund der Erwerb der unter elterlicher Gewalt lebenden Kinder dem elterlichen Erwerb zugerechnet. Das Nichtbestehen der Gütergemeinschaft ist nur insofern zu berücksichtigen, als für die Beitreibung von Schulden überhaupt und also auch von Steuerschulden hierdurch eine rechtliche Grenze gezogen ist; die Haftbarkeit eines nicht in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten für Steuerschulden besteht daher nur im prozentualen Verhältnis seines Anteils am gesamten Vermögen und Erwerb.

Das Einschätzungsverfahren nimmt den ihm durch die früher geschilderte Behördenorganisation vorgezeichneten Gang. An die Steuererklärung des Steuerpflichtigen, die alljährlich im Laufe des Monats März, für das Vermögen nach dem Bestande im Dezember des vorausgegangenen Jahres, für den Erwerb auf Grund der Ergebnisse des abgelaufenen Kalenderjahres, abzugeben sind (Art. 25), schliesst sich die Einschätzung durch die Gemeindesteuerkommission, deren Entscheidung unterliegt im Falle einer Beschwerde der Überprüfung durch die Landessteuerkommission (Art. 24, Abs. 1). Die Unterlassung der Deklaration hat für den Steuerpflichtigen, falls er zum ersten Mal der Einschätzung unterliegt, zur Folge, dass er gegen die infolge seiner Versäumnis nach freiem Ermessen vorgenommene Einschätzung durch die Landessteuerkommission das Beschwerderecht verliert (Art. 26, Abs. 1). Lag bereits eine ältere Steuererklärung vor, so besitzt er das Beschwerderecht nur, falls die Kommission in ihrer Erhöhung über den vorgeschriebenen Mindestsatz hinausgeht (Art. 26, Abs. 2).

Das beste Mittel zur Erzielung eines zufriedenstellenden Entscheides, zugleich das einzige Mittel der Kostenersparnis für Fiskus und Pflichtige ist die Vermeidung der Beschwerde. Diesem Zweck dient die Bestimmung, dass die Pflichtigen, die ihre Erklärung vorschriftsmässig abgegeben haben, sie vor der Kommission persönlich zu vertreten befugt sind (Art. 27, Abs. 1).

Innerhalb einer Frist von 14 Tagen, gerechnet vom Tage der Zustellung der Einschätzung oder des Beschwerdeentscheides, wird die festgesetzte Steuer fällig. Ihre Entrichtung geschieht generell in einer einzigen Zahlung, nur bei Steuerpflichtigen, deren gesamtes Steuerbetreffnis den Betrag von 200 Franken nicht übersteigt, ist die Regierung befugt, die Entrichtung in vier Quartalsraten zu gestatten (Art. 28). Eine wesentliche Abweichung von dieser grundsätzlichen Regelung der Entrichtungsform und -zeit greift indessen wie bisher gegenüber der Erwerbssteuer unselbständig Erwerbender Platz (Art. 29). Unter materieller Anlehnung an die im Finanzgesetz vom 31. Jänner 1921, Artikel 3, lit. c, getroffene Regelung wird die Erwerbssteuer der Gehalt- und Lohn-Empfänger durch Gehalt- bezw. Lohn-Abzug einbehalten. Im Gegensatz zu der bisherigen Übung wird kein fester Satz hierfür vorgeschlagen, sondern der Abzug wird mit der Hälfte des jeweilen geltenden Steuersatzes der Erwerbssteuer erhoben. Ausser dieser wichtigen Änderung wird formell eine Verbesserung durch die Bestimmung getroffen, dass der Arbeitgeber nunmehr verpflichtet ist, für den Betrag des gemachten Abzuges dem Arbeitnehmer Steuermarken in eine dem Arbeitnehmer von der Gemeindebehörde seines Wohn- oder Beschäftigungsortes ausgestellte Steuerkarte einzukleben (Art. 29, Absatz 2). Durch diese Regelung wird der Arbeitgeber aus der schwierigen Position des Steuerschuldners auch für den Gehalts- und Lohnabzug befreit, und gleichzeitig wird im Arbeitnehmer das Bewusstsein wachgehalten, dass er selbst, nicht der Arbeitgeber, in seiner Eigenschaft als Erwerbstätiger steuerpflichtig dem Fiskus gegenüber tritt. Es findet daher auch in keinem Falle, entgegen etwa Teilen der deutschen Ordnung des Lohnabzuges, eine Abgeltung der gesamten Steuer durch den Abzug statt. Vielmehr bleibt die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur vollen Steuerdeklaration im Rahmen seiner Familie bestehen, und der Betrag der Steuermarken gelangt nur als Anzahlung bezw. Überzahlung auf die nach dem üblichen Einschätzungsverfahren festgesetzte und geschuldete Steuersumme zur Anrechnung (Art. 29, Abs. 3).

Zu B: Die Vermögenssteuer

Steuerobjekt ist grundsätzlich das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen, des Steuerpflichtigen (Art. 30, Abs. 1). Es ist daher steuerpflichtig nicht nur Grund- und Haus- Vermögen, wie bei der alten Grundsteuer, und nicht nur das Geldkapitalvermögen, wie bei der progressiven Kapitalrentensteuer, sondern auch der Hausrat des Steuerpflichtigen und die zur Berufsausübung erforderlichen Geräte und Werkzeuge werden in das Vermögen einbezogen. Wenn hierbei dem Hausrat des Steuerpflichtigen, soferne sein Wert den Betrag von 600 Fr., den Geräten, soferne ihr Wert den Betrag von 1000 Fr. nicht überschreitet, Steuerfreiheit zuerkannt wird, so will der Gesetzgeber hiermit eine Überbelastung des Kleinbesitzes verhindern.

Die früher erwähnte Rücksicht auf grösste Einfachheit des Steuersystems, die auf einen besonderen Wasserzins und auf personale Erfassung der inländischen Kapitaleinlagen von im Ausland wohnenden Gesellschaftern und Kommanditären verzichten liess, machen nun ihren Einbau in die Vermögenssteuer notwendig. Das einfache Verbot, bei Ermittelung des Vermögens von offenen Handels- und Kommanditgesellschaften irgendwelche Anteile abzuziehen (Art. 30, Abs. 3), müsste aber zu einer Doppelbesteuerung der im Inland wohnenden Anteilseigner führen. Daher bestimmt Art. 30, Abs. 4, dass zwar diese Anteile auch bei der persönlichen Steuererklärung zu deklarieren und mit den übrigen Vermögensbestandteilen zusammenzurechnen sind, dass aber von dem auf diesem Gesamtvermögen berechneten Steuersoll derjenige Teil der von der Gesellschaft entrichteten Vermögenssteuer in Abzug gebracht wird, der dem Verhältnis des betreffenden Anteils zum gesamten Gesellschaftsvermögen entspricht.

Wie die im Inlande gelegenen Grundstücke ausländischer Eigentümer der inländischen Vermögenssteuer unterworfen sind, müssen umgekehrt die ausserhalb des Landes gelegenen Grundstücke inländischer Eigentümer steuerfrei bleiben, da vorauszusetzen ist, dass sie stets mit einer ausländischen Steuer belastet sind. Die gleiche Voraussetzung gilt hinsichtlich der ausserhalb des Landes angelegten Unternehmungskapitalien. Daher dürfen sowohl die im Ausland befindlichen Grundstücke wie die in eigenen ausländischen Geschäftsbetrieben angelegten Beträge von dem Vermögen in Abzug gebracht werden (Art. 31, lit. a und b). Damit diese Bestimmung nicht zu einer Umgehung der gesamten Steuerpflicht führt, wird jedoch von Unternehmungen mit Inlands- und Auslands-Betrieb ausdrücklich der Nachweis verlangt, dass der dem Auslandsbetrieb zugerechnete Vermögensanteil dem tatsächlichen Verhältnis des Auslandsbetriebes zu der gesamten Unternehmung entspricht.

Die Vermögenssteuer ist eine Steuer vom Reinvermögen. Daher sind vom gesamten Werte der Aktiven abzuziehen: die Schulden (Art. 32, Abs. 1). Auch hierbei ist eine Umgehung des Gesetzes zu verhindern; daher ausdrücklich festgesetzt ist, dass der mit Andern zusammen haftende Schuldner nur den auf ihn entfallenden Teil, der Teilhaber oder Kommanditär nur die Gesellschaftsschulden, für die er zivilrechtlich persönlich haftbar ist, der Eigentümer von Inlands- und Auslandsvermögen nur einen prozentualen Betrag in Abzug bringen darf (Art. 32, Absatz 1, Satz 2, Abs. 2 und 3).

Die Zulassung des Schuldenabzugs bedeutet gleichwohl für den Fiskus ein nicht unbeträchtliches Opfer; denn soweit diese Schulden nicht im Inlande kontrahiert sind und folglich als Vermögen des inländischen Gläubigers nicht erfasst werden, soweit verzichtet der Fiskus ganz auf die Besteuerung dieser Vermögensteile. Theoretisch wie praktisch liesse sich der Standpunkt vertreten, dass ebenso wie die Kapitalanlage ausländischer Teilhaber inländischer Handelsgesellschaften, so auch die Grund-Pfandforderungen ausländischer Gläubiger der Vermögenssteuer unterworfen sein sollten. In einer andern wirtschaftlichen Situation würde dieses Argument ganz ohne Zweifel zur Bestimmung führen, dass entweder Hypotheken ausländischer Gläubiger gleich Grundstücken im Eigentum von Ausländern zu behandeln sind, oder dass die inländischen Grundstücke, ohne Abzug der Hypothekenschulden, dem Vermögen des Schuldners zugerechnet werden und diesem Regress gegen den Gläubiger, auch wenn dieser seinen Wohnsitz im Auslande hat, zusteht. In der gegebenen wirtschaftlichen Situation jedoch, die gerade durch einen ungewöhnlich starken Kapitalbedarf gekennzeichnet ist, erscheint es wichtiger, Auslandskapital heranzuziehen, als um der lückenlosen Besteuerung willen das vor Allem zur Hilfeleistung in Betracht kommende Schweizer Kapital abzustossen, – selbst auf die Gefahr hin, dass der Fiskus sich durch das ihm zugemutete Opfer beschwert fühlt.

Praktisch am meisten ins Gewicht fällt der dritte der erlaubten Vermögensabzüge, der Sonderabzug auf landwirtschaftlichen Grundstücken (Art. 33). Soll der Ermittlung des steuerpflichtigen Vermögens grundsätzlich der Verkehrswert zugrunde gelegt werden, so ergäbe sich aus dieser Bewertungsvorschrift für einen Teil der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine schwer erträgliche Härte, dass sie, falls kein steuerlicher Ausgleich gefunden wird, den kleinbäuerlichen Steuerpflichtigen in einer mit zunehmendem Grundvermögen abnehmenden Stärke treffen, d.h. den wenigst Leistungsfähigen am höchsten belasten müsste. Dass der Kleinbauer beim Erwerb eines landwirtschaftlichen Gewerbes nicht in erster Linie nach der Verzinsung des als Kaufpreis investierten Kapitals frägt, sondern vor allem die Arbeitsstätte sucht, auf welcher er seine und seiner Familie Arbeitskraft besser als in landwirtschaftlicher Lohnarbeit verwerten kann, so ist erfahrungsgemäss der Verkehrswert kleiner Bauerngüter höher als deren Ertragswert. Dagegen pflegen sich beim mittleren bäuerlichen Besitz Ertragswert und Verkehrswert zu decken, und beim Grossbauerngut ist der Ertragswert meist höher als der Verkehrswert. Ziffernmässig sei dies belegt durch eine Statistik des Schweizer. Bauernsekretariates, nach der sich im Durchschnitt der Jahre 1901- 04 das Verhältnis des Ertragswertes zum Verkehrswerte folgendermassen stellte:

 

 

Verkehrswert
Fr.

Ertragswert
Fr.

Im Kleinbauernbetrieb

kamen auf je

100.-

63.86

Im kleinen Mittelbauernbetrieb

kamen auf je

100.-

95.75

Im Mittelbauernbetrieb

kamen auf je

100.-

109.17

Im grossen Mittelbauernbetrieb

kamen auf je

100.-

116.59

Im Grossbauernbetrieb

kamen auf je

100.-

125.50

Bei einfacher Zugrundelegung des Verkehrswertes würde folglich die Vermögenssteuer eine relative Überlastung des Kleinbauern zur Folge haben. Um die dadurch gegebene Ungleichmässigkeit der Besteuerung zu verhindern, ist der Sonderabzug auf landwirtschaftlichen Grundstücken tatsächlich unerlässlich. Der Entwurf setzt ihn im Anschluss an die vorstehende Statistik in einer mit wachsender Besitzgrösse abnehmenden Höhe fest, derart dass bei einem Verkehrswert aller von demselben Pflichtigen versteuerten Grundstücke in Höhe von nicht mehr als 3000 Franken 20 %, in Höhe von nicht mehr als 5000 Franken 15 %, in Höhe von nicht mehr als 10‘000 Franken 10 % des Verkehrswertes der Grundstücke in Abzug gebracht werden dürfen, soferne der steuerpflichtige Eigentümer seinen Wohnsitz im Lande hat. Diese Abzüge werden gewiss das Steueraufkommen beeinträchtigen: sollen sie es nicht ganz in Frage stellen, so ist Voraussetzung die richtige Erfassung des Verkehrswertes. Da erfahrungsgemäss die Einschätzungen späterer Jahre die Einschätzung des Vorjahres als Vergleichsmassstab, wenn nicht als Grundlage nehmen, so wird sehr viel davon abhängen, dass die erste Einschätzung in bedächtiger und kritischer Prüfung der Vermögensdeklaration geschieht.

Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Vermögens ist es selbstverständlich, dass, nach der besprochenen Zubilligung der Abzüge, bei Grundstücken und Viehware der Verkehrswert auch dann zu Grunde zu legen ist, wenn der Ertragswert kleiner sein sollte (Art. 34, Ziffer 1). In allen übrigen Punkten enthalten die Bewertungsgrundsätze nichts, was nicht längst im Geschäftsbetrieb des ordentlichen Wirtschafters in Geltung wäre. Sowohl die Vorschriften zur Bewertung der Wasserkräfte, wie die Bestimmungen über die Bewertung von Rohstoffen, Halbfabrikaten, Fabrikaten und Waren, sowohl die Grundsätze für die Wertberechnung der an einer Börse notierten Wertpapiere, wie die Richtlinien für Wertpapiere ohne Kursnotiz und die nicht verbrieften Rechte und Forderungen, sowohl die Bemessung der Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen (Leibrenten, Verpfründung, Wohnrecht u.s.w.), wie die Veranschlagung der Nutzniessungen und wie schliesslich die Anweisung zur Berechnung der Ansprüche aus Lebensversicherungen nach dem Rückkaufswerte: alle diese Bewertungsgrundsätze des Art. 34, Ziffer 2-8, machen zu Steuerrecht nur, was seit langem Wirtschaftsbrauch ist. Sie sind daher auch in ihrer Geltung nicht auf die Vermögensbewertung beschränkt, sondern finden sinngemässe Anwendung auf die Bewertung sowohl von Schulden als auch der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegender Objekte (Art. 59, Abs. 2).


 

Zu C: Die Erwerbssteuer

Steuerobjekt der Erwerbssteuer sind alle in Geld oder Geldeswert bestehenden, von der Vermögenssteuer nicht erfassten Bezüge. Es unterliegen der Steuer daher insbesondere die Einkünfte aus selbständiger Berufstätigkeit in Industrie, Gewerbe und Handel, sowie aus liberalen Berufen, ferner die Gehälter und Löhne, weiter die Spekulations- und Kapitalgewinne aller Art. schliesslich das Einkommen aus Bewirtschaftung gepachteter landwirtschaftlicher Grundstücke (Art. 35, Abs. 1). Die Einbeziehung der Kapitalgewinne aller Art in die Erwerbssteuer (Art. 35, Abs. 1, lit. d) gibt die Möglichkeit, auf die Ausbildung einer besonderen Wertzuwachssteuer und einer besonderen Vermögenszuwachssteuer zu verzichten; denn da alle bei Verkauf, Tausch oder anderweitiger Veräusserung von Liegenschaften, Wertpapieren oder andern Vermögensbestandteilen erzielten, nicht ausschliesslich eigener Arbeit oder eigener Kapitalaufwendung verdankten Mehrerlöse über den Ankaufs- oder Übernahmepreis zur Erwerbssteuer herangezogen werden, so sind praktisch alle die Objekte erfasst, die in andern Staaten der Sondersteuer unterworfen sind. Die Heranziehung des Pächter-Einkommens (Art. 35, Abs. 2, lit. a) ist notwendig, um eine Benachteiligung des Gewerbetreibenden zu verhindern; denn der Gewerbetreibende hat die Erwerbssteuer auch dann zu entrichten, wenn er sein Gewerbe nicht in eigenen, sondern in gemieteten Räumlichkeiten betreibt. Die Bestimmung, dass der landwirtschaftliche Erwerb auf eigenen, land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, auf welchen der Erwerbende die Vermögenssteuer entrichtet hat, der Erwerbssteuer nicht unterliegt (Art. 36, lit. 2), kann nicht einfach übertragen werden auf den Erwerb durch Bewirtschaftung gepachteter Grundstücke.

Die Gleichstellung der Naturalbezüge jeglicher Art mit den - Geldbezügen (Art. 35, Abs. 1, Satz 2) sichert die steuerliche Erfassung der Einkünfte derjenigen Gehalts- und Lohn-Empfänger, die Gehalt und Lohn oder Teile von Beidem in Wohnung, Verpflegung und dergl. empfangen (Hausangestellte und s. f.). Die ausdrückliche Unterstellung der auf Grund eines früheren Amts- oder Dienstverhältnisses einem Steuerpflichtigen zufliessenden Pensionen oder Leibrenten unter die Erwerbssteuer (Art. 35, Abs. 2) ist dadurch bedingt, dass diese Bezüge, im Gegensatz zu sonstigen Renten, nicht der Vermögenssteuer unterworfen werden (Art. 34, Ziffer 6). Diese Regelung empfiehlt sich deshalb, weil es sich hierbei um Nachbezüge aus der früheren Tätigkeit handelt, die meist weder übertragbar noch kapitalisierbar sind. Die Erwerbseinkünfte von offenen Handels- und Kommanditgesellschaften, sowie von Teilhabern solcher Gesellschaften und von Kommanditären werden nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Vermögenssteuer behandelt (Art. 35, Abs. 3). Es dürfen demgemäss keinerlei Gewinnanteile, sei es inländischer, sei es ausländischer Gesellschafter vom steuerpflichtigen Erwerb der Gesellschaften abgezogen werden, während andererseits auf die Erwerbssteuer der Gesellschafter der von der Gesellschaft entrichtete Betrag prozentual zur Anrechnung gelangt. Von der Erwerbssteuer ausdrücklich ausgenommen (Art. 36) ist, ausser den bereits behandelten land- und forstwirtschaftlichen Einkünften aus der Bewirtschaftung eigener Grundstücke, der Erwerb in Gestalt von Erbschaften, Vermächtnissen, Schenkungen, Ausstattungen oder Aussteuer (Art. 36, lit. c), also einmalige Vermögensanfälle, die der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegen; ferner die Zuwächse aus Kapitalempfängen auf Grund von Lebens-, Unfall- und sonstigen Kapitalversicherungen (Art. 36, lit. d), also Objekte, die fortlaufend der Vermögenssteuer (Art. 34, Ziffer 8) unterliegen; endlich die Bezüge aus einer Krankenversicherung (Art. 36, lit. f), oder aus öffentlichen Mitteln (Art. 36, lit. g) oder aus einer Kapitalabfindung, die als Entschädigung für durch Unfall oder Krankheit herbeigeführte Minderung bezw. Zerstörung der Erwerbsfähigkeit bezahlt wird (Art. 36, lit. c), alles drei Bezüge, die weniger einen Erwerb denn einen Kostenersatz darstellen und Bezüge, die fällig werden infolge der nicht mehr bestehenden oder geminderten Erwerbsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Die Freilassung des in eigenen geschäftlichen Betrieben im Auslande erzielten Erwerbes (Art. 36, lit. b) entspricht der oben besprochenen Regelung der Vermögenssteuer (Art. 31, lit. d), wobei auch hier dem steuerpflichtigen Eigentümer in- und ausländischer Betriebe die Beweislast dafür obliegt, dass der von ihm in Abrechnung gebrachte Betrag dem wirklichen Verhältnis des Auslandsgewinnes zum Ertrag der gesamten Unternehmung entspricht.

Abzüge von dem der Besteuerung unterworfenen Erwerb sind zulässig für Beiträge, welche der Steuerpflichtige für die Angehörigen der von ihm vertretenen Wirtschaftseinheit als Lebens-, Unfalls- oder Krankenversicherungsprämien sowie an Witwen- und Waisenkassen leistet bis zu einem Maximum von 10 % des gesamten Erwerbes, höchstens aber jährlich Fr. 400.-. (Art. 37, Ziffer 3, lit. a), eine Begrenzung, durch welche eine Umgehung der Steuer vermieden wird, die aber in ihrem absoluten Betrage den Verhältnissen des Landes entspricht; ferner gesetzlich erzwungenen oder frei vereinbarten Beiträge der gleichen Art, die der Steuerpflichtige, ohne Abzug an Gehalt oder Lohn, für die von ihm beschäftigten Personen entrichtet (Artikel 37, Ziffer 3, lit. b)

Zu diesen allgemeinen Abzügen treten für die selbständig Erwerbenden als erlaubte Abzüge noch: 1. die Gewinnungskosten, unter Ausschluss der Haushalts- und Unterhaltskosten (Art. 37, Ziff. 1, lit. a), sowie die nachgewiesenen Geschäftsverluste des für die Ermittlung des Erwerbes massgebenden Geschäftsjahres (Art. 37, Ziff. 1, lit. 6), Abzüge, die durch den Willen begründet sind, das Reineinkommen, nicht das Roheinkommen der Besteuerung zu unterwerfen; 2. ein Betrag von 5 % des im eigenen oder Gesellschaftsbetriebe arbeitenden eigenen, zur Vermögenssteuer herangezogenen Kapitals (Art. 37, Ziff. 1, lit. d), ein Abzug in der Höhe der normalen Kapitalrente, der notwendig ist, soll nicht anders das Nebeneinander einer Vermögens- und einer Erwerbssteuer zu einer wirtschaftlich durch nichts zu rechtfertigenden Doppelbelastung des aktiven Unternehmungskapitals führen; 3. Abschreibungen auf Liegenschaften, Maschinen, Rohstoffvorräten, Warenlagern und anderen Geschäftsaktiven, maximal bis zur Höhe der wirklich eingetretenen Wertminderungen (Art. 37, Ziff. 1, lit. c), ein Abzug, der dem üblichen Verfahren bei Aufstellung der Steuerbilanz entspricht.

