Der Landtag beschliesst nach kontroverser Debatte u.a. die Einholung zweier Rechtsgutachten zum Vorgehen des Regierungschefs Josef Hoop in der "Spitzelaffäre"


Protokoll über die ausserordentliche öffentliche Sitzung des Landtages, gez. Anton Frommelt, Wendelin Beck und Johann Georg Hasler [1]

24.4.1937

Präsident [Anton Frommelt]: Die heutige ausserordentliche Sitzung des Landtages wurde einberufen, weil von Seite des Herrn Regierungschef aufgrund der heutigen Situation ein Schreiben an den Landtag gerichtet worden ist und andererseits ein Schreiben von einzelnen Abgeordneten mit dem direkten Verlangen auf sofortige Einberufung des Landtages vorliegt. Es ist auch meine Meinung, dass die Angelegenheit schwerwiegend genug ist, um die dringende Sitzung zu begründen. Ich hätte Sie lieber zu einer ordentlichen Sitzung einberufen, nun aber ist es so, dass wir uns mit diesen unangenehmen Sachen zu befassen und Beschluss zu fassen haben. (Das Schreiben des Reg. Chef und das der Abgeordneten wird verlesen). Dadurch ist die heutige Sitzung begründet und damit auch die Einladung in Ordnung. Ich möchte auch noch gerade wegen der Wichtigkeit auf eine Zuschrift an den Landtag hinweisen, worin auf die Folgen wegen der Beunruhigung des Geldmarktes [2] aufmerksam gemacht wird. Damit stelle ich die heutige Angelegenheit zur Diskussion.

Büchel Peter: Wie der Herr Präsident betont hat, haben sich 10 Abgeordnete verpflichtet gefühlt, infolge der Vorkommnisse der letzten Zeit zu ersuchen um Anberaumung einer ausserordentlichen dringenden Sitzung. Unabhängig von der Eingabe des Herrn Reg. Chef haben wir uns verpflichtet gefühlt, dies zu unternehmen und zwar nicht aus persönlichen Motiven, sondern im Interesse der Ruhe und Ordnung des Landes. Nach unserer Meinung hängt das Wohl und Wehe des Landes ab von den Ereignissen, die wie man vermuten könnte, auf dem Wege sind. Sie sind dazu angetan, auch im Ausland eine gewisse Beunruhigung in Kapitalkreisen hervorzurufen. Wir leben nicht allein von unseren Steuern, sondern auch von anderem Geld. Nicht aus unserem Gelde wurde die letzten Jahre im Lande soviel gebaut. Nun wurde der Rücktritt unseres verehrten Herrn Reg. Chef verlangt. Das sagt genug, wenn man bedenkt, wie der Herr Reg. Chef unser Land vorgefunden hat bei seinem Antritt und seine junge Kraft in den Dienst des Staates stellte. Wir haben ihn gebeten, hieher zu kommen. Er hat hier leere Kassen angetroffen, nur Schulden und ein verwüstetes Land. Heute soll er gehen. Ich möchte nicht dem Herrn Reg. Chef ein Loblied singen, er hatte auch noch eine gute Hilfskraft in unserem H. H. Präsidenten. Diesen zwei Männern ist es gelungen, unsere Wirtschaft wieder aufzubauen. Es ist ein altes Sprichwort: In schwerer Zeit schickt der Herrgott auch grosse Männer. Wir dürfen hiefür Gott danken. Ich war schon 1918 anwesend im Landtage, als die Regierung gestürzt wurde. Das Jahr 1928 hat uns eine Katastrophe gebracht und trotzdem wird heute operiert. Es scheint, unsere heutige Opposition erfasst die heutige Lage noch nicht. Wenn man noch einen Funken Verantwortungsbewusstsein hätte, so könnte man nicht an der Spitze einer solchen Bewegung stehen. Wir brauchen Mitarbeit und nicht Opposition. Damit baut man keinen Kanal und auch kein Tunnel. Wenn man uns in Ruhe und Ordnung vorwärts schaffen lässt, so wird nicht nur der Kanal, sondern auch das Tunnel kommen. Ich bin überzeugt, wenn Ruhe und Ordnung im Lande ist und auch der gute Wille da ist, so wird das kommen. Aber nicht mit Opposition und Drohungen geht es. Wir Abgeordnete, die wir die Sitzung verlangten, wir sind uns der Verantwortung bewusst. Wir stehen auf unserem Posten und wissen, was wir zu tun haben. Nicht die Person des Reg. Chef wollen wir schützen, wir wollen Ruhe und Ordnung im Lande haben. Davon hängt ab, ob wir weiter leben können. Zu diesem Zweck ist die heutige Sitzung einberufen worden, um Massnahmen zu ergreifen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Ich fordere alle Abgeordneten auf, zu beraten, was wir gesetzlich vorzukehren haben, dass eine beinahe Auforderung zur Revolution unterbunden werden kann. Auch die Schreibweise des Oppositionsblattes darf so nicht mehr weiter gehen. Der Zeiger der Uhr steht nicht vor, sondern auf 12 Uhr. Zwar werden wir uns auf legalem Wege zu wehren wissen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch erwähnen, dass die Polizei auch bezahlt werden sollte. Die gleichen Leute wollen auch diese nicht bezahlen. Ich bin für eine Erhöhung des Gehaltes der Polizei. Nicht mit ein paar Franken können wir hier sparen und daneben 100'000 de von Franken wegweisen und nicht hereinlassen. Diese traurigen Zustände müssen einmal abgeschafft werden. Dem Reg. Chef haben wir bei der letzten Sitzung ausgesprochen. Er hat ein Verbrechernest ausgehoben und wir billigen die Tat des Reg. Chef. Er ist oberstes Polizeiorgan und er hatte die Pflicht, dies zu tun. Wir stehen zum Reg. Chef und wir tragen auch dem Volke gegenüber die volle Verantwortung. Wer schafft uns weiter Arbeit. Weder das Gewerbe noch der Bauernstand vermag eine Erhöhung der Steuern ertragen. Wir brauchen anderes Geld und das kommt nur, wenn Ruhe und Ordnung im Lande ist. Es ist unverantwortlich, aus Machtgelüsten so zu handeln. Es müssen dringend andere Zustände geschaffen werden.

Beck Wend[elin]: Ohne mich vorläufig mit den Ausführungen des Vorredners zu befassen, möchte ich auf die Ursache der Sitzung eingehen. Warum ist eine ausserordentliche Sitzung einberufen worden? Nicht wegen der Opposition, sondern einzig wegen dem Vorgehen des Reg. Chef in der Spitzelaffaire und darum möchte ich darauf zurückgreifen. An der Sitzung vom 12. Februar wurde ihm Verfassungsverletzung vorgeworfen. Nicht wegen persönlichen Motiven, sondern aus ehrlicher innerer Überzeugung gestützt auf Art. 78, 90 & 94 unserer Verfassung. Unsere Verfassung ist so klar, dass jeder Laie sie verstehen kann. Der Reg. Chef hat die seinerzeitigen Vorwürfe zurückgewiesen mit der Begründung, dass kein Jurist sagen könne, dass er die Verfassung verletzt habe. Wir stehen heute vor einer anderen Tatsache. Es hat sich ein Jurist und zudem nicht nur ein gewöhnlicher eingefunden, es ist eine international anerkannte Kapazität auf dem Gebiete des Rechtswesens. Wie wir sehen, haben wir einen mächtigen Bundesgenossen gefunden und ich glaube, dass weder der Reg. Chef noch ein anderer Abgeordneter es wagen, denselben zurückzuweisen wegen Unkenntnis der Gesetzgebung. Ich habe nicht eine umfassende Kenntnis der rechtlichen Gesetze, aber ich möchte Art. 90 der Verfassung zitieren. Derselbe ist so klar und unzweideutig und verständlich für jeden Laien. Ist die Spitzelaffaire keine wichtige Angelegenheit? Sie ist und bleibt eine wichtige Angelegenheit und hätte nach der Verfassung von der Gesamtregierung behandelt werden müssen. Weiter möchte ich noch bemerken, die Expertise des Rechtsgutachtens ist ein Schlag ins Gesicht des Liecht. Volksblattes. Diese hat an unsere Adresse den Vorwurf erhoben, dass nur unverantwortliche Hetzer den Vorwurf der Verfassungsverletzung erheben können. Dieses Gutachten beweist, dass nicht wir die Unverantwortlichen sind. Diese Zeitung begeifert jeden, der es wagt, seine Meinung zu sagen, mit einer wahren Flut von Beschimpfungen. Ich bin nicht im Landtage, um mich nach links oder rechts zu verneigen, ich habe das Interesse des Volkes zu vertreten und werde meine Meinung frei und offen sagen.

Dr. [Otto] Schädler: Herr P. Büchel hat die Dringlichkeit der Sitzung damit begründet, dass das Wohl und Wehe mit der Resolution der Opposition im Zusammenhang stehe. Ich muss sagen, dass mir diese Begründung nicht vollkommen stichhaltig erscheint. Es wäre möglich gewesen, die Abgeordneten brieflich oder rechtzeitig mit Angabe der Tagesordnung einzuladen. Ich kann darauf verweisen, dass die Dringlichkeit nicht erst gestern entstanden ist, sondern dass man offenbar schon am Mittwoch Abend im Kreise des Bürgerparteiausschusses den Beschluss fasste, eine Sitzung einzuberufen. Ich greife diese Auffassung nicht aus der Luft. Bereits am Donnerstag Vormittag hat ein prominenter Ortsgruppenobmann bei der Versammlung die Behauptung aufgestellt, dass am Samstag eine dringende Sitzung sein werde. Ohne Beschluss und ohne Auftrag hätte dieser Obmann nichts bekommen. Es mutet mich das an als eine Taktik der Überrumpelung, als eine Methode, die man wohl keineswegs in parlamentarisch geführten Ländern übt. Bei uns scheint diese Methode sich einzubürgern. Gegen diese Art der Einberufung möchte ich mich verwahren. Büchel kam in seinen Ausführungen auch darauf zu sprechen, dass ich bereits im Jahre 1918 hier zu einer Zeit der Revolution tätig gewesen sei. Ich war seinerzeit zufällig im Zuhörerraum, als jene umstürzlerische Tätigkeit im Landtage war. Es ist schon ein grosses Stück von Herrn Büchel an meine Adresse, dass er mir vorwirft, wenn einer noch einen Funken Verantwortung hat, dann kann er nicht an der Spitze der Opposition stehen. Das fühle ich als eine starke Münze. Büchel steht heute im engen Kontakt mit Personen, die die Revolution als Faktum ins Land eingeführt haben. Heute will er mir Verantwortungslosigkeit vorwerfen. Ich glaube, ich darf sagen, dass er nicht legitimiert ist, mir Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen. Er sagt ganz recht, nicht Opposition, Zusammenarbeit ist notwendig. Diesen Satz kann ich unterstreichen und ich würde ihn gerne auch verwirklicht sehen, aber nicht dadurch, das man die Opposition von der Mitarbeit ausschliesst. Man soll ihr die Mitarbeit mit der Regierung ermöglichen. Weil diese nicht ermöglicht worden ist, fällt der Vorwurf auf die Position. Die Voraussetzungen für Ruhe und Ordnung sind die Feststellung rechtlicher Verhältnisse in Liechtenstein. Dass diese Rechtslage durch das Vorgehen des Reg. Chef erschüttert worden ist, ist in einem glänzenden Gutachten festgelegt worden. Es ist Herr Prof. Burkard [Walther Burckhardt] nicht leicht an die Arbeit herangetreten. Aber wir waren gezwungen, uns gegen diese Vorwürfe zu decken und der Verfasser des Gutachtens bot uns eine gute Gewähr. Er geniesst in der Schweiz ein hohes Ansehen und gilt als der Kronjurist des Bundesrates. Wenn dieser unsere Einstellung deckt, können wir uns freuen. Wir bedauern allerdings, dass der Chef sich über diese Schranken des Gesetzes hinwegbegeben hat. Büchel sagt auch, man müsse gegen die Schreibweise des Oppositionsblattes energisch vorgehen. Wenn man gegen eine Schreibweise vorgehen will, so sage ich das mit dem gleichen Recht, dass man gegen das Volksblatt vorzugehen hat. Was sich das geleistet hat, geht über jedes rechtliche Empfinden und über die Interessen des Staates. Er sagt dann mit dem Drohfinger, zuerst wollen wir Ruhe und Ordnung schaffen auf legalem Wege. Steckt in diesem Satz nicht schon eine Drohung, es könnte noch ein unlegaler geben? Ich glaube auch hier muss Büchel sich erinnern an seinen Eid, den er abgelegt hat und es kann für ihn kein anderer Weg in Frage kommen, als der legale. Auch betont er Erhöhung des Gehaltes der Polizei. Es ist jedermann bekannt, dass bis zum Jahre 1933 eine Polizei in sehr primitivem Verhältnis bestand und dass vor allem damals eine richtige Polizeidisziplin im strengeren Sinne nicht bestand und ich gebe zu, dass die damaligen Verhältnisse nicht genügend waren. Heute soll man bereits die Polizei erhöhen, obwohl wir 7 Polizisten haben mit anderer Ausrüstung. Die Begründung allerdings, warum wir die Zahl der Polizisten erhöhen sollen, schenkt uns Peter Büchel und ich muss annehmen, dass man bei uns allmählich einen Polizeistaat oder Knüttelstaat schaffen will. Ich glaube nicht, dass eine Erhöhung der Polizistenzahl erforderlich ist. Es wird höchstens der Umgang, der Takt und die Klugheit etwas ausmachen. Wenn Schwierigkeiten entstehen, so ist es ein Zeichen, dass sie nicht mit dem entsprechenden Takt vorgegangen sind. Es ist unglaublich, wenn man einen Menschen, der immer und ehrlich seiner Arbeit nachgegangen ist, wie dieser, abführt. Der Mann äusserte, dass er unschuldig sei an der Misshandlung des Hundes und da wurde ihm nahe gelegt, dass er vor den Richter müsse und dort seine Angaben machen. Er hat sich bereit erklärt, er werde nach seiner Arbeit es machen. Man liess ihm keine Zeit und sagte, er müsse sofort kommen. Man sagte ihm, entweder sofort aus eigenem Willen oder mit Gewalt. Dieser Mann wurde an einem Mittwoch Abend hier eingeliefert, am Donnerstag nicht verhört und erst am Freitag das erste Mal und am Samstag konnte er entlassen werden. Das Ergebnis der Untersuchung war, dass er zu Unrecht verdächtigt wurde und man erklärte ihm, dass man bereit sei, eine Unschuldserklärung abzugeben. Es ist selbstverständlich, dass durch ein solches Vorgehen die Bevölkerung geradezu provoziert wird. Mehr Korrektheit und mehr Takt, dann werden keine Schwierigkeiten entstehen und es wird sich die Bevölkerung auf Seite der Polizei stellen. Wenn Provokationen erfolgen, werden 14 Mann zu wenig sein.

