Die Gemeindevorstehung Balzers und die "Anbeterinnen des Kostbaren Blutes" besprechen den gescheiterten Kauf des Hauses Gutenbergs durch die Schwestern


 Protokoll der Unterredung zwischen den Vertretern der Gemeinde Balzers und den Vertreterinnen der Kongregation "Anbeterinnen des Kostbaren Blutes" (Kopie), den Schwestern zugesandt von Vorsteher Basil Vogt [1]

28.3.1934

Zur Vervollständigung der Akten in Sachen Kauf bezw. Verkauf des Objektes: Institut Gutenberg, übersenden wir Ihnen eine Abschrift vom Protokoll von unserer Unterredung vom 28. März 1934.

Protokoll, über die Unterredung vom 28.III.1934, in Sachen Verkauf des Hauses Gutenberg, wobei anwesend waren, von Seite der Schwestern: die ehrw. Oberin [Paulina Schneeberger] und noch zwei weitere Schwestern und von Seite der Gemeinde Balzers: Der Vorsteher, Vogt, und die Gemeinderäte: Georg Vogt und Alois Frick.

Die Schwester Oberin erklärte den Vertretern der Gemeinde, dass es im Dorfe heisse, sie gingen freiwillig von Balzers fort, dass das nicht so sei, sie seien gezwungen zu gehen, indem sie hier nicht leben können und sie hier die Filialen vollständig erhalten müssen. Sie haben in Balzers nur 350 Fr. Einnahmen und 12'000.- Fr. Ausgaben. Die Forderung der Gemeinde für das Haus in der Höhe von 85'000.- Fr. sei viel zu hoch und können diesen Preis nicht bezahlen, da sie nur 5000.- Fr. Vermögen haben. [2] Die Gemeindevertretung habe sich für den Verkauf zu wenig eingesetzt, es sei nicht üblich, dass Klosterschwestern bei einem Kaufe sich tätigen.? – Sie seien keine Juden. Die Krankenpflege bringe auch nicht viel Einnahmen und die Ausbildung der Krankenpflegerinnen habe viel Geld gekostet.

Herr Baumeister [Caspar] Hilti aus Schaan habe ihnen erklärt, dass wenn sie den Kaufpreis und die Um– und Anbaukosten zusammenrechnen, einen mit allem Komfort eingerichteten Bau erstellen können. (Diese Vermutung hatten wir immer, dass Herr Hilti dahinter stecke), denn in diesem Hause sei kein Wasser, keine Heizung & kein Bad vorhanden, die Decken, Wände & Böden seien reparaturbedürftig, das Grundstück auf der Ebene liege zu tief & sei folglich zu nass.

Die Schwester Oberin sagte weiter, dass sie in Schaan ein viel besseres Arbeitsfeld bekommen, da Buchs viel näher liege, von wo sie viele Zöglinge haben und Schaan und Vaduz und auch Triesen besser sei als Balzers, denn die Balznerinnen besuchen ihr Institut nur schwach. Die Schwester Oberin habe mit einem bezw. mit zwei Balzner Herren über diese Angelegenheit geredet, sie könne uns diese nennen, wenn wir wollen.

Der Vorsteher sagte dann den Schwestern, dass er vor 2 Tagen d. H. Pfarrer [3] erfahren habe, dass die Schwestern für das Haus 60'000.- Fr bezahlt hätten und wenn dies auf Wahrheit beruhe, wir ihnen den Vorwurf machen müssten, warum sie uns auf unsere Aufforderung, die Schwestern möchten der Gemeindevertretung den äussersten Preis, den sie für das Objekt bezahlen können, bekannt geben, damit wir sehen, ob ein Verkauf möglich sei oder nicht.

Wir haben dann am 8. Februar 1934 von den Schwestern ein schriftliches Angebot von 50'000.- Fr. erhalten, welches uns durch Herrn Dr. Alois Vogt überreicht wurde. [4]

Auf dieses Angebot habe dann der Gemeinderat beraten, ob eine Gemeindeversammlung als angebracht erscheine oder nicht. Der Gemeinderat sei dann nach langer Beratung zu dem Beschlusse gekommen, dass, wenn wir das Haus verkaufen wollen, eine Gemeindeversammlung mit diesem Angebot nicht ratsam sei, da die Abstimmung voraussichtlich negativ ausfallen würde und dies verhütet werden solle.

Der Vorsteher sagte dann weiter, dass die Schwester Oberin gerade so gut zu ihm hätte kommen können als zu den angeblichen Berater in unserer Gemeinde, denn bei ihm war sie nie. Bemerkt muss werden, dass eben gerade diese Berater & Beraterinnen durch das Sagen: Das Haus ist zu teuer, gebt nicht so viel, einen schlechten Dienst erwiesen haben.

Am 17. März [5] 1934 erhielten wir von den Schwestern eine Zuschrift, dass sie einstweilen ihr Angebot für das Haus Gutenberg zurückziehen und die Verhandlungen nicht weiter führen wollen, also ohne der Gemeinde zu sagen, dass sie eigentlich 60'000.- Fr. geben würden. [6]

Die Schwester Oberin erklärt den Vertretern der Gemeinde, dass sie absichtlich nicht 60’000.- Fr. offeriert habe, indem sie glaubte, die Gemeinde sage zuerst 70'000.- Fr. und sie dann erst auf 60'000.- Fr. hinauf gegangen wäre. Im übrigen sei der Kauf des Bauplatzes in Schaan letzten Samstag den 24. März unterzeichnet worden. (Also nur 7 Tage nachdem das Angebot zurückgezogen wurde, sehr schnell).

Die Schwester Oberin bemerkte, dass der lästige Föhn hier nicht zum aushalten sei, worauf der Vorsteher sagte, dass sie in Schaan dem Föhn nicht entgehen werden, sondern noch einen Nordwind dazu finden.

Georg Vogt sagte, dass er es begreife, wenn sie von Balzers fort wollen, auch er glaube, dass sie es in Schaan besser machen können. Betreffs dem, dass sie glauben, der Gemeinderat habe sich an dem Verkauf zu wenig interessiert, müsse er sagen, dass es eben in Balzers nicht üblich sei, ja sogar als unschön bezeichnet werde, wenn ein Verkäufer dem Käufer beständig nachlaufe.

Alois Frick, er habe nur zu sagen, das der Vorsteher vollständig im Auftrage des Gemeinderates gehandelt habe und ihm nicht irgend ein Vorwurf gemacht werden könne, er hätte etwas vernachlässigt.

Vogt m.p. [manu propria]

 

 

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[1] LI LA RF 145/186/019.
[2] Zum Angebot der Gemeinde Balzers vgl. LI LA RF 145/186/011.
[3] Verm. Leonhard Hollweck, seit 1931 Pfarrer in Balzers.
[4] LI LA RF 145/186/013, 014.
[5] Handschriftlich korrigiert zu: "Febr."
[6] LI LA RF 145/186/016.