Die Abzüge der nicht selbständig Erwerbenden, bei denen einerseits eine kaufmännische Buchführung nicht in gleicher Weise vorausgesetzt werden kann, und bei denen anderseits das Einkommen der Steuerverwaltung restlos offenliegt, ohne dass die Möglichkeit der vorherigen Absehung von Unkosten- und ähnlichen Beträgen bestände, werden, abgesehen von den zur Verzinsung von Schulden erforderlichen und also gleichfalls abzugsfähigen Beträgen (Art. 37, Ziff. 2, lit. b), zweckmässig durch ein Fixum abgegolten. Die Begrenzung dieser Abzüge, die mit 10 % der ausgewiesenen fixen Bezüge von Beamten, Angestellten, Bediensteten, Arbeitern u.s.w. normiert sind, auf einen Maximalbetrag von 300 Franken (Art. 37, Ziff. 2 lit. a) gründet sich auf die Erwägung, dass mit steigendem Einkommen die Werbungsunkosten nicht in gleichem Masse wachsen, und dass ferner bei einer Einkommensgrenze, die hier mit 3000 Franken angenommen ist, der über das Existenzminimum hinausgehende Einkommensteil progressiv zunimmt und die Notwendigkeit der weiteren Steigerung der Abzüge beseitigt.

Zu D: Die Steuerberechnung

Grundlagen der Steuerberechnung sind: 1. das steuerbare Vermögen und der steuerbare Erwerb und 2. die für das Steuerjahr festgesetzten Steuersätze (Art. 38, Abs. 1). Die Ermittlung des steuerbaren Vermögens- und Erwerbes ist durch die zuletzt behandelten Sektionen B und C (Art. 30 – 34, bezw. Art. 35 – 37) geregelt. Der Steuersatz wird gleichzeitig mit der Verabschiedung des Voranschlages (Staatsgesetz) auf einen Bruchteil oder ein Vielfaches der im Steuergesetz bestimmten Steuereinheiten fixiert (Art. 39 und 40).

Die gesetzliche Steuereinheit der Vermögenssteuer beträgt 1 ½ vom Tausend, die Steuereinheit der Erwerbssteuer 3 vom Hundert. 1 ½ Promille Vermögenssteuer bedeutet bei einem Vermögen von: 1000 Franken ein Steuerbetreffnis von 1 ½ Franken
2000 Franken ein Steuerbetreffnis von 3 Franken

Andererseits beträgt der Ertrag eines Vermögens von:
1000 Franken zu 5 % 50 Franken
2000 Franken zu 5 % 100 Franken

Das Steuerbetreffnis in Beziehung gesetzt zum Vermögensertrag ergibt eine Belastung von 1 ½ auf 50 = 3 auf 100 = 3 %. Mithin ist eine Vermögenssteuer von 1 ½ vom Tausend (1 ½ Promille) gleichbedeutend mit einer Steuer von 3 vom Hundert (3 %) aus den Vermögensertrag. Mit andern Worten: Eine Vermögenssteuer von 1 ½ Promille belegt den Vermögensertrag mit dem gleichen Steuersatz von 3 %, mit dem die Erwerbssteuer den Erwerb belastet.

Um diese Gleichheit der Belastung festzuhalten, ist es notwendig, dass der jeweilige Steuersatz bei beiden Steuern den gleichen Bruchteil oder das gleiche Vielfache der im Gesetz zu Grunde gelegten Steuereinheiten beträgt (Art. 40, Abs. 1), also z.B. 3 Promille Vermögenssteuer gleichzeitig mit Erwerbssteuer oder Vermögenssteuer mit 1 ½ % Erwerbssteuer. Die Veränderlichkeit der Sätze ist geboten, weil erfahrungsgemäss die Ausgaben jährlich schwanken und die Möglichkeit gegeben sein sollte, mit den Einnahmen der Kurve der Ausgaben zu folgen. Sind die gesetzlich festgelegten Ziffern nicht Steuereinheit, sondern selbst schon Steuersatz, so ergibt sich bei jedem stark veränderten Budget die Notwendigkeit einer Novelle zum Steuergesetz. Die gesetzliche Fixierung der Steuereinheit dagegen und die Übertragung der Funktion der Bestimmung von Bruchteil bezw. Vielfachen der Steuereinheit an den Landtag (Art. 40) öffnet den Weg der verhältnismässig einfachen, etatsgesetzlichen Regelung, und bringt in den gesamten Finanzhaushalt des Landes ein bewegliches Element. Macht der Landtag aus seinem Rechte sorgfältiger Prüfung aller Ausgaben bei der Budgetberatung, sowie aus dem ihm nun zustehenden Rechte, Jahr für Jahr die Steuersätze dem Bedarf entsprechend anzusetzen, rationellen Gebrauch, dann werden inskünftig Defizite im ordentlichen Budget nicht mehr eintreten können.

Der Tatsache, dass die Steuerbelastung tief in das gesamte Leben eingreift und leicht Anlass zu metafinanziellen, politischen Konflikten werden kann, wird dadurch Rechnung getragen, dass in einem Fall das Volk selbst an der Normierung des Steuersatzes beteiligt wird: jede Erhöhung der Steuersätze auf mehr als das Anderthalbfache der Sätze des letztvergangenen Jahres unterliegt der Volksabstimmung (Art. 40, Abs. 2).

Bei einem Nebeneinander von Vermögens- und Erwerbssteuer ist innerhalb der einzelnen Steuern eine Progression vernünftiger Weise nicht angängig, soll nicht anders die Gleichmässigkeit der Besteuerung überhaupt und die gleiche Belastung von Vermögens- und Erwerbsertrag insbesondere durchbrochen werden. Eine Progression innerhalb der Erwerbssteuer etwa würde dazu führen, dass beispielsweise ein Steuerpflichtiger mit einem Erwerbseinkommen von 9000 Franken nicht nur absolut, sondern auch relativ höher belastet wird als ein Anderer mit 6000 Franken, selbst wenn dieser Letztere ein Vermögen von 60‘000 Franken besitzt, jener vermögenslos ist. Will man dem dadurch begegnen, dass innerhalb der Erwerbssteuer verschiedene Klassen nach der Höhe des Vermögens gebildet werden und innerhalb dieser Klassen eine verschiedene Belastung und Progression stattfindet, sowie dadurch, dass innerhalb der Vermögenssteuer eine entsprechende Regelung Platz greift, so ergibt sich eine unerträgliche Kasuistik der Gesetzgebung und eine, obschon kleinere Ungleichmässigkeit der Belastung lässt sich dennoch nicht hintanhalten. Daher gestaltet der Entwurf die Steuersätze der Vermögenssteuer mit 1 ½ Promille, der Erwerbssteuer mir 3 % zunächst nicht progressiv, sondern als proportionale Steuersätze, sieht aber eine Zusammenrechnung der Steuerbetreffnisse beider Steuern vor (Art. 41), und führt alsdann durch Abzüge von bezw. Zuschläge zu dieser Summe eine Progression der Belastung herbei.

Die Progression wird zunächst nach der sogenannten Bentham'schen Methode durch Abzug eines steten Betrages, hier in Höhe von 9 Franken, von jedem Steuerbetreffnis herbeigeführt. Wir erläutern dies durch eine Tabelle, die noch nicht die tatsächliche Steuerbelastung, sondern nur den Steuerbetrag, bei Berücksichtigung keines andern der gesetzlichen Abzüge als allein des Fixums von 9 Franken wiedergibt. Dabei wird vorausgesetzt, dass der Steuersatz der gesetzlichen Steuereinheit von 1 ½ Promille bezw. 3 % entspricht.

 

Tabelle I.

I. Vermögen
(in Franken)

II. Steuer bei einem Steuer-satz von 1 ½ ‰ (in Franken)

III. Steuer
(nach Abzug von 9 Frkn.)

IV. Vermögens-
Ertrag à 5 %
(in Franken)

V.
Belastung
In % des Ertrages

6000

-

-

300

-

7000

10.5

1.5

350

0.43

8000

12

3

400

0.75

9000

13.5

4.5

450

1.-

10000

15

6

500

1.2

12000

18

9

600

1.5

15000

22.5

13.5

750

1.8

20000

30

21

1000

2.1

30000

45

36

1500

2.4

40000

60

51

2000

2.55

50000

90

81

3000

2.7

75000

112.5

103.5

3750

2.76

100000

150

141

5000

2.22

150000

225

216

7500

2.88

300000

450

441

15000

2.94

500000

750

741

25000

2.96

1000000

1500

1491

50000

2.98


Die Tabelle ist aus sich verständlich. Spalte I gibt das präsumierte steuerbare Vermögen, II den bei einem Steuersatz von 1 ½ % sich ergebenden Steuerbetrag, III diesen Betrag nach Abzug der 9 Franken, IV berechnet den zu 5 % angenommenen Ertrag des Vermögens, V beziffert in Prozenten die Steuerbelastung, d.h. das Verhältnis des verminderten Steuerbetrags zum Vermögensertrag. Die gleiche Tabelle mit den gleichen Ziffern zeigt, bei Weglassung der Spalte I und bei Veränderung des Kopfes der andern Spalten, die Progression der Erwerbssteuer an. Spalte IV, die am Anfang zu denken ist, bezeichnet dann den Präsumierten steuerbaren Erwerb, Spalte II den Steuerbetrag bei einem Steuersatz von 3 %, Spalte III diesen Betrag nach Abzug der 9 Franken, Spalte V die Steuerbelastung, d.i. das prozentuale Verhältnis des verminderten Steuerbetrages zum Erwerbsertrag.

Zweierlei ist das Ergebnis dieser durch einen festen Abzug herbeigeführten Progression: 1. Der prozentuale Steuersatz, in diesem Fall von 3 % des Vermögensertrages oder des Erwerbes, kann infolge des Abzugs von Fr. 9.- selbst bei den grössten Einkünften niemals in voller Höhe zur Steuerbelastung werden, eine 3 % ige Belastung wird nie erreicht (das theoretisch erreichbare Maximum ist 2.99...). 2. Die Belastungskurve bietet nicht eigentlich das Bild einer Progression, vielmehr das einer Regression, mit zunächst langsamem, dann zunehmend schnellerem Abstieg, was in der Wirkung einer starken Entlastung der kleinen Vermögens- und Erwerbs-Einkünfte gleichkommt.

Dieses Bild verändert sich, so sehr auch die Steuererträge sich verändern, wenn als Steuersatz an Stelle der gesetzlichen Steuereinheiten deren Bruchteil oder Vielfaches zu Grunde gelegt wird, nicht im Geringsten, da auch die Abzüge im gleichen Verhältnisse eine Ermässigung oder eine Erhöhung erfahren (Art. 44). Wir belegen dies, unter Wiederholung der Tabelle, bei nunmehriger Annahme von Steuersätzen in doppelter Höhe der gesetzlichen Steuereinheit, also eines Vermögenssteuersatzes  von 3 Promille und eines Erwerbssteuersatzes von 6 %.

Tabelle 2

I. Vermögen
(in Franken)

II. Steuer
bei einem Satz
von 3 ‰
(in Franken)

III. Steuer
nach Abzug v.
18 Fr.
(in Franken)

IV. Vermögens-
ertrag z. 5 %
(in Franken)

V. Belastung
in %
des Ertrages

6000

18

-

300

-

7000

21

3

350

0.86

8000

24

6

400

1.5

9000

27

9

450

2

10000

30

12

500

2.4

12000

36

18

600

3

15000

45

27

750

3.6

20000

60

42

1000

4.2

30000

90

72

1500

4.4

40000

120

102

2000

5.1

60000

180

162

3000

5.4

75000

225

207

3750

5.52

100000

300

282

5000

5.64

150000

450

432

7500

5.76

300000

900

882

15000

5.88

500000

1500

1482

25000

5.93

1000000

3000

2982

50000

5.96


Das Ergebnis ist: werden Steuersatz und fester Abzug zu gleichen Bruchteilen oder zu gleichen Vielfachen der Steuereinheit erhoben, so macht auch die Belastung das gleiche Vielfache der normalen Belastung aus. Die Kurve der Regression bleibt unverändert.

Fände kein weiterer Abzug statt, so würde die Tatsache des Hinfalles der Steuer bei 6000 Franken Vermögen bedeuten (vergl. Tabelle 1 und 2), dass ein Vermögen von 6000 Franken bezw. ein Erwerb von 300 Franken als Existenzminimum anerkannt ist und von der Steuer frei bleibt. Schon früher aber wurde betont, dass das Bestehen weiterer Abzüge und Zuschläge die tatsächliche Steuerbelastung von den bisher errechneten Ziffern noch erheblich entfernt. Die Bestimmung, dass Steuerfreiheit eintritt, wenn die Summe beider Steuerbetreffnisse infolge der Abzüge aus sechs Franken oder weniger sich vermindert (Artikel 42, Abf. 4), bringt allein schon eine generelle Heraufsetzung des Existenzminimums auf 10‘000 Franken Vermögen bezw. 500 Franken Erwerb (Tabelle 1). Im Falle der Steuererhebung mit dem Doppelten der gesetzlichen Steuereinheiten (Tabelle 2) träte infolge der erwähnten Verdoppelung auch der Abzüge die Steuerfreiheit bei einer Minderung des Steuerbetreffnisses auf zwölf Franken ein, mithin wäre das gleiche Existenzminimum freigesetzt, woraus sich ergibt: bei wechselndem Steuersatz besteht bleibende Steuerfreiheit für ein Existenzminimum von 6000 Franken Vermögen bezw. 500 Franken Erwerb, oder kürzer, wenn auch weniger exakt im Sinne des Gesetzes: ein Einkommen von 500 Franken ist steuerfreies Existenzminimum.

Zu dem allgemeinen Abzug von 9 Franken treten für verheiratete, verwitwete und geschiedene Steuerpflichtige, deren Steuerbetreffnisse zusammen einen Betrag von einhundert Franken nicht überschreiten, weitere Abzüge in Höhe von drei Franken für jedes in ihrem Haushalt lebende oder von ihnen unterhaltene Kind. Dieser Abzug macht die Ausbildung einer besonderen Junggesellensteuer überflüssig, da er praktisch eine höhere Belastung des Junggesellen als des Familienvaters zur Folge hat. Das Recht zu diesem Abzug ist begrenzt auf ein Steuerbetreffnis von 100 Franken, da seine Notwendigkeit nicht etwa durch die bevölkerungspolitische Tendenz des 19. Jahrhunderts, die zur Erzeugung einer möglichst grossen Kinderzahl anzuregen suchte, sondern durch den ökonomischen Tatbestand gegeben ist, dass bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze der gesamte Haushalt durch das Vorhandensein von Kindern wesentlich bestimmt und belastet ist, darüber hinaus indessen die Kinderzahl nicht mehr ins Gewicht fällt. Wenn jemand beispielsweise ein Einkommen von 20‘000 Franken besitzt, so macht es keinen nennenswerten Unterschied mehr, ob er 2, 3 oder 4 Kinder aufzieht, und es ist kein ökonomischer Grund vorhanden, ihn steuerrechtlich zu begünstigen. Ganz anders bei den weniger Begüterten. Das Gesetz zieht die Grenze, bis zu welcher eine steuerliche Berücksichtigung der Kinderzahl stattfindet, bei einem Steuerbetreffnis von 100 Franken, d. h. bei einem Vermögen von rund 75‘000 Franken (genau 72‘666.66 Franken) oder bei einem Erwerb von rund 3600 Franken (genau 3633.33 Fr.).

Den Kindern gleichgestellt sind Unterstützungsbedürftige, für die das gesetzlich zu ihrem Unterhalt verpflichtete Steuersubjekt den gleichen Betrag bis zur gleichen Grenze als Abzug beanspruchen kann.

Durch die Summe dieser Abzüge stellt sich das Existenzminimum folgendermassen:

Tabelle 3

Steuerfreies Existenzminimum des

Einkommen in Franken

Unverheirateten oder in kinderloser Ehe Lebenden

auf Fr. 500.-

Verheirateten mit 1 Kind

auf Fr. 600.-

Verheirateten mit 2 Kindern

auf Fr. 700.-

Verheirateten mit 3 Kindern

auf Fr. 800.-

Verheirateten mit 4 Kindern

auf Fr. 900.-

Verheirateten mit 5 Kindern

auf Fr. 1000.-

 

Dieses steuerfreie Existenzminimum erfährt bei nicht selbstständig Erwerbenden (Beamte, Angestellte, Arbeiter) mit fixen Bezügen an Gehalt oder Lohn eine weitere Erhöhung infolge der Bestimmung (Art. 37, Ziff. 3, lit. a), dass 10 % der fixen Bezüge, höchstens aber Fr. 300 im Jahre, vom steuerbaren Erwerb abgezogen werden dürfen.

Durch die Gesamtheit der nun besprochenen Abzüge nimmt die Kurve der Degression bei einem (nach Abzug von 9 Franken bestehenden) Steuerbetreffnis von 100 Franken und darunter, d. h. bei einem Einkommen von nicht mehr als ca. 3600 Fr. einen verhältnismässig steilen Winkel an. Ist bis zu dieser Grenze die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen als derart schutzbedürftig zu präsumieren, dass eine verstärkte Berücksichtigung seiner Familienverhältnisse notwendig erscheint, so kann umgekehrt bei Überschreitung dieser Grenze der sehr langsame Anstieg der Belastungskurve bis nahe an 3 % nicht als wirksame Ausnutzung der sehr viel stärker wachsenden Steuerkraft gelten. Art. 43 setzt daher für die Steuerbetreffnisse, die nach Abzug von 3 Franken den Betrag von 100 Franken übersteigen, einen Zuschlag fest, der in Höhe von 100 % von dem 100 Franken übersteigenden Teile des Steuerbetreffnisses zu berechnen ist. Die Wirkung dieses Zuschlags erläutert die folgende Tabelle.

Tabelle 4

I. Einkommen
in Franken

II. Steuer
bei einem Satz von 5%

III. Steuer
nach Abzug von 9 Franken

IV. Zuschlag
in Höhe des 100 Fr. über-steig. Teiles

V. Tatsächl. Steuer
in Franken

VI. Steuerlast
in % des Einkommens

3750

112.5

103.5

3.5

107

2.85

4000

120

111

11

122

3.05

5000

150

141

41

182

3.64

6000

180

171

71

242

4.03

7500

225

216

116

332

4.43

10000

300

291

191

482

4.82

12000

360

351

251

602

5.02

15000

450

441

341

782

5.21

20000

600

591

491

1082

5.41

1000000

3000

2991

2891

5882

5.88

 

Spalte I ist „Einkommen" überschrieben, wodurch daran erinnert wird, dass es sich stets um die Summe der Bezüge aus Vermögensertrag und aus Arbeitserwerb handelt. Da der Steuersatz von 1 ½ Promille des Vermögens bei einem mit 5 % angenommenen Vermögensertrag einer Belastung dieses Ertrages mit 3 % gleichkommt, so sind die Spalten II – IV gültig, einerlei ob beispielsweise die in Spalte I genannte Summe von 6000 Franken ein reines Erwerbseinkommen, etwa ein Gehalt in dieser Höhe darstellt, oder ob sie den zu 5 % angesetzten Ertrag eines Vermögens von 120‘000 Franken bedeutet, oder ob sie aus 40‘000 Franken Vermögenssteuerobjekt (Ertrag zu 5 %: 2000 Franken) und einem Erwerbseinkommen von 4000 Fr. sich zusammensetzt.

Werden Vermögens- und Erwerbssteuer mit dem Doppelten der gesetzlichen Steuereinheit, also mit 3 Promille bezw. 6 % erhoben, so ändert sich, wie früher die Abzüge, so nun der Grenzbetrag nach gleichem Verhältnis, die Grenze rückt mithin auf den Betrag von 200 Franken und die Tabelle erhält folgendes Aussehen.

Tabelle 5

I. Einkommen
in Franken

II. Steuersatz
von 6 %

III. Steuer
nach Abzug von 18 Franken

IV. Zuschlag
in Höhe des 200 Fr. über-steig. Teiles

V. Tatsächl.
Steuer
in Franken

VI. Steuerlast
in % des Einkomm.

3750

225

207

7

214

5.7

4000

240

222

22

244

6.1

5000

300

282

82

364

7.28

6000

360

342

142

484

8.07

7500

450

432

232

664

8.85

10000

600

582

382

964

9.64

12000

720

702

502

1204

10.03

15000

900

882

682

1564

10.43

20000

1200

1182

982

2164

10.82

100000

6000

5982

5782

11764

11.76

 

Das – theoretisch nie ganz erreichbare – Maximum der gesamten Steuerlast aus Vermögens- und Erwerbssteuern beträgt also im Normalfall, wie wir den Fall der Annahme der gesetzlichen Steuereinheiten als Steuersätze nennen wollen: 6 % (vergl. Tabelle 4). Und selbst bei Erhöhung der Steuersätze auf das Doppelte der gesetzlichen Steuereinheiten nähert sich das Maximum erst 12 %, einer Belastung, deren Geringfügigkeit schon früher durch den Hinweis auf die Staaten belegt war, in welchen die Progression mit einem Satz von 10 % beginnt, sowie durch den Hinweis auf die Schweiz, wo aus dem Nebeneinander einer für die Dauer von zumindest fünfzehn Jahren Vermögen und Erwerb belastenden Bundessteuer, kantonaler und kommunaler Besteuerung eine Belastung in der Höhe von 10 % des Einkommens sich schon bei mittleren Einkommen ergibt und bei grösseren Einkommen sehr erheblich überschritten wird.

Abschliessend sei, nachdem die Tabellen bisher dazu dienten, den Weg der Steuerberechnung und die Wirkung der Abzüge und Zuschläge zu verdeutlichen, noch darauf hingewiesen, dass sie in ihrer Gesamtheit geeignet sind, ein Bild der tatsächlichen Steuerbelastung zu entwerfen. Und zwar enthält Tabelle 1 bis zur Einkommensziffer von 3000 Franken das tatsächliche Steuersoll des unverheirateten Steuerpflichtigen, Tabelle 4 schliesst sich daran unmittelbar an, beginnend mit einem Einkommen von 3750 Franken, sie gilt jedoch für alle Steuerpflichtigen ohne Rücksicht auf den Familienstand. Beide Tabellen geben den Steuerbetrag bei einer Belastung mit Steuersätzen in der Höhe der gesetzlichen Steuereinheiten von 1 ½ Promille bezw. 3 % wieder ohne Berücksichtigung des für Fixbesoldete und Arbeiter zugelassenen Abzuges von 10 % der fixen Bezüge bis zu Fr. 300. Das Steuersoll der gleichen Kategorien bei einer Verdoppelung der Steuersätze ist den Tabellen 2 und 5 zu entnehmen. Tabelle 3 schliesslich enthält das Existenzminimum bei verschiedener Kinderzahl. Eine Tabelle für das Steuersoll für Familien mit Kindern gesondert aufzustellen, erübrigte sich, da bei Minderung der Einkommensziffer um einen, dem Abzug von 3 Franken entsprechenden Betrag von 100 Franken für jedes minderjährige Kind die Tabellen 1 bezw. 2 ohne Schwierigkeit das Steuersoll des Familienvaters abnehmen lassen.