Büchel: Ich muss Dr. Schädler noch ein wenig das Gedächtnis auffrischen. 1918 war Dr. Schädler, ich erinnere mich noch gut, im Zuhörerraum. Er hat dann Pfui gerufen. Viele Jahre später hat er das Erbe jener Radaumacher übernommen. Wenn er mir vorwirft, ich stehe mit jenen Revolutionären nahe in Verbindung, so glaube ich, er steht ihnen näher, wenn einer dazumal noch zu den anständigen Leuten gehörte und solche Vorkommnisse verurteilte und nachher das Erbe übernimmt. Wenn Dr. Schädler hat, ich habe den Drohfinger erhoben und eine Drohung ausgestossen, so muss ich sagen, ich bin immer auf legalem Wege vorgegangen. Ich habe schon viele Vorwürfe einstecken müssen. Ich habe immer zurückgehalten. Ich halte auch heute zurück. Ich bin für eine legale Erledigung. Aber wenn man schon mit Revolutionen droht, dann wird man gezwungen, sich zu verteidigen. Wir stehen auf dem Posten, wir wollen Ruhe und Ordnung machen. Aber der Herr Dr. Schädler scheint ein Künstler zu sein in der Verdrehung. Ich drohe nicht, die Drohung kommt von einer anderen Seite her. Wenn man mit geschliffenen Messern kommt, wenn Gewalt angewendet wird, wird man das Volk auf dem Posten finden. Ich bin noch nie zurückgeschreckt, auch damals nicht, als die Türe hereingestossen wurde. Ich habe protestiert. Der Landtagspräsident hat sein Mandat in die Hände des Fürsten zurückgelegt. Ich habe protestiert, obwohl dazumal andere Verhältnisse waren als heute. Es war reformbedürftig, aber auf gesetzlichem Wege. Wenn der Herr Dr. Schädler nur einzelne Sachen aus jener Periode herausgreift, so ist das nicht recht. Ich bin auch nicht zurückgeschreckt am 2. Dezember, wo andre Herren schon längst in Sicherheit waren, ich habe meinen Mann gestellt. Diesen Vorwurf weise ich zurück, dass ich gedroht habe. Wir kennen unsere Verantwortung und jeder Abgeordnete, der noch Verantwortungsgefühl hat, muss solche Zustände verurteilen, solche Hetzversammlungen. Das Erbe ist angetreten worden von einer verkrachten Partei. Vorläufig weise ich die Verdrehungen und Vorwürfe Dr. Schädlers zurück.

[Franz Xaver] Hoop: Ich möchte die Ausführungen von P. Büchel voll und ganz unterstützen. Es ist heute ein Verbrechen, die Demission des Reg. Chefs zu verlangen. Was der Chef geleistet hat, ist fast unmenschlich. Er hat mit leeren Kassen angefangen und die Hetze ist beständig geführt worden und dann werfen die Leute vor, das Volksblatt hetze und gewisse Leute. Wir möchten fragen, was ihre führenden Herren geleistet haben? Anders nichts, als im ganzen Lande herumgeschumpfen. Und bei dieser traurigen Spitzelaffaire haben nicht die Bürgerpartei und das Volksblatt, sondern sie selbst haben sich um ihren guten Namen gebracht. [Carl von] Vogelsang war ihr Tischgenosse und ihr Freund und dann sagt man noch, man habe ihn nicht erkannt. Da müsste einer ja ein Idiot sein. Das charakterisiert diese Leute. Mit dem haben sie die Ehre und den guten Namen untergraben. Als die Herren Doktoren bei der Regierung waren und das Expose hatten, wann sie damals gesagt hätten, der Mann soll eingesteckt werden, das wäre etwas gewesen. Aber dem Vogelsang noch über die Grenze hinaushelfen, das war ein Schurken–Verfahren.

Risch Ferdi[nand]: Dr. Schädler äussert sich, die Sitzung wäre nicht notwendig gewesen. Ich bin der Ansicht, wenn Dr. Schädler nicht zur Flucht verholfen hätte, über die Grenze, wenn das nicht passiert wäre, dann wäre die heutige Sitzung nicht. Immer wieder muss man hören, man sollte jene die zur Flucht verholfen haben, mit aller Gewalt zur Verantwortung ziehen. Dr. Schädler hat in Triesenberg gesagt, er gehe nach Deutschland, um Material zu sammeln und seine Unschuld zu beweisen. Ist das Entlastungsmaterial nun in seiner Tasche?

Dr. Schädler: Ich habe verschiedene Ausführungen zu beantworten. P. Büchel sagte, er sei immer für den legalen Weg. Schön, nur soll er sich etwas vorsichtiger aussprechen. Er hat gesagt, zwar zuerst auf legalem Wege. Dieser Satz kann nur so aufgefasst werden, also zunächst probieren wir es auf dem legalen Wege und dann auf dem nichtlegalen Wege. Es ist keine Verdrehung, sondern nur eine Analogie des Satzes. Wenn er objektiv analysiert, wird er zu der gleichen Schlussfolgerung kommen. Er sagte, ich habe das Erbe übernommen von Leuten, die damals die Revolution gemacht hätten. Ich möchte sagen, dass damals der Hauptträger der Revolution nicht in der Reihe der Volkspartei, sondern in der Reihe der Bürgerpartei gestanden hat. Es ist eine Verdrehung, wenn er hier die Sache abwälzen will von seinen Freunden. Es ist dies eine geschichtliche Tatsache. Die Herren Risch und Hoop versuchen, mich mit dem Vogelsang zu belasten und möchten damit sagen, dass wir durch den Vogelsang Unrechtes getan haben und die ganze Sache geklärt wäre, wenn Vogelsang eingesperrt worden wäre. Diese Auffassung habe ich nicht und diese Auffassung hat auch der Rechtsgelehrte des Gutachtens nicht. Er hat diese ganze Handlungsweise des Reg. Chef sehr eindeutig mit äusserster Reserve behandelt und ist zum Schlusse gekommen, dass das Vorgehen des Reg. Chef nicht verfassungs- und gesetzesmässig war. Dieses Gutachten ist ganz eindeutig so abgefasst, dass unsere Stellungnahme gerechtfertigt war. Es wäre aufgrund der Gesetzeslage auch niemals möglich gewesen, Vogelsang einzusperren und hinter Riegel zu tun, weil Reg. Chef selber erklärt hat, es liege kein definitiver strafbarer Tatbestand vor. Wir haben uns seinerzeit sofort bereit erklärt, uns sofort der polizeilichen Untersuchung auszusetzen. Wir haben gesagt, wir lassen unsere Häuser untersuchen, nur erwarten wir, dass das Ergebnis dieser Untersuchung auch bekanntgegeben wird. Den Vorwurf der Schurkerei von Hoop weise ich zurück. Ich bemängle, dass der Präsident nicht einen Verweis erteilt hat. Wir waren damals der Auffassung, dass sein Ehrenwort auch noch Giltigkeit und Wert besässe. Zudem erhielten wir vom Reg. Chef die Erklärung, dass der lückenlose Beweis der Dokumente erbracht sei. Wir haben dann am selben Tage unsere Informationen eingezogen und festgestellt, dass die Dokumente niemals an der betreffenden Amtsstelle in Friedrichshafen eingelangt waren. Wir wissen heute den Weg, den diese Dokumente genommen haben die Aussagen des Vogelsang und der Amtsstellen in Friedrichshafen übereingestimmt. Reg. Chef sagte, dass diese Dokumente die Amtsstelle passiert seien. Ich möchte auch hier erwähnen, dass die ganzen Angaben über den Gang der verräterischen Briefe nicht stimmten. Der Weg der betreffenden Briefe war der von Vaduz nach Friedrichshafen zu [Hermann] Birkel, von dort nach Bludenz und von Bludenz nach Vaduz. Es wäre auch interessant zu wissen, auf welchem Wege der Chef in den Besitz der Dokumente gekommen ist. Wieso er die Amtsstellen in Bludenz bewegen konnte hiezu. Wir möchten dies noch ergänzen, weil die Berichtserstattung nicht vollkommen stimmt.

Reg. Chef [Josef Hoop]: Ich habe bezgl. der Ausführungen Dr. Schädler noch nachzutragen, dass meine Behauptung, die ich am 23. Jänner gemacht habe, restlos der Wahrheit entsprechen. Ich habe keine Ursache und nicht die Absicht, mich über Einzelheiten zu verbreiten, wie ich in den Besitz der Dokumente gekommen bin. - Es ist heute der Vorwurf erhoben worden, auf Grund des eingeholten Gutachtens könne behauptet werden, ich hätte Gesetz und Verfassung verletzt. Ich erkläre wieder, dass ich von meiner Unschuld derart überzeugt bin, dass ich morgen, wenn ein ähnlicher Fall vorkommt, wieder so handeln werde. Nachdem aber auf dieses Gutachten so grosser Wert gelegt wird, so möchte ich nur anführen, dass kürzlich ein Gutachten von Herrn Prof. Burkard vom Bundesrat wie von der Bundesversammlung als nicht stichhaltig befunden wurde. Obwohl das der Fall ist, messe ich ihm eine gewisse Bedeutung bei vom Standpunkte der Opposition gesehen. Ich beantrage aber und ersuche, über mein Vorgehen in der Spitzelaffaire 2 Gutachten einzuholen. Eines von einem praktischen Rechtsgelehrten und eines von einem Staatrechtsgelehrten und dann sprechen wir nächstens über die Sache wieder. Ich bitte dringend, diesem Antrage stattzugeben. Dabei bitte ich Bedacht zu nehmen bei der Auswahl der Begutachter auf Männer vom Rufe und der Qualität eines Herrn Prof. Burkhard.

Beck W[endelin]: Es wird heute so viel von Ruhe und Ordnung gesprochen. Auch wir sind für Ruhe und Ordnung. Es ist mir gesagt worden und Büchel kann sich verteidigen, dass bei jener Markendemonstration 1921 von Büchel und noch anderen im Unterlande Propaganda gemacht worden sei, sie möchten mit Karabinern nach Vaduz. Ich weiss nicht, ob dies zur Ruhe und Ordnung beigetragen hätte. Das Liecht. Volksblatt, das sich vor wenigen Jahren den Satz geprägt hat, wer sich als Opposition fühlt, der muss sich gefasst machen, auch als Opposition behandelt zu werden. Es ist sicher von Bedeutung in einer Demokratie, wenn sich eine Regierungspresse zu einer solchen Feststellung hinreissen lässt. Es ist auch immer betont worden, dass kein anderer Weg für den Chef offen gestanden habe, als der, den er gegangen sei. Ich bin nicht der gleichen Meinung, sondern bin der Meinung, dass bei einer objektiven Behandlung des Falles der Weg in eine Parteizeitung nicht genommen worden wäre. Es ist dabei auch der ungerechte Vorwurf der Verräterei auf Dr. [Alois] Vogt und Dr. Schädler gefallen. Ich möchte den Beweis erbringen, dass schon vor 3 Jahren in einem ähnlichen Falle das Gegenteil behauptet worden ist. Alle Anwesenden erinnern sich, dass Ende 1934 ich in ein Prozess verwickelt wurde, weil ich an einer öffentlichen Versammlung erklärte, dass die Unterstützungsempfänger Schreiben erhalten haben, sich für die erhaltene Unterstützung erkenntlich zu zeigen. Damals aber ist der Chef auf dem Standpunkt gestanden, dass nicht der Verfasser dieser gemeinen Schreiben, sondern ich hätte den Verdacht auf die Regierung geworfen.

