Dominikus Kaiser aus Schaan wird in der Schweiz wegen unerlaubtem Nachrichtendienst verurteilt


Bericht im "Tages-Anzeiger" (Korrespondenz) [1]

12.7.1917, Zürich

Bundesstrafgericht in Zürich

Am Mittwoch vormittag waren angeklagt: Joseph [Dominikus] Kaiser von Schan, Liechtenstein, geboren 1896, Koch; Eugen Schuhmacher von Seebach, geb. 1892, Elektrotechniker, und Leo Baserba, Kellner, aus Spanien, abwesend. Derselbe war gegen Kaution von 500 Fr. seinerzeit auf freien Fuss gestellt worden.

Das düpierte Konsulat.

Kaiser kam am 7. März 1916, nachdem er schon früher sich in Zürich vorübergehend aufgehalten hatte, hierher. Am Bahnhof traf er mit seinem Landsmann Brunhard und dem Angeklagten Schuhmacher zusammen, denen er seinen gültigen Pass vorwies. Die beiden neuen Bekannten bemerkten ihm, er könne damit viel Geld verdienen, und begaben sich mit ihm in die Wirtschaft zum "Harnisch", wo sie mit Baserba zusammentrafen, der als Agent für den italienischen Nachrichtendienst tätig war. Baserba führte den Kaiser, nachdem er ihn instruiert hatte, auf das italienische Konsulat, wo ihn ein Beamter empfing und ihn dazu engagierte, über Truppenbewegungen des Feindes in Südtirol zu berichten. Der Beamte übergab ihm 450 Fr. und versprach ihm weitere Gelder, wenn er gute Berichte liefere. Von diesem Gelde übergab Kaiser dem Baserba und Schuhmacher je 130 Fr., aber die Reise nach dem Südtirol schob er auf, trotzdem er von Baserba gedrängt wurde. Kaiser erzählte nun der Wirtin Frau H. an der Rotwandstrasse von dem Auftrag und diese verständigte das österreichische Konsulat, worauf Kaiser von einem Beamten desselben aufgesucht wurde, dem Kaiser den erhaltenen Spionageauftrag bestätigte. Im Einverständnis des österreichischen Konsulats reiste Kaiser nach Feldkirch, wo man ihn nach Innsbruck beorderte. Hier erhielt er vom Nachrichtenoffizier Instruktion für gegenteilige Mitteilungen an das italienische Konsulat in Zürich. Damit kehrte Kaiser am 23. April nach Zürich zurück und erhielt weitere 100 Fr. Man schien aber von seiner Mission nicht recht befriedigt zu sein, wenigstens bemerkte man ihm, 550 Fr. seien für das, was er geleistet habe, zu viel, worauf er mitteilte, dass er die 450 Fr. mit Baserba und Schuhmacher habe teilen müssen. Diese für Baserba unangenehme Mitteilung sollte er widerrufen, verlangte aber bei dieser Gelegenheit nochmals Geld, ansonst er den Baserba bei der Polizei denunzieren werde. Er erhielt weitere 50 Fr. und wurde dann von seiner Geliebten bei der Polizei verraten, worauf er am 2. Mai verhaftet wurde.

Kaiser behauptet, es habe sich bei ihm lediglich darum gehandelt, Geld zu erhalten; wenn er die Absicht gehabt hätte, ins Südtirol zu reisen, um für Italien zu spionieren, hätte er der Wirtin H. davon nichts erzählt.

Der Angeklagte Schuhmacher, der damals Schiebergeschäfte machte, stellt sich auf einen ähnlichen Standpunkt. Er habe dem Kaiser schon vorher gesagt, er brauche nicht nach Österreich zu gehen. Dass Kaiser auf dem österreichischen Konsulat war und die Sache erzählte, wusste er nicht.

Das Bundesstrafgericht sprach die Angeklagten schuldig, da der Geldempfang unter den unerlaubten Nachrichtendienst falle und die Möglichkeit immerhin bestand, dass Kaiser in Ausführung des Auftrages nach Österreich verreisen konnte.

Kaiser wurde zu 2 Monaten Gefängnis (getilgt), 650 Franken Busse und 2 Jahren Landesverweisung, Baserba in contumaciam [2] zu 3 Monaten Gefängnis, 500 Fr. Busse und 2 Jahren Landesverweisung und Schuhmacher zu einem Monat Gefängnis und 100 Fr. Busse verurteilt. Die 500 Fr. Kaution des Baserba wurden als verfallen erklärt.

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[1] Tages-Anzeiger für Stadt und Kanton Zürich, Nr. 161, 12.7.1917, S. 2f. Ein Exemplar der Zeitung in LI LA RE 1917/ad 3052.
[2] In Abwesenheit.