Zu E: Pauschalierungen

Die gegenwärtige Armut des Landes und der Wunsch, für die Bevölkerung vermehrte Erwerbsgelegenheit ins Land zu ziehen, regen dazu an, kapitalkräftigen Unternehmungen des Auslandes, die im Inlande einen Geschäftsbetrieb besitzen oder errichten, bei der Steuerberechnung dadurch entgegenzukommen, dass an Stelle von Deklarationen und Einschätzung der Vermögens- und Erwerbssteuer eine pauschalierte, nach objektiven Betriebsmerkmalen berechnete Gewerbesteuer, im allgemeinen für die Zeit von drei Jahren, vereinbart werden kann (Art. 45). Die gleiche Vergünstigung soll in Gestalt des (einem lang bewährten Verfahren des Kantons Genf nachgebildeten) Rentnerpauschale auf Antrag den Personen zuteil werden, welche ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit vom Ertrag ihres Vermögens, von Renten oder von sonstigen ihnen aus dem Auslande zufliessenden Bezügen im Fürstentum leben (Art. 46). Vorbehalten bleibt in beiden Fällen die Entrichtung der Vermögenssteuer vom inländischen Grundeigentum, dazu im ersten Fall noch die Vermögenssteuer von den benutzten inländischen Wasserkräften.

Das Rentnerpauschale wird bemessen nach dem Aufwand, der als das Achtfache des Mietswerts bezw. Mietzinses oder als das Doppelte des für den Steuerzahler und seine Angehörigen bezahlten Pensionspreises errechnet und mit dem jeweiligen Steuersatz der Erwerbssteuer belastet wird. Obgleich das Steuerbetreffnis mindestens Fr. 100.- betragen soll, und obwohl dazu noch das etwaige Betreffnis einer Steuer vom Grundeigentum tritt, und keine Abzüge gestattet sind, wird das Ergebnis der Pauschalierung in den meisten Fällen eine Entlastung des Steuerpflichtigen sein. Es ist dies jedoch ein Ergebnis, das der Fiskus nicht nur aus den eingangs erwähnten Gründen zulassen, ja fördern darf, sondern dem er auch deshalb umso unbedenklicher zustimmen kann, als bei der Erbschaftssteuer keine Erleichterung stattfindet und er daher beim Erbübergang das bis dahin geschonte Vermögen in voller Höhe zu erfassen vermag.

Zu Abschnitt II: Die Erbschafts- und Schenkungssteuer

Die Erhebung einer Erbschaftssteuer ist prinzipiell auf zwei verschiedenen Wegen möglich: 1. durch Besteuerung der Erbmasse, des Nachlasses und 2. durch Besteuerung des auf den einzelnen Erben entfallenden Teiles, des Erbanfalls. Eine Besteuerung der Erbmasse hat den Vorteil, dass sie die Gesamtheit des zur Vererbung gelangenden Vermögens erfassen kann, wodurch einmal eine schlüssige Nachprüfung der gesamten bisherigen Deklarationen des Erblassers möglich wird, zum andern durch Erhebung progressiver Sätze eine Besteuerung der grossen Vermögen in einem Grade möglich scheint, der dem allgemeinen sozialen Empfinden der Zeit entspricht. Prüft man aber genauer die wirtschaftliche Bedeutung und soziale Wirkung einer progressiven Nachlasssteuer, die also eine Erbmasse von 100‘000 Franken auch relativ sehr viel stärker heranziehen müsste, als einen Nachlass von 50‘000 Franken, diesen wieder sehr viel stärker als einen Nachlass von 20‘000 Franken, so ergibt sich ein völliges Ungenügen des Kriteriums der Grösse der Erbmasse.

Wenn nach Ableben des Vaters jedes seiner fünf Kinder einen Betrag von Fr. 10‘000 erbt, so ist jedes dieser Kinder, deshalb weil sein Erbteil bisher Bestandteil eines Gesamtvermögens von Fr. 50’000 gewesen ist, gewiss steuerlich nicht leistungsfähiger als der einzige Sohn eines Vaters, der seinem Sohn ungeteilt ein Vermögen von Fr. 10’000 hinterlässt. Eine progressive Nachlasssteuer wirkt als relativ härtere Belastung kinderreicher Erblasser und ist daher nur bei ganz mässigen Progressionen erträglich, dann aber weder steuerlich ergiebig noch theoretisch befriedigend, da sie die grössere steuerliche Leistungsfähigkeit, wie sie durch einen grösseren Erbanfall tatsächlich gegeben ist, gänzlich ausser Betracht lässt.

Andererseits der zweite Weg, die Besteuerung des Erbanfalls, ist für sich allein ebensowenig befriedigend. Nur bei einer Besteuerung des Nachlasses selbst besteht einige Sicherheit, dass kein Vermögensbestandteil dem Auge des Fiskus entzogen wird, eine Sicherung, deren er umsomehr bedarf, als die Inventarisation des Nachlasses (Art. 60) nicht nur Wahrheitsbürge der früheren Deklarationen, sondern auch Mittel der nunmehrigen vollen Erfassung der gesamten Vermögensmasse ist. Dazu kommt, dass die Erbanfallsteuer die Funktionen der Nachlasssteuer gar nicht ausfüllen kann. Die Erbanfallsteuer ruht auf dem neuen Vermögenszugang des Pflichtigen, sie weist ihrer Natur nach in die Zukunft, die Nachlasssteuer dagegen weist nach rückwärts als abschliessende steuerliche Heranziehung des vom Erblasser genutzten Vermögens.

Theoretisch wie praktisch ergibt sich aus diesen Erwägungen als einzig befriedigende Lösung die Verbindung von Nachlass- und Erbanfallsteuer. Diese Lösung macht sich auch der vorliegende Entwurf zu eigen und entwickelt a) eine Nachlasssteuer, b) eine Erbanfallsteuer, dazu, als Besteuerung der Vermögensübertragung unter Lebenden fachlich zugehörig und zur Verhinderung allzu leichter Umgehungen der Erbschaftssteuer unerlässlich notwendig: c) eine Schenkungssteuer (Art. 47).

Die Schenkungssteuer bedarf keiner besonderen Erläuterung, da sie sachlich wie der juristischen Konstruktion nach der Erbanfallssteuer nachgebildet ist. Dagegen sind Nachlass- und Erbanfallsteuer nicht nur ihres finanziellen Ertrages wegen, sondern vor allem als das systematische Schlussglied der Vermögensbesteuerung von besonderer Bedeutung. Steuerpflichtig sind in beiden Fällen, für die im Lande fällig gewordene Hinterlassenschaft wie für den im Lande sich vollziehenden Erwerb von Todeswegen die Erben, die vor Verteilung der Erbschaft die geschuldete Steuer zu entrichten haben, widrigenfalls sie solidarisch auch für die Steuer der Miterben und Vermächtnisnehmer haften (Art. 49, Abf. 1 und 2). Beide Steuern gelten dann als fällig, wenn entweder Hinterlassenschaft bezw. Erbanteil aus inländischen Grundstücken bestehen, oder, bei beweglichen Vermögen, wenn Erblasser bezw. ausnahmsweise der Erbe zur Zeit des Erbanfalls Aufenthalt oder Wohnsitz im Lande hatte (Artikel 48, Abs. 3 und 4). Hierbei wird die Umgehung der Steuerpflicht dadurch ausgeschlossen, dass Vorempfang und Erbauskauf dem Vermögenserwerb von Todeswegen gleichgesetzt werden (Art. 48, Abs. 2), und dass bei Bestellung eines Vorerben und eines Nacherben zwar die Nachlasssteuer nur einmal, aus dem Nachlass des Erblassers, zu entrichten ist, die Erbanfallssteuer dagegen doppelt, sowohl vom Vorerben wie vom Nacherben erhoben wird, unter Sicherung sowohl der Mehransprüche des Fiskus gegenüber dem Nacherben wie der Abzugsfähigkeit der entrichteten Steuer für den Vorerben (Art. 50, Abs. 1 und 20).

Die Grösse des Steuerobjektes wird festgesetzt auf Grund einer amtlichen Inventarisation, zu deren Vornahme eine Abordnung des zuständigen Gemeinderates, die Vormundschaftsbehörde oder das Gericht, ausser in Fällen notorischer Armut, innert 8 Tagen nach dem Tode des Erblassers verpflichtet sind (Art. 60), und einer Anzeige der Erben an die Steuerverwaltung, die in gesetzlich fixierter Frist zu erfolgen hat (Art. 61). Die Wertermittlung findet mit geringfügigen Ausnahmen nach den allgemeinen, anlässlich der Vermögenssteuer besprochenen Bewertungsgrundsätzen des Art. 34 statt, mit der besonderen Massgabe, dass nachgewiesene Nachlassschulden bei der Wertermittlung für die Nachlasssteuer, der Betrag der Nachlasssteuer für die Ermittlung der Erbanfallsteuer in Abzug zu bringen, und dass bei Ermittlung des Erbanfalls eines Ehegatten für die Steuerberechnung stets das gesetzliche Güterrecht zu Grunde zu legen ist (Art. 59). Die Steuerberechnung erfolgt dann getrennt für den Nachlass und den Erbanfall, unter jedesmaliger Berücksichtigung der besonderen Bestimmungen über steuerfreie Subjekte und Objekte.

Steuerfreiheit von der Erbanfallsteuer besteht, ausser für den Landesfürsten, die Mitglieder des fürstlichen Hauses und die kraft völkerrechtlicher Übung Steuerfreien, für das Land, seine öffentlichen Anstalten, Stiftungen, Fonds, für die inländischen Gemeinden, soweit die Zuwendungen öffentlichen oder gemeinnützigen Zwecken dienen, und für die öffentlichen Korporationen, Stiftungen, Anstalten des Inlandes, sofern sie ebensolche Zwecke verfolgen (Art. 52, Abs. 1, lit. a – d). Privaten inländischen Anstalten gleicher Natur kann durch Beschluss der Regierung Steuerermässigung oder Steuererlass zu teil werden (Art. 52, Abs. 2). Neben diesen generell steuerfreien Subjekten steht die Masse derer, die steuerfrei bleiben durch die Steuerfreiheit des Objektes im Einzelfall. 1. Diese objektive Steuerfreiheit tritt dann ein, wenn der Erbanfall des überlebenden Ehegatten, der Nachkommen für jeden Kindesstamm, sowie unterstützungsbedürftiger Personen den Betrag von Fr. 1000 nicht übersteigt (Art. 53, Abs. 1, Ziff. 1). Daneben besteht 2. Steuerfreiheit für Erben und Dienstboten, die mit dem Erblasser in gemeinsamem Haushalt lebten, sofern sie Gebrauchsgegenstände im Werte von nicht über 600 Franken übernehmen, und für alle inländischen Erben, denen Kunstgegenstände, Altertümer und dergl. aus nachweisbar mindestens zehn Jahre bestehendem Besitz des Erblassers zufallen (Art. 53, Abs. 1, Ziff. 2, lit. a und b). Die objektive Steuerfreiheit des ersten Falles macht sich bei Erbanfällen, die die genannten Beträge übersteigen, als Abzug geltend, d. h. die Steuer wird nur vom Mehrbetrag erhoben (Art. 53, Abs. 2).

Bei der Nachlasssteuer besteht subjektive Steuerfreiheit nur für den Landesfürsten, die Angehörigen des fürstlichen Hauses und die Exterritorialen. Dagegen findet auch hier eine objektive Befreiung dadurch statt, dass die Nachlasssteuer nicht zur Erhebung gelangt von denjenigen Quoten des Nachlasses, die nach den besprochenen Bestimmungen der Erbanfallsteuer objektive Steuerfreiheit geniessen (Art. 51).

Folgende zwei Beispiele mögen die Wirkung dieser letzten Freisetzungen veranschaulichen:

  1. 1.       Der Erblasser hinterlässt fünf Kinder. Die Inventarisation ergibt einen Wert des gesamten Nachlasses von 5000 Fr.; weder Nachlass- noch Erbschaftssteuer ist zu entrichten.
  2. 2.       A hinterlässt fünf Kinder. Die Inventarisation ergibt ein Vermögen im Wert von 10’000 Franken; Nachlass- und Erbschaftssteuer sind auf Fr. 5000 zu entrichten, da die für jeden Kindesstamm freie Quote 1000 Franken beträgt, mithin erst der Fr. 5000 übersteigende Teil der Erbschaft der Besteuerung unterliegt.

Bei gegebener Steuerpflicht wird die Nachlasssteuer, nach dem Prinzip der Durchstaffelung, erhoben

mit 1 % auf den ersten Fr. 200’000
mit 2 % auf den weiteren Fr. 400’000
mit 3 % auf den weiteren Fr. 600’000
mit 4 % auf den weiteren Fr. 800’000
mit 3 % auf dem den Betrag von 2 Millionen übersteigenden Rest des Nachlasses

Diese Steuersätze des Art. 54 bedeuten folgende effektive Steuerbelastung des Nachlasses:

Tabelle 1

Wert des steuerpflichtigen
Nachlasses (in Franken)

Steuerbetrag
(in Franken)

Steuerbelastung
(in Prozenten)

50000

500

1.-

100000

1000

1.-

200000

2000

1.-

300000

4000

1.33

400000

6000

1.5

500000

8000

1.6

600000

10000

167

1000000

22000

2.2

2000000

60000

3.-

5000000

210000

4.2

10000000

460000

4.6

 

Wenn zur Spalte I noch die zulässigen Abzüge der steuerfreien Quoten hinzugerechnet würden, so ergäbe sich bei den kleineren Vermögen noch eine wesentlich geringere prozentuale Belastung. Auch ohnedies aber kann eine Belastung, die bei 1 Million erst 2.2 % beträgt und die sich bei den höchsten Vermögen dem theoretisch nicht erreichbaren Maximum von 5 % nähert, nur als ungewöhnlich niedrig bezeichnet werden. Die Nachlasssteuer in dieser Form erfüllt daher ihre Funktion der Deklarationsprüfung, ohne dass die wirtschaftlich und sozial schädlichen Wirkungen hoher Progression eintreten könnten.

Das Steuersoll der Erbanfallsteuer ist zu berechnen aus einer Steuerquote als Grundlage und aus Zuschlägen (Art. 55 bis 57). Der Grundsatz variiert von 1 – 12 % nach der Entfernung der Verwandtschaft (Art. 55, Abs. 1), wobei die uneheliche Verwandtschaft auf der Mutterseite stets, auf der Vaterseite nach Anerkennung oder Zusprechung mit Standesfolge der ehelichen gleichstehen wird (Art. 55, Abs. 2), und Zuwendungen über den gesetzlichen Erbteil hinaus mit dem Anderthalbfachen des für den Verwandtschaftsgrad vorgesehenen Steuersatzes erhoben werden (Art. 55, Abs. 3).

Zu den Grund-Sätzen treten Zuschläge doppelter Natur und Höhe: 1. nach der Grösse des Erbanfalls wird, sofern der Erbanfall für den einzelnen Empfänger den Betrag von 10'000 Franken überschreitet, auf das nach dem Grund-Steuersatz berechnete Steuerbetreffnis ein Zuschlag erhoben, der sich beläuft

auf 10 % des Steuerbetrages auf den ersten Fr. 50000.-
auf 20 % des Steuerbetrages auf den weiteren Fr. 100000.-
auf 30 % des Steuerbetrages auf den weiteren Fr. 200000.-
auf 40 % des Steuerbetrages auf den weiteren Fr. 400000.-
auf 50 % des Steuerbetrages auf dem den Betrag von Fr. 750000.- überteigenden Rest des Erbfalles.

Die Wirkung dieses ersten Zuschlags erläutert Tabelle 2.

Tabelle 2

Steuerliche Belastung des einem unbemittelten Kind des Erblassers oder dessen Ehegatten zukommenden Erbanfalls (Grundsteuersatz: 1 %).

I. Erbfall

II. Steuerlicher Erbfall

III. Steuerbetrag
(Satz: 1 %)

IV. Zuschlag in Franken

V. Endgültiges Steuerbetreffnis
(in Franken)

VI. Belastung (Verhältnis des Betreff-nisses z. Anfall in %)

5000

3400

34

-

34

0.68

10000

8400

84

-

84

0.84

20000

18400

184

18.4

202.4

1.01

30000

28400

284

28.4

312.4

1.04

50000

48400

484

48.4

532.4

1.06

100000

98400

984

146.8

1130.8

1.13

500000

498400

4984

1443.6

6427.6

1.29

750000

748400

7484

2443.6

9927.6

1.32

1000000

998400

9984

3692

13676

1.36


Zur Erläuterung der Tabelle 2:

Spalte II = Spalte I gekürzt um den steuerfreien Betrag von 1000 Franken (Art. 53, Abs. 1, Ziff. 1) und einen Betrag von 600 Franken für Verbrauchsgegenstände (Art. 53, Absatz 1, Ziff. 2, lit. a), also insgesamt um 1600 Franken.

Das Ergebnis des ersten Zuschlags ist also eine leichte Progression, die aber bei Erbanfällen an Kinder und Kindeskinder sowie an Ehegatten ein Maximum von 1.5 % nicht erreichen kann.

Auch dieses Steuerbetreffnis ist indessen nur endgültig unter der, bei Aufstellung der Tabelle gemachten Voraussetzung, dass der Erbe mittellos ist, genauer: dass er weniger als 10‘000 Franken Vermögen besitzt. Wenn von fünf Kindern eines Vaters, der ein Vermögen von Fr. 200‘000 hinterlässt, der älteste Sohn 30 Jahre alt ist und bereits ein eigenes Vermögen von Fr. 50’000 besitzt, zu welchem nun noch ein Erbanfall von Fr. 40’000 hinzutritt, das jüngste 12-jährige Kind dagegen nichts als eben diesen Erbanfall sein Eigen nennt, so ist die durch den Erbanfall herbeigeführte vermehrte Leistungsfähigkeit, die durch die Erbanfallsteuer zur Steuerleistung herangezogen wird, trotz gleicher Grösse des Erbanfalls beim ältesten Sohne gewiss grösser als beim jüngsten der Erben. Deshalb sieht der Entwurf vor, dass, wenn das bereits vorhandene Vermögen den Betrag von Fr. 10’000 übersteigt, alsdann erfolgt 2. ein Zuschlag je nach dem Vermögen des Erwerbers, berechnet, auf das aus Steuersatz und erstem Zuschlag zusammengesetzte Steuerbetreffnis, beginnend mit 5 % dieses Betreffnisses, bei einem Vermögen des Erwerbers von über 10’000 bis 20'000 Franken und ansteigend bis zu 25 % dieses Betreffnisses bei einem Vermögen von 250’000 Franken und darüber (Art. 57). Wir erläutern, unter Zugrundelegung der Tabelle 2, die Wirkung dieses Vermögenszuschlages.

Tabelle 4. Erbfallsteuer auf Kindererbschaft

Steuerbetreffnis bei einem Vermögen

Erbanfall

bis 10‘000 Fr

bis 20‘000 Fr.

bis 50‘000 Fr.

 

in Franken

in % des Erbanfalls

(+  5 %)
in Franken

in % des Erbanfalls

(+ 10 %)
in Franken

in % des Erbanfalls

5000

34

0.68

35.7

0.71

37.4

0.75

10000

84

0.84

88.2

0.88

92.4

0.92

20000

202.4

1.01

212.5

1.06

222.6

1.11

30000

312.4

1.04

328

1.09

343.6

1.15

50000

532.4

1.06

559

1.12

585.6

1.17

100000

1‘130.8

1.13

1187.3

1.19

1243.9

1.24

200000

2‘379.2

1.19

2498.2

1.25

2617.1

1.25

300000

3‘679.2

1.23

3863.2

1.29

4047.1

1.29

400000

5‘027.6

1.27

5279

1.3

5530.4

1.38

500000

6‘427.6

1.29

6749

1.35

7070.4

1.41

750000

9‘927.6

1.32

10424

1.39

10920.4

1.46

1000000

13‘676

1.36

14359.8

1.44

15043.6

1.5

 

bis 100‘000  Fr.

bis 250‘000 Fr.

über 250‘000 Fr.

( + 15 %)
in Franken

in % des Erbanfalls

( + 20 %)
in Franken

in % des Erbanfalls

( + 25 %)
in Franken

in % des Erbanfalls

39.1

0.78

40.8

0.81

42.5

0.85

96.6

0.97

100.8

1.01

105

1.05

232.8

1.16

242.9

1.21

253

1.26

359.3

1.19

374.9

1.25

390.5

1.3

612.3

1.22

638.9

1.28

665.5

1.33

1300.4

1.3

1357

1.36

1413.5

1.41

2736.1

1.37

2855

1.43

2974

1.49

4231.1

1.41

4415

1.47

4599

1.53

5781.7

1.45

6033.1

1.51

6284

1.57

7391.7

1.48

7713.1

1.54

8034.5

1.61

11416.7

1.52

11913.1

1.59

12409.5

1.65

15727.4

1.57

16411.2

1.64

17095

1.71

 

Vergl. Anmerkung 1 zu Tabelle 2. Die gleiche Tabelle zeigt die Zusammensetzung des Steuerbetreffnisses bei einem Vermögen bis zu 10‘000 Franken.

Das Ergebnis ist deutlich. Es ist ersichtlich, dass durch beide Zuschläge selbst für die höchsten Vermögen nicht eine Verdoppelung der ursprünglichen Sätze erreicht wird, vielmehr lässt sich generell sagen: je nach der Grösse des Erbanfalls und des vorhandenen Vermögens des Erbberechtigten bedeutet die Erbanfallsteuer eine Belastung bei

- Ehegatten, Kindern und Kindeskindern von 0,38 %, bis 1,88 %
- Eltern, Grosseltern, Geschwistern von 1,25 % bis 3,75 %
- Schwieger-, Stief-, Geschwisterkindern und Verlobten von 5 % bis 9,75 %
- Oheim, Enkeln und Tanten von 9 % bis 16,88° %
- Entfernteren und Nichtblutsverwandten von 12% bis 22,5 %

Der Minimalsatz ist berechnet (unter Annahme eines nach Vornahme der höchsten möglichen Abzüge verbleibenden steuerpflichtigen Erbanfalls von 1000 Franken) als Verhältnis des Steuerbetreffnisses zum tatsächlichen Erbanfall.