Büchel: Dr. Schädler hat zuerst eine Hundsgeschichte erzählt. Sie befassen sich mit Märchen. Beck erzählte auch wieder ein Märchen, dass ich im Unterlande Propaganda gemacht habe, sie sollen mit Karabinern nach Vaduz. Ob ich seinerzeit Propaganda gemacht habe, das kann ich nicht behaupten. Aber davon bin ich überzeugt, dass ich niemals gesagt habe, nimm deine Waffe mit. Herr W. Beck beruhigen Sie sich nur. Sie waren damals noch ein grüner Junge und sind heute noch nicht ein reifer Mann. Es geht heute um mehr als um Parteihader. Wenn Dr. Schädler betont, die Bürgerpartei habe Revolution gemacht, so muss ich ihn daran erinnern, scheint’s hat er nicht gewusst, warum er damals Pfui gerufen hat. Wir wissen, woher die Revolution seinerzeit kam, vom Führer der damaligen Volkspartei. Man hat ihm 1918 klipp und klar ins Gesicht geschleudert, Du bist schuldig, Du hast die Leute hergerufen und aufgeboten. Das war der Mann der Revolution, nicht die Bürgerpartei. Diese wurde erst 1919 gegründet. Das sind Verdrehungen. Wenn Beck W. in einem solchen Tone reden will, soll er forschen, aber nicht im Landtage Märchen erzählen. Ich habe niemals ersucht, Waffen mitzunehmen. Ich weiss auch, dass ich dafür die Verantwortung getragen hätte. Ich getraue mir noch zu erscheinen ohne Waffe. Auf legalem Wege wollen wir Ruhe und Ordnung schaffen. Dr. Schädler hat gesagt, sie seien nicht zur Mitarbeit herangezogen worden. Ich muss hier nachhelfen. Wir haben doch seinerzeit bei der Bestellung des Landtagsvizepräsidenten verlangt, dass sie mitarbeiten und wir wollen probieren. Aber aus einer faulen und komischen Ausrede ist man der Sitzung ferngeblieben. Die Herren kennen die Not der Stunde noch nicht, hievon bin ich überzeugt. Dort an jenem Schriftführerplatz, wo W. Beck sitzt, sass auch einmal ein junger Schriftführer, Gott habe ihn selig, der die Situation auch nicht erfasste. Auch Politik muss erlernt werden. Im ganzen Lande ist man die letzten Jahre herumgefahren und gereist und hat das Volk aufgehetzt. Wenn Herr Dr. Schädler sich nicht mehr erinnern kann, muss ich ihm ins Gedächtnis zurückrufen, dass er von Mitarbeit nicht von Volksverhetzung sagte. Diese Herumreiserei ist Volksverhetzung in meinen Augen. Sie sind im ganzen Lande herumgereist und hielten Hetzversammlungen ab und die Zeitung hat eine Schreibweise, die revolutionären Charakter hat. Diesem wollen wir vorbeugen.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich bitte, trotz der Wichtigkeit der Ausführungen, doch immerhin persönliche Ausdrücke an persönliche Adressen zu vermeiden. Des Weiteren bitte ich die Zuhörerschaft um ruhiges Verhalten, sonst müsste ich die Sitzung vertagen. Es steht den Herren Zuhörern das Recht zu, das letzte Wort zu hören, aber mir steht das Recht zu, zu räumen, wenn etwas vernommen wird, was die Verhandlungen stören würde. Ich bitte daher die Zuhörerschaft, sich ruhig zu verhalten.

Beck W[endelin]: Büchel hält mir meine Jugend vor. Ja, ich weiss, dass ich jung bin, aber ich möchte nicht jene Verantwortung tragen für jene Handlungen, die der alte Büchel schon gemacht hat. Ich bin mir der Verantwortung bewusst, ich kenne die Verhältnisse und die Not in unserem Lande. Ich weiss, dass auf seine Propaganda hier unten Männer gestanden haben mit Revolvern in der Tasche.

Dr. [Otto] Schädler: Es wurde wiederholt betont, dass Ruhe und Ordnung die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Prosperität des Landes seien. Ja, gerade auf Ruhe und Ordnung und den stabilen Rechtsverhältnissen basiert die öffentliche Meinung unserer benachbarten Schweiz. Wenn das nicht der Fall ist und die Ruhe und Ordnung und die Rechtsordnung gefährdet ist, so wird die öffentliche Meinung in der Schweiz dazu Stellung nehmen. Wie sie Stellung nehmen, wird die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen. Ich sage schon, die öffentliche Meinung der Schweiz hat in diesem Falle die Rechtslage der Opposition vollkommen anerkannt. Sie hat das Rechtsgutachten des Prof. Burkhard in vielen Formen herausgegriffen und ihm öffentliche Unterstützung angedeihen lassen. Es ist unmöglich, den ganzen Presseapparat der Schweiz hier zu erwähnen. Es nimmt an dem gegenwärtigen Verfassungsstreit nicht nur das Inland Anteil, sondern die ganze Schweiz. Es ist notwendig, einen Regierungschef zu besitzen, der das Vertrauen in erster Linie von Bern mit besitzt. (Liest Einsendungen schweiz. Blätter).

[Franz Xaver] Hoop: Das ist eine Lächerlichkeit von Dr. Schädler, dass er sich mit diesen Zeitungen befassen will. Diese Einsendungen sind uns bekannt. Die Zeitungsschreiber dieser Artikel kennt man bei uns, es sind nicht gerade berühmte Männer im Lande. Diese Artikel werden in Liechtenstein geschrieben, die Einsender sind ziemlich bekannt.

Reg. Chef: Ich dürfte vielleicht den Abg. Dr. Schädler noch bitten, zuzuwarten, bis die weiteren Gutachten vorliegen und behandelt werden können, wenn der Landtag meinem Ersuchen stattgibt. Wir müssen dann vielleicht etwas anderes reden. Also bitte, mit diesen Ausdrücken etwas zuzuwarten, wir sehen uns ja wahrscheinlich noch einmal. Im übrigen betone ich noch einmal, dass ich es auch heute nicht anders machen könnte.

[Peter] Büchel: Ich habe schon anfangs erwähnt, dass es eigentlich nicht der Mühe wert ist, weiter darüber zu diskutieren. Wir haben dem Herrn Reg. Chef das vollste Vertrauen ausgesprochen. Was von hier aus in Schweizer Zeitungen geschrieben worden ist, interessiert uns nicht, uns interessieren unsere Verhältnisse. Aber da hat Dr. Schädler recht gesagt, die Schweizer interessieren sich um unsere Verhältnisse. Was die Ausführungen W. Beck’s betrifft, so ist nur zu sagen, dass er ja unbelehrbar ist. Wenn ich es hundertmal sagen und beweisen würde, so würde er es doch behaupten und auf den Amtseid nehmen. Ich habe noch niemals zu einem gesagt, er soll eine Waffe mitnehmen. Zu einer Gegendemonstration habe ich die Leute animiert. Das ist meine Feststellung. Im weiteren sage ich noch einmal, die heutigen Zustände sind haltlos, es darf nicht mehr so weiter gehen. Ich bitte, auf den Kernpunkt der heutigen Sitzung einzugehen und beantrage Beschluss zu fassen, wie diesem unwürdigen Treiben ein Ende gemacht werden kann. Wir fühlen uns zu dieser Pflicht berufen. Ich mache aufmerksam, die Schreibweise des Vaterlandes kann nicht mehr weiter so geduldet werden. Wir lassen unseren Regierungschef nicht Woche für Woche so heruntersetzen und beleidigen. Ich beantrage, einen Artikel zu fassen, der eine Beleidigung des Reg. Chefs unter hohe Strafe stellt. Wenn die heutige Opposition von ihrem Standpunkt nicht abrückt, dass er demissionieren soll, so protestieren wir. Es ist dies verantwortungslos und sie können es nie verantworten mit ihrem Abgeordneteneid. Was der Herr Reg. Chef geleistet hat, steht einzig da in der Geschichte Liechtensteins. Ein verwüstetes Land und leere Kassen hat er angetreten. Jetzt ist da ein entwässertes Tal, die vielen Strassen in Triesenberg und so weiter, die geteerten Landstrassen und überall jeder Baum und Strauch legt Zeugnis ab von seiner Arbeit, wobei ich die Mitarbeit des HH. Präsidenten auch betonen möchte, der heute in den Vordergrund geschoben wird. Wir dulden nicht mehr, dass der Herr Reg. Chef auf eine solche Weise angegriffen wird. Jeder gehört hinter Schloss und Riegel der den Herrn Reg. Chef an seiner Arbeit hindert.

[Franz Xaver] Hoop: Ich möchte den Ausführungen Büchels beifügen, dass die besten Leute sagen, sie wollen weg, wenn sie keine andere Ordnung herbringen.

Risch Fredi[nand]: Ich möchte auf die Behauptung Dr. Schädler’s zurückkommen, die Opposition sei nicht zur Mitarbeit herangezogen worden. Demgegenüber möchte ich hier feststellen, dass Reg. Rat Schädler über Vorschlag der Opposition zum Reg. Rat gewählt worden ist, ebenso Dr. Schädler als Vizepräsident des Landtages und auch in die Finanzkommission. Weiter ist Basil Vogt in die Geschäftsprüfungskommission gewählt worden, der das Recht hat, in gar alles hineinzuschauen. Und dann stellt man die Behauptung auf, man sei nicht, zur Mitarbeit herangezogen worden. Auch wir möchten nicht einen Polizeistaat, aber man kann auch nicht von einem solchen reden, wenn derartiges vorkommt. Ich erinnere an die Entführung, wo Morde vorgekommen und mit dieser Milde bestraft worden sind. Was hätte das im Ausland für ein Ansehen gemacht, wenn man solche freilassen würde. Derartiges soll bestraft werden, wie in jedem zivilisierten Staate.

[Ludwig] Ospelt: Noch niemals seit dem Bestehen unseres Landes wurde in einer so kurzen Zeitspanne von unserem Volke und Behörden eine so gewaltige Kulturarbeit an verschiedenen Bauten und Bodenverbesserungen geleistet. Noch niemals in so kurzer Zeit wurde von unseren Behörden soviel für Verdienstmöglichkeiten und an Unterstützungen jeder Art ausgegeben wie heute und trotzdem offener Widerstand gegen staatliche Organe, Ruf einzelner nach Revolution und Verlangen einer Minderheit unseres Volkes nach Demission unseres Herrn Regierungschefs. Es sind dies grosse und krasse Gegensätze und sie bilden eine Krisis in der geistigen Auffassung, die ihre Erklärung nur im politischen Fanatismus oder in bösem Willen finden dürfte. Ruhe und Ordnung, sowie Zusammenarbeit aller Gutgesinnten sind unbedingte Notwendigkeiten, wenn die wirtschaftliche und politische Zukunft für unser Land gesichert bleiben sollen.

[Franz Josef] Marxer: Ich unterstütze die Ausführungen Ospelts vollinhaltlich. Ich war ganz entrüstet über das Verlangen der Demission unseres Herrn Reg. Chefs. Wie noch nie ein Reg. Chef hat dieser das Wohl des Landes gefördert. Man schaue nur auf die vielen Arbeitsbeschaffungen auf allen Gebieten. Ferner ist bei uns der Fall, dass sich, wenn schon zwei Parteien streiten, dieselben zum Vermittler oder evtl. zum Landgerichte begeben. Warum soll diese Sache nicht auch auf dem gesetzlichen Wege geprüft werden. Warum muss man das in die Zeitung schleppen und nicht am richtigen Orte anbringen. Das gehört vor den Staatsgerichtshof und soll dort geprüft werden. Beide Parteien sollen Advokaten beiziehen. Aber das finde ich nicht am Platze, dass man in einer Zeitung öffentlich die Demission des Reg. Chef verlangt. Wir sind in Liechtenstein Ruhe und Ordnung bitter notwendig. Nur mit den eigenen Geldern können wir nichts schaffen.

