Fürst Johann II. fragt Landesverweser Leopold von Imhof an, ob die Zeichnung von österreichischen Kriegsanleihen seitens der Entente negativ vermerkt werden könnte


Maschinenschriftliches Schreiben von Kabinettssekretär Rudolf Hauswirth an Landesverweser Leopold von Imhof [1]

7.10.1915, Wien

Euer Hochwohlgeboren,

Hochverehrter Herr Landesverweser!

Anlässlich der Auflage der 3. österreichischen Kriegsanleihe ist man an Seine Durchlaucht den regierenden Herrn [Johann II.] mit der Bitte herangetreten, so wie bei den zwei vorher gehenden Anleihen wieder einen grösseren Betrag zu zeichnen, um einerseits der Sache directe zu dienen, andererseits durch ein besonders gutes Beispiel anregend zu wirken.

Mit Rücksicht auf die mittlerweile zutage getretenen Nörgeleien der französischen Blätter über angeblich unerlaubte Lieferung von Viktualien und Industrieartikel aus der Schweiz durch das Fürstentum nach Österreich wünschen Seine Durchlaucht Ihre geschätzte Wohlmeinung, ob nach Ihrer Auffassung die Bekanntwerdung einer Kriegsanleihezeichnung seitens des hohen Herrn Veranlassung geben könnte zu neuerlichen Sticheleinen seitens der Entetemächte.

Naturgemäss sieht man hier in Regierungskreisen der Zeichnung Seiner Durchlaucht mit besonderem Interesse entgegen und auch die Hof- und Centralkanzlei befürworten eine Teilnahme an der Action ganz besonders.

Indem ich Ihren geschätzten Äusserungen mit Vergnügen entgegen sehe, [2] bitte ich, den Ausdruck meiner besonderen Wertschätzung freundlichst entgegen nehmen zu wollen.

Ergebenster

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[1] LI LA SF 01/1915/036. Das Schreiben ging am 21.10.1915 bei der Regierung ein.
[2] Imhof antwortete, dass er keine Bedenken gegen eine Zeichnung der Kriegsanleihe habe (LI LA SF 01/1915/036, Imhof an Hauswirth, 21.10.1915).