Soll nicht entgegen dem Willen des Gesetzgebers, trotz der relativen Geringfügigkeit dieser Steuerbelastung, in besonderen Fällen die Vermögenssubstanz stark vermindert werden, so ist dem nicht seltenen Vorkommen eines in kurzer Frist sich wiederholenden Erbgangs des gleichen Vermögens Rechnung zu tragen. Daher bestimmt Art. 58, dass Kindern bei Beerbung ihrer Eltern ein Viertel der nachgewiesenermassen von diesen innert der letzten 10 Jahre und die Hälfte der innert der letzten fünf Jahre auf das gleiche Vermögen entrichteten Erbanfallsteuer auf ihre eigene Anfallsteuer in Anrechnung zu bringen ist. Dieses Abzugsrecht ist ein Korrelat der neuen erhöhten Steuersätze und ist daher in seiner Anwendung beschränkt auf die nach Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes bezahlten Steuern vom Erbanfall (Art. 58)).

Für das Erträgnis der Gesamtheit der Erbschaftssteuern ist zu bedenken, dass es in einem kleinen Gebiet mit geringer Bevölkerungszahl in den verschiedenen Jahren stark differieren wird. In Ländern mit einer nach Millionen zählenden Bevölkerung darf erwartet werden, dass das Absterben der höchsten (ältesten) Schicht der Bevölkerungspyramide sich ungefähr gleichmässig von Jahr zu Jahr vollzieht, wie auch dass ökonomisch ein gewisser Ausgleich innerhalb des Landes sich herstellt. Trotzdem gehört selbst dort der Eingang aus der Erbschaftssteuer zu den unsichersten Posten der Finanzrechnung. Im Fürstentum ist diese Möglichkeit der inneren Ausbalancierung nicht gegeben; daher verbietet sich hier, die Einnahmen aus den Erbschaftsteuern und der zugehörigen Schenkungssteuer in den ordentlichen Haushalt einzustellen, was sichere Ausgaben auf unsichere Einnahmen gründen hiesse. Infolgedessen sieht Art. 63 vor, dass von den Eingängen aus diesen Steuern ein Fünftel der Wohnsitzgemeinde des Erblassers oder des Schenkgebers zufliesst, während vier Fünftel die Landeskasse erhält mit der Bestimmung, sie hälftig zur Amortisation der Landesschulden, hälftig zur Öffnung eines Fonds für eine Kranken-, Alters- und Invaliditäts-Versicherung zu verwenden.

Anschliessend mögen noch einige ausländische Ziffern die verhältnismässige Niedrigkeit der vorgeschlagenen Steuersätze zahlenmässig erweisen.

Die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen geht in England bis zu 21 %, in Deutschland 10 %, in Frankreich 5 %, in Italien 6 ½ %. Die Erbschaftsbelastung von Geschwistern bewegt sich in England zwischen 6 % und 25 %, Frankreich 8 ½ % bis 14 %, Italien 7 % bis 10 %, Deutschland 4 % bis 10 %. Von den übrigen Verwandten und Erben nehmen England 11 % bis 30 %, Frankreich 10 % bis 20.5 %, Italien 8 ½ % bis 22 %, Deutschland 5 % bis 30%.

Von Schweizer Kantonen belasten: Uri die Geschwister mit 1 % (die übrigen Erben mit 1.5 % bis 25 %), Glarus mit 2 % (bezw. 4 % bis 10 %), Luzern mit 6 % bis 12 % (bezw. 6 % bis 40 %), Freiburg mit 2 % (bezw. 3 % bis 10 %), Schaffhausen mit 3.6 % (bezw. 5 % bis 40 %), Tessin mit 4 % (bezw. 5 % bis 20 %), Neuenburg mit 4 % (bezw. 5 % bis 20 %), Waadt mit 4 % bis 8 % (bezw. 4.8 % bis 22.4 %), Genf mit 5 % (bezw. 5 % bis 15 %). Im Kanton Baselstadt, dessen Steuer seit jeher besonders niedrig gehalten wurde, um jede Absicht der Steuerflucht zu verhindern, beginnt die Erbschaftssteuer mit einem Minimalsatz von 2 % für Kinder und Ehegatten, 4 % für Kindeskinder und steigt bis zu einem Minimalsatz von 14 % für die gesetzlich erbberechtigten Blutsverwandten und 18 % für die Nichtblutsverwandten. Diese Minimalsätze steigen je nach der Grösse des Erbanfalls auf das Doppelte des Minimums und können durch weitere Zuschläge um nochmals 20 % erhöht werden. Wollte man sagen, das seien Steuersätze eines reichen Städtekantons, so ist darauf hinzuweisen, dass nach dem vorläufigen Kommissionsbericht des Kantonsrates von Zürich, also eines Kantons mit starkem landwirtschaftlichen Einschlag, eine Erbschaftssteuer erhoben werden soll, bestehend aus einer Nachlasssteuer, die mit 1 % beginnt und bis zu 15 % ansteigt, und einer Erbanfallsteuer, die von einem Satz von 2 % für Kinder und Kindeskinder ansteigt bis zu einem Satz von 15 % für Nichtverwandte, wobei diese Sätze, je nach der Grösse des Vermögens des Erbberechtigten, noch auf das Zweieinhalbfache erhöht werden können. Von welcher Seite man daher auch an die Vergleichszahlen herantritt, das Ergebnis bleibt: die im Entwurf vorgeschlagenen Sätze der Erbschaftssteuer sind in fast allen andern Ländern und Kantonen erheblich überschritten, und die Erwartung ist daher berechtigt, dass sie ökonomisch leicht getragen werden können, mithin den in den Vordergrund gerückten Gesichtspunkt der Kapitalanziehung und Kapitalbildung gewiss nicht gefährden.

Zu Abschnitt III: Gesellschaftssteuer

Mit den physischen Personen zu einer Gruppe vereint unterliegen offene Handels- und Kommanditgesellschaften der Vermögens-und Erwerbssteuer. Diese Unterstellung, die bei ihnen infolge des Persönlichen Charakters des Gesellschaftsausbausund der Gesellschaftshaftung ohne Schwierigkeiten möglich ist, ist für die Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit, also die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Genossenschaft, eines der ernstesten und strittigsten steuerlichen Probleme. Verschiedene Lösungen sind prinzipiell möglich.1. Man behandelt die Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit wie jeden andern Erwerbenden, was in unserem konkreten Fall bedeuten würde, auch sie der Vermögens- und Erwerbssteuer zu unterwerfen. Ein solches Vorgehen ohne weitere Kautelen hätte eine schwer erträgliche Doppelbesteuerung zur Folge, die unter Umständen die Entwicklung der wirtschaftlich leistungsfähigsten Gesellschaftsform, der Aktiengesellschaft, erschweren oder ganz unterbinden könnte. Soll diese unerwünschte Folgeerscheinung ausgeschlossen werden, so ist es notwendig, bei der Besteuerung des Vermögens physischer Personen den in Aktien investierten Vermögensteil, bei der Besteuerung des Einzeleinkommens die als Dividenden bezogenen Einkommensbestandteile in Abzug zubringen. Diese Regelung ist theoretisch angängig; praktisch käme sie in Liechtenstein, da die Mehrzahl, wenn nicht alle Aktionäre der im Lande domizilierten Aktiengesellschaften im Auslande wohnen und daher durch eine Liechtensteiner Exemptionsbestimmung gegenüber ihren Landessteuerbehörden nicht geschützt werden, auf eine Finte heraus und ist darum ausgeschlossen. 2. Man lässt die Aktiengesellschaft von jeder Vermögens- und Erwerbssteuer frei und belastet nur den Aktionär, vielleicht unter besonderer Belastung seines Aktienbesitzes und seines Dividendeneinkommens durch einen Zuschlag, oder eine besondere Steuer für Vermögen in Wertschriften und Einkommen in Kapitalrenten. Auch dieser Weg ist theoretisch gangbar; praktisch steht ihm jedoch das allgemeine Bedenken entgegen, dass erfahrungsgemäss das nicht an der Quelle erfasste Einkommen beim Bezieher nur partial besteuert wird, und für Liechtenstein ist er wieder schon um deswillen nicht zu beschreiten, weil der Aktionär der Steuerhoheit des Inlandes gar nicht unterstellt ist. So bleibt nur die letzte Möglichkeit: 3. der im Inland domizilierte Aktionär wird mit Aktienbesitz und -ertrag wie mit anderm Vermögen und Erwerb zur Steuer herangezogen. Die Aktiengesellschaft wird durch eine eigene Steuer, die „Gesellschaftssteuer" belastet, die zum Ausgleich und zur Verhinderung ungünstiger Wirkung der Doppelbelastung verhältnismässig niedrig gehalten wird.

Die Gesellschaftssteuer des vorliegenden Entwurfes setzt sich aus einer Kapitalsteuer und einer Ertragssteuer zusammen. Beide werden bei sämtlichen Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit erhoben mit Ausnahme der öffentlich-rechtlich organisierten, gemischt-wirtschaftlichen Unternehmungen und der gemeinnützigen Gesellschaften d. h. Gesellschaften mit Beschränkung des Gewinnanteils, Ausschluss des Tantièmebezuges und statutarischer Verpflichtung, bei Liquidation den nach der Rückzahlung des einbezahlten Kapitals verbleibenden Vermögensrest wiedergemeinnützigen Zwecken zuzuweisen (Art. 64 und 65). Ausnahmsweise soll die Regierung ermächtigt sein, der Gesellschaftssteuer auch andere juristische Personen als Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit, z. B. Stiftungen, zu unterstellen (Art. 65, Abs. 2).

Die Steuerpflicht beginnt mit der Eintragung ins Handelsregister, sie endet mit der Liquidation und Verteilung aller Aktiven. Fällt ein solcher Termin mitten in das Steuerjahr, so findet für die Kapitalsteuer die Tatsache des kürzeren Bestandes angemessene Berücksichtigung, zur Ertragssteuer dagegen wird der gesamte Ertrag einschliesslich des Liquidationsgewinnes unverändert herangezogen (Art. 66).

Steuerobjekt der Kapitalsteuer ist das Aktien- bezw. Stammanteil-, Einlage- oder Garantiekapital in Nominalhöhe, einerlei ob eine vollständige Einzahlung stattgefunden hat oder nicht (Art. 67, Ms. 1, lit. a und b), eine Bestimmung, die sich dadurch rechtfertigt, dass das Kapitalnominale einer Gesellschaft oder Genossenschaft ihre äussere Stellung und werbende Kraft begründet), dazu stets der Reservefonds und alle Rückstellungen, welche eigenes Kapital der Gesellschaft darstellen (Art. 67, Absatz 1, lit. c). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben bei den Fonds für gemeinnützige Zwecke; sie unterliegen daher nicht der Steuer, wenn ihre ausschliessliche und dauernde Widmung für solche Zwecke nachgewiesen und sichergestellt ist (Art. 67, Abs. 2).

Ist dergestalt das nicht einbezahlte Kapital prinzipiell kapitalsteuerpflichtig, so erschiene es doch als unbillige Härte, es mit dem gleichen Satze wie das einbezahlte Kapital zu belasten. Bei der Festsetzung des Steuersatzes wird daher der wirtschaftlich differenten Artung und Ertragsfähigkeit der beiden Kapitalkategorien dadurch Rechnung getragen, dass die Kapitalsteuer auf das einbezahlte Kapital und die Reserven mit 2 Promille, auf das nicht einbezahlte Kapital dagegen nur mit ' z Promille zur Erhebung gelangt (Art. 68).

Die Kapitalsteuer der Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit wird, ohne Rücksicht auf die Grösse des Gesellschaftskapitals stets mit dem gleichen, proportionalen Steuersatze erhoben. Für die Anwendung eines progressiven Steuersatzes fehlen die Voraussetzungen: denn die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft wird nicht durch die Grösse des Gesellschaftskapitals bestimmt, tritt vielmehr zu Tage in ihrem jährlichen Reinertrag. Eine Gesellschaft mit einem Kapital von nur 1 Million Franken, aber Fr. 200‘000 Reinertrag, ist leistungsfähiger als eine solche, die bei 2 Millionen Franken Kapital nur Fr. 100‘000 Reinertrag erzielt hat. Dieser Ertrag ist bekanntermassen grösser als die zur Ausschüttung kommenden Gewinne, und der Gesetzgeber muss daher, um ihn ganz zu erfassen, seine Berechnung genau präzisieren. Art. 69, Abs. 2, stellt dementsprechend fest, dass im steuerbaren Reinertrag inbegriffen sind: 1. die Abschreibungen, soweit sie nicht geschäftlich, im Allgemeinen also: in einer Wertminderung, begründet sind, vielmehr sich als Bildung stiller Reserven darstellen; 2. die Zuweisungen an den Reservefonds und an andere Rücklagen, soweit sie nicht gemeinnützigen Zwecken dienen; 3. die den Verwaltungs- und Vorstandsmitgliedern zufliessenden Tantièmen, eine Bestimmung, die deshalb besondere Wichtigkeit beansprucht, weil aus den früher genannten Gründen der ausländische Tantièmeberechtigte der inländischen Erwerbssteuer nicht unterliegt; 4. die unter die Aktionäre bezw. Genossenschafter oder an die Inhaber von nichtmitgliedschaftlichen Gewinnanteilrechten, wie Genussscheinen und Gründeranteilen, verteilten Gewinne. Dagegen werden ausdrücklich vom steuerbaren Reinertrag ausgenommen (Art. 69, Abs. 3): die Zuwendungen an die gemeinnützigen Fonds, sowie Rabatte, Skonti, Umsatzbonifikationen, Rückvergütungen auf gemachten Warenbezügen, und ähnliche Leistungen an Gesellschaftsmitglieder und an Kunden, eine Ausnahmebestimmung, durch welche Konsumvereine, Einkaufsgenossenschaften und dergl. besondere Berücksichtigung finden sollen.

Auf diesem steuerbaren Reinertrag wird die Ertragssteuer mit der Hälfte desjenigen Prozentsatzes erhoben, der dem Verhältnis des steuerbaren Reinertrags zum einbezahlten Aktienkapital entspricht, doch stets mit mindestens 3 % und unter Marimalbegrenzung des Steuersatzes auf 12 %, und unter Aufrundung der Bruchteile eines halben Prozentes auf ein halb Prozent (Art. 70). Es hat also beispielsweise folgende Berechnung stattzufinden:

        I.            Voll bezahltes Aktienkapital inkl. Reserven 500’000 Fr., Reinertrag: 75’000 Franken. Danach steuerbarer Reinertrag in Prozenten des Kapitals: 15 % Steuersatz der Ertragssteuer: 7 ½ % Steuerbetreffnis: 5625 Franken.

      II.            Aktienkapital 5‘000’000 Franken. Einbezahlt 1‘250’000 Franken. Steuerbarer Reinertrag: 425’000 Franken. Demnach steuerbarer Reinertrag in Prozenten, berechnet auf das einbezahlte Aktienkapital: 34 % Steuersatz der Ertragssteuer: 12 %, Steuerbetreffnis: 51’000 Franken.

Von Kapital- und Ertragssteuer in der besprochenen Form sind ausgenommen: Selbsthilfegenossenschaften, die keinen Gewinnanteil entrichten, sondern nur die handelsübliche Verzinsung gewähren, ferner Holding-Gesellschaften und Versicherungsgesellschaften. Für Selbsthilfegesellschaften, die, auch wenn kein gemeinnütziger Zweck vorliegt, unter den genannten Voraussetzungen sich nicht als Erwerbsunternehmung charakterisieren, fällt die Kapitalsteuer fort, die Ertragssteuer wird begrenzt auf einen Maximalsatz von 3 % (Art. 71). Für Versicherungsgesellschaften, deren Erfassung durch das subtile Verfahren der Kapital- und Ertragssteuer schwierig wäre, werden beide Steuern ausgesetzt und statt dessen die summarische Regelung getroffen, dass sie eine Steuer in Höhe von 4 % ihrer im Lande erzielten Prämieneinnahmen entrichten (Art. 73), soferne sie nicht wegen ihres gemeinnützigen Charakters Steuerbefreiung oder als Selbsthilfegenossenschaften günstigere Behandlung beanspruchen dürfen.

Grössere Bedeutung als dieser Sonderregelung kommt der Besteuerung zu, die auf Holdinggesellschaften Anwendung finden soll. Von den über 20, seit dem Jahre 1920 im Lande entstandenen Aktiengesellschaften sind, mir alleiniger Ausnahme der Bank in Liechtenstein, alle als Finanzierungs- und Beteiligungsgesellschaften anzusprechen, und die Vergrösserung ihrer Zahl ist für die nächsten Jahre sehr wahrscheinlich. Selbst wenn man das diesen Gesellschaften gegenüber bisher gehandhabte System der Pauschalierung aufgibt, bleibt eine steuerliche Sonderbehandlung notwendig. Alle übrigen Handelsgesellschaften erzielen einen primären Ertrag, die Finanzierungs- und Beteiligungsgesellschaften aber sind nur das Sammelbecken, in welches die Erträge anderer Erwerbsunternehmungen einströmen, Erträge, die gewöhnlich dort, wo sie erzielt wurden, bereits einer Gesellschafts-, oft auch noch Rentensteuer unterlagen. Da so aus dem Gewinn einer Holdinggesellschaft bereits die Belastung einer vollen Gesellschaftssteuer ruht, wäre es unbillig, ihn gleich dem Reinertrag einer primären Erwerbsgesellschaft zu behandeln und ihn zum zweiten Male zur Gesellschaftssteuer heranzuziehen. Art. 72 befreit sie daher für den nicht aus inländischem Gewerbebetrieb herrührenden Gewinn von jeder Ertragssteuer und setzt nur eine Kapitalsteuer fest in Höhe von 1 Promille auf das einbezahlte und ½ Promille auf das nicht einbezahlte Kapital.

Steuererklärung, Steuereinschätzung und Steuerbeschwerde der Handelsgesellschaft erfolgen entsprechend den sonst üblichen Bestimmungen, mit der doppelten, aus dem Gesellschaftscharakter heraus notwendigen Änderung von Frist und Steuerorgan: dass die Steuererklärung, unter Beifügung von Jahresschlussbilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, jeweils innert einer Frist von sechs Wochen nach Genehmigung durch das hierzu bestellte Organ abzugeben ist, und zweitens, dass die Erklärung unmittelbar gegenüber der Steuerverwaltung erfolgt (Art. 74).

Während den Gemeinden ein schon erwähntes, später zu besprechendes Recht zur Erhebung von Zuschlägen zur Vermögens- und Erwerbssteuer zusteht, wäre diese Regelung bei den Erträgen der Gesellschaftssteuer unangebracht; denn allzu gross wäre für die Gemeinden die Versuchung, die Gesellschaften zu Gunsten der persönlichen Steuerpflichtigen zu überlasten, und eine von Gemeinde zu Gemeinde verschieden starke Steuerbelastung der Gesellschaften läge gewiss nicht im Interesse des Landes. Es ist daher die Zuweisung eines Anteils an die Gemeinden vorgesehen, derart dass von den Erträgnissen der Gesellschaftssteuer nur Zwei Drittel der Landeskasse zufliessen, ein Drittel dagegen den inländischen Gemeinden, in denen die Gesellschaften Sitz oder Niederlassung haben. Verursacht eine Gesellschaft einer Gemeinde besonders grosse Aufwendungen, etwa dadurch, dass der Zuzug von Arbeitern neue Schulbauten oder besondere sanitäre Einrichtungen notwendig macht, so kann auf Antrag der Gemeinde durch Beschluss der Regierung darüber hinaus ihr Anteil bis auf die Hälfte der Steuerleistung der betr. Gesellschaft erhöht werden, ein Anspruch, der durch die Möglichkeit, bei Anständen an das Verwaltungsgericht zu appellieren, noch besonders geschützt ist (Art. 75). Von dieser Ordnung der Teilung des Steueraufkommens sieht der Entwurf indessen eine Ausnahme hinsichtlich der Steuerleistungen der Holdinggesellschaften und der Versicherungsgesellschaften vor. Diese Gesellschaften haben ihren Sitz fast durchgängig in Vaduz, weil sie durch die Bank in Liechtenstein ins Land gebracht wurden und bei diesem Institute ihr Domizil genommen haben. Bei dieser Sachlage wäre es nicht angebracht, ein Drittel der Steuerleistung der Holdinggesellschaften der Gemeinde zuzuweisen, in welcher die Gesellschaften ihren Sitz haben, welcher aber hieraus keinerlei Mehrauswendungen erwachsen, und deshalb sieht der Entwurf (Art. 75, Abs. 3) vor, dass der Gemeindeanteil an den Steuerleistungen der Holdinggesellschaften unter die sämtlichen Gemeinden des Landes nach dem Verhältnisse der Wohnbevölkerung verteilt werden soll. Dasselbe gilt hinsichtlich der Steuerleistungen der Versicherungsgesellschaften, deren Prämieneinnahmen aus dem ganzen Lande stammen.

Eine weitere Sonderbestimmung wird hinsichtlich der Steuerleistungen der Feuerversicherungsunternehmungen vorgesehen. Der in die Landeskasse fliessende Teil dieser Steuerleistungen wird einem besondern Zwecke zugewiesen (Art. 75, Abt. 5): er soll zur Hälfte als Beitrag an die Kosten der Feuerwehren dienen und zur Hälfte als Beitrag an die Kosten der Unfallversicherung der Feuerwehrmänner.

Zu Abschnitt IV: Die Getränke- (Ausschank) -Steuer.