Beck W[endelin]: Der Abg. Marxer führt aus, man sollte solche Fälle nicht in der Zeitung herumschleppen, sondern an die zuständige Instanz gelangen. Die breite Öffentlichkeit hat leider wenig Vertrauen in unseren Staatsgerichtshof. Denn solange Richter dort sind, die der Regierung unterstellt sind, so wird das Vertrauen fehlen. Wie Marxer u. Ospelt ausgeführt haben, hängt unser Fortkommen von Ruhe und Ordnung und der Zusammenarbeit aller Gutgesinnten ab. Auch in der benachbarten Schweiz sind politisch gegensätzlich Gesinnte in der letzen Zeit an einem Tisch zusammengetreten, um wirtschaftlich vorzugehen. Ich würde auch lieber hier mein Amt ausführen, um wirtschaftliche Projekte zu beraten, als sich an die Köpfe zu fallen. Ich habe erklärt, ich werde wirtschaftlich vorgehen, aber in den Moment, wo von oben herab solche Vorstösse unternommen werden, bin ich da. Ich leide nicht, dass die Verfassung verletzt wird und sie nur theoretisch ist. Jeder Demokrat hat dem ein achtunggebietendes Halt entgegenzubieten.

[Emil] Batliner: Im ganzen Lande heisst es, unser Reg. Chef ist zu gut und zu nachgiebig, da sollte etwas anders geschaffen werden. Ich möchte ihm zurufen, heraus aus der passiven Resistenz. So kann es nicht weiter gehen, wenn eine Zeitung schreibt, wie das Vaterland. Ich würde in erster Linie diese Zeitung einstellen. Das wäre meine Absicht, dann gibt es Ruhe und Ordnung, das ist nur ein Hetzblatt. Auch ist es nicht notwendig, dass man eine solche Zeitung mit den amtlichen Kundmachungen beliefert.

Risch Ferdi[nand]: Der Abg. Beck behauptet, bei uns arbeiten die verantwortlichen Personen politisch. Demgegen möchte sagen, dass das vor 1928 der Fall war, dort ist das Geld anstatt der Bevölkerung zuzukommen, zum Lande hinaus. Seit 1928 ist das Geld wirtschaftlich und nutzbringend angelegt worden.

Dr. [Otto] Schädler: Sowohl Büchel, wie die meisten der Vorredner, hauptsächlich aber Batliner betonte, dass eine Stellung bezogen werden soll gegen das Vaterland. Es soll die Entscheidung so fallen, das es glatt verboten wird. Wir haben schon einen Beamtenukas, nach dem es jedem Beamten verboten ist, sich auf der Seite der Opposition zu betätigen. Nun soll ein zweiter Ukas kommen, der jede freie Meinungsäusserung unterbinden soll. Dass man diese Zeitung ganz oder teilweise einstellt, wird jedem demokratischen Menschen als eine Verletzung des demokratischen Gefühls und Denkungsweise vorkommen. Wir müssen mit Entrüstung einen solchen Anschlag auf die Demokratie zurückweisen. Es ist bekannt, dass im Laufe der letzten Jahre Stein um Stein aus dem demokratischen Gebäude herausgerissen worden ist, um den Weg zur Autokratie zu ebnen. Dieser vorgezeichnete Weg ist nichts anderes, als die Proklamierung der Diktatur. Wenn man die freie Meinungsäusserung unterbindet, dann kann man ruhig weiter gehen und die Existenz der Opposition verbieten, verbieten das Leben des einzelnen, der im Kreise der Opposition sich aufhält. Aber wie lange wird der Friede da sein? Auf dem Wege wird keine Kritik auszuschalten möglich sein, ausser mit der letzten Knute, dass man so vorgeht, wie in Deutschland und Italien. Jeder der kritisiert und seine Einwände macht, wird einfach hinter Schloss und Riegel gesteckt. Entweder wird man heute die Entscheidung fällen müssen, ein demokratisches System oder ein diktatorisches. Über diese Entscheidung werden Sie das Urteil zu fällen haben. Aber das eine kann ich sagen, dass wir in unserem Kampfe für die Erhaltung der Demokratie unser westlicher Nachbar unsere Sympathie nicht verweigern wird. Wir werden trotz dieses Gesetzes von unserer Einstellung zur Demokratie in keiner Weise abweichen. Es ist selbstverständlich, dass heute in einem Landtag, wo das Verhältnis 11 zu 4 lautet, es leicht ist, eine Mehrheit zu bekommen. Diese Einrichtung im Landtag entspricht nicht mehr dem demokratischen Willen des Volkes. Ich ersuche Sie, im Sinne der Demokratie eine zu weitgehende Forderung nicht fällen zu wollen.

[Peter] Büchel: Ich muss heute geradezu staunen, wie Herr Dr. Schädler heute die Ausführungen nur zum Teil hören will, oder sie entstellt. Wir haben verlangt, dass wir nicht weiter solche Beleidigungen unseres Reg. Chefs dulden. Wir müssen Mittel und Wege suchen, dies zu verhindern. Herr Dr. Schädler geht gleich auf die Demokratie über und wir wollten sie untergraben. Das sind Entstellungen. Wir sind ebenso gute Demokraten, wie Dr. Schädler und achten die Volksrechte höher als er. Er hat eine Bewegung ins Leben gerufen, die nicht nur ein bisschen, sondern stark nach Diktatur gerochen hat. Wir sind Demokraten, aber auch in der Demokratie gibt es Schranken. Es ist ein Unterschied, ob man Sachen diskutiert, oder ein Reg. Chef wöchentlich 2-3 Male angepöbelt und beleidigt wird. Dies wollen wir verhindern, nicht aber die freie Meinungsäusserung unterbinden. Aber immer wird nur etwas herausgerissen und der Sinn verdreht, das ist heute die Methode Dr. Schädlers.

Risch Ferdi[nand]: Ich verwundere mich über die Umstellung Dr. Schädlers. Auf jede Zunge würde das Wort Demokratie eher verstanden werden, als auf der Zunge Dr. Schädlers, wenn man sich zurückerinnert, mit welcher Wucht er in Balzers den Feldzug eröffnete, der brausen sollte durchs Land wie der Föhn. Was war das anders, als Diktatur? Die Parteien sollten verschwinden, so sollte es gehen.

[Emil] Batliner: Risch hat zum Teil meine Ausführungen gesagt. Ich persönlich habe keine Bedenken gegen eine Diktatur, dann würde es einmal eine Ordnung geben in unserem Lande. Der Herr Reg. Chef soll einmal heraustreten aus der passiven Resistenz. Wenn wir einen Mann an der Spitze hätten wie den, dann hätten wir andere Verhältnisse. Ich für meine Person habe diese Meinung.

Dr. [Otto] Schädler: Ich habe mich gegen die Vorwürfe Büchels zu wehren. Seine Äusserungen wegen der Verdrehung muss ich zurückwerfen und die Urheber dessen beschuldigen. Ich möchte noch vor allem auf die Äusserungen Elkuchs zurückkommen. Er hat die Äusserung getan, dass in der Opposition revolutionäres Treiben herrsche. Ja, worin liegt dieses Treiben. Wir verlangen nur die Achtung der Verfassung und der Gesetze. Wir haben das Recht zu dieser Forderung und wir werden dieses Recht auch in Zukunft für uns in Anspruch nehmen. Wenn an zuständiger Stelle der Hüter der Gesetze sich selbst nicht mehr an die Schranken der Gesetze sich gebunden fühlt, so ist es unsere Pflicht, ihn darauf aufmerksam zu machen. Wenn er heute erklärt, er würde in einem ähnlichen Falle in gleicher Weise vorgehen, so muss ich sagen, dass er mit vollem Bewusstsein die Verfassung und Gesetze verletzt. Und wenn an höchster Stelle nicht der Respekt entgegengebracht wird, wie es sein sollte, wieso kann man von der Bevölkerung verlangen, dass sie der Verfassung Respekt entgegenbringt. In erster Linie ist dies Pflicht der Behörden des Staates. Die Revolution ist daher ein blinder Vorwurf, ein haltloser Vorwurf und man könnte diesen Vorwurf vielmehr jenen Kräften zuschieben, die heute darauf hinauszielen, die Demokratie umzustellen. Das ist wahre Revolution. Seinerzeit hätte der Liecht. Heimatdienst die Idee der Diktatur verfochten. Das ist unwahr und ist ein Beweis, dass er nicht verstanden wurde oder werden wollte. Damals was das Ziel Beseitigung der Parteien und damit des inneren politischen Kampfes. Dieses Ziel hat die Bewegung leider nicht erreicht.

[Peter] Büchel: Wir sind es schon bald gewöhnt zu hören, hier hat der Herr Reg. Chef die Verfassung und Gesetze verletzt. Wir nehmen das nicht mehr so tragisch. Vor ca. einem Jahre hat Dr. Schädler schon dem Reg. Chef wegen Nichtbenützung von inländischem Baumaterial zum Postgebäude in Vaduz Verfassungsverletzung vorgeworfen. Es ist ja nur ein einseitiges Urteil und ich glaube, nach aussen wirkt es nicht mehr viel. Ich komme noch einmal darauf zurück. Wir können diesem Treiben nicht mehr länger zusehen, dass unser oberster Beamter von einer Opposition, die keine Verantwortung kennt, im Drecke herumgezogen wird. Hier müssen wir Mittel und Wege suchen, auf gesetzlichem Wege dies zu unterbinden. Nicht die Kritik wollen wir unterbinden. Alle Hochachtung vor gerechter und freier Kritik, aber nicht von revolutionärer. Wenn in Versammlungen schon von Revolution gesprochen wird und immer wieder ein Rücktritt des Reg. Chefs verlangt wird, wenn von Messern geredet wird, von Gewalt, wenn der Chef mehr als 24 Stunden amtiert, das riecht ziemlich stark an Revolution. Diese Zustände wollen wir abgeschafft haben. Wir wollen der Demokratie Achtung verschaffen, aber nicht durch Ungesetzlichkeiten, wie es die Gegenseite im Schilde führt. Wir werden uns zu helfen wissen. Wir wollen beraten, wie man diese Umstände abschaffen kann. So kann man nicht zusammenarbeiten. Wir haben schon mehrmals zur Zusammenarbeit eingeladen und den Weg ziemlich angenehm gemacht, sie haben uns nicht verstanden und wollen uns nicht verstehen. Sie wollen uns in unserem Fundamente treffen und der Nächste ist der Landtagspräsident und so ginge es weiter. Das ist nicht Demokratie, das ist Revolution. Beck Wend. hat dem Staatsgerichtshof zum voraus das Vertrauen abgesprochen, er hat betont, die breite Öffentlichkeit. Da kann ich nur sagen, so wenig als der Verbrecher vor dem Richter bestehen will, so wenig getrauen sie sich vor den Staatsgerichtshof. Wir lassen unsere Behörden nicht im Schmutze herumziehen. Wir protestieren gegen solche Ausdrücke. Wenn einer unter dem Schutze der Immunität jede Instanz im Dreck herumzieht, so ist das traurig, das charakterisiert den Charakter eines solchen.

Vogt Basil: Ich möchte noch erwähnen, dass schon wiederholt gesagt worden ist, dass der Polizei mehr Vollmachten gegeben werden sollen. Ich bin anderer Ansicht. Sie sollten mehr gute Worte haben, als Knüttel. Sie würden zum Teil besser in eine Menagerie passen, als zur Polizei.

Präsident: Ich weise den Vorwurf gegen die Polizei zurück. Ich mute der Polizei den Takt zu, dass sie wissen, wie die Leute zu behandeln sind. Wenn sich hingegen Leute wie Tiere gebärden, so sind eben ausserordentliche Mittel anzuwenden. Ich habe nicht ohne Absicht die freie Meinungsäusserung walten lassen auf weitgehender Basis, damit alle Momente ausgesprochen werden. Ich möchte diese Diskussion nicht unterbinden, möchte aber bitten, auf jene Punkte zu kommen, die Gegenstand einer Beschlussfassung sind. Die Begründung liegt in den Ausführungen, aber sie sollten zweckentsprechender auf den Gegenstand hingelenkt werden.

[Peter] Büchel: Die Abgeordneten der Union gefallen sich heute in der Rolle, sowohl Polizisten, wie die höchsten Instanzen zu beschmieren. Wir protestieren gegen diese Beschimpfung der Polizei. Die Polizisten wissen, dass sie beleidigt sind. Wenn Übergriffe vorkommen, sollen sie eingreifen. Sie sollen aber nicht unter dem Schutze der Immunität im Landtage beleidigt werden.

Beck W[endelin]: Es werden Massnahmen erörtert gegen die Organe der Union. Wie wir alle wissen, gibt es in jedem demokratischen Staat, wie in der Schweiz, eine Menge Oppositionsblätter. Wenn in der Regierung Männer sitzen, die durchdrungen sind von demokratischem Gefühl, so werden sie es nicht wagen, dies zu unterbinden. Wenn ungerecht ein Angriff auf die Regierung erfolgt, so hat sie das Recht, an ein Gericht zu gelangen. Dieses Recht hat auch der Chef, wenn er glaubt, sich angegriffen zu fühlen. Es ist auch betont worden, Dr. Schädler und Beck hätten sich auf das Herumreisen verlegt, um das Volk aufzuhetzen. Es sind auch andere im Lande herumgereist, nur mit dem Unterschiede, wir haben öffentliche Versammlungen veranstaltet, um vor dem Volke unsere Meinung auszutauschen. Es war für uns eine Enttäuschung, dass wir keine Gegner fanden in den Gemeinden. Hinter verschlossenen Türen sind Versammlungen abgehalten worden. Was die Verstärkung der Polizei betrifft, so empfehle ich für jeden Polizisten ein Bombenflugzeug.

