Wilhelm von Bode würdigt anlässlich des 50. Regierungsjubiläums von Fürst Johann II. dessen kulturelles Engagement (2. Teil, Schluss)


Vom Liechtensteiner Volksblatt aus der Freien Presse vom 12.11.1908 übernommener Zeitungsartikel von Wilhelm von Bode[1]

Fürst Johann II. von Liechtenstein als Kunstmäcen. (Schluß).

Die Museen in Prag hat er ganz besonders bedacht, nachdem er durch einen Zufall darauf aufmerksam geworden war. Man hatte uns in Berlin von Stockholm aus eine große Bronzegruppe angeboten. Da sie aber Nürnberger Künstler für Prag gearbeitet hatten, von wo sie bei der Plünderung durch die Schweden fortgenommen war, machte ich 1889 einen Freund darauf aufmerksam. Dieser ließ sie nach Prag kommen, vermochte aber das Geld dafür nicht aufzubringen, wie er mir betrübt nach Paris mitteilte, wo ich gerade zur Besichtigung der Weltausstellung mich aufhielt. Dem Fürsten Liechtenstein, der gleichzeitig dort war und mit dem ich die Ausstellung und die Sammlungen von Paris täglich besuchte, teilte ich den Kummer mit, daß nicht einer der reichen Großgrundbesitzer Böhmens für eine Stiftung der Gruppe zu haben wäre. Der Fürst antwortete nichts darauf, so daß ich die Sache verloren glaubte. Aber am folgenden Tage sagte er mir scherzhaft, gleich als ich ihn abholte, ich hätte ihn eigentlich am Tage vorher mit meiner Anklage gegen den mangelnden öffentlichen Sinn der böhmischen Magnaten schwer beleidigt — wenn auch vielleicht unwissentlich; er habe nämlich auch „etwas Grundbesitz" in Böhmen; er habe sich aber meine Klage zu Herzen genommen und wolle die Gruppe gerne dem Prager Museum spenden, wenn es nur nicht bekannt würde. Bekannt ist's freilich doch geworden, und als der Fürst bald darauf die Gelegenheit benützte, die ihm unbekannten Museen in Prag sich anzusehen, ist dies die Veranlassung geworden, daß er dem Rudolfinum mehrere seiner trefflichsten Erwerbungen geschenkt hat.

Bei jenen gemeinsamen Besuchen der Ausstellung und der Sammlungen von Paris hatte ich in noch höherem Maße als früher in Italien Gelegenheit, zu bewundern, mit welchem Interesse, mit welcher Gründlichkeit und Ausdauer Fürst Johannes die Sammlungen studierte und wie sehr sich seine Gesundheit mit der Zeit gekräftigt hat. Einige Zeit darauf traf ich mit Sr. Durchlaucht in London zusammen und durfte ihn dort durch die Museen begleiten und ihm einige weniger bekannte Privatsammlungen zugänglich machen. Ich gestehe, daß ich, obgleich der Jüngere und an solche Wanderungen gewöhnt, Mühe hatte, so lange auszuhalten wie der Fürst, der im stande war, vom frühen Morgen bis zur Dunkelheit die Sammlungen zu studieren, so daß ich schließlich an eine kurze Pause für das Frühstück erinnern mußte, das in aller Einfachheit in der Nähe eingenommen wurde. Zu den großen Auktionen in London und Paris ging der Fürst nicht selten eigens hinüber, freilich nur zu den Vorbesichtigungen, die er möglichst allein vornahm. Um dies zu ermöglichen, kam er gerne erst am Tage der Versteigerung. Ich erinnere mich des nicht gelinden Erstaunens, als eines Tages ein paar Stunden, ehe die Versteigerung der Galerie des Lord Dudley beginnen sollte, der österreichische Botschafter das Ansinnen stellte, daß für den Fürsten noch sämtliche Bilder wieder ans Licht geschafft werden möchten. Das war noch nie geschehen, aber es geschah! Der Fürst hatte mir mitteilen lassen, daß er mir seine Aufträge rechtzeitig geben würde; sie kamen aber erst, als die Versteigerung schon fast zu Ende war. Ich mußte also nach eigenem Gutdünken vorgehen, wußte ich doch, daß ich die Zustimmung dazu finden würde und daß der Fürst, wo ich für unsere Galerie oder eine andere öffentliche Sammlung Aufträge hatte, seine Wünsche zurückstellen würde. So haben wir auch damals, denn die Museen ließ er stets vorgehen, uns leicht geeinigt. Freilich, die Berliner Museen standen dem Fürsten zu fern, aber mir persönlich hat er von Zeit zu Zeit wertvolle Kunstwerke als Zeichen der Erkenntlichkeit für Ratschläge und Auskünfte aller Art zum Geschenk gemacht, von denen er wohl wußte, wo dieselben enden würden. Das junge Museum der Stadt Straßburg hat prächtige Geschenke von ihm aufzuweisen; das gleiche gilt für einzelne Museen des Auslandes in Orten, wo der Fürst gern und oft weilte, namentlich in Venedig. So hat man auch im „Reich" und im Auslande allen Grund, am heutigen Tage dankbar des kunstsinnigen Mäcen zu gedenken, der nicht nur durch die außerordentlichen Gaben und die Art, wie er sie gemacht hat, sondern zugleich durch die Anregung, die er dadurch in weitesten Kreisen gegeben, und die Förderung die er Kunst und Künstlern angedeihen ließ, sich ein Monument für alle Zeiten gesetzt hat.

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[1] L.Vo. Nr. 49, 4.12.1908, S. 1-2.