Getränkesteuern bilden seit dem Mittelalter in verschiedener Form eine der wichtigsten Einnahmequellen aller Finanzwirtschaft. Während sie widerspruchslos ertragen wurde, solange sie in der Form von Konzessionsgebühren und Accisen zur Erhebung gelangten, haben sie im 19. und 20. Jahrhundert mit grossen Widerständen doppelten Ursprungs zu kämpfen: einmal hat der verschiedentlich unternommene Versuch der restlosen Erfassung aller alkoholischen Getränke das Eigeninteresse der kleinen und kleinsten Produzenten geweckt, die zur Versteuerung ihrer eigenen Mine und des Hausbrandes sich umso weniger entschliessen konnten, als gerade in den gleichen Jahrzehnten die Entwickelung der Technik einem jeden die Möglichkeit bot, sich mit eigenen Brennereigeräten zu versehen; zum andern hat das Vordringen der kapitalistischen Unternehmungsform auf dem Gebiete der Erzeugung alkoholischer Getränke, vor allem in der Bierherstellung, die Mittel bereitgestellt für eine starke und gutgeleitete Bewegung, die im Interesse des „billigen Bieres für den armen Mann" das Alkoholkapital von der Last der Steuern zu befreien suchte. Keine von beiden Argumentationen kann als ernsthafter Gegengrund gegen die Getränkebesteuerung überhaupt gelten; vielmehr ist die zweite vor den Augen des Steuergesetzgebers ganz ohne Gewicht und Bedeutung, die erste nur eine Mahnung, das rechte Mass der Besteuerung einzuhalten. Im Ganzen aber ist zu sagen: Fiskalisch ist eine Getränkesteuer darum besonders brauchbar und ergiebig, zugleich aber auch ökonomisch und sozial unbedenklich, weil die Steuerlast, solange sie nicht excessiv hoch ist, die Grösse des Konsums nicht beeinträchtigt. Die Erfahrung aller Länder hat gezeigt, dass wer an das Trinken gewöhnt ist – für das Rauchen gilt das gleiche – nicht um einer durch eine Steuer herbeigeführten Preiserhöhung willen auf den gewohnten Genuss verzichtet. Wollte aber Einer sagen, die Steuer zwinge ihn zu einer Einschränkung seines Genusses, so könnte der Fiskus (abgesehen davon, dass diese Wirkung aus sozialen oder hygienischen Gründen vielleicht nicht unerwünscht ist), ihm erwidern: dass wirklicher Genuss identisch ist mit mässigem Genuss.

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Getränkesteuer ist als Ausschanksteuer konstruiert. Dadurch wird 1. die unnötige und unwirksame Aufstörung des kleinen Eigenproduzenten vermieden, zugleich 2. die Schwierigkeit beseitigt und der erhebliche Auswand erspart, die durch Sonderbesteuerung jedes einzelnen Alkoholgewerbes entstehen, und zudem 3. die Gewissheit gegeben, dass sämtliche gegorenen Getränke und gebrannten Wasser bei Vorliegen des Steuerverpflichtungsgrundes von der Steuer erfasst werden.

Die Steuerpflicht tritt ein in dem Augenblick, wo diese Getränke in Gast- und Schankwirtschaften ausgeschänkt oder im Kleinverkauf gegen Entgelt abgegeben werden (Art. 76). Steuerpflichtig ist, wer im Lande gewerbsmässig solche Getränke ausschänkt oder im Kleinverkauf abgibt, sowie wer sie aus dem Ausland einführt (Art. 77, Abs. 1). Der Fiskus ist durch diese Bestimmungen insoweit gesichert, als die Getränke durch den Verkauf in Gast- und Schankwirtschaften oder im Getränkehandel an den Konsumenten übergehen. Den Eigenproduzenten will er nicht belasten. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten aber liegt der dritte Fall: dass zum Beispiel der Weinbauer ohne Vermittlung eines Händlers kleinere Gebinde Wein an Konsumenten abgibt. Für diesen Fall sieht der Entwurf Steuerfreiheit vor, sobald es sich um Mengen von 20 Litern und darüber handelt (Art. 77, Abs. 2). Durch den Ausschluss kleinerer Mengen wird die Verwandlung der Bauernstube in eine Wirtsstube verhindert, durch die Steuerfreiheit der grösseren Beträge hingegen dem Umstand Rechnung getragen, dass in nachbarlichen Verhältnissen der Austausch von Produkten verschiedener Wirtschaft seit alters üblich ist, und, auch wo er entgeltlich erfolgt, steuerlich weder gefasst werden sollte noch auch nur der Versuch dazu mit einiger Aussicht auf Erfolg unternommen werden kann.

Bei der Bemessung der Steuersätze einer Getränkesteuer muss zweckmässiger Weise eine Mehrzahl von Gesichtspunkten zur Geltung kommen: 1. die inländische oder ausländische Provenienz des Getränkes, 2. die Alkoholstärke. 3. der Wert, 4. die Schädlichkeit des Getränkes, und endlich 5. die politische Opportunät, die durch die Konsumgewohnheiten und die an die einzelnen Getränke sich knüpfenden Affektionswerte bestimmt wird. Im konkret vorliegenden Falle darf der erstangeführte Gesichtspunkt vernachlässigt werden, da die gewollte stärkere Belastung der Getränke ausländischer Provenienz einfacher durch den Zoll als durch eine inländische Ausschanksteuer erfolgen kann. Für die vier weiteren Gesichtspunkte kann etwa nachstehende Relation gelten:

 

 

Most

Wein

Bier

30 %-iger Branntwein

Alkoholstärke

1

3

1 ½

10

Geldwert

1

7

1 ½

10

Schädlichkeit

1 ½

1

1 ½

6

Opportunität

1 ½

1

1

4

Zusammen Punkte

5

12

5 ½

30


NB. Die Ausstellung geht von der Voraussetzung aus, dass: 1. der Alkoholgehalt des Mostes gleich 1 gesetzt, der des Bieres mit 1 ½, des Weines mit 3 und des 30-prozentigen Branntweins mit 10 zu setzen ist; 2. das im Lande konsumierte Bier pro Hektoliter gerechnet 1 ½ mal, der Wein 7 mal und der 30- prozentige Branntwein 10 mal teurer ist als der Most; 3. der Schädlichkeit nach der Most- und Bierkonsum 1 ½ mal (der Most wegen seiner den Branntweinkonsum begünstigenden Wirkungen) und der Branntweinkonsum 6 mal ungünstiger zu bewerten sind als der Weinkonsum; 4. die politische Opportunität der Wein- und Bierbelastung gleich 1 gesetzt, die der Mostbelastung gleich 1 ½, der Branntweinbelastung gleich 4 sein dürfte.

Setzt man nun die Weinsteuer mit 4 Fr. für den Hektoliter an, eine Belastung, die gewiss als äusserst niedrig angesprochen werden kann, so bedeutet dies rund 33 Rappen pro Punkt, und darnach ergeben sich bei entsprechender Aufrundung die Steuersätze des Art. 79 mit Fr. 2.- für den Hektoliter Most, Fr. 2.- für den Hektoliter Bier und Fr. 10.- für den Hektoliter 30- prozentigen Branntweins. Stärker ist die Belastung des Flaschenweins, dessen Konsum als Symptom grösserer Wohlhabenheit und damit grösserer Leistungsfähigkeit angesprochen werden kann, und stärker die Belastung von Branntweinen mit einem höheren als 30 %-igem Alkoholgehalt, sowie von versüssten und aromatischen Branntweinen und Luxusbranntweinen.

Bemessungsgrundlage der Steuer sind die im Inland ausgeschenkten oder im Kleinverkauf abgegebenen Quanten, im Falle direkten Importes durch den Konsumenten die aus dem Ausland eingeführten Mengen (Art. 73, Abs. 1), für welche die Steuer gleichzeitig mit dem Zoll (Art. 33), daher mit zuverlässiger Sicherheit erhoben wird. Um auch im Inland richtige Deklarationen zu erhalten, verpflichtet hier das Gesetz den Steuerschuldner, sich einer Kellerkontrolle zu unterwerfen, zu deren Einzelregelung die Regierung die nötigen Vorschriften auf dem Verordnungswege zu erlassen befugt ist (Art. 78, Absatz 2). Diese Kellerkontrolle unterbleibt, wenn die Steuer auf Grund von Pauschalierungen oder durch Steuergesellschaften entrichtet wird (Art. 78, Abs. 2, letzter Satz).

Die Annahme scheint berechtigt, dass der Wunsch nach Vermeidung der lästigen Kellerkontrolle die meisten Steuerpflichtigen veranlassen wird, diesen beiden Formen, von denen die letzte ja gerade für das Gastwirtsgewerbe des Landes kein Novum darstellt, vor dem System der Steuerentrichtung aus Grund von jährlichen Deklarationen (Art. 80) den Vorzug zu geben. Die Pauschalierung hat für den Pflichtigen noch den Vorteil, dass sie auf drei Jahre vorgenommen werden kann, wodurch er die Möglichkeit der festen Kalkulierung seiner Unkosten auf längere Frist besitzt, eine Aussicht, deren Wert kaum dadurch gemindert werden wird, dass nicht nur der Steuerpflichtige, sondern auch die Steuerverwaltung beim Eintritt von Verhältnissen, die die Umsatzgrösse wesentlich und dauernd verändern, das Recht halbjährlicher Kündigung mit Gültigkeit auf das Ende des nach dem Halbjahr ablaufenden Kalenderjahres erhält (Art. 81).

Immerhin mag diese Einschränkung geeignet sein, den Steuerpflichtigen zu bestimmen, sich für den dritten Weg, den Weg der Steuergesellschaft, zu entscheiden. Die Entrichtung der Steuer durch Steuergesellschaften hat aber zur Voraussetzung, dass zumindest drei Fünftel der Getränkesteuerpflichtigen einer Gemeinde, einer Mehrzahl von Gemeinden oder des Landes sich zu einem Angebot an die Steuerverwaltung zusammenfinden. Die Annahme dieses Angebots durch die Regierung verpflichtet dann von Gesetzes wegen sämtliche Steuerpflichtigen, der Steuergesellschaft als Mitglieder beizutreten, und die Steuergesellschaft hat die Pflicht, den mit der Regierung pauschalierten Betrag umzulegen (Art. 82, Abs. 1). Das Zustandekommen mehrerer solcher Gesellschaften oder einer einheitlichen Gesellschaft für das ganze Land hätte zwar für den Fiskus den Nachteil, dass der Geldertrag der Steuer mit einiger Wahrscheinlichkeit hinter dem Aufkommen bei Einzeldeklarationen zurückbleibt; aber die beiderseits peinliche Kontrolle wäre erspart und für das betroffene Gewerbe wäre ein Anreiz zu möglichst rationeller Wirtschaftsführung gegeben, wie er immer dann vorliegt, wenn der Steuerbetrag für den Pflichtigen ein Datum darstellt, dagegen der Prozentsatz der Steuerlast durch seine eigene Tätigkeit und Tüchtigkeit, durch Steigerung seines Reingewinnes zu seinen Gunsten verändert werden kann.

Auch an den Eingängen aus der Getränkesteuer erschien es angezeigt, die Gemeinden zu beteiligen. Da aber eine Zuweisung je nach dem örtlichen Steueraufkommen auf eine Prämierung der trinkfestesten Gemeinde hinausliefe, da zudem bei der Gründung von Steuergesellschaften das örtliche Aufkommen dem Fiskus unbekannt bleibt, musste ein objektiver Verteilungsschlüssel gewählt werden: es fliesst daher die Hälfte des Erträgnisses den Gemeinden nach dem Verhältnis der durch die letzte Volkszählung ermittelten Wohnbevölkerung zu (Art. 84).

Drittes Hauptstück
Die Steuereinnahmen der Gemeinden

Allgemeines

Bei jedem Nebeneinander einer Mehrzahl von Steuerberechtigten stellt sich das Problem ein, zwischen diesen mehreren, zur Erhebung von Steuern Berechtigten einen Ausgleich zu schaffen. Aus der grossen Anzahl von Lösungen, die im Laufe der historischen Entwicklung-gefunden wurden, ebenso wie aus jeder theoretischen Erwägung ergibt sich, dass drei prinzipiell verschiedene Wege gangbar sind, aus welchen das finanzpolitische Ziel erreicht werden kann. Bei äusserer Betrachtung erscheint am ansprechendsten: 1. die saubere Trennung der Steuerobjekte. Man behält beispielsweise dem Land die Personalsteuern vor, Einkommens- und Vermögenssteuer, und weist den Gemeinden die Ertragssteuern auf einzelne Sonderobjekte, wie Grund und Boden, Gewerbe und Hausbesitz zu. Es ist das ehemals Preussische System, das durch solche Teilung gekennzeichnet wird. Dieses System krankt an dem nicht behebbaren Mangel, dass die Scheidung Einkommensteuer auf der einen, Grund- u.s.w. -steuer auf der andern Seite wohl verschiedene Objekte der Besteuerung unterwirft, dass aber (dies zeigt sich unmittelbar, wenn man sich nicht durch die verschiedenen Namen täuschen lässt, sondern nach der Steuerquelle fragt, aus welcher die Grund-, Gewerbe-, Haus- u.s.w. Steuer entrichtet werden) in Wirklichkeit alle diese Steuern auf dem Einkommen ruhen und aus dem Einkommen bezahlt werden. Ihrem tatsächlichen Charakter nach bedeutet infolgedessen die anscheinend klare Trennung der Objekte doch nur, dass das durch Einkommens- und Vermögenssteuer unmittelbar erfasste Einkommen durch die andern Steuern wechselnden Namens mittelbar zum zweiten Mal belastet wird. Die ökonomische Wirkung ist daher meist eine Überlastung der Steuerpflichtigen mit sichtbaren Steuerobjekten. 2. Der theoretische Fehler und die praktischen Anstände einer Verteilung der Steuerobjekte werden vermieden, wenn man etwa dem Land die Gesamtheit der Steuerobjekte zuspricht und die Gemeinden an dem sich so ergebenden Landessteueraufkommen beteiligt. Diese Lösung leidet aber an dem Fehler, dass sie eine Stelle, die Gemeinde, finanziell ganz vom Lande abhängig und quasi zum Kostgänger des Landes machen würde, woraus sich eine Verschlechterung der rationalen, nur bei einer gewissen Selbständigkeit verantwortungsbewussten Wirtschaftsführung der Gemeinden ergäbe. 3. Der Entwurf will den dritten Weg gehen: relativ mässige Beanspruchung der Steuerkraft durch das Land, Sondersteuern und Zuschläge in der Höhe ihres Finanzbedarfs durch die Gemeinden, ein System, das beiderseits die nötige Verantwortungsfreude erhält, jede Überbelastung vermeidet, vielmehr Steuerreserven in einem Masse übrig lässt, wie es das Ziel und das Ergebnis jeder geordneten und weitausschauenden Finanzpolitik in allen Zeiten gewesen ist.

Zu Abschnitt I: Gemeinsame Bestimmungen

Die Wahl des dritten Systems schliesst nicht etwa die Zuweisung von Anteilen an den Landessteuern überhaupt aus, sondern sie verhindert nur die Basierung des gesamten Gemeindehaushaltes auf solche Zuweisungen. Immerhin wird die Anteilsberechtigung zweckmässig nur dann gewahrt werden, wo die Erhebung von Gemeindezuschlägen aus ganz bestimmten Ursachen heraus nicht in Frage kommt. Dass und warum dies bei der Gesellschaftssteuer der Fall ist, wurde oben besprochen. Die Getränkesteuer in ihrer Konstruktion als Landessteuer und bei ihrer eventuellen Pauschalierung mit einer das ganze Land umfassenden Steuergesellschaft verträgt ihrer Natur nach keine örtliche Differenzierung. Schliesslich die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist auf möglichst interlokalen Ausgleich ihrer Erträge so sehr angewiesen, dass auch hier ein örtlicher Zuschlag dem Steuerzweck des gesamten Systems zuwiderliefe. An diesen drei Steuern sind daher die Gemeinden durch Anteile beteiligt, an dem Aufkommen der Erbschafts- und Schenkungssteuer mit einem Fünftel (Art. 63), der Gesellschaftssteuer mit einem Drittel, in Ausnahmefällen bis zur Hälfte (Art. 75), der Getränkesteuer mit der Hälfte (Art. 84). Wie aus Gründen solider Finanzgebarung verhindert werden musste, dass die Landeskasse die Erträge der Erbschafts- und Schenkungssteuer als ordentliche Einnahme einstellt, vielmehr die Verwendung dieser Erträge zu besonderem Zweck vorgesehen wurde, so ist auch bei den Gemeinden die Benutzung dieser Eingänge zur Deckung ordentlicher Ausgaben auszuschliessen. Art. 86, Abs. 2, bestimmt daher, dass die den Gemeinden zufliessenden Anteile an dieser Steuer dem Lokalarmenfonds oder anderen, von den Gemeinden verwalteten gemeinnützigen Fonds zuzuweisen sind.

Ausser den Anteilen an den Landessteuern bestehen die Steuereinnahmen der Gemeinden aus den Erträgen der Gemeindesteuern (Art. 85). Diese Erträge setzen sich ihrerseits zusammen aus den Zuschlägen zur Vermögens- und Erwerbssteuer (Art. 87, Abs. 1, Ziff. 1) und aus den Eingängen jener besonderen Steuern (Gemeinde-Erwerbssteuer, Aktivbürger-, Billet-, Automobil- und Fahrrad-, Hunde-Steuer, Art. 87, Abs. 1, Ziff. 2 bis 6), zu deren Erhebung die Gemeinden befugt und, ehe sie Zuschläge auflegen, verpflichtet sind (Akt. 87, Abs. 4). Für die Bedeckung des Kirchen-, Schul- und Sanitätsbedarfes bleibt die gewohnte Haushaltungsumlage vorbehalten (Art. 87, Abs. 2). Für die gesamte Gemeindebesteuerung gilt die sachliche Voraussetzung, dass sie nur zulässig sein soll zur Beschaffung von Mitteln, die für die Durchführung öffentlicher Aufgaben erforderlich werden. Die Erhebung erfolgt auf Grund eines von der Regierung genehmigten Reglements (Art. 87, Abs. 5). Da zu den öffentlichen Aufgaben der Gemeinden auch der Bau von Dämmen, Strassenunterhalt und a. gehört, bleiben die gesetzlichen Bestimmungen über persönliche Hand- und Zugdienste vorbehalten (Art. 87, Abs. 3, letzter Satz).

In Fällen ausserordentlicher Ausgaben, die in einem Jahr zu decken unmöglich oder unwirtschaftlich ist, werden für das Land stets verschiedene Wege der ermächtigten Schuldaufnahme offen stehen. Die Gemeinden, die gerade finanziell als Glieder des Landes sich in das Ganze einordnen müssen, können das Recht der autonomen Schuldaufnahme nicht erhalten. Andererseits muss ihnen die Möglichkeit gegeben werden, die Deckung ausserordentlicher Ausgaben, z. B. für Strassen, Bauten, Wasserversorgungs- und Beleuchtungs-Einrichtungen u.s.w., auf mehrere Jahre zu verteilen. Art. 88 verleiht ihnen daher dieses Recht, bindet es aber an die Zustimmung der Regierung, der ein Schuldentilgungsplan zur Genehmigung vorzulegen ist.

Zu Abschnitt II: Die einzelnen Gemeindesteuern

Zu I. Zuschläge zur Vermögens- und Erwerbssteuer.

Die Höhe des Gemeindezuschlages zur Vermögens- und Erwerbssteuer wird alljährlich von der Gemeinde zugleich mit der Beschlussfassung über den Voranschlag festgestellt (Art. 89). Diese alljährliche Neufestsetzung ist notwendig, nicht nur weil die Gemeindeausgaben selbst variieren und der Zuschlag den beweglichen Faktor in dem Einnahmewesen darstellt, sondern vor allem auch deshalb, weil mit jeder Veränderung des Steuersatzes der Vermögens- und Erwerbssteuer ein anderes Prozentverhältnis der Gemeindeausgaben zum gesamten Steuerbetreffnis der beiden Landessteuern sich herstellt.

Als Zuschlagsmaximum ist 100 % des Gesamtbetreffnisses der Vermögens- und Erwerbssteuer bezw. der pauschalierten Gewerbe- und der pauschalierten Rentnersteuer festgesetzt (Artikel 89, Abs. 2), eine Begrenzung, durch die sowohl jede übermässige Belastung wie vor allem eine allzu grosse Ungleichmässigkeit der Besteuerung von Gemeinde zu Gemeinde hintangehalten wird, die aber hoch genug angesetzt ist, um den Gemeinden die Bedeckung ihres Bedarfes und eine gedeihliche Entwicklung des Gemeindelebens zu gewährleisten. Wenn aber unter exceptionell ungünstigen Verhältnissen ein Zuschlag von 100 % zur Bedeckung des Gemeindebedarfes, soweit er durch Steuern aufgebracht werden muss, doch nicht genügen sollte, so entscheidet der Landtag, ob dieser Gemeinde das Recht zur Erhebung eines höhern Zuschlages eingeräumt, oder ein Zuschuss aus Landesmitteln zugesprochen werden soll, und wenn der Bedarf, trotz Erhebung von Haushaltungsumlagen, auch bei einem Zuschlag von 150 % nicht bedeckt werden könnte, so steht der Gemeinde ein Rechtsanspruch auf eine Zuwendung aus Landesmitteln zu (Art. 89, Abs. 3).

Fälligkeit und Bezug des Zuschlags richten sich nach der Landessteuer (Art. 89, Abs. 3, und Art. 90, Abs. 1). Hierbei können jedoch Schwierigkeiten dadurch entstehen, dass ein Steuerpflichtiger während des Jahres seinen Wohnsitz wechselt, oder dadurch, dass er seinen Wohnsitz in einer anderen Gemeinde hat als seinen Geschäftsbetrieb, bezw. seine Erwerbsstelle, oder auch dadurch, dass sein Geschäftsbetrieb auf mehrere Gemeinden verteilt ist, oder schliesslich, dass er Grundeigentum in einer andern als seiner Wohnsitzgemeinde hat. Für alle diese Fälle sieht der Entwurf eine anteilsmässige Regelung vor (Art. 90, Ab. 2, lit. a bis d), überträgt die Erhebung des Zuschlags der mit dem Bezug der Staatssteuer betrauten Gemeinde (Art. 90, Abs. 3) und der Steuerverwaltung den Entscheid bei Anständen in der Auslegung der Verteilungsbestimmungen, unter Vorbehalt der Beschwerde an das Verwaltungsgericht (Art. 90, Abs. 4).

Zu Abschnitt II: Besondere Erwerbssteuer

Die Pflicht zur Entrichtung der staatlichen Erwerbssteuer setzt, wie früher ausgeführt wurde, zweckmässiger Weise nicht schon bei einer kurzen Betätigung ein, während andererseits, wie gleichfalls erwähnt, kein Grund besteht, Erwerbende, weil sie sich vorübergehend in einer Gemeinde aushalten, deshalb auch von einer Gemeindesteuer auszunehmen. Im Gegenteil erscheint es angemessen, der Gemeinde das Recht bezw. die Pflicht zur Besteuerung eines solchen Wandererwerbs zu übertragen, damit eine Schädigung der inländischen Arbeit durch steuerfreie ausländische Arbeit vermieden werde. Der Entwurf bestimmt daher, dass Erwerbende, die sich vorübergehend, aber wenigstens während der Dauer eines Monats in einer Gemeinde aufhalten, ohne zur staatlichen Vermögens- und Erwerbssteuer herangezogen zu werden, mit einer besonderen Erwerbsteuer zu belegen sind; diese ist von Fall zu Fall festzulegen, darf aber maximal 20 Franken pro Monat nicht übersteigen (Art. 91). Die anlässlich der Ausstellung eines Hausierpatentes etwa entrichtete Gebühr ist auf diese besondere Erwerbssteuer anzurechnen.