Präsident: Wir wollen die Sache nicht ins Lächerliche ziehen, dafür sind wir nicht zusammengekommen. Wir sind da zu beraten, ob die heutigen Verhältnisse es erfordern, verschärfte Massnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zu treffen. Wir haben Polizisten genug, um Strafbare einstecken zu lassen. Wir müssen heute zwei Dinge unterscheiden. Die Ereignisse aber zeigen, dass wir zu wenig Polizisten haben, denn es gibt heute Elemente, die aufgelegt sind, mit diesen bald fertig zu werden. Es ist traurig, wenn eine Polizei sich gefallen lassen muss, von privater Seite handfest angegriffen zu werden. Wenn der Staat solche Dinge duldet, dann tut er seine Pflicht nicht. Wenn uns diese Leute nicht genügen, die Ordnung aufrecht zu erhalten, dann muss man die Zahl erhöhen. Es ist traurig, wenn eine notwendige Polizeiorganisation öffentlich angeödet und begeifert wird. Es ist unbedingt notwendig und es muss jeder froh sein, wenn ein Polizist bei Gefahr in seiner Nähe ist. Es ist gegen die Auffassung des Schutzes im öffentlichen Staate, wenn anstatt auf sie Bedacht zu nehmen, dieselben im öffentlichen Landtag heruntergesetzt werden. Eine Kritik, die gesund ist, wird jeder vertragen, wenn aber betont wird, dass sie eher Tierbändiger seien, dann dürfen wir den Stiel umkehren und sagen, wo sie mit Tieren zu tun haben, sind sie Tierbändiger geworden. Es ist eine alte Erfahrung, dass gerade das gute Element deswegen zu kurz kommt, weil es weniger Schneid aufbringt und geduldig zusieht und sich erst regt, wenn die letzte Stunde kommt. Ich teile diese Meinung, es ist die letzte Stunde gekommen. Ich habe mich bisher zurückgehalten. Es hat geheissen Opposition. Ich bin auch der Meinung, dass eine gesunde Opposition gut ist im Staate, wenn sie gesunde Ideen überlegt und erwägt. Wenn hingegen die Opposition jenen Schritt tut, dass sie Widerspruch wird gegen alles, dann ist es nicht mehr Opposition, sondern Obstruktion. Das zu dulden, ist nur dann möglich, wenn man sich schwach fühlt. Ich halte aber unser Staatsleben und Volksleben noch für derartig anständig, dass wir derartige Dinge nicht brauchen. Es ist noch nicht auf diesen Tiefstand gekommen. Ich nehme die gefallenen Äusserungen nicht ohne weiters als Volksmeinung, denn ich mute mir zu, dass ich auch etwas vom Volke höre und es kenne und aus diesem Volke kommen Stimmen, die gesund und klar sehen. Diese sagen deutlich, so kann es nicht mehr weiter gehen. Es muss etwas geschaffen werden zu einem anständigen bürgerlichen Zusammenleben und zu einer bürgerlichen Arbeit im Staate. Die vertretene Meinung kann nicht hundertprozentig übernommen werden. In den Zuschriften an den Landtag kommt die Meinung eines grossen Prozentsatzes unserer Bevölkerung zum Ausdruck. Die Gegenseite stellt ab auf die Stimmenzahl anlässlich der Proporzabstimmung. Aber ich halte dafür, dass von den 48% bestimmt noch 20% dabei sind, die alle Übertreibungen und das Probieren auf diesem Wege ablehnen. Sie hatten in den Versammlungen nicht 48%, sie haben ein paar überspannte Leute, die Sie treiben. Ich habe die Meinung, dass Sie Geister gerufen haben, denen Sie nicht mehr Meister werden. Ich mute Ihnen diese bösen Gedanken nicht zu. Aber ich habe noch nie gehört, dass die Arbeit der Behörden in den Versammlungen anerkannt worden ist. Gerade dadurch, das man in diesem Sinn das Vertrauen in die Instanzen, die Gerichte und in die Regierung untergräbt, dadurch pflanzt man jenen Geist gross, der sich eines Tages äusserlich als Unbotmässigkeit auswirkt. Es braucht Revolution nicht mittels Gewehren zu sein, es kann einer Revolution treiben ganz allein, wenn er sich über alles hinwegsetzt. Das ist nach meinem Dafürhalten, was überlegt sein muss. In diesem Sinn halte ich fest dafür, dass gefehlt worden ist. Gerade auch in der Geschichte der Spitzelaffaire ist revolutionärer Geist zu Tage gefördert worden. Es ist heute die Meinung gefallen, das Vorgehen sei beweisbar auf Grund des Gutachtens. Ich unterschreibe das Gutachten voll und ganz und zweifle nicht an der Autorität des Mannes, denn dieser Mann ist sich seiner Ehre und seines Standes so bewusst, dass er nicht nur etwas in das Blaue hinausgibt, aber es kommt eben darauf an, welche und wie ihm die Unterlagen gegeben worden sind. Ich bin heute überzeugt, dass, wenn Herr Prof. Burkardt das gewusst hätte, dass auf Grund des Gutachtens in den Versammlungen verlangt wird, dass der Regierungschef weg müsse, das eine Ausnützung ist, die diesem hochstehenden Menschen zuwider sein muss. Das war nicht die Absicht dieses Mannes und ich glaube auch, dass dieser Mann heute mit keinem Mittel mehr für so etwas zu haben wäre. Dafür erachte ich Herrn Prof. Burkardt als hoch genug. Es war ein Missbrauch dieses Gutachtens. Wenn man das Gutachten ruhig überdenkt, so stellt es der Herr Prof. letzten Endes als eine Ermessungssache hin. Gerade deswegen würde heute nach diesem Vorkommnis das Gutachten nicht mehr zu bekommen sein. Diesen Satz des Gutachtens möchte ich hundertfach unterstreichen.

Wenn nun Indizien da sind, dass etwas Staatsgefährliches im Gange ist, dann sollen diese Indizien benützt werden um das Notwendige vorzukehren und diese Indizien sind da. Der Beweis ist der Tenor der Versammlungen. Ich weiss, dass immer eine gewisse Leidenschaft mitspricht, aber wenn nun das ganze Ergebnis der Versammlung solche Beschlüsse des Rücktrittes der Regierung sind und diese noch in der Zeitung kommen, dann ist das zu weit geschossen, das ist ein Indizium ernstester Natur. Ich möchte bitten, wen haben Sie im Kopfe, Hr. Dr. Schädler, der der Nachfolger des Herrn Reg. Chef sein soll? Wer will diese Arbeit übernehmen? Hier habe ich die Meinung, ist die ganze Begründung aus dem Egoismus herausgewachsen. Ich glaube, wenn Dr. Vogt ins Regierungshaus eingezogen wäre, dass ein Grossteil einen beruhigteren Gang genommen hätte. Die Gründung der Partei ist aus ehrlichen Motiven herausgewachsen. Der Gedanke wurde von Herrn Schaffhauser aufgezogen, von Ihnen praktisch übernommen, aber er ist nicht zum Erfolg gekommen und von da an war es persönliche Obstruktion. Darin sehe ich den Fehler und öffentlichen Tadel. Es hat zuerst gegolten, dieser oder jener Person oder Behörde beizukommen. Einer sollte nach dem anderen behandelt werden. Es ist dieses System ein altes und bewährtes. Etwas bleibt ja immer hängen und schliesslich steht er in der öffentlichen Meinung als ein Schmutzfink da. Ich habe erfahren, mit welchen Dingen man umgehen muss, bis man einem Menschen den Dreck anzuhängen bringt. Das sollte von einem zum anderen geschehen. Diese Umtriebe sind nicht in Ordnung und ich betone, dieses Gutachten würde heute nicht mehr erhältlich sein. Ich bin auch fest überzeugt, wenn der Landtag den Beschluss fasst, andere Gutachten einzuholen, nicht nur mit dem Ausdruck der Ermessungsfrage operiert werden wird. Es ist positiv gesagt worden, dass der Herr Reg. Chef richtig gehandelt hat. Ich halte alle Rechtsguthaben für überflüssig. Die Volksmeinung hat sich auch dieses Urteil gefällt und hat entschieden. Es sind also politische Gründe da zu einer Änderung und wirtschaftlich sprechen auch Gründe dafür. Es ist dies bewiesen durch ein mir zugekommenes Schreiben. Eine solche Beunruhigung schafft in der Öffentlichkeit möglichst schlechten Boden. Wir graben uns das Wasser ab, das wir trinken. Wir sollten endlich die Einsicht bekommen, dass die Ruhe im Staate hauptsächlich aus diesen Erwägungen unbedingt notwendig ist. Es ist doch ein alter Erfahrungsgrundsatz, dass sobald man rührt, das Wasser trübe kommt. Das anständige Kapital will eine Sicherheit haben, dass das Volk sich verantwortlich fühlt. Ist nun das Demokratie, dass jeder tun kann, was er will? Dann brauchen wir überhaupt kein Staatsgebilde. Ich verstehe, dass das Bürgertum endlich denkt, dass es sich in die höhere Ordnung einfügt, um in Ehren dazustehen. Der einzelne muss in diese Reihen eingestellt werden. Ich habe die Meinung, dass die Mehrheit befiehlt. Auf Grund des Majorzes ist das Verhältnis so und möchte sich doch ein jeder dieser Autorität beugen, anstatt sie zu unterminieren. Ich glaube, es geht uns allen besser. Es geht nicht um diesen oder jenen Namen, es kommt darauf an auf die Loyalität, wie jeder sich der Behörde gegenüber einstellt. Wer nicht dieses Prinzip hochhält, der ist kein Demokrat. Es darf nicht so weit gehen, dass man die Freiheiten so weit treibt, dass sie Frechheiten werden. In diesem Falle geht es um das Höchste, um die Demokratie. Sehen Sie Herr Doktor, wenn man das Land herunterspielte mit „Heil Otto" - Rufen, so sieht das undemokratisch aus. Dieses „Heil Otto" war ein bedenklicher ernster Warnruf gewesen. Dieser Geist muss bekämpft werden. Wir haben auch noch ein Recht und sind auch noch ein Stückchen Volk. Ich glaube, mehr als 50% lehnen so etwas ab. Ich hätte manche Bemerkung lieber nicht gehört. Solange der Herr Reg. Chef seine Pflicht tut und seine Fähigkeiten existieren, haben wir keinen Grund, irgend aus einer Kleinigkeit eine Änderung zu treffen. Ich komme zu positiven Anträgen, sie lauten:

1. Das vertraglich und fest von der Redaktion des Vaterlandes die Erklärung abgegeben werde, dass eine derartige Beflegelung des Reg. Chefs ausgeschlossen erscheint. Diese Zusicherung möchte ich haben. Wenn diese Erklärung nicht loyal abgegeben werden kann, dann werden wir andere Massnahmen ergreifen müssen.

2. Wenn man schon bei den Vorkommnissen, wie sie gewesen sind, die Massnahmen der Polizei kritisiert, um unter den nicht Geschützten des Staates dies und das vorzukehren, dann sind Sicherheitsmassnahmen zu treffen, die genügend sind, die Sicherheit im Lande zu bieten. Es kommt hier nicht auf ein paar Hundert Franken an. Diese Gutachten kosten mehr als ein Polizist. Das ist notwendig, dass die Autorität auch die nötigen Mittel zur Hand hat. Warum die Drohung, aus Sicherheits- und Ordnungsgründen soll der Regierungschef abtreten? Ich bin überzeugt, Sie haben keinen in der Partei, der garantiert, dass die Ordnung besser ist und dafür die Garantie bietet. Ich sage auch ganz öffentlich, Sie haben auch keinen, der bei den legalen Behörden in Bern besser Anklang finden würde, als unser Herr Reg. Chef. Ich kenne diese Verhältnisse und wenn Sie die liberale Presse der Schweiz in Anspruch nehmen, dann haben Sie sich ein Zeugnis ausgestellt, das ich bedauere. Denn die liberale Presse ist unserem katholischen Liechtenstein nicht immer freundlich gewesen. Dass die Schweizer Presse einen Prof. Burkardt in Schutz nimmt, ist verständlich, ich nehme ihn selbst in Schutz.

Diese zwei Dinge sind diejenigen, die heute unter den gegebenen Umständen befähigt sind, die Ruhe und Ordnung im Lande zu garantieren.

