Vorschläge von Franz Josef Beck für die Schaffung einer Bauernberatungsstelle beim Bauernverein


Schreiben von Franz Josef Beck an den Liechtensteinischen Bauernverein, zuhanden von Oberlehrer Johann Meier, Präsident, Mauren [1]

30.7.1930, Triesen

Bezugnehmend auf die Vereinsversammlung vom 27. d. Mts. im Gasthaus zur „Post" in Schaan gestatte ich mir, Ihnen nachstehenden Vorschlag zwecks Besserstellung (Neu-Organisierung) unserer Landwirtschaft ergebenst zu unterbreiten.

Mein Vorschlag geht dahin, eine Bauernkammer, oder ein Bauernsekretariat, zu schaffen, um unseren gesamten Bauernstand zu erfassen. Die Aufgabe dieser Einrichtung ist es, die Interessen der Bauernschaft zu vertreten und dieselbe mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu fördern.

I. Bodenverbesserung

Da soll vor allen Dingen darauf hingearbeitet werden, möglichst alle unproduktiven Flächen durch Entwässerung und Kultivieren produktiv zu gestalten. Ferner soll durch praktische Anleitung und Vorträge der Bauer zu einer intensiven Bodenbearbeitung und richtigen Düngung angehalten werden. Es sollen betreffend Sortenanpflanzung und Düngung Versuche gemacht werden, damit nicht tausende von Franken unnütz ausgegeben werden. Im Kartoffel- und Obstanbau soll eine entsprechende Standartisierung und Typisierung der Produkte durchgeführt werden, um möglichst viel von der gleichen Sorte zu erhalten. Hierdurch wird der Absatz aus naheliegenden Gründen erleichtert. - Ähnlich ist es auf dem Gebiete des Gemüsebaues, wo unserer Landwirtschaft ebenfalls grosse Möglichkeiten offen stehen. Überhaupt sollen die Bauern zu einem intensiveren Wirtschaftbetrieb angehalten werden, d.h. sie sollen neben der Viehzucht sich etwas mehr auf Ackerbau verlegen.

II. Hebung der Viehzucht

Die gesamte liechtensteinische Viehzucht soll unter einen Hut gebracht werden und sollen nicht Herdbuchverein und Zuchtgenossenschaften nebeneinander herlaufen, sondern es sollen in jeder Gemeinde Zuchtgenossenschaften gebildet werden und diese sollen sich wieder zu einem Verband zusammenschliessen (Braunviehverband) oder sie sollen sich gemeinschaftlich zu einem Herdbuch zusammenfinden. Dann soll möglichst darauf hingearbeitet werden, dass durch Probemelkungen die leistungsfähigsten Tiere herausgefunden werden können und durch rationelle Fütterung die Nutzviehhaltung rentabler gestaltet werden kann. Ferner soll strenge an dem Prinzip, nur Zuchtstiere mit guter Körperform und hauptsächlich einem einwandfreien Leistungsnachweis anzukaufen, festgehalten werden. Es muss auch darauf hingearbeitet werden, unseren Bedarf an Zuchtstieren im Inlande zu decken. Dadurch werden die Züchter mehr angespornt werden und das Geld bleibt im Land, was die Hauptsache ist. Auch sollen Stiere mit guter Vererbung möglichst lange zur Zucht benutzt werden.

Die Pferdezucht ist heute bei uns auf dem Nullpunkt angelangt und doch ist es ein Wirtschaftszweig, der bei uns unbedingt wieder gefördert werden muss, damit auch da nicht tausende von Franken nach dem Ausland gehen.

Auch in der Schweinezucht ist noch vieles zu machen. Es soll vor allen Dingen darauf hingearbeitet werden, die Schweinezüchter besser zu organisieren und dann ein frühreifes und leistungsfähiges Schwein zu züchten sowie durch rationelle Fütterung die Mast zu beschleunigen und rentabler zu gestalten.

Sodann soll in der Ziegenhaltung durch Auswahl der besten Tiere die Milchleistung gesteigert werden.

Die Schafhaltung muss noch bedeutend gesteigert werden, damit man die Flächen in den Alpen usw., die für Rindvieh nicht gangbar sind, produktiv ausnützen kann, und so durch vermehrte Schafhaltung das Land in der Lage ist, den Wollbedarf aus eigenem zu decken.