Zu Abschnitt III: Aktivbürgersteuer

Das gesamte moderne Steuerwesen ist, wie mehrfach betont wurde, getragen von dem Gedanken, dass die Gewährung politischer Rechte als Korrelat die Erfüllung finanzieller Pflichten von einem jeden Staatsbürger fordert. Gerade in den Staaten mit stärkst betontem demokratischem Charakter, so z. B. in einzelnen Kantonen der Schweiz und in amerikanischen Einzelstaaten ist die Folgerung gezogen worden, dass es nicht genügt, prinzipiell jeden Bürger zur Steuerleistung heranzuziehen, sondern dass darüber hinaus noch eine besondere Steuer als finanzieller Ausdruck dieser politischen Tatsache eigens auszubilden ist. Diese Aufgabe ist der Aktivbürgersteuer zugefallen, die von jedem stimmberechtigten Bürger zu entrichten ist- Der vorliegende Entwurf rezipiert diese Gedankengänge, indem er jeden stimmberechtigten Bürger in seiner Wohngemeinde der Aktivbürgersteuer unterwirft (Art. 92).

Eine Eingliederung der Aktivbürgersteuern in das Gesamtsystem findet durch die Art der Fixierung des Steuersatzes statt. Wieder wird wie bei der Vermögens- und Erwerbssteuer nur die Steuereinheit festgelegt, hier aus den Betrag von 1 ½ Franken, während der Steuersatz sich nach dem Steuersatz der Vermögens- und Erwerbssteuer richtet und den gleichen Bruchteil oder das gleiche Vielfache der gesetzlichen Steuereinheiten ausmacht (Art. 93). Wird demnach die Vermögens- und Erwerbssteuer mit Promille des Vermögens und 3 % des Erwerbes erhoben, so gelangt die Aktivbürgersteuer mit Fr.1.50 zur Erhebung. Wird aber der Satz der Vermögens- und Erwerbssteuer auf z.B. 2 Promille des Vermögens und 4 % des Erwerbes erhöht, so erhöht sich damit ohne Weiteres auch die Aktivbürgersteuer auf Fr. 2.-. Mit dieser Regelung ist ein Interesse aller Stimmberechtigten, auch derjenigen, die selbst zur Vermögens- und Erwerbssteuer herangezogen werden, an den Steuersätzen, mit welchen diese Steuer zur Erhebung gelangt, gesichert, und damit zugleich auch gesichert die Wirksamkeit der in Art. 40, Abs. 2, vorgesehenen Vorkehrungen gegen allzu rasche oder allzu starke Erhöhung der Steuersätze der Vermögens- und Erwerbssteuer.

Zu Abschnitt IV: Billetsteuer

Die Erhebung einer Billetsteuer auf Aufführungen und Vorstellungen aller Art, für deren Besuch in irgend welcher Form Bezahlung verlangt wird, entspringt heute vielfach dem Wunsch, zur Erschwerung oder Verhinderung von als excessiv betrachteten Lustbarkeiten beizutragen, woraus dann leicht eine besonders hohe Besteuerung des einen oder andern, tatsächlich schädlichen oder nur missliebigen Objektes sich herleitet. Der vorliegende Entwurf ist frei von jeder solchen Absicht der Zensur; er hält sich an die Tatsache, dass der Besuch aller derartigen Veranstaltungen einen gewissen Wohlstand voraussetzt, dass der Wunsch ihres Besuches meist stark genug ist, um eine etwaige, durch die Steuer gegebene Preiserhöhung zu ertragen, und dass daher die Billetsteuer eine einträgliche und doch nicht unangenehm empfundene Form der Besteuerung darstellt. Dem ausschliesslich gemeinnützigen, religiösen, wohltätigen, politischen oder wissenschaftlichen Charakter einer grossen Zahl von Veranstaltungen soll aber dadurch Rechnung getragen werden, dass für sie die für die Lustbarkeiten im weitesten Sinn bestimmte Billetsteuer in Wegfall kommt, soferne der gesamte Ertrag ausschliesslich solchen Zwecken gewidmet ist (Art. 94, Abt. 3). Durch die Forderung der Widmung des Gesamt-, nicht nur des Reinertrages für diese Zwecke wird der Missbrauch ausgeschlossen, der heute vielfach mit Vergünstigungen dieser Art dadurch getrieben wird, dass grosse und kostspielige Vergnügungen unter der Maske der Wohltätigkeit inszeniert werden, bei welchen der wohltätigen Zwecken zufliessende Reinertrag in umgekehrtem Verhältnis zu den Kosten und Freuden der Veranstaltung steht, und häufig kaum an den Glaswert der leergetrunkenen Weinflaschen heranreicht.

Die Steuer wird generell erhoben mit 1% der vereinnahmten Eintrittsgelder, unter Aufrundung auf 5 Rappen des einzelnen Steuerbetreffnisses (Art. 97 und Art. 96, Abs. 1). Verhindert der Charakter der Veranstaltung eine Erhebung von Eintrittsgeldern mit festen Beträgen und Ausgabe von Karten, so kann eine Pauschalierung vereinbart werden (Art. 98, Absatz 2). In jedem Fall ist zur Entrichtung der Steuer verpflichtet der Unternehmer der Veranstaltung, mit ihm solidarisch haften der Vermieter des Lokals sowie, für die Steuer auf die von ihnen erhobenen Beträge, die Personen, denen der Kartenverkauf oder die Erhebung von Eintrittsgeldern übertragen war (Art. 95), eine Sicherungsvorschrift, mit welcher der Fiskus sich gegen die Steuerhinterziehung durch Wandertruppen und dergl. schützt. Der Sicherung dienen neben ihrem verwaltungstechnischen Zweck auch die Anordnungen über die Billetausgabe, die Listenführung, die Kontrolle u.s.f. (Art. 96, Abs. 2), ihr dient die Verpflichtung zur Zahlung der Steuer innert 3 Tagen (Artikel 98, Abs. 1), und auch die Bestimmung, dass die Gemeinde vom Unternehmer die Leistung einer Kaution für die Entrichtung der Steuer fordern kann (Art. 98, Abs. 3), hilft dazu, bei dieser nur unter Mitwirkung des Pflichtigen leicht kontrollierbaren Steuer den richtigen Eingang des geschuldeten Betrags sicher zu stellen.

Zu Abschnitt V: Hundesteuer

Die Hundesteuer ist eine weitverbreitete und auch in Liechtenstein wohlbekannte Form der Aufwandbesteuerung. Sie wird entweder erhoben als rein fiskalische Abgabe, die auf einen in der Tatsache der Hundehaltung begründeten „Luxus"-Aufwand und eine aus ihr ersichtliche, besondere steuerliche Leistungsfähigkeit gelegt ist, oder sie ist nach Konstruktion und Absicht eine veterinärpolizeiliche Massregel, bei der die Abgabenerhebung mehr als Gelegenheit zur tierärztlichen Untersuchung, denn als Besteuerungsform von Wichtigkeit ist. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt dem zweiten Gesichtspunkt insofern Rechnung, als er bestimmt, dass der Gemeinderat wo immer möglich als Bezüger der Hundesteuer einen patentierten Tierarzt zu bestellen hat (Art. 102, Abs. 1). Im übrigen aber wird, an dem fiskalischen Charakter der Abgabe festgehalten, ein Minimalsteuersatz von 5 Franken, ein Maximalsatz von 20 Franken festgesetzt, und zwischen dieser Spanne den Gemeinden das Recht der Aufstellung verschiedener Klassen gegeben, eine Freiheit der Normierung, durch die erst eine wirkliche Berücksichtigung der steuerlichen Leistungsfähigkeit und eine Höherbelastung des Besitzers von Luxushunden möglich wird (Art. 101, Abs. 1).

Mit einem Betrag zwischen 5 und 20 Franken, der unter Umständen noch dadurch eine erhebliche Erhöhung erfährt, dass auf den zweiten und jeden weitern Hund im Besitz einer Person oder einer Haushaltung die Steuer mit dem doppelten Satze zu entrichten ist, stellt die Hundesteuer eine solche Belastung dar, dass in Fällen der sachlichen Unentbehrlichkeit des Hundes eine Sonderregelung stattfinden muss. Der Entwurf bestimmt daher: 1. dass Blindenhunde steuerfrei sind (Art. 99, Abs. 7, lit. b); 2. dass die für das Hüten von Herden gehaltenen Hunde keine Steuerpflicht begründen (Art. 99); 3. dass für Hunde, die ausschliesslich zum Schutze eines einsam gelegenen Hofes oder Hauses, oder die von einer unvermöglichen Haushaltung ausschliesslich für den Erwerb gehalten werden, der Gemeinderat auf Antrag die Steuer auf die Hälfte zu ermässigen befugt ist (Art. 101 Abs. 3).

Steuerpflichtig ist der Haushaltungsvorstand für alle in seinem Haushalt gehaltenen Hunde; dadurch dass er für den Fiskus in allen Fällen als der Besitzer der betreffenden Hunde gilt, wird dem Bezüger erspart, mit unmündigen, oft nicht steuerfähigen Personen verhandeln zu müssen, denen nominell die Hunde häufig gehören. Die Kontrolle darüber, dass für jeden in der Gemeinde gehaltenen Hund von mehr als drei Monaten (Art. 99, Abs. 1) die geschuldete Steuer tatsächlich entrichtet ist, wird ausgeübt durch die Abgabe von mit einem Franken berechneten Zeichen, die am Halsband des Hundes zu befestigen sind (Art. 102, Abs. 2). Die Zeichenausgabe erfolgt anlässlich der Steuerentrichtung durch den Bezüger, im allgemeinen also durch den Tierarzt. Die Steuerentrichtung erfolgt im März jeden Jahres (Art. 102, Abs. 1). Für später erworbene Hunde sichern die besonderen Bestimmungen von Art. 102, Absatz 3 und 4, den Besitzer vor steuerlicher Überbelastung.

Zu Abschnitt VI: Auto- und Velosteuer

Die Besteuerung von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern, insbesondere die auf Kraftfahrzeugen, deren Besitz fast ausnahmslos auf eine gewisse grössere Leistungsfähigkeit schliessen lässt, soll einen leistungsfähigen Sonderaufwand treffen; hieraus folgt aber unmittelbar die Notwendigkeit, in Fällen, wo die Voraussetzung nicht gegeben ist, auf die Erhebung der Steuer zu verzichten. Daher bestimmt der vorliegende Entwurf, dass – nach Stellung eines entsprechenden, befristeten Antrags (Art. 106, Abs. 2) – die Steuer nicht zu erheben ist auf Kraftfahrzeugen, welche ausschliesslich der gewerbsmässigen Personenbeförderung dienen, und auf von Kindern benutzten Rädern, wenn sie sich als Spielzeug qualifizieren (Art. 103, Abs. 2).

Der Eigentümer bezw. Besitzer oder Gebraucher des Fahrzeuges (Art. 104, Abs. 1 und 2) zahlt für Fahrräder und Krafträder einen festen Steuerbetrag von 2 bezw. 10 Franken. Die Steuer auf Kraftwagen beläuft sich auf 25 Franken für den Wagen bis zu 6 PS einschl., 50 Franken bis zu 10 PS, 100 Fr. bis zu 25 PS 150 Franken für Wagen mit mehr als 25 PS.

Eine Sonderregelung für Personen, die sich nur vorübergehend im Lande aufhalten, ist geboten mit Hinblick auf die Tatsache, dass sowohl der Aufenthalt zu Kurzwecken wie der Verkehr mit den inländischen Holdinggesellschaften sehr häufig Kraftfahrzeuge für kurze Zeit ins Land bringen wird, auf die die volle Steuer zu erheben unter diesen Umständen unbillig wäre. Es findet daher für Kraftwagen bei einem Aufenthalt bis zu 8 Tagen eine Ermässigung des Gesamtbetrages auf 10 Franken, bis zu 30 Tagen auf 25 Franken statt, und entsprechend für Krafträder bis zu 30 Tagen auf 3 Franken (Art. 105, Absatz 2).

Die Abgabe ist erstmalig am Tage der Ingebrauchnahme, sodann alljährlich im Monat Dezember für das laufende Kalenderjahr (Art. 106, Abs. 1) zu entrichten an die Gemeinde, in deren Gebiet der Steuerpflichtige Wohnsitz oder Aufenthalt hat (Art. 103, Ab. 1). Für den entrichteten Betrag wird eine Quittungskarte ausgegeben, die falls sie über mehr als 50 Fr. lautet, mit 10 % Landesstempelabgabe zu belegen ist (Art. 105, Abs. 3). Mit der Quittungskarte erhält der Pflichtige eine Nummernplatte, für die eine Gebühr von 1 bezw. 3 Franken erhoben wird. Auch hier ist es billig, für diejenigen Pflichtigen eine gesonderte Behandlung vorzusehen, die nur vorübergehend Aufenthalt im Lande nehmen, ebenso wie für diejenigen, die ihr Fahrzeug abgeben oder die es erst nach dem 31. August erwerben. Für sie findet durch die jeden Einzelfall regelnden Bestimmungen des Art. 106, Abs. 2 – 7, eine angemessene Berücksichtigung ihrer besonderen Verhältnisse statt.

Viertes Hauptstück
Sicherung-, Straf- und Schlussbestimmungen

Zu Abschnitt 1: Sicherung- und Strafbestimmungen.

Wenn ein Land zum ersten Mal in grösserem Umfang zur Steuerleistung herangezogen wird, sind gerade die ersten Einschätzungen entscheidend für die Wirkung und dauernde Leistungsfähigkeit des gesamten Steuersystems. Nur wenn ein Jeder die Gewissheit hat, dass nicht nur er, sondern auch jeder seiner Nachbaren von der ganzen Strenge und der ganzen Milde des Gesetzes gleichmässig erfasst ist, nur dann hat er Zutrauen zur Arbeit der Steuerverwaltung, nur dann ist er bereit, auch in jedem neuen Jahr mit gleicher Offenheit seine gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der Steuerbehörde zu offenbaren, nur dann entwickelt sich jene gesunde Steuermoral, die Voraussetzung und Zeichen nicht nur eines geregelten Staatshaushaltes, sondern einer fruchtbaren Gestaltung des gesamten staatlichen Lebens, der Verbundenheit der Bürger mit ihrem Staate ist. Was der Staat dazu tun kann, ist nicht geschehen mit dem blossen Erlass eines eindeutigen, den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Landes angepassten Steuergesetzes, nicht mit der Vornahme einer genauen und gleichmässigen Einschätzung, sondern die Sicherung des Gesetzesvollzuges gehört mit zu seinen wichtigsten Obliegenheiten, da die Zulassung einer unvollständigen oder auch nur säumigen Steuerzahlung die Gleichheit aller Pflichtigen vor Gesetz und Einschätzung völlig zunichte zu machen geeignet ist.

Diese Sicherung geschieht in doppelter Weise, einmal durch dingliche Sicherung des Fiskus für die ihm geschuldeten Beträge, sodann durch Festsetzung einer Busse bis zu 100 Franken für Steuertrölerei, die neben den Verzugszinsen fällig wird (Art. 118). Die dingliche Sicherung ist gegeben in Form eines Steuerpfandrechtes an den Grundstücken des Pflichtigen für Steueransprüche, das erst mit Ablauf von zwei Jahren seit Verfall des Steuerbetrages erlischt (Art. 107, Abs. 1). Auch das Verbot der Grundbucheintragung des Eigentumsübergangs an Grundstücken anlässlich Erbschaft oder Schenkung vor Zahlung der daraus geschuldeten Steuer (Art. 107, Abs. 2) wird den richtigen und schnellen Eingang der Steuern fördern.

Falls ein Steuerpflichtiger das Land zu verlassen beabsichtigt oder falls ein auswärts wohnender Steuerpflichtiger ein inländisches Grundstück veräussert oder auch in Fällen sonstiger Gefährdung des Steueraufkommens, müssen die Steuererhebungsorgane ebenfalls die Möglichkeit haben, den Eingang der geschuldeten Beträge zu sichern. Sie erhalten daher das Recht, eine Sicherstellungsverfügung zu erlassen, die einem Verwaltungsakt gleichgestellt und sofort vollstreckbar ist (Art. 108, Abs. 1); hinsichtlich näherer Bestimmungen über die Eröffnung der Verfügung, das Beschwerdeverfahren und die Form der Sicherstellung vergl. Art. 108, Abs. 2 – 4).

Allseitige strikte Beobachtung sämtlicher Vorschriften des Gesetzes ist die Voraussetzung dafür, dass seine endliche Wirkung dem Plan und Willen des Gesetzgebers entspricht. Zuwiderhandlungen gegen Gesetzesvorschriften bedürfen daher unmittelbarer Ahndung. Um sie nach Möglichkeit zur Kenntnis der Steuerverwaltung zu bringen, wird für die Behörden und Beamten des Landes die Anzeigepflicht proklamiert hinsichtlich aller gesetzeswidrigen Tatsachen, von welchen sie in Ausübung amtlicher Funktionen Kenntnis erhalten (Art. 109).

Selbst bei weitestgehender Anpassung an die Verhältnisse und Bedürfnisse seines Geltungsgebietes und bei peinlichst sorgfältiger Arbeit der Steuerbehörden wird indessen kein Steuergesetz strafrechtlicher Sanktionen entbehren können. Der Entwurf sieht Strafen vor für den Steuerbetrug (Art. 111 und 112) und die Steuerhinterziehung (Art. 113 – 115), für die Unterlassung der Steuererklärung bezw. Anzeige (Art. 116) und die Verweigerung der Auskunft (Art. 117), schliesslich, wie schon erwähnt, für die Steuertrölerei (Art. 118). Zugleich schützt es die ehrliche Steuerdeklaration, indem es auch den Bruch des Verschwiegenheitsgelöbnisses, von dessen besonderer Wichtigkeit oben gesprochen wurde, unter strenge Strafe stellt (Art. 110). Beim Steuerbetrug fasst es neben dem Täter den Gehilfen und Begünstiger, indem es für einen Jeden eine hohe Geldbusse festsetzt, neben der in schweren Fällen auch noch auf Gefängnis erkannt werden darf. Bei der Steuerhinterziehung nimmt es den Tatbestand der Hinterziehung nicht nur dann als gegeben an, wenn der Pflichtige durch unrichtige oder unvollständige Angaben, sondern auch dann, wenn er durch Verweigern oder Unterlassen von Steuererklärungen, Steueranzeigen oder Auskünften die Einforderung einer Steuer verhindert oder den nach Massgabe des Gesetzes geschuldeten Betrag vermindert. Jede schuldhafte Hinterziehung wird, soferne sie nicht durch den Hinterzieher selbst vor Erstattung einer Anzeige oder Einleitung einer Untersuchung wiedergutgemacht wird, abgesehen von der Einforderung des hinterzogenen Betrages, noch mit einer Nachsteuer bestraft, die je nach der Differenz zwischen geschuldeter und tatsächlich entrichteter Steuer das Ein- bis Dreifache dieser Differenz beträgt (Art. 114, Abs. 1). Diese Nachsteuerpflicht erlischt auch nicht mit dem Tode des Hinterziehers; vielmehr  haften seine Erben solidarisch für die Nachsteuer, ein Jeder bis zum Betrage seines eigenen Erbteils, gleichgültig ob zur Zeit des Todes ein Nachsteuerverfahren bereits eröffnet war oder nicht (Art. 115). Ihre materiellen Grundlagen erhält diese Nachsteuersukzession in der amtlichen Inventarisation jedes Nachlassvermögens (Art. 60).

Im Falle eines Bruches des Gelöbnisses der Verschwiegenheit oder des Steuerbetrugs findet das Strafverfahren vor den ordentlichen Gerichten statt. Die Verhängung der Nachsteuer liegt bei der Steuerverwaltung. Für alle sonstigen Bussen ist die Gemeindesteuerkommission bezw. die Steuerverwaltung zuständig (Art. 119). Von den eingehenden Nachsteuern, Geldstrafen und Geldbussen fliesst ein Drittel der Landeskasse zu, das zweite Drittel der Aufenthalts- oder Wohnsitzgemeinde des Schuldigen. Hinsichtlich des dritten Drittels wird vorgesehen, dass, falls der Betrug oder die Hinterziehung durch eine Anzeige aufgedeckt wurde, dieses Drittel dem anzeigenden Verleider zufallen soll. Diese dem französischen Fiskalstrafrecht entstammende, vom schweizerischen Fiskalstrafrecht rezipierte Bestimmung hat gewiss etwas Odiöses an sich, ist aber allein geeignet, dem Fiskus in seinem Kampfe gegen die Steuerhinterziehung interessierte Bundesgenossen zu werben. Abweichend vom französischen Recht gibt aber der vorliegende Entwurf dem Verleider, der in Ausübung seines Amtes zur Anzeige verpflichtet war (Art. 109), keinen Anspruch auf den Verleideranteil. Liegt dieser Tatbestand vor, oder verzichtet der Verleider auf seinen Anteil, so fällt das letzte Drittel in den Landesarmenfonds, wodurch es der Verwendung zugeführt wird, zu der es auch beim Fehlen eines Verleiders bestimmt ist (Art. 121).

Zu Abschnitt II: Einführungs- und Übergangsbestimmungen.

Der völlige Neubau des Steuersystems, den der vorliegende Entwurf vornimmt, gebietet mit den Steuern der Vergangenheit auch die Steuererklärungen der Vergangenheit zu begraben. Der Entwurf sichert daher Steueramnestie allen denen zu, die bei der ersten Steuerklärung nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes aus freien Stücken Vermögen und Erwerb vollständig angeben (Art. 123).