Dr. [Otto] Schädler: Der Herr Präsident hat sich in langen Ausführungen mit meiner Person befasst. Er ist ausgegangen von den Verhältnissen in der Bevölkerung und hat gesagt, dass von den 48% wahrscheinlich 20% den Entscheidungen der Parteiführung sich nicht unterordnen. Es gibt gewiss solche in den Kreisen, die nicht alle Handlungen unterschreiben. Aber es gibt bei diesen 52% eine ganz erkleckliche Anzahl, die die Auswüchse einer Parteileitung nicht unterstreichen würden. Auch dort gibt es eine grosse Zahl von Leuten, die sagen, gebt jedem das gleiche Recht. Diese Meinung ist schon sehr weit verbreitet. Es wird von diesen 52% nicht einheitlich die Auffassung vertreten, dass den Beamten vorgeschrieben werde, Du darfst nur in dem einen Sinn politisieren. Dort dürfen die Beamten uneingeschränkt und ohne Grenzen politisieren. Dieses Mass des verschiedenen Rechtsverhältnisses und Rechtsbeschränkung wird in breiter Öffentlichkeit unter den 52% nicht voll gewertet. Dann sagt der Herr Präsident, es sei nicht von Opposition zu sprechen, sondern von einer Obstruktion. Es ist bedauerlich, das diese Auffassung im Präsidenten Wurzel geschlagen hat. Es wurde auch bei unseren Versammlungen das Produktive der Leistungen unterstrichen und befürwortet, das Negative aber mit der entsprechenden Zugkraft herausgegriffen. Die Kritik wurde dort angesetzt, wo sie verdiente angesetzt zu werden. Der Herr Präsident betont auch, dass der Gedanke der revolutionären Idee schon die damalige Einstellung bezgl. der Auslieferung Vogelsangs an die Polizei beinhalte. Damals habe ich mitgeteilt, dass er nicht allein gehen müsse. Er konnte frei entscheiden und wir mussten ihn frei entscheiden lassen, weil wir annehmen mussten, dass sein Ehrenwort Giltigkeit habe. Dann kommt der Herr Präsident auch auf das Gutachten zu sprechen. Die Person anerkennt er, aber er bemerkt, dass Herr Prof. Burkardt es heute ablehnen würde, ein solches Gutachten zu erstatten. Ich muss dem Herrn Präsidenten mitteilen, dass uns erst kürzlich der Hr. Prof. die Erlaubnis gegeben hat, mit ihm zu tun, was wir wollen. Wir waren längere Zeit schon im Besitze des Gutachtens. Wir waren zur Veröffentlichung erst veranlasst, weil das Volksblatt immer betonte, dass wir verantwortungslose Abgeordnete seien. Zu unserer persönlichen Deckung war die Publikation notwendig und es war für uns eine Beruhigung, dass ein so hochangesehener Rechtsgelehrter unsere Stellungnahme im Landtage bekräftigte und deckte. Der Herr Präsident behauptet weiter auch, dass das Betreiben der Opposition darin liege, an einer Person konsequent etwas auszusetzen, damit möglichst viel Schmutz liegen bleibe. Wenn dieser Gedanke richtig ist, so darf ich wohl auch sagen, dass ich selbst wie Dr. Vogt und die Landesleitung der Union genügend mit Schmutz beworfen wurden, so dass auch hier der Satz die Berechtigung hätte, man muss nur jeden Tag etwas anhängen. Dieselbe Kampfesweise, die nicht zärter und rücksichtsvoller von Seite der Bürgerpartei geschah. Wir lehnen diesen Vorwurf ab, den der Herr Präsident erhoben hat. Auch die Äusserung der Heil Otto-Rufe ist eine unverfängliche Sache. Es waren dies Äusserungen von Parteiangehörigen, die mir persönlich ihre Sympathie entgegenbringen. Ein Sympathieausdruck ist noch nicht landes- oder staatsgefährlich. Bezüglich der Schweizerpresse ist der Herr Präsident nicht besonders gut zu sprechen, weil sie liberalen Kreisen angehört. Es wird dieser Vorwurf jedenfalls nicht ganz mit Recht erhoben werden können. Es gibt auch Blätter die von hier aus beeinflusst worden sind. Jedenfalls sind die betreffenden Zeitungen in der Schweiz so geartet, dass sie auch in Bern den grössten Einfluss geniessen und als solche müssen sie gewertet werden.

[Philipp] Elkuch: Ich möchte zu den Ausführungen des Herrn Präsidenten meine Anerkennung aussprechen. Er hat den Nagel mitten auf den Kopf getroffen. Er hat allen Abgeordneten aus dem Herzen gesprochen. Ich möchte den Antrag stellen, die Regierung zu ermächtigen, alles das vorzukehren, was notwendig ist zum Schutze des Staates und der Ruhe und Ordnung im Staate.

Beck W[endelin]: Kein Abgeordneter wird sich auflehnen gegen Ruhe und Ordnung. Auch ich verurteile die letzten Ereignisse. Jeder Liechtensteiner muss eine Autorität anerkennen. Aber nur mit diesen Gesetzesparagraphen die oder jene Meinung im Zaume zu halten, halte ich nicht für recht. Wir haben ein Ermächtigungsgesetz, mit dem die Regierung Vorkehrungen treffen kann, die den angegebenen Zweck verfolgen.

Reg. Chef [Josef Hoop]: Ich wollte während der Debatte Ihre Zeit nicht in Anspruch nehmen, aber um mich nicht dem Vorwurf auszusetzen, dass ich einzelne Fragen unbeantwortet gelassen habe oder keine Stellung bezogen hätte, möchte ich noch folgende Feststellungen machen. Ich habe gesagt, dass ich in einem ähnlichen Falle genau wieder so handeln werde. Ich wiederhole das neuerlich. Dr. Schädler hat gesagt etwas Gesetzeswidriges bewusst. Ich weise diese Äusserung schärfstens zurück, da ich keine Gesetz- oder Verfassungsverletzung begangen habe. Ich habe recht gehandelt, das werden Sie noch anerkennen müssen. Darf ich noch kurz die Frage stellen, warum ausgerechnet diese Taktik gegen mich? Ich habe die Gesetze anzuwenden und jeder Richter hat dies zu tun. Einem Richter passiert des Jahres wiederholt, dass er das Gesetz nicht richtig anwendet und es wird in der oberen Instanz ein anderes Urteil gefällt. Dieser Richter hat die Gesetze verletzt, ich habe es nicht getan. Ich bitte Sie, warum kritisieren Sie nicht den Richter. Ich protestiere ganz energisch gegen den Vorwurf, wir setzen den Armen im Land den Daumen auf den Nacken. Ich sage frei, dass kein Armer in Liechtenstein einen wärmeren Freund bekommen wird, als mich. Wir haben die Ausgaben der sozialen Fürsorge verzehnfacht und keiner der unverschuldet in Not Geratenen klopft vergebens an die Türe der Regierung. Was die Bemerkung des Abg. W. Beck betrifft, mit ihm in öffentlichen Versammlungen zu diskutieren, so muss ich sagen, wenn ich einmal einen Tag nichts Besseres zu tun habe, können wir reden. Mit Ihnen wird man bekanntlich in einigen Stunden nicht fertig, man müsste viel Zeit haben. Es ist nicht meine Sache, herumzustreiten vor dem Volke, sondern zu arbeiten. Das andere ist mir zuwider. Ich bilde mir ein, noch etwas getan zu haben.

[Emil] Batliner: Ich vermute, dass das Exposée nach Angaben des früheren Gesandten in Bern ausgearbeitet worden ist. Kein vernünftiger Schweizer wird sich in unsere Politik einmischen. Jeder Schweizer sagt, wenn es uns nur so gut ginge, wie den Liechtensteinern.

Dr. [Otto] Schädler: Ich möchte betonen, dass er sich nicht in die Politik eingelassen oder eingemischt hat, sondern eine Rechtsfrage eindeutig klargelegt hat. Nicht die politischen Verhältnisse haben ihn interessiert. Ausserdem ist Herr Dr. Beck als früher Gesandter niemals in Erscheinung getreten. Er hat keine Vorarbeiten geleistet, es nicht inspiriert. Der Herr Prof. Burkardt hat es auf seine Verantwortung genommen und er hat dabei seine äusserste Reserve an den Tag gelegt.

[Peter] Büchel: Ich glaubte, ein anderer ergreife das Wort zu den Ausführungen Dr. Schädlers. Zur Beantwortung dieser Frage, ob der Reg. Chef richtig gehandelt habe oder nicht, gehört das Erfassen unserer Rechtsordnung und der gesamten Staatsverwaltung. Der Chef hat als oberstes Polizeiorgan gehandelt. Ich muss betonen, dass das freie Ermessen massgebend war. Er hätte eine Dummheit gemacht, wenn er das Regierungskollegium gefragt hätte. Dann hätte ich gesagt, Herr Chef, Sie sind ein schlechter Polizeikommissär. In unser aller Augen hat der Chef nicht nur richtig, sondern klug gehandelt und wir schenken ihm das vollste Vertrauen und ich würde es begrüssen, wenn er in einem solchen Falle wieder so handeln würde.

Beck W[endelin]: Wenn die Auffassung Büchels Raum gewinnen soll in Liechtenstein, dann bleibt uns kein anderer Weg offen, als die Abänderung der Verfassung.

[Franz Xaver] Hoop: Hier werden wir nicht so schnell einig werden. Die anderen kann man nicht bekehren und uns soll man nicht für so dumm halten.

[Peter] Büchel: Ein kleines Beispiel zur Begreiflichmachung, nicht aber zur Bekehrung des Abg. Beck W.. Wenn ein Dutzend Leute kämen und ins Regierungsgebäude eindrängen, dann müsste der Reg. Chef die Regierungsräte einberufen und beraten, was wollen wir machen. Es wäre eine Polizeimassnahme und da muss man ganz anders handeln. Und selbst, wenn er Zeit hätte, das Regierungskollegium einzuladen, so ist das naiv, das ist eine Auffassung.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich möchte bitten, von dieser Weiterbehandlung dieser Affaire Abstand zu nehmen, weil sie in einer Sitzung schon behandelt worden ist.

Beck. W[endelin]: Büchel erwähnt von Eindringlingen ins Regierungsgebäude. Mir ist dieser Standpunkt unverständlich. Ich möchte fragen: Für was halten Sie die Regierungsräte, halten Sie sie für Männer oder für Weiber? Ein Regierungsrat wird nicht zu seinen Parteigängern springen und sagen, flüchtet Euch, vernichtet die Papiere.

Präsident [Anton Frommelt]: Was diese Sache als solche betrifft, sollten wir sie als erledigt betrachten. Dem Herrn Reg. Chef ist das Vertrauen seinerzeit schon ausgesprochen worden und ich halte dafür, dass in Übereinstimmung mit dem hohen Prozentsatz der Unterschriftensammlung für den Reg. Chef in den einzelnen Gemeinden dem Herrn Reg. Chef trotz dieser Vorkommnisse das volle Vertrauen ausgesprochen werde. Ich stelle diesen Antrag zur Diskussion.

Dr. [Otto] Schädler: Ich muss mich gegen diesen Antrag stellen und zwar deshalb, weil er gesagt hat, dass er unter ähnlichen Umständen gleich handeln würde. Er würde deshalb dieselbe Gesetzesverletzung begehen, die er begangen hat nach dem Gutachten. Das Gesetz anerkennt auch das Notrecht des Staates und wenn dieses Notrecht in Frage kommt, wird er von sich aus handeln müssen. Aber in diesem Fall war keine Not vorhanden, es wäre Zeit genug gewesen, die Sache auf gesetzmässigem Wege zu regeln.

Beck W[endelin]: Ich möchte noch Bezug nehmen auf die Unterschriftensammlung und feststellen, dass sie niemals der Spiegel der Wirklichkeit ist. Ich könnte heute schon Dutzende erwähnen, die mir gegenüber erklärten, dass sie unter dem Druck der wirtschaftlichen Verhältnisse gehandelt haben. Gestern hat mir einer erklärt, dass dieses Unterschreiben in gewissem Sinn für die Arbeiter eine Brotfrage gewesen ist. Also ein Vertrauensvotum zur Brotfrage.

Präsident [Anton Frommelt]: Diesen Vorwurf möchte ich ablehnen und ausdrücklich betonen, dass auf den Bauplätzen in Triesenberg, Balzers und anderswo mehrheitlich Leute beschäftigt sind, die nicht für die Regierung die Hand ins Feuer legen. Sie können die Listen selber durchgehen und sie werden selber sehen, ob Ihre Behauptung wahr ist oder nicht. Ich habe die feste Meinung, dass keiner wegen seiner politischen Meinung einen Nachteil erfahren hat. Bitte, gehen Sie hin und suchen Sie, ob die Parteigegner nicht mehr berücksichtigt worden sind. Die Regierung hätte vielleicht da oder dort dieses Mittel anwenden können. Aber Bürger ums Geld, sind schlechte Bürger. Ich hoffe nicht, dass gerade durch die Opposition dieser Standpunkt Trumpf werden sollte. Es soll jeder nach seiner Bedürftigkeit berücksichtigt werden. Gerade in Triesenberg, dies wird auch der Vorsteher der Gemeinde zu bestätigen in der Lage sein, sind mehr andere berücksichtigt worden. Für die Landesarbeiten darf diese parteipolitische Begutachtung nicht Trumpf werden. Ich glaube auch, Beck W. wird den öffentlichen Beamten diesen Vorwurf nicht machen.

