Der in der Folge des Rotterüberfalles verurteilte Rudolf Schädler wird bedingt aus der Haft entlassen


Beschluss des F.L. Kriminalgerichts, gez. Dr. Johann Joseph Schmid [1]

22.11.1933

Das fürstlich liechtenstein. Kriminalgericht Vaduz hat unter dem Vorsitze des Präsidenten Dr. J Schmid im Beisein des fürstl. liecht. Landrichters Dr. Julius Thurnher als Berichterstatter, der Kriminalrichter Wilhelm Bürzle, Josef Hilti und Johann Matt über den Antrag des Rudolf Schädler auf bedingte Entlassung nach Anhörung des ausserordentl. Staatsanwaltes Dr. [Josef] Lenzlinger in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Rudolf Schädler, wird gem. Art. 10 des Ges[etztes] vom 1. Juni 1922, L.G.Bl. Nr. 21, bedingt entlassen. Die Probezeit endet mit 22.11.1934.

Begründung:

Die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung sind nach Art. 10 des Ges. v. 1.6.1922, L.G.Bl.Nr. 21, dass von einer mindestens 1 Jahr erreichenden Freiheitsstrafe die Hälfte bereits verbüsst ist und dass nach dem bisherigen Lebenswandel des Sträflings, seinem Verhalten während des Strafvollzuges und nach den Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, dass der Entlassene sich in der Freiheit bewähre.

Das Kriminalgericht findet diese Voraussetzungen bei Rudolf Schädler gegeben. Schädler hat von seiner 12 monatlichen Kerkerstrafe nun nahezu 6 ½ Monate verbüsst, sohin mehr als die Hälfte verbüsst. Sein Verhalten während der Haft war klaglos. Die frühere Unbescholtenheit, der Umstand, dass die Tat nicht aus gemeinen, sondern vaterländischen Motiven begangen wurde, und die in den Gnadengesuchen bekundete Einsicht in das Unrechte der Handlungsweise, lassen mit Grund erwartet, dass Schädler im Falle einer vorzeitigen Entlassung sich in der Freiheit bewähre.

Das Gericht hat aber im Besonderen noch berücksichtigt, dass Schädler nach den vorliegenden ärztlichen Zeugnissen des Dr. [Martin] Risch, Dr. Zolligkofer und Dr. Müller leidend ist, so zwar, dass der bisherige Strafvollzug für ihn eine weit schwerere Sühne darstellte als für einen Gesunden.

Da auch der öffentliche Ankläger gegen eine bedingte Entlassung keine Einwendung erhebt, erachtet das Gericht unter Berücksichtigung der angeführten Umstände eine bedingte Entlassung des Rudolf Schädler im gegenwärtigen Zeitpunkte begründet, wobei als Probezeit das zulässige Höchstmass von 1 Jahr bestimmt wurde.

Fürstlich liechtenst. Land- als Kriminalgericht [2] 

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[1] LI LA RF 131/409/144. Regierungschef Josef Hoop unterrichtete Richter Johann Joseph Schmid am 17. Oktober 1933 über das Gesuch des Preussischen Justizministeriums um die Begnadigung von Rudolf Schädler und Peter Rheinberger (siehe LI LA RF 131/409/135).
[2] Der Beschluss wurde am 23. November 1933 ad acta gelegt.