In den Übergangsbestimmungen wird zunächst (Art. 124) festgestellt, dass solange das in der Verfassung vorgesehene Verwaltungsgericht noch nicht errichtet ist, die im Entwurfe dem Verwaltungsgerichte zugewiesenen Funktionen von der Verwaltungsbeschwerdeinstanz zu erfüllen sind. Bedeutsamer ist die Regelung des zeitlichen Verhältnisses hinsichtlich der Geltung der zur Zeit in Kraft stehenden Steuergesetzgebung und des neuen Steuergesetzes (Art. 125). Der Entwurf sieht vor, dass die nach Massgabe des Finanzgesetzes für das Jahr 1922 zu erhebenden Landessteuern nicht mehr auf Grund der zur Zeit geltenden Steuergesetzgebung, sondern bereits auf Grund des neuen Steuergesetzes erhoben werden sollen. Hiervon abweichen soll aber der Lohnerwerb des Jahres 1922, auf dem die Steuer für das Jahr 1922 durch Lohnabzug bereits erhoben wurde, als versteuert gelten und zu keiner weitern Steuerleistung herangezogen werden. Den Gemeinden bleibt freie Wahl überlassen, ob sie die Steuern für das Jahr 1922 nach der zur Zeit geltenden Steuergesetzgebung oder nach Massgabe des neuen Steuergesetzes erheben wollen. Die mit Holdinggesellschaften getroffenen Vereinbarungen (Pauschalierungen) werden durch das Inkrafttreten des neuen Gesetzes in ihrer Geltung nicht beeinträchtigt. Da die Dauer der Zeitspanne nicht vorauszubestimmen ist, die zur Vorbereitung der ersten Veranlagung notwendig sein wird, wird der Regierung das Recht eingeräumt, anlässlich der erstmaligen Veranlagung von der Bestimmung des Art. 25, Abs. 1 (Steuererklärung im März) abweichende Anordnungen zu treffen. Mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes sind alle alten Steuergesetze aufgehoben (Art. 126). Der Steuerpflichtige, der das neue Gesetz gründlich kennt, wird daher, so wie ihm versprochen, die ganze Steuermaterie kennen.

Die Bedeutung des Entwurfes erhellt aus Text und Begründung zur Genüge. Dass er, falls er Gesetzeskraft erlangt, nicht nur den Haushalt des Staates neu regeln, sondern auch in den Haushalt jedes einzelnen Bürgers tief eingreifen wird, stempelt diesen Entwurf zu einer der wichtigsten Vorlagen, über welche die zur Gesetzgebung verfassungsmässig berufenen Faktoren seit langer Zeit zu entscheiden hatten. Daher erscheint es geboten, auf Art. 30, Ziff. 1, lit. 3, des Gesetzes betr. die Ausübung der politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten zurückzugreifen (Art. 127), das vom Landtage verabschiedete Gesetz der Volksabstimmung zu unterstellen und so das Volk selbst zur Entscheidung aufzurufen, ob es gewillt ist, die von ihm geforderten Pflichten in freier Entschliessung auf sich zu nehmen.

 

Versuch einer Ertragsberechnung für die nach Massgabe des Entwurfes eines Steuergesetzes für das Fürstentum Liechtenstein zu erhebenden Steuern.

Der Versuch, die wahrscheinlichen Erträge der nach Massgabe des vorliegenden Entwurfes zu erhebenden Steuern zu schätzen, stösst deshalb auf besondere Schwierigkeiten, weil im Zentrum des im Entwurfe vorgeschlagenen Steuersystems eine Vermögens- und Erwerbssteuer schlägt, wogegen keine zulänglichen Unterlagen für die Schätzung der Grösse des steuerbaren Vermögens und des steuerbaren Erwerbes vorhanden sind. Denn das z. Z. noch geltende Steuersystem ist aus einem Ertragssteuergesetze herausgewachsen, es belastet die einzelnen Ertragsquellen und lässt keinen Schluss zu, auf die Grösse des Gesamtvermögens oder Gesamterwerbes, der einzelnen Zensiten. Nachstehender Versuch einer Gewinnung der Berechnungsgrundlagen wird wohl mit grösster Vorsicht unternommen, insbesondere wird stets, um künftigen Enttäuschungen vorzubeugen, wo immer Zweifel möglich sind, lieber die weniger optimistische Anschauung rezipiert und die niedrigere Zahl eingesetzt, dennoch wird man keinen Augenblick übersehen dürfen, dass die nachstehenden Zahlen nicht den Charakter einer exakten Statistik, sondern nur den einer gutfundierten vorsichtigen Schätzung haben.

1. Das steuerbare Vermögen

Der Betrag des steuerbaren Vermögens der einzelnen Zensiten ist unbekannt. Man wird folglich den Versuch unternehmen müssen, dieses Vermögen auf Grund der vorhandenen Unterlagen nach seinen einzelnen Bestandteilen zu erfassen.

a) Land- und forstwirtschaftlich bebaute Grundstücke. Der vorhandene Kataster erfasst die Gesamtheit des land- und forstwirtschaftlichen bebauten Bodens, gegliedert nach Kulturarten und Bonitätsklassen. Die Pro Klafter angegebenen Katastralwerte sind längst veraltet und es wurden für Zwecke vorliegender Ertragsberechnung durch den Herrn Landesgeometer die heutigen Verkehrswerte für jede Kulturart und Bonitätsklasse eingefügt. Auf Grund dieser Angaben kann der in land- und forstwirtschaftlich bebauten Grundstücken investierte Teil der steuerbaren Vermögen wie folgt berechnet werden:

Kulturart

Bonitäts-klasse

Anzahl, der Quadratklafter

Heutiger Verkehrswert pro Quadrat-klafter Fr.

Gesamter Verkehrswert der Klasse

Weingärten

I

38‘708

4.-

154‘832

II

60‘467

3.-

181‘401

III

20‘698

2.-

41‘396

IV

7‘497

1.-

7‘497

 

 

 

 

385‘126

 

 

 

 

 

Gärten, Äcker, Wiesen, Ried-böden, und dergl.

A

138‘922

7.-

972‘454

1

1‘614‘937

4.-

6‘459‘748

2

2‘631‘591

2.25

5‘802‘460

3

2‘974‘363

1.50

4‘461‘545

4

3‘264‘286

1.-

3‘264‘286

5

2‘758‘186

0.60

1‘654‘911

6

1‘133‘072

0.20

226‘144

7

902‘469

0.10

90‘246

8

94‘936

 

 

 

 

 

 

22‘931‘794

 

 

 

 

 

Wälder

I

771‘561

0.60

462‘936

II

3‘124‘286

0.50

1‘562‘143

III

2‘018‘982

0.30

605‘694

IV

1‘029‘437

0.15

154‘415

 

 

 

 

2‘785‘188


Nach vorstehender Aufstellung repräsentiert der land- und forstwirtschaftlich genutzte Grund und Boden folgende Werte:

Weingärten

Fr.       385‘126.-

Gärten, Äcker, Wiesen, Riedböden und dgl.

Fr.  22‘931‘794.-

Wälder

Fr.    2‘785‘188.-

Zusammen

Fr.  26‘102‘108.-


Für die Ermittlung des steuerbaren Bodenvermögens ist indessen von dieser Summe abzuziehen der Wert der in Gemeindeeigentum stehenden Waldungen, da die Gemeinden nach Massgabe des vorliegenden Entwurfes auf ihrem Vermögen keine Staatssteuer zu entrichten haben werden, soferne die Erträge dieses Vermögens Kirchen oder Schulzwecken oder der Fürsorge für Arme und Kranke gewidmet sind (Art. 21, Ziff. 2). Nach Vornahme dieses Abzuges in der Höhe von Fr. 2‘225‘150 (fachkundige Schätzung) reduziert sich die Gesamtsumme auf       Fr. 23‘876‘958

b) Gebäude. Der auf Grund einer besonders sorgfältigen Erhebung vom Landesgeometer ermittelte Bauwert der im Lande vorhandenen Gebäude aller Art beläuft sich auf Fr. 18‘671‘508.

Zur Kontrolle dieser Zahl kann herangezogen werden eine aus dem Jahre 1903 stammende Aufstellung über die gesamte Brandversicherungssumme der im Lande gelegenen Gebäude. Diese belief sich auf Kr. 12‘915‘699. Es darf mit grosser Gewissheit erklärt werden, dass wenn der Bauwert der im Lande gelegenen Gebäude nach Massgabe der Brandversicherungssummen im Jahre 1903 mit nahezu 13 Millionen Kronen anzusetzen war, der heutige Bauwert, unter Berücksichtigung sowohl der seit dem Jahre 1903 erstellten Neubauten wie unter Berücksichtigung der Verschiebungen des Geldwertes, für das Jahr 1922 mit knapp 19 Millionen Franken eher zu niedrig denn zu hoch angesetzt ist.

Indessen stellt der Bauwert nur einen Teil des Gesamtwertes der bebauten Grundstücke dar; ein zweiter Teil dieses Gesamtwertes entfällt auf den Bodenwert, der leider nicht feststellbar ist. Wohl wird vom Landesgeometer angegeben, dass der Baubodenwert sehr starke Verschiedenheiten ausweist und zwischen etwa 20 Fr. für den Klafter an guten Lagen in Vaduz im Maximum und 5 Fr. für den Klafter in der Gemeinde Ruggell sich bewegt, und im Durchschnitte für das ganze Land mit etwa Fr. 12.- für den Klafter angesetzt werden kann. Aber diese Angaben lassen sich nicht weiter verwerten, da weder bekannt ist der Gesamtumfang des mit Gebäuden bedeckten Areals, noch die Verteilung dieses Areals auf die einzelnen Gemeinden. In Ermangelung aller Unterlagen muss zu einer rohen Schätzung gegriffen werden, die, weil sie unkontrollierbar ist, besonders vorsichtig ausgeführt werden soll. Zwischen Bauwert und Bodenwert besteht stets eine gewisse Beziehung, und wenn auch das Verhältnis zwischen den Beiden in weitgehendem Masse durch die Dichtigkeit der Bevölkerungsagglomeration beeinflusst wird und in grossen Gemeinden und Städten anders gestaltet ist als in kleinen landwirtschaftlichen Gemeinden, so besteht doch die Möglichkeit, auf Grund des Bauwertes unter Berücksichtigung der Siedelungsweise und der Bevölkerungsdichte auf den Bodenwert zu schliessen. Bei einem Bauwert in der Höhe von über 18 ½ Millionen Franken wird der Bodenwert mit rund 5 Millionen Franken eher zu tief denn zu hoch angesetzt sein. Bei einem Bodenwerte von 5 Millionen Franken und einer Bevölkerung von rund 11‘000 Einwohnern ergäbe sich auf den Kopf der Bevölkerung ein durchschnittlicher Betrag von Fr. 455, wogegen z.B. in rein landwirtschaftlichen Gemeinden des Kantons Bern, die eine Bevölkerung von nicht mehr als 2 Einwohnern auf den Hektar Gemeindefläche aufweisen, Fr. 622 als Wert des mit Wohngebäuden bebauten Bodens auf den Kopf der Bevölkerung entfallen.

Darnach wird angesetzt:

der Bauwert der Gebäude mit

Fr. 18‘671‘508

der Bodenwert des mit Gebäuden bedeckten Bodens mit

Fr.   5‘000‘000

Demnach der gesamte Gebäudewert

Fr. 23‘671‘508


c) Viehhabe. Nächst dem eigentlichen Bodenvermögen entfällt bei einem Landwirtschaftsbetriebe vom Charakter des in Liechtenstein vorherrschenden ein sehr erheblicher Teil des in der Landwirtschaft arbeitenden Kapitals auf die Viehhabe. Die Stückzahl der im Lande gehaltenen Viehbestände wird wie folgt angegeben:

Viehbestand nach dem Ergebnis der Viehzählung v. 31. Dez. 1921:

403 Pferde
2404 Kühe
1323 Rinder
223 Ochsen
83 Stiere
1193 Kälber
1147 Schafe
993 Ziegen
1534 Schweine

Unter Zugrundelegung der gegenwärtigen, recht gedrückten Viehwerte, wie sie vom Präsidenten des landwirtschaftlichen Vereins angegeben wurden, kann der Wert dieser gesamten Viehhabe mit zumindest 3 Millionen Franken angesetzt werden.

d) Sonstiges, in der Landwirtschaft arbeitendes Kapital. Mit dem land- und forstwirtschaftlich bebauten Grund und Boden, den landwirtschaftlichen Gebäuden und der Viehhabe ist nur ein Teil des in der Landwirtschaft arbeitenden Gesamtkapitals erfasst. Ein weiterer Teil entfällt auf andere Kapitalarten (Obstbaumkapital, Pflanzgutkapital, Maschinen und Geräte, umlaufendes Betriebskapital usw.). Unterlagen zur Schätzung der Grösse dieser Kapitalien fehlen für Liechtenstein vollständig und deshalb muss wieder zu einer rohen, aber vorsichtigen Annahme gegriffen werden. Nach den auf Grund landwirtschaftlicher Buchhaltungen durchgeführten Erhebungen des Schweizerischen Bauernsekretariates entfielen im Durchschnitt der Jahre 1906 bis 1903 in der Schweiz auf je Fr. 2010 Bodenkapital Fr. 880, die im Obstbaum- und Pflanzenkapital, Maschinen und Geräten, und umlaufendem Betriebskapital gebunden waren, mit anderen Worten: diese Kapitalinvestitionen repräsentierten im Durchschnitt der erwähnten Jahre in der Schweiz 43,78 % der Kapitalinvestitionen im Grund und Boden. Nun sei, um Enttäuschungen vorzubeugen, besonders vorsichtig angenommen, dass angesichts der wesentlich geringern Kapitalintensität des landwirtschaftlichen Betriebes in Liechtenstein diese Quote für Liechtenstein nur rund ¼ so hoch wie in der Schweiz anzusetzen ist, dass also das in der Landwirtschaft arbeitende, aber nicht im Grund und Boden, in Gebäuden und in der Viehhabe gebundene Kapital nur 10 % des Bodenkapitals

repräsentiert. Bei einem Bodenkapital von         Fr. 23‘376‘958
ergeben 10 % den Betrag von                                   Fr.   2‘387‘695

e) In Handel und Gewerbe arbeitendes Kapital. Sind schon die Unterlagen für die Erfassung des in landwirtschaftlichen Betrieben arbeitenden Kapitals recht mangelhaft, so versagen sie vollständig für die Erfassung des in gewerblichen und kaufmännischen Unternehmungen investierten Kapitals. Das Einzige, was auf Grund der vorhandenen Unterlagen feststeht, ist: dass (abgesehen von den beiden fabrikmässigen Betrieben im Lande, deren Steuerleistung pauschaliert ist, und abgesehen von den im Lande domizilierten Aktiengesellschaften) zusammen 431 Zensiten zur Gewerbesteuer veranlagt wurden, und dass deren steuerbarer Erwerb aus dem Betriebe einer gewerblichen Unternehmung oder eines Handelsgeschäftes mit zusammen rund Fr. 900‘000 angesetzt war. Die Verteilung dieser Zensiten und ihres Erwerbes nach Grössenkategorien gestaltete sich folgendermassen:

 

 

Erwerb aus selbständigem Betriebe von Handel und Gewerbe

Zahl der der Zensiten

Gesamterwerb der Grössenkategorie

Bis zu Fr. 1‘000

230

Fr. 118‘810

Fr. 1‘001 bis Fr. 2‘000

64

Fr. 109‘375

Fr. 2‘001 bis Fr. 3‘500

53

Fr. 145‘450

Fr. 3‘501 bis Fr. 6‘000

62

Fr. 295‘700

Fr. 6‘001 bis Fr. 9‘000

11

Fr. 82‘600

Fr. 9‘001 bis Fr 12‘000

5

Fr. 55‘000

Über 12‘000

6

Fr. 98‘500

Zusammen

431

Fr. 905‘435


Völlig unfeststellbar ist aber: wie gross das Kapital ist, welches diese 431 selbständige Handels- und Gewerbetreibenden in ihren Geschäften investiert haben, und folglich auch: wie gross derjenige Teil des mit rund Fr. 900‘000 ausgewiesenen Gesamterwerbes ist, der als Ertrag des Unternehmungskapitals angesprochen werden sollte, und wie gross derjenige Teil, der nicht Kapitalertrag, sondern Ertrag der Unternehmungsarbeit ist. Angesichts dieses völligen Mangels aller Unterlagen erschiene es unzulässig, auf Grund irgend welcher unkontrollierbaren Hypothesen einen Betrag als Unternehmungskapital in Handel und Gewerbe anzusetzen. Und es muss folglich, im Interesse möglichster Zuverlässigkeit der Berechnungsgrundlagen, dieses Unternehmungskapital zunächst völlig unberücksichtigt bleiben. Ausdrücklich sei hierbei aber darauf hingewiesen, dass durch diese Nichtberücksichtigung des Unternehmungskapitals die Berechnung selbst nur in ihrer Zusammensetzung, nicht aber in ihren Ergebnissen beeinflusst wird. Beträgt nämlich nach Massgabe des vorliegenden Entwurfes die gesetzliche Steuereinheit 1 ½ Promille des Vermögens und 3 % des Erwerbes, und ist der Steuerpflichtige berechtigt, von seinem Gesamterwerb 5 % des versteuerten Vermögens abzuziehen, so bleibt das Resultat das gleiche, ob der als Ertrag des Unternehmungskapitals sich darstellende Teil des Erwerbes durch die Vermögenssteuer, oder der gesamte Erwerb durch die Erwerbssteuer belastet wird. Beispielshalber sei angenommen, ein Kaufmann habe in seinem Geschäft ein Kapital von Fr. 30‘000 investiert und aus dem Geschäftsbetriebe einen Ertrag von Fr. 5000 erzielt. Versteuert er ein Vermögen von Fr. 30‘000, so hat er auf diesem Vermögen mit 1 ½ Promille eine Vermögenssteuer in der Höhe von Fr. 45 zu entrichten; er ist befugt, von den Fr. 5000 des Geschäftsertrages 5 % des versteuerten Vermögens, gleich Fr. 1500 abzuziehen, nach diesem Abzug verbleibt ein steuerbarer Erwerb in der Höhe von Fr. 3500, und aus diesen Fr. 3500 entrichtet er mit 3 % die Erwerbssteuer mit Fr. 105. Zusammen demnach (ohne Berücksichtigung der Abzüge und der Zuschläge) Fr. 45 Vermögens- und Fr. 105 Erwerbssteuer, Fr 150 Gesamtsteuerleistung. Wird dagegen das im Geschäft arbeitende Vermögen nicht weiter berücksichtigt, so ist auch kein Abzug von 5 % des versteuerten Vermögens vorzunehmen, der steuerbare Erwerb beläuft sich auf Fr. 5000 und auf diesen ergibt die Erwerbssteuer mit 3 % den gleichen Betrag von Fr. 150. Folglich bedeutet es keine Beeinflussung des Gesamtergebnisses der vorliegenden Ertragsberechnung, wenn auf die nach Massgabe des vorhandenen Materials eben nicht mögliche Schätzung der in Handel und Gewerbe arbeitenden Kapitalien verzichtet wird, und der gesamte, nach den vorstehend mitgeteilten Ergebnissen der Veranlagung zur Gewerbesteuer festgestellte Ertrag gewerblicher und kaufmännischer Betriebe ungeteilt bei Berechnung der Unterlagen für die Erwerbssteuer eingesetzt wird.

f) Rentenkapital. Wie für die Erfassung des in Handel und Gewerbe arbeitenden Unternehmungskapitals, so fehlen auch alle Unterlagen für die Erfassung derjenigen Kapitalien, die in verzinslichen Wertpapieren, Dividendenwerten und sonstigen Formen der Rentenanlage investiert sind. Bekannt ist lediglich, dass von den Fr. 12‘000, welche die Klassensteuer im Jahre 1921 als Ertrag abgeworfen hat, Fr. 1500 auf die Steuerleistung des Renteneinkommens entfallen. Allzuhoch wird indessen das eigentliche Rentenkapital nicht veranschlagt werden dürfen; denn gerade dieses Kapital hat durch die Kronenentwertung die allergrössten Verluste erlitten und die seit der Loslösung des Landes von der wirtschaftlichen Schicksalsgemeinschaft mit dem Wirtschaftsgebiete der Kronenwährung verflossene Zeit ist zu kurz, als dass ein nennenswertes neues Frankenkapital hätte gebildet werden können. Will man Enttäuschungen vermeiden, so wird man den Betrag, mit welchem das Rentenkapital für die Berechnung der Erträge der Vermögenssteuer anzusetzen ist, mehr nur pro memoria mit Fr. 500‘000 in die Berechnungsgrundlagen einfügen dürfen.

Zusammenfassung, Vermögen

Auf Grund der vorstehenden Berechnungen kann das der Vermögenssteuer unterliegende Kapital wie folgt zusammen, gefasst werden:

a. Land- und forstwirtschaftlich bebaute Grundstücke

Fr. 23‘876‘958

b. Gebäude (Boden-und . Bauwert)

Fr. 23‘671‘508

c. Viehhabe

Fr.   3‘000‘000-

e. Sonstiges, in der Landwirtschaft arbeitendes Kapital

Fr.   2‘387‘695

f. In Handel und Gewerbe arbeitendes Kapital

p. m.

g. Rentenkapital

Fr.      500‘000

h. Wasserkräfte

p. m.

Zusammen

Fr. 53‘436‘161

 

Schuldenabzug

Für die Schätzung des wahrscheinlichen Ertrages einer Vermögenssteuer wäre es indessen nicht angängig, von der ermittelten Gesamtsumme in der Höhe von 53.4 Millionen Fr. auszugehen. Mitberücksichtigt muss werden der im vorliegenden Entwurfe eines Steuergesetzes vorgesehene Schuldenabzug. Soweit es sich hierbei um Schulden handelt deren Gläubiger der Steuerhoheit des Landes ebenfalls unterstehen, wird der Schuldenabzug keine Minderung der Steuererträge zur Folge haben; denn der Schuldbetrag, den der Schuldner von seinem Vermögen abzieht, wird dem Gläubiger als Vermögen versteuert. Wohl aber wird der Schuldenabzug stets eine Minderung der Steuererträge nach sich ziehen, wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz im Auslande hat und der Landessteuerhoheit nicht untersteht. Bei der heute gegebenen Sachlage kommen hierbei lediglich die Schulden liechtensteinischer Schuldner in der Schweiz in Betracht. Von diesen sind ziffermässig lediglich die im Grundbuch eingetragenen fassbar. Nach einer auf den 15. September 1922 von der Grundbuchverwaltung erstellten Übersicht beliefen sich solche Frankenschulden in der Schweiz auf

Fr. 260‘000 Landesschulden,
Fr. 108‘000 Gemeindeschulden und
Fr. 841‘540 Schulden Privater.

Hiervon sind unter dem Gesichtspunkte des Steueraufkommens nur die Schulden Privater relevant, und diese sind vom erfassten Vermögen in Abzug zu bringen.