[Emil] Batliner: Ich möchte zurückkommen, ob der Herr Reg. Chef richtig gehandelt hat oder nicht. Ich sage ja. Er ist die oberste Polizeibehörde. Die ist verankert in der Person des Reg. Chef.

Präsident [Anton Frommelt]: In einem solchen Falle ist das Kollegium ein umständlicher Apparat. Die ganze Angelegenheit hat der Landtag in einer Sitzung behandelt und das Vorgehen des Reg. Chef gutgeheissen und damit ist diese Angelegenheit erledigt. Das Gutachten sagt ja, das kann man mit dem Apparat nicht machen. Es ist nicht Sache des Landtags über die Gutachten zu streiten. Ich lehne es ab, ein Gutachten einzuholen, es sei denn, dass es ein offizielles ist. Und nun, ich sage es noch einmal, es ist dem Reg. Chef das Vertrauen abgelehnt worden u. ich stelle den Antrag, der Landtag stimme darüber ab, wer dem Herrn Reg. Chef das volle Vertrauen entgegenbringt.

Abstimmungsergebnis 11 Stimmen für die Vertrauensfrage bei 4 Enthaltungen.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich bedauere, dass eine solche Auffassung dahin kommen kann. Die Gegenprobe wird nicht verlangt?

In der Diskussion hat sich ergeben, dass Vorkommnisse da sind, dass die öffentliche Ruhe und Ordnung sichergestellt werden muss. Ich betone dies auch aus meiner Überzeugung. Indizien sind da, dass eine grössere Gewähr für die Sicherheit da sein muss. Welche Wege eingeschlagen werden sollen, darüber hat der Landtag zu entscheiden. Das eine wird notwendig sein, dass eine bestimmte Vollmacht der Regierung erteilt wird, dass ein bestimmter Weg eingeschlagen wird. Es ist nicht notwendig, dass unsere Polizei verprügelt werden kann. Ich stelle den Antrag, der Regierung den Auftrag zu erteilen, das vorzukehren, was sie für notwendig findet und es soll ein Kredit hiefür bewilligt werden. Die Regierung soll die Verhältnisse prüfen, studieren und dann soll sie die notwendigen Kredit zur Verfügung haben. Ich hoffe nicht, dass es ausserordentlicher Massnahmen bedarf, sondern dass noch guter Wille im Volke vorhanden ist. Genau auf diesem Wege, wie wir heute Verhältnisse haben, sind diese Dinge anderswo entstanden, wo wir sie mit Blut enden sehen. Der Liechtensteiner ist anständiger und bürgerlicher eingestellt. Es soll jedem bewussten Treiben Einhalt geboten werden. Das soll die Regierung beobachten.

Beck W[endelin]: Ich würde beantragen, der Regierung den Auftrag zu erteilen, die Verhältnisse und Massnahmen zu studieren und dann dem Landtage Vorschläge zu machen bezg. dessen, was vorzukehren ist.

Präsident [Anton Frommelt]: Wenn keine Vorkommnisse zu verzeichnen sind, könnte dies genügen. Sollte sich aber notwendigerweise etwas als dringlich erweisen, muss die Regierung schon irgendwie eine Vollmacht haben, nicht dass man wieder sagt, die sei verfassungswidrig vorgegangen.

Reg. Chef [Josef Hoop]: Ich beantrage, der Regierung jede Vollmacht und jeden Kredit zur Verfügung zustellen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Lande.

Dr. [Otto] Schädler: Ich unterstütze den Antrag von W. Beck und zwar in der Form, dass die Regierung die Anträge prüft und sie dann später dem Landtage unterbreitet, nachdem diese bereits die Finanzkommission passiert haben. Es ist jetzt unmöglich, auf diesem Wege eine Blankovollmacht zu geben, mit der sie machen kann was sie will.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich verstehe dies, wenn man der Regierung das Misstrauen ausspricht. Wenn man ihr aber das Vertrauen schenkt, dann ist es eine Vollmacht.

[Franz Xaver] Hoop: Jeder ist der Meinung, dass es vorgelegt werden soll, wenn es gemacht ist. Die Regierung aber soll dafür einen Kredit haben.

Beck W[endelin]: Ich möchte darauf verweisen, dass die Ereignisse so ziemlich gekühlt sind und voraussichtlich morgen oder übermorgen sich nicht wieder Solches sich abspielen wird. Schliesslich aber ist der Landtag die oberste Instanz.

[Emil] Batliner: Ich möchte anfragen, wenn die nächsten Tage wieder so eine Schreiberein angeht, kann man dann den Landtag zusammenberichten. Da muss man sofort handeln.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich stelle noch einmal fest, dass die Regierung die Massnahmen immer dem Landtage zur Kenntnis gebracht hat. Es decken sich einigermassen die Vorschläge. Aber diese Bedingung sollte nicht gestellt werden, dass die Regierung bis zur Erledigung im Landtage in der Luft steht. Sie soll von heute an auf festem Boden stehen. Deshalb betone ich, es ist dringend zu empfehlen, dass der Regierung der notwendige Kredit zur Verfügung gestellt werde.

Dr. [Otto] Schädler: Ich erachte die Dringlichkeit nicht für gegeben. In Wirklichkeit besteht keine Gefahr zu einer Revolution, wenn man keine provoziert. Die Vorgänge in Triesen haben bewiesen, dass es Fragen der Taktik der Polizei sind. Wenn sie es verstanden hätten, den ersten herzubringen, so wäre alles nicht erfolgt. Dass sich ein Bruder eingesetzt hat, ist nichts Ungeheuerliches. Dass man da eine grosse und riesige Sache daraus macht, ist jedenfalls eine Übertreibung.

Reg. Chef [Josef Hoop]: Ich muss darauf bestehen, dass der Antrag Elkuchs angenommen wird. Es ist gesagt worden, Ruhe und Ordnung hänge von meiner Demission ab. Ich muss auf diesem Antrag beharren.

[Franz Xaver] Hoop: Es hat eine führende Person der Vaterländischen Union ausgesprochen, unter allen Umständen müssen diese Leute weg.

[Philipp] Elkuch: Es hat geheissen, dass ein zweiter Putsch vorbereitet sei. Die Situation ist gefährlich genug, dass Vorsichtsmassnahmen getroffen werden.

Dr. [Otto] Schädler: Ich möchte darauf erwidern, dass diese Ausdrücke gar nicht gefallen sind, besonders nicht im Adler. Es wurde wohl darauf hingewiesen, dass man mit allem Nachdruck verlangen muss vom Reg. Chef, dass er Recht und Gesetze anerkennt. Und wenn er das nicht macht, dann muss diesem rechtlosen Zustand entgegengearbeitet werden.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich stelle mir doch vor, dass die Beschlussfassung der Zusammenschluss der Meinungen war und hier steht ausdrücklich im Abs. 4, sie sprechen dem Herrn Reg. Chef das Misstrauen von mehr als 48% der Bevölkerung aus und verlangen im Interesse der Ruhe und Ordnung seinen Rücktritt. Deutlicher kann man das nicht mehr aussprechen. Entweder will man die Aktion heute abschwächen und dann soll man es auch bekennen, oder aber es ist so. Wenn Sie abschwächen hätten wollen, hätte der Herr Doktor Gelegenheit gehabt, es am Sonntag in der Versammlung zu machen.

Dr. [Otto] Schädler: Ich habe kein Interesse, diese Resolution abzuschwächen. Sie ist gefasst aufgrund des Gutachtens und der Gutachter ist zum Schluss gekommen, dass der Reg. Chef Verfassung und Gesetz verletzt hat. Und im Interesse der Beobachtung der Gesetze wird darin darauf verwiesen, dass Ruhe und Ordnung von diesen beiden Faktoren abhängen. Wenn der Chef für sich das Recht in Anspruch nimmt, über Verfassung und Gesetze hinwegschreiten zu dürfen, so muss man der Resolution Recht geben, wenn sie sagt, im Interesse von Ruhe und Ordnung, im Interesse eines Rechtstaates verlangen wir den Rücktritt.

Präsident [Anton Frommelt]: Die ganze Darlegung ist: Der Rücktritt ist verlangt worden in Rücksicht auf Ordnung und Einhaltung der Gesetze und das ist in der Resolution enthalten, die wir nun behandeln. Wir haben im Gegensatz hiezu das Vertrauen ausgesprochen und jetzt frägt es sich, wer hat Recht und wer bekommt Recht. Es kommt in Wirklichkeit darauf hinaus, soll sich nun die gesetzesmässige Mehrheit beugen und soll sie Ihnen Platz machen, und hat die Minderheit das Recht zu sagen, das wollen und verlangen wir. Ich bitte sehr, warten Sie, bis Sie 51% haben und dann bestimmen Sie. Nach dem heutigen Gesetz bestimmt noch der Majorz.

Beck W[endelin]: Ich möchte noch darauf hinweisen, von einer Blankovollmacht abzusehen. Ein Beschluss der Regierung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Sie soll den Weg vorzeichnen, den sie gehen will.

Präsident [Anton Frommelt]: Es wird nun abgestimmt werden und es ist ein Beschluss des Landtages im Sinne einer Mehrheitsabstimmung. Die Begründung des contra ist die, dass sie sagen, es besteht keine Gefahr und auf der anderen Seite sieht man die Gefahr. Es sind Dinge, die in der Luft liegen, wobei wir sehr beruhigt wären, wenn wir wüssten, dass die Regierung auch das Recht hat, etwas vorzukehren.

Beck W[endelin]: Durch das Ermächtigungsgesetz hat sie das Recht. Das ist weit genug gegangen.

Präsident [Anton Frommelt]: Es könnte einem Rechtsgelehrten einfallen, dass man gem. Ermächtigungsgesetz nicht so weit gehen dürfe. Heute soll die Regierung Auftrag erhalten, sie soll für Ruhe und Ordnung sorgen. In diesem Falle hat sie den Auftrag, nicht nur die Ermächtigung.

Beck. W[endelin]: Ich möchte korrigieren zwischen dem soll und kann. Sie soll Massnahmen studieren.

Präsident [Anton Frommelt]: Wenn es nicht notwendig wird, so kostet es auch nichts.

[Emil] Batliner: Man muss es anders machen, man gibt ihr Generalvollmacht und sie berichtet nachher an den Landtag.

Präsident [Anton Frommelt]: Dass die Regierung von ihren Vorkehrungen Kenntnis gibt, ist klar. Wenn die Regierung etwas vorkehrt, was dem Landtage nicht angenehm ist, kann der Landtag diese Bestimmung der Regierung ausser Kraft setzen. Sie wird das Notwendige tun, was zur Sicherung der Ordnung und Ruhe erforderlich ist. Ein Punkt ist auch, die Verbreitung der öffentlichen Meinung zu kontrollieren, in welcher Weise eine Äusserung dem Lande schädlich ist. Das ist sehr notwendig für die öffentliche Ordnung. Diese ewigen Anpöbelungen und Anflegelungen sind absolut nicht notwendig und schädlich. Eine anständige Kritik wird jedermann vertragen. Auch der Reg. Chef ist für eine anständige öffentliche Kritik zugänglich. Aber es ist ein Unterschied zwischen Kritik und Flegelei.

Beck [Wendelin]: Was haben wir für Mittel in der Hand gegen die Regierungspresse? Wenn man schon den einen vor solchen Angriffen schützen will, so soll die allgemein gelten.

Präsident [Anton Frommelt]: Da teile ich ganz Ihre Meinung, das soll durchgreifend sein. Der eine soll das gleiche Recht haben, wie der andere. Es soll keine Anpöbelei geduldet werden. Ein Unterschied besteht aber noch zwischen Privat- und Amtsmenschen. Ich habe die Meinung, den Weg haben wir studiert, es ist eine vernünftige Objektivität. Es gibt Dinge, die hie und da gekauft sind. Was man kauft, das hat man wollen und was man will, das ist kein Unrecht. Die öffentliche Meinung soll nicht sich in eine derart demoralisierende Kritik des Persönlichen ergehen.

Vogt Basil: Ich möchte den Antrag stellen, dem Volksblatt den Rat zu geben, es soll anfangen, nicht mehr so persönlich und hässig zu schreiben.

Präsident [Anton Frommelt]: Wieso soll gerade das Volksblatt den Anfang machen. Die anständige Volksmeinung soll zum Ausdruck kommen, aber Auswüchse gegen die Regierung sind etwas anderes, als ein Auswuchs gegen eine Privatperson. Auswüchse gegen Beamtungen haben in jedem Staate eine besondere Behandlung erfahren. Eine Verköderung und Begeiferung der Personen der Staatsautorität darf nicht mehr vorkommen.

