Landesverweser Karl von In der Maur informiert Fürst Johann II. über die Resultate der Verhandlungen mit Österreich über einen Postvertrag


Maschinenschriftlicher Bericht von Landesverweser Karl von In der Maur an Fürst Johann II. [1]

26.6.1911

Bericht

betr. den österr.-liechtenst. Postvertrag

Euer Durchlaucht!

Die im k.k. Handelsministerium gepflogenen Verhandlungen [2] betreffend Abschluss eines österreichisch-liechtensteinischen Postvertrages [3] haben das Ergebnis gehabt, dass schliesslich auch in der Markenfrage von den österreichischen Unterhändlern nach längerem Zögern ein Zugeständnis gemacht wurde, indem die Ausgabe liechtensteinischer Postwertzeichen von 5, 10 oder 25 h als der gangbarsten Sorten zugegeben wurde.

Der in dieser Sache erzielte Erfolg ist allerdings nur bescheiden und bleibt hinter dem, was gefordert und erwartet wurde, beträchtlich zurück, [4] indessen war vorläufig mehr nicht zu erreichen, so dass gegenwärtig wohl nichts übrig bleibt, als sich mit dem österreichischen Angebote zu begnügen.

Was die Ausführung der Postwertzeichen betrifft, so wird dieselbe durch die k.k. Staatsdruckerei erfolgen.

Die Farben für die erwähnten Markenkategorien sind international festgesetzt, die liechtensteinischen Marken haben daher jene Farben zu erhalten, welche die korrespondierenden österreichischen Marken besitzen, also 5 h grün, 10 h rot, 25 h blau.

Für das Markenbild Euerer Durchlaucht käme nach meiner unmassgeblichen Ansicht etwa jenes Kopfbild in Betracht, welches auf der Jubiläums-Erinnerungsmedaille und auf den von der Gesellschaft für Münzen und Medaillenkunde jüngst zu Ehren Euerer Durchlaucht herausgegebenen Medaillen befindet, [5] eventuell könnte auch ein ganzes Fürstenbild im Ornate des Vliessordens gewählt werden; ob für alle 3 Markenkategorien das nämliche Bild bestimmt werden soll oder ob etwa für die 5 und 10 h Marken ein Kopfbild, für die 25 h Marken ein ganzes Bild gewählt werden soll, hängt lediglich von dem Gutfinden Euerer Durchlaucht ab; was Umschrift, Grössenverhältnis und dgl. anbelangt, so dürfte es angezeigt erscheinen, die Staatsdruckerei vorerst zur Vorlage einiger Muster zu veranlassen, welche Euerer Durchlaucht zur Auswahl und Bekanntgabe allfälliger weiterer Wünsche zu unterbreiten wären. [6]

Falls die mit der Staatsdruckerei zutreffenden Abmachungen bezüglich Herstellung der liechtensteinischen Marken nicht unmittelbar durch das Handelsministerium gepflogen würden, könnte es unter Umständen notwendig werden, hiezu einen fachmännisch einigermassen vertrauten Funktionär der fürstlichen Hofkanzlei zu beauftragen; nach den Erfahrungen, die ich seinerzeit persönlich bei Herstellung der liechtensteinischen Stempelmarken durch die Staatsdruckerei gewonnen habe, [7] wickeln sich aber diese Angelegenheiten, wenn einmal über die Ausstattung der Marken entschieden ist, höchst einfach ab und werden alle Weiterungen entfallen, weil die Ablieferung der hergestellten Postmarken nicht an die fürstliche Regierung, sondern an die österreichische Postverwaltung erfolgt.

Die von Euerer Durchlaucht bezüglich des Markenbildes getroffenen Entscheidungen wären sohin dem k.k. Handelsministerium eventuell auch direkt der k.k. Staatsdruckerei bekanntzugeben.

Euerer Durchlaucht

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[1] LI LA SF 03/1911/17/1403 ad 65. Ebd. ein handschriftlicher Entwurf. Der Bericht langte am 30.6.1911 bei der Hofkanzlei ein (LI LA SF 03/1911/17/1497 ad 65, Hermann von Hampe an Karl von In der Maur, 3.7.1911). Hermann von Hampe, der Leiter der Hofkanzlei, teilte mit Schreiben vom 4.7.1911 mit, dass die Resolution des Fürsten "in Angelegenheit des Postvertrages herabgelangt" sei und laute: "Vollkommen einverstanden. Siehe auf angestrichene Stellen" (LI LA SF 03/1911/17/1498 ad 65, Hampe an In der Maur, 4.7.1911).
[2] Protokoll über die Verhandlungen vom 2.6.1911 im Handelsministerium in Wien, LI LA RE 1911/0065; Protokoll über die Verhandlungen vom 9.6.1911 im Handelsministerium in Wien, LI LA SF 03/1911/17/1774 ad 65.
[3] Postvertrag vom 4.10.1911, LGBl. 1911 Nr. 4. Österreichischerseits wurde das Abkommen nicht publiziert.
[4] Liechtenstein hatte ursprünglich geplant, Marken im Wert von 5, 10, 20 und 50 Heller sowie von 1 Krone auszugeben.
[5] Passage "Für das Markenbild ... Medaillenkunde" rot angestrichen. Die Stelle war, wie die Hofkanzlei mitteilte, von Fürst Johann II. bei der Vorlage des Berichts bezeichnet worden (LI LA SF 03/1911/17/1498 ad 65, Hampe an In der Maur, 4.7.1911).
[6] Passage "dürfte es angezeigt erscheinen ... unterbreiten wären" rot angestrichen. Die Stelle war von Johann II. bei der Vorlage des Berichts bezeichnet worden (LI LA SF 03/1911/17/1498 ad 65, Hampe an In der Maur, 4.7.1911).
[7] Liechtenstein hatte 1904 neue Stempelmarken ausgegeben, vgl. LI LA RE 1903/0450; LI LA RE 1904/0071.