Das Vermögen war vorstehend zusammengefasst mit                                Fr. 53‘436‘161

Davon abzuziehen die Schulden im Auslande mit   Fr.    841‘540
Verbleibt als steuerbares Vermögen                           Fr. 52‘594‘621
oder rund                                                                                52 Millionen Franken.

Dieser Betrag wird somit sowohl der Berechnung der Vermögenssteuererträge wie der Berechnung der Erträge der Erbschaftssteuer zugrunde gelegt werden können.

2. Der steuerbare Erwerb

Bei der Aufstellung der Unterlagen für die Schätzung der Unterlagen für die Schätzung der Erwerbssteuererträge bieten die Ergebnisse der Gewerbe-, der Klassen- und der Lohnsteuererhebung einen etwas besser gesicherten Roden als derjenige, auf welchem die Unterlagen für die Schätzung der Vermögenssteuererträge aufgerichtet werden mussten. Immerhin stellen auch diese Schätzungen nur Näherungswerte dar.

a) Erwerb aus Landwirtschaftsbetrieb. Soweit es sich um den Erwerb aus der selbständigen Bewirtschaftung eigenen land- und forstwirtschaftlich bebauten Grund und Bodens handelt, ist nach Massgabe des vorliegenden Gesetzesentwurfes eine Erwerbssteuer überhaupt nicht zu entrichten; denn der auf eigenem Grund und Boden arbeitende Landwirt hat mit der Entrichtung der Vermögenssteuer seine Steuerschuldigkeit erfüllt und keine weitere Erwerbssteuer zu zahlen. Landwirtschaftlicher Erwerb kommt folglich für die Erwerbssteuer nur insoferne in Betracht, als er gewonnen wird aus der Bewirtschaftung gepachteten Grund und Bodens. Unterlagen zur Schätzung solcher Pächter Erträge liegen nicht vor.

b) Erwerb aus Gewerbe- und Handelsbetrieb. Der Erwerb aus selbständigem Betriebe gewerblicher und kaufmännischer Unternehmungen ist fassbar auf Grund der bisherigen Veranlagungen zur Gewerbesteuer. Der Gesamterwerb sämtlicher zur Zahlung der Gewerbesteuer herangezogenen Zensiten (mit Ausschluss der fabrikmässigen Betriebe mit pauschalierter Steuerleistung) belief sich im Jahre 1921 auf Fr. 905‘435 und wiewohl der Betrag etwas niedrig scheinen mag, soll er doch der Schätzung der Erwerbssteuererträge zugrunde gelegt werden.

c) Erwerb aus besoldeter Tätigkeit und in liberalen Berufen. Die nach dem geltenden Steuergesetz erhobene Klassensteuer wird in der 1. Klasse auf dem Erwerb aus Gehältern und Besoldungen und auf dem Erwerb in liberalen Berufen entrichtet; dieser Erwerb wird nach Massgabe des vorliegenden Entwurfes inskünftig durch die Erwerbssteuer zur Steuerleistung herangezogen werden (das Steuerobjekt der 2. Klasse der Klassensteuer, Kapitalrenten, wird dagegen nach Massgabe des vorliegenden Entwurfes zum Steuerobjekt der Vermögenssteuer). Die Veranlagung zur Klassensteuer hat für das Jahr 1921 das nachstehende Ergebnis gezeitigt:

 

 

Einkommen aus besoldeter Tätigkeit und liberalen Berufen

Zahl der Zensiten

Gesamteinkommen der Gruppe

bis zu Fr. 1000

22

Fr.    9‘000

von Fr. 1‘001 bis Fr. 2‘000

36

Fr.  61‘000

von Fr. 2‘001 bis Fr. 3‘500

62

Fr. 183‘000

von Fr. 3‘501 bis Fr. 6‘000

37

Fr. 150‘000

von Fr. 6‘001 bis Fr. 9‘000

6

Fr.  38‘000

von Fr. 9‘001 bis Fr. 12‘000

6

Fr.  53‘000

über Fr. 12‘000

1

Fr.  18‘000

Zusammen

170

Fr. 512‘000


Diese 170 Zensiten haben im Jahre 1921 zusammen eine Klassensteuerleistung in der Höhe von Fr. 12‘000 aufgebracht, wovon Fr. 10‘500 auf die Berufseinkommenssteuer und 1500 Franken auf die Kapitalrentensteuer entfielen. In Ermangelung genauerer Unterlagen muss angenommen werden, dass das Steuerobjekt von Fr. 512‘000 sich auf Berufseinkommen und Kapitalrenteneinkommen nach dem gleichen Verhältnis verteilt wie das Steueraufkommen. Entfallen vom gesamten Steueraufkommen in der Höhe von Fr. 12‘000 auf die Kapitalrentensteuer Fr. 1500 gleich 12 ½ %, so sei angenommen, dass ebenfalls 12 % des Steuerobjektes auf Kapitalrentenbezüge entfallen, dass also m. a. W. 87 % des Steuerobjektes sich aus Besoldungsbezügen und Erwerb in liberalen Berufen zusammensetzen, diese Erwerbskategorien somit mit Fr. 448‘000 zur Erwerbssteuerleistung herangezogen werden können.

d) Lohnerwerb. Der auf Grund des Gesetzes vom 27. Dezember 1921 mit einer Sondersteuer belastete Lohnerwerb wird von der Fürstlichen Regierung auf jährlich rund Fr. 1‘300‘000 geschätzt (Lohnerwerb der Fabrikarbeiter, Handwerksgesellen, Taglöhner und Dienstpersonal), und mit diesem Betrag von Fr. 1‘300‘000 wird somit der Lohnerwerb der Ertragsschätzung zugrunde zu legen sein.

Zusammenfassung, Erwerb

Auf Grund der vorstehenden Angaben kann der steuerbare Erwerb wie folgt zusammengefasst werden:

a. Erwerb im landwirtschaftl. Pächterbetriebe

p. m.

b. Erwerb aus Gewerbe- und Handelsbetrieb

Fr.  905‘435

c. Erwerb aus besoldeter Tätigkeit und in liberalen Berufen

Fr.  448‘800

d. Lohnerwerb

Fr. 1‘300‘000

Zusammen steuerbarer Erwerb

Fr. 2‘653‘435

Der Berechnung der Erwerbssteuer soll folglich rund der Betrag von 2‘6 Millionen Franken zugrunde gelegt werden.

NB. Hierin ist nicht inbegriffen das Steuerobjekt der mit einer pauschalierten Steuerleistung belasteten fabrikmässigen Gewerbebetriebe.


 

2. Ertragsschätzung

Auf Grund der dargelegten Verrechnungsgrundlagen kann nunmehr eine Schätzung des Ertrages der im Gesetzesentwurfe vorgesehenen Steuern versucht werden.

A. Landessteuern.
1. Die Vermögenssteuer.

Das steuerbare Vermögen ist mit rund 52 Millionen Franken ausgewiesen. Unter der Voraussetzung, dass die Steuer mit dem der gesetzlichen Steuereinheit entsprechenden Steuersatze von 1 Promille zur Erhebung gelangt, würde einem steuerbaren Vermögen von 52 Millionen Franken ein Ertrag der Vermögenssteuer in der Höhe von Fr. 78‘000 entsprechen.

2. Die Erwerbssteuer

Der steuerbare Erwerb ist mit rund 2,6 Millionen Fr. ausgewiesen. Unter der Voraussetzung, dass die Steuer mit dem der gesetzlichen Steuereinheit entsprechenden Steuersatze on 3 % zur Erhebung gelangt, würde einem steuerbaren Erwerb von 2,6 Millionen Franken ein Ertrag der Erwerbssteuer in der Höhe von Fr. 78‘000 entsprechen.

Zu 1. und 2.: Abzüge und Zuschläge. Der vorliegende Entwurf sieht in Art. 42 Abzüge zugunsten der wirtschaftlich schwachen Steuerzahler, die im Sinne einer Degression wirken sollen, und dagegen in Art. 43 Zuschläge, die eine Progression der Steuerbelastung bei den Empfängern grösserer Einkommen herbeiführen werden. Da auf Grund der vorliegenden statistischen Unterlagen eine Feststellung darüber, in welchem Umfange die Abzüge und die Zuschläge sich auswirken werden, nicht möglich ist (sie ist nicht möglich, weil die Veranlagung zur Steuer auf Grund der geltenden Steuergesetzgebung weder das Gesamtvermögen noch den gesamten Erwerb der einzelnen Zensiten erfasst), so kann auch die fiskalische Wirkung der Abzüge und Zuschläge nicht vorausgesehen werden. Berücksichtigt man indessen, dass die Abzüge wesentlich nur zugunsten derjenigen Zensiten wirken, deren Gesamteinkommen aus Vermögensertrag und Arbeitserwerb den Betrag von jährlich Fr. 3‘000 nicht überschreitet, wogegen bei Überschreitung dieses Betrages schon die Zuschläge zu wirken beginnen, so darf man mit grosser Wahrscheinlichkeit voraussehen, dass die ertragsmindernde Wirkung der Abzüge überkompensiert, zumindest aber ausgeglichen wird durch die ertragssteigernde Wirkung der Zuschläge, und dass im Resultate der auf Grund der gesetzlichen Steuereinheiten, ohne Berücksichtigung der Abzüge und der Zuschläge, berechnete Ertrag der Vermögenssteuer mit Fr. 73‘500 und der Erwerbssteuer mit Fr. 78‘000 nicht zu hoch angesetzt ist.

3. Gesamtertrag der Vermögens- und der Erwerbssteuer.

Nach der vorstehenden Berechnung darf folglich der Gesamtertrag der Vermögens- und der Erwerbssteuer, unter Zugrundelegung der den gesetzlichen Steuereinheiten entsprechenden Steuersätze von 1 ½ Promille vom Vermögen und 3 % vom Erwerbe, mit zusammen Fr. 156‘000 budgetiert werden. Anders ausgedrückt: jedes Drittel der gesetzlichen Steuereinheiten, ½ Promille vom Vermögen und 1 % vom Erwerb, repräsentiert einen Steuerertrag von rund Fr. 50‘000. Die Vermögens- und Erwerbssteuer wird inskünftig im Haushalte des Landes den beweglichen Faktor darstellen, indem der Landtag in der Lage sein wird, bei reichlicher fliessenden Einnahmequellen anderer Art durch Ermässigung der Steuersätze Fr. 50‘000 zu reduzieren, bei wachsendem Bedarf dagegen durch Erhöhung dieser Steuersätze um je ein Drittel der gesetzlichen Steuereinheiten einen Mehrertrag der beiden genannten Steuern um Fr. 50‘000 herbeizuführen

4. Pauschalierte Gewerbesteuer

In dem vorstehend unter 1. und 2. ausgewiesenen Ertrage der Vermögens- und der Erwerbssteuer sind nicht inbegriffen die Steuerleistungen der beiden im Lande vorhandenen fabrikmässigen Gewerbebetriebe, deren Steuersoll auch nach Massgabe der geltenden Steuergesetzgebung pauschaliert ist und nach Artikel 45 des Entwurfes pauschaliert bleibt. Die Steuerleistung dieser beiden Unternehmungen belief sich:

Im Jahre 1920 auf Fr. 8‘440
im Jahre 1921 auf Fr. 10‘028 und
im Jahre 1922 auf Fr. 11‘500.

Allseitig wird im Lande die Auffassung vertreten, dass die bisherigen Steuerleistungen der beiden fabrikmässigen Gewerbebetriebe zu niedrig sind und in keinem rationellen Verhältnisse stehen zu den Vorteilen, welche die gegenüber den schweizerischen wesentlich niedrigeren Löhne in Liechtenstein den beiden Unternehmungen bieten. Und generell wird gesagt werden dürfen, dass wenn die gesamte Bevölkerung mit der Annahme eines neuen Steuergesetzes sich selbst eine stärkere Steuerbelastung auferlegt, auch die fabrikmässigen Gewerbebetriebe eine, der bisherigen gegenüber wesentlich erhöhte Steuerleistung werden aufbringen müssen. Um indessen auch nach dieser Seite hin keine allzu optimistischen Zahlen, welche die Wirklichkeit sehr bald desavouieren würde, aufzustellen, sei die künftige Steuerleistung der fabrikmässigen Gewerbebetriebe mit nur Fr. 20‘000 angesetzt - einem Betrage, der wesentlich hinter denjenigen zurückbleibt, mit welchem Unternehmungen gleicher Art und gleichen Umfanges in den benachbarten schweizerischen Kantonen zur Steuerleistung gewiss herangezogen würden.

5. Pauschalierte Rentnersteuer

In Ermangelung aller Unterlagen und angesichts der völligem Ungewissheit darüber, in welchem Umfange Liechtenstein inskünftig eine Anziehungskraft auf die der pauschalierten Rentnersteuer unterstehenden Steuersubjekte ausüben wird, sei von einer Schätzung des wahrscheinlichen Ertrages dieser Steuer abgesehen.

6. Erbschafts- und Schenkungssteuer

Bei einem steuerbaren Vermögen von rund 52 Millionen Franken kann, unter Zugrundelegung der schweizerischen Sterblichkeitsziffer der Vermögensbesitzer, angenommen werden, dass der jährliche Erbschaftsumsatz zumindest 1/30 des gesamten steuerbaren Vermögens darstellen wird, dass folglich die alljährlich unter die Erbschaftssteuer fallende Vermögensmasse mit rund 1 ¾ Millionen Franken angesetzt werden kann. Doch stellt diese Zahl lediglich eine mathematische Wahrscheinlichkeitsgrösse dar, und der wirkliche Erbschaftsumsatz wird, bei der Kleinheit des Landes, von Jahr zu Jahr sehr erhebliche Schwankungen aufweisen. Da nun für jede weitere Schätzung schlechterdings alle und jede Unterlage fehlt, da weder bekannt ist, wie sich die Erbmassen nach Grössenkategorien gliedern, noch bekannt, wie sie nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Empfänger sich gliedern werden, da mit anderen Worten weder die Grösse des Steuerobjektes feststellbar, noch die Höhe der zur Anwendung kommenden Steuersätze vorauszusehen ist, so wird man zweckmässiger Weise von jeder Schätzung der Erträge absehen, und, nach den Vorschlägen des Entwurfes, Art. 63, die Erträge der Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht zur Bedeckung des ordentlichen Bedarfes, sondern, soweit sie dem Lande zufliessen, zur Amortisation der Landesschulden und zur Äuffnung eines Fonds für die Sozialversicherung, soweit sie den Gemeinden zufliessen zur Äuffnung der Armenfonds und sonstiger gemeinnütziger Fonds verwenden.

7. Gesellschaftssteuer

Die Schätzung der Erträge der Gesellschaftssteuer ist deshalb mit ziemlicher Genauigkeit möglich, weil die Steuerleistung der weitaus meisten zur Zahlung der Gesellschaftssteuer verpflichteten Steuersubjekte auf Jahre hinaus pauschaliert ist und folglich zunächst durch das Inkrafttreten des neuen Steuergesetzes keine Änderung erfahren wird. Die Steuerleistung der z.Z. im Lande domizilierten 20 Aktiengesellschaften ist mit 3‘749 Schweizerfranken und 1‘500 französischen Franken pauschaliert. Eine Erhöhung dieser Erträge ist, bis zum Ablauf der Fristen, für welche die Pauschalierungen vorgenommen würden, nur durch Bildung neuer Gesellschaften mit Sitz im Lande möglich. Unter Berücksichtigung der relativ kleinen Mehrerträge, die auf Grund des neuen Steuergesetzes von Genossenschaften, zum Geschäftsbetriebe im Lande zugelassenen Versicherungsunternehmungen usw. eingehen werden, darf der Ertrag der Gesellschaftssteuer fürs Nächste mit rund Fr. 15‘000 veranschlagt werden.

8. Getränkesteuer

Die Schätzung der wahrscheinlichen Erträge der Getränkesteuer ist abermal kaum möglich, da die Grösse des Steuerobjektes, der Umfang des Konsums geistiger Getränke, statistisch nicht festgestellt werden kann, und jede, gleichviel wie immer fundierte Hypothese, sei es auf Grund der doch ganz anders gearteten schweizerischen Konsumquantitäten, sei es auf Grund der von der Zollstatistik erfassten Importe von Bier und Wein aus dem Auslande, eben nur hypothetischen Charakter hätte. Folglich sei, ohne weitere Begründung, der Ertrag der Getränkesteuer mit zunächst nur Fr. 10‘000 im Jahre angesetzt. Bei einer Bevölkerung von rund 11‘000 Einwohnern würde dieses Steueraufkommen eine fiskalische Belastung des Konsums geistiger Getränke mit Fr. 0.91 auf den Kopf der Bevölkerung, ohne Mitberücksichtigung der Zollerträge, bedeuten, eine  Belastungsquote, die so ausserordentlich weit hinter den Belastungsquoten selbst der Vorkriegsjahre, also einer Zeit heute fast idyllisch anmutender Steuersätze, zurückbleibt, dass eine Enttäuschung durch Mindererträge kaum wahrscheinlich ist.

Auf Grund dieser Schätzungen, welchen man (vielleicht sogar zu weit gehende) Vorsicht gewiss nicht wird absprechen können, lässt sich der Ertrag der sämtlichen, nach Massgabe des vorliegenden Entwurfes zu erhebenden, Landessteuern wie folgt veranschlagen:

 

 

 

1. Vermögens  und Erwerbssteuer

Fr. 156‘000

 

     Davon ab: 3 % Einzugsprovision  an die Gemeinden

Fr.    4‘580

Fr. 151‘320

2. Pauschalierte Gewerbesteuer

 

Fr.  20‘000

3. Pauschalierte   Rentnersteuer

 

p. m.

4. Erbschafts- und Schenkungssteuer  

 

p. m.

5. Gesellschaftssteuer

Fr.  15‘000

 

     Davon ab: Gemeindeanteil

Fr.    5‘000

Fr. 10.000

6. Getränkesteuer

Fr.  10‘000 

 

     Davon ab: Gemeindeanteil

Fr.    5‘000

Fr.   5‘000

Zusammen

 

Fr. 186‘320

Unter Zugrundelegung der im Gesetzesentwurfe vorgesehenen Steuersätze und unter der weitern Voraussetzung,  dass die vom Landtage festzusetzenden Steuersätze der Vermögens- und Erwerbssteuer den gesetzlichen Steuereinheiten entsprechen werden, kann somit mit einem Steuerertrage von rund 185‘000 Franken jährlich gerechnet werden. Jede Erhöhung des Aufkommens der pauschalierten Gewerbesteuer, jede nennenswerte Leistung der vorstehend nur pro memoria eingesetzten pauschalierten Rentnersteuer, jeder weitere Zuzug von Aktien-, insbesondere Holdinggesellschaften, nach Liechtenstein und jede Steigerung der in der vorstehenden Aufstellung äusserst mässig angesetzten Erträge der Getränkesteuer wird dieses geschätzte Gesamtaufkommen von Fr 185‘000 günstig beeinflussen. Reicht der Betrag zur Bedeckung des durch Steuern zu bedeckenden Teiles des öffentlichen Bedarfes nicht aus, so wird der Landtag die Steuersätze der Vermögens- und Erwerbssteuer mit vielleicht vier Dritteilen der gesetzlichen Steuereinheiten, also mit 2 Promille des Vermögens und 4 % des Erwerbes ansetzen müssen.

B. Gemeindesteuern

Es erübrigt noch eine kurze Erörterung der Auswirkungen des vorliegenden Entwurfes auf den Haushalt der Gemeinden.  Die sämtlichen Gemeinden des Landes haben, nach  Massgabe der vorliegenden jüngsten Gemeinderechnungen, bei einem gesamten Gemeindebedarf in der Höhe von rund 230‘000 Fr. die Hälfte dieses Gesamtbedarfes, nämlich rund Fr. 140‘000 durch Umlagen aufgebracht.

Der Entwurf bietet den Gemeinden in der besondern Gemeinde-Erwerbssteuer, der Aktivbürgersteuer, der Billetsteuer, der Automobil- und Fahrradsteuer und der Hundesteuer Steuereinnahmen, deren Gesamtertrag schwer schätzbar ist, gewiss aber unter dem Betrage von Fr. 10‘000 nicht zurück bleiben wird. Der Entwurf bietet den Gemeinden in den Anteilen an dem Ertrage der Gesellschaftssteuer und dem der Getränkesteuer eine Steuereinnahme von anfänglich zumindest abermals Fr. 10‘000 im Jahre, und zum Dritten in der Einzugsprovision eine Einnahme von nahezu Fr. 5000, aus den bisher bezeichneten Quellen demnach zusammen Fr. 25‘000. Darüber hinaus sind die Gemeinden nach Massgabe des Entwurfes befugt, Gemeindezuschläge zur Vermögens- und Erwerbssteuer bis zum Maximum von 100 % der Steuerbetreffnisse zu erheben. Wird nun der Ertrag der Vermögens- und Erwerbssteuer, unter Zugrundelegung der Annahme, dass die Steuersätze mit dem Einfachen der gesetzlichen Steuereinheiten festgelegt werden, mit rund 156‘000 Franken geschätzt, so bedeutet ein Gemeindezuschlag von 100 % das Aufkommen desselben Betrages von Fr. 156‘000 zugunsten der Gemeinden, was wieder zusammen mit den vorhin ausgewiesenen 25‘000 Franken Steuereinnahmen der Gemeinden im Gesamtbetrage von rund Fr. 180‘000 ergibt. Somit steht fest, dass das Inkrafttreten des neuen Steuergesetzes auch den Gemeinden eine Mehrung ihrer Steuereinnahmen, vor allem aber die Möglichkeit besserer Anpassung dieser Einnahmen an den Bedarf brächte. Für ausnahmsweise ungünstige Gemeindeverhältnisse wird endlich die Möglichkeit von Beitragsleistungen aus Landesmitteln vorgesehen (Art. 89, Abs. 3).

Der Landtag hat in der Schlussabstimmung die Vorlage einstimmig angenommen. Wir empfehlen Euch, sie ebenfalls zu genehmigen

Vaduz, den 2. Dezember  1922

Im Namen des Landtages :

Die  Sekretäre: Felix Gubelmann, Stefan Wachter

Das Präsidium: Dr. Wilhelm Beck, Peter Büchel

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[1] LI LA DM 1922/4. Julius Landmann: Motivenbericht zum Neuen Steuergesetz des Fürstentum [!] Liechtenstein. Mels, Sarganserländische Buchdruckerei 1922, 83 Seiten. Bis auf das Deckblatt und die Schlussseite ist der Bericht identisch mit der Botschaft des Landtages zur Volksabstimmung vom 24.12.1922 über das Steuergesetz.