Endlich wäre noch die Geflügelzucht als Nebeneinnahme der Bauern zu erwähnen.

Es muss auch von dieser Stelle aus das Augenmerk auf g ... [2] Stallung, Jauchen- und Düngergruben, sowie Stalldungbehandlung gerichtet werden, weil das drei wichtige Faktoren sind, die noch zu wenig geschätzt sind. Es kann dadurch vermieden werden, dass tausende von Franken durch Verlust an Stickstoff usw. verloren gehen.

III. Milchwirtschaft

Hier muss versucht werden, durch eine bessere und … lere [3] Art der Verwertung (Genossenschaft) einen höheren Preis ... [4] Milch zu erzielen, als wie dies bis jetzt in vielen Gemeinden geschehen ist. Durch Erzielung eines höheren Milchpreises werden die Bauern angeregt, die Milchproduktion zu steigern und wir werden in die Lage versetzt, den Inlandsbedarf an Molkereinprodukten zu decken.

IV. Genossenschaft und Absatzwesen

Ferner soll die Einrichtung das Genossenschaftswesen s … [5] alle wirtschaftlichen Unternehmungen der Bauern fördern und unterstützen und mit ihnen zusammen arbeiten und wenn es erforderlich ist, beim Ein- und Verkauf, bei Propaganda und Einheitsverpackungen ihnen mit Rat und Tat beistehen, selbst aber die Hand davon weglassen (keine eigenen Geschäfte machen.) Dafür aber kann dieselbe auf ihrem eigenen Gebiet umso intensiver arbeiten.

In jeder Gemeinde müssten sich die Bauern zu einer Genossenschaft zusammenschliessen und die bezogenen Futter- und Düngermittel durch den Depothalter selbständig verrechnen. Hiermit soll nicht gesagt sein, dass die Waren nicht wie bisher vom Bauernverein bezogen würden, sondern es würde durch diese Massnahme in der Praxis erreicht werden, dass der Zentral-Geschäftsführer das Geld sicherer und schneller hereinbrächte. Diese Genossenschaften würden trotzdem, wie bisher, den Bauernverein bilden und als eine einzige Ein- und Verkaufsgenossenschaft auftreten.

V. Allgemeines

Die gemachten Vorschläge des Herrn Agraringenieur Ryner aus Azmoos, dass für liechtensteinische Landwirte ein Kurs über Pflügen und Säen in der Schweiz abgehalten werden soll, halte ich für zwecklos, da unsere Bauern jedenfalls schlecht dazu zu bewegen sind.

Was die Plauderabende anbelangt, so bin ich dafür, aber es muss immer einer da sein, der den Bauern auch sagen kann, was und wie es gemacht werden soll. Dass die Lehrer in der Schule die Kinder zur Landwirtschaft anhalten usw., ist auch richtig, aber damit kommen wir noch lange nicht dahin, wo wir hin wollen, nämlich zu einer rascheren Besserstellung unserer Landwirtschaft.

Wenn Kammer oder Sekretariat sowie Genossenschaften und Bauernverein so zusammen arbeiten, dann bin ich der festen Überzeugung, dass wir in einigen Jahren auch dahin kommen, wo unsere Nachbarstaaten heute sind. Diese Überzeugung schöpfe ich aus einer vieljährigen Praxis in Gross- und Kleinbetrieben des Auslandes.

Die Kosten der Leitung können bei einer so nutzbringenden Einrichtung wohl kaum in Betracht fallen, umso mehr als die ganze Arbeit durch einen einzigen Beamten bewältigt werden kann.

Alle vorerwähnten Vorschläge sind selbstredend nur Andeutungen und wäre die weitere Ausarbeitung dann Sache des Betriebes.

Ich hoffe, dass mein Vorschlag, da er doch zum Wohle des Landes und der Bauern im besonderen ist, von der Kommission und eventuell von der Fürstl. Regierung unterstützt werden möge.

Hochachtungsvoll  

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[1] LI LA RF 115/019/010. Der Landtag genehmigte am am 3. August 1931 einen Kredit zur Schaffung einer Bauernberatungsstelle beim Bauernverein (LI LA LTP 1931/140).
[2] Das Dokument ist beschädigt.
[3] Das Dokument ist beschädigt.  
[4] Das Dokument ist beschädigt.
[5] Das Dokument ist beschädigt.