Beck W[endelin]: Wenn sich die Behörden ihrer Verantwortung bewusst sind, so wird im Pressewesen eine Milderung einziehen. In der Schweiz haben sich politische verschiedene gesinnte Männer die Hände gereicht, um sich wirtschaftlichen Projekten zu widmen. Ich würde das auch in Liechtenstein begrüssen.

Präsident [Anton Frommelt]: Haben Sie aus guter Überzeugung gesprochen? Stehen nicht bei uns wirtschaftliche Projekte im Vordergrund? Wir sind nicht schuld, wir haben keine Demission vom Reg. Chef verlangt. Diese Politik ist nicht von uns in den Vordergrund gezogen worden.

Beck W[endelin]: Wir sind überzeugt, dass nicht wir die Ursache dieser Sitzung sind. Wir betrachten das Vorgehen des Chef als Ursache der Sitzung und Sie schauen das anders an.

Präsident [Anton Frommelt]: Ist es der Wert wegen einem Vogelsang solches aufzuzäumen?

Beck W[endelin]: Es ist nicht wegen der Person des Vogelsang. Durch dieses Vorgehen sind Dr. Vogt und Dr. Schädler als Verräter gebrandmarkt worden. Als Verräter vor der Öffentlichkeit zu stehen, wird keiner hinnehmen.

[Franz Xaver] Hoop: Es sind schon, vor der Vogelsang gekommen ist, die Herren im Land herumgezogen und haben der Regierung Sünden vorgeworfen. Unter der Regierung Dr. Hoop sind aber grosse Werke geschaffen worden und dass wieder ein anderer Regierungschef auf den Posten kommt, darum tritt die Opposition so auf. Wirtschaftliche Werte sind geschaffen worden und nicht nur Politik. Und dann wird kurzerhand das Misstrauen ausgesprochen.

Risch Ferdi[nand]: Ich möchte beantragen, dass zur Abstimmung geschritten wird nach dem Antrage Elkuchs.

Beck W[endelin]: Ich möchte noch den Vorwurf von Hoop zurückweisen. Ich habe nicht erklärt, dass keine wirtschaftlichen Projekte durchgeführt worden seien. Ich anerkenne auch die Strassenbauten und dies und jenes, aber halte es nicht für recht, wenn im Landtage so verdreht wird.

[Peter] Büchel: Ich möchte dem Abgeordneten Beck W. entgegenhalten, dass nicht wir schuld sind, dass wir nicht an einem Tische sitzen. Wir haben früher immer an einem Tische zu Mittag gegessen. Auch der verstorbene Vorgänger vom Beck W. glaubte, dies machen zu dürfen, aber es ist ihm nicht mehr gestattet worden. Wir sind zu jeder Zusammenarbeit bereit. Aber es ist unmöglich, diese Herren Abgeordneten meiden uns. Mit Dr. [Wilhelm] Beck selbst, sind wir manchmal zusammengeraten, wir haben dennoch nachher geredet. Heute ist die Situation viel schärfer. Früher hat man miteinander Mittag gegessen und man ist sonst zusammengekommen. Heute wird jeder Abgeordnete geächtet von der Partei, wenn er mit uns geht. Bitte, bringen Sie den Gegenbeweis.

Dr. [Otto] Schädler: Es wird immer betont, was die Regierung geleistet hat u. dass es nicht verstanden werde, dass das Misstrauensvotum ausgesprochen worden sei. Nicht die Wirtschaftsfrage hat zur Aussprechung des Missvertrauens geführt, sondern die rein politische Lage. Wir sahen, dass an der Zuspitzung der politischen Lage der Chef seinen Löwenanteil hat. Deshalb, weil es durch ihn möglich war, diese Vogelsangaffaire aufzuziehen, dass sie zu einer Parteiangelegenheit wurde. Der Vorgang, wie er sich abgespielt hat, war ungesetzlich und weil er dies war, ist der Kronjurist des Bundesrates zu diesem Schluss gekommen. Es dürfte uns genügen, an die Auslegung dieses Gutachtens zu glauben.

[Peter] Büchel: Wir haben dem Reg. Chef das Vertrauen ausgesprochen und wir unterstützen den Chef in seiner Arbeit. Die Mehrheit denkt so und die Minderheit hat sich zu fügen. Ich muss nur feststellen, dass die Oppositionsabgeordneten nicht zu belehren und zu bekehren sind. Es ist mir dies zwar einerlei. Wir aber ändern unsere Meinung nicht, nicht aber aus Borniertheit, sondern aus Überzeugung. Wir wollen den Chef stützen und über diesen Punkt abstimmen. Wenn die Gegenseite glaubt, bis heute Abend durch eine Diskussion mehr erreichen zu können, so werden wir Zeit nehmen dazu. Aber ich glaube, die Sache ist jetzt abgeklärt.

Präsident [Anton Frommelt]: Es soll Gelegenheit geboten sein zur freien Aussprache. Scheinbar meldet sich niemand weiter zum Wort. Wir stimmen über die einzelnen drei gemachten Vorschläge ab. Der erste ist der vom Abg. Elkuch, der Regierung die nötige Vollmacht zu geben und den nötigen Kredit zur Verfügung zu stellen, der der Sicherung der Ruhe und Ordnung des Staatslebens dient.

Der zweite Vorschlag lautet, die Sache der Regierung zu überbinden, alles vorzukehren, was notwendig ist und in der nächsten Sitzung des Landtages zu berichten.

Der dritte Vorschlag geht dahin, es möchte die Regierung beauftragt werden, die notwendigen Vorschläge an den Landtag zu machen und der Landtag wird bestimmen, was vorzukehren ist.

Der Antrag 1 des Abg. Elkuch wird mit 11 von 15 Stimmen abgegebenen Stimmen angenommen bei 4 Stimmenenthaltung der Mitglieder der Union.

Damit ist der Antrag 2 belanglos und der 3. Antrag überholt.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich habe persönlich auch den Vorschlag gemacht, es soll abgestimmt werden, dass zum mindesten mit den Redaktoren der Presse eine Aussprache gepflogen wird. Ich möchte sagen, es soll eine Vereinbarung getroffen werden, dass Auswüchse, Anrempelungen etz. unter keinen Umständen mehr entgegengenommen werden. Sollte die Presse dies verletzen, nämlich die Ruhe und Ordnung und die öffentliche Meinung beunruhigen, so hätte auch die Regierung das Recht vorzukehren, was gut erscheint. Ich stelle das zur Diskussion.

Dr. [Otto] Schädler: Ich möchte hier diesen Antrag erweitern und sagen, dass in gleicher Weise die Redaktion des Volksblattes zu den gleichen Bedingungen herangezogen wird. Es ist nicht möglich, dass das eine Blatt schweigen soll und das andere das volle Recht zur Beschimpfung haben soll. Wenn das gleiche Recht auf beiden Seiten geübt wird, habe ich nichts dagegen.

Beck W[endelin]: Ich möchte diese Ausführungen Dr. Schädlers unterstützen

Präsident [Anton Frommelt]: Ich sage nicht nur von einem Blatt. Ich generalisiere ohne weiters und ohne Rückhalt. Es handelt sich hier um die Beunruhigung der Öffentlichkeit und der öffentlichen Meinung und die besteht in der Verunglimpfung von Behörden und Amtspersonen. Diesen Beschluss sind wir dem Anstand des Volkes schuldig.

Dr. [Otto] Schädler: Es ist nicht eine Beunruhigung der öffentlichen Meinung, wenn ein Blatt es unternimmt, die Leitung einer gesamten Partei im Schmutz und Kot herumziehen? Wenn man schon Ruhe schaffen will, dann soll man auf allen Seiten.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich setze voraus, dass Sie als Abgeordneter jenes Recht der öffentlichen Meinung und des öffentlichen Schutzes haben. Partei als Partei erachte ich als etwas Privates. Das ist Privatleben. Mein direkter Antrag geht auf Behörden und Amt. Wir haben für Ordnung in Amt und Behörden zu sorgen.

Dr. [Otto] Schädler: Auch der Chef spielt eine Doppelrolle. Auf der einen Seite Amtsperson und auf der anderen Seite führt er ein Privatleben. Er beteiligt sich an Parteiversammlungen. Wenn man mich als Parteimann angreifen kann, dann muss auch der Chef als Parteimann angegriffen werden können.

Präsident [Anton Frommelt]: Als Autorität soll er nicht angegriffen werden, aber ohne weiters gleiches Recht für alle Privatpersonen.

[Emil] Batliner: Ich möchte der Regierung ans Herz legen, dass beschlossen worden ist, ihr die Generalvollmacht zu geben und sie soll es auch gebrauchen, wenn es notwendig ist.

[Johann Georg] Hasler: Das schöne Vertrauensvotum, dass das Volk dem Reg. Chef ausgesprochen hat, zeigt den Wunsch der Bevölkerung. Das Volk will Ruhe.

Beck W[endelin]: Um diesen Beschluss durchzuführen, wäre es notwendig, dass eine neutrale von beiden Parteien bestehende Kommission gewählt würde, wenn die Regierung über diesen Beschluss entscheidet.

Präsident [Anton Frommelt]: Wir kennen keine Partei als Partei in der Regierung, das ist keine Sache. Das ist das Niederträchtige, dass man die Landessache als Parteisache betrachtet. Darin liegt das Verbrechen, das man sagt, das ist nicht unser Mann. Dieses Gefühl sollte nicht im Volke grossgezogen werden. Ich lehne jeden Antrag ab, dass der Regierung irgendwie etwas Parteimässiges zur Seite gestellt werden soll. Es soll diese Vollmacht der Regierung des Landes gegeben sein. Wenn wir die Parteien fragen müssen, werden wir nicht zum Ziele und zur Ruhe kommen.

[Peter] Büchel: Mir fällt eine Äusserung des Reg. Chef in Genf [3] ein. Er hat bei seinem Amtsantritt erklärt, wir sind wohl von den Parteien gewählt, aber wir haben nicht die Parteien zu vertreten, sondern das Wohl des ganzen Landes. Wenn ein Regierungsbeamter ins Kollegium eintritt mit dem Vorsatz, ich will meine Partei vertreten, dann ist er in meinen Augen erledigt. Dann ist der Amtseid eine Null. Das ist meine Auffassung.

Reg. Chef [Josef Hoop]: Ich möchte noch auf die Frage des Gutachtens zurückkommen. Wenn die Herren der Union erklären, dass sie einverstanden sind, bin ich der Meinung, dass man von der Einholung eines Gutachtens Abstand nimmt. Anderenfalls muss ich darauf bestehen, von ebenso hervorragenden Kronjuristen Gutachten einzuholen. Ich beantrage, 2 Gutachten juristisch autorisierter Kapazitäten einzuholen, wie es die Herren gemacht haben von der Opposition.

Präsident [Anton Frommelt]: Es ist Sache des Landtages diesbezüglich zu bestimmen. Ein Gutachten ist allein aus dem vom Reg. Chef angeführten Grunde verantwortlich. Der Landtag braucht ein solches für die weitere Entschliessung nicht, hingegen wird es zur Beantwortung des bestehenden Gutachtens zweckentsprechend sein. Ich habe die Meinung, dass genügend Gutachten gefunden werden. Es ist mir ernst, das Gutachten von Herrn Prof. Burkardt unterschreibe ich und erachte es als objektiv unter Voraussetzung der zu Grunde liegenden Erörterungen. Ich habe, wie gesagt die Meinung, wenn Herr Prof. Burkardt Kenntnis davon gehabt hätte, dass dieses dazu erwirkt werden will, um den Herrn Reg. Chef nahe zu legen, bitte demissionieren, ich glaube heute noch fest, dass ein Jurist dieser Autorität und dieser Qualität sich nicht so in unsere Verhältnisse einmischen wollte. Das würde er gerade in seiner Stellung zum Bundesrate unter seiner Stellung erachten.

Dr. [Otto] Schädler: Der Herr Präsident sagt, dass das Gutachten unter gewissen Erörterungen zustandegekommen sei. Da muss ich erwähnen, dass als Unterlagen für das Gutachten dienten alle einschlägigen Artikel des Volksblattes, der Landtagsbericht, wie er im Volksblatt veröffentlicht worden ist und die notwendigen gesetzlichen Unterlagen. Das waren die Erörterungen. Im übrigen sagte der Chef, dass er auf die Einholung eines Gutachtens verzichten könne, wenn die Vertreter der Opposition erklären, dass sie das Vorgehen im nachhinein gutheissen. Für meine Person muss ich die Erklärung abgeben, dass ich auch im nachhinein meine Zustimmung keineswegs geben kann und dass ich nach wie vor der Überzeugung bin, dass der Reg. Chef gesetzes- und verfassungswidrig gehandelt hat.

[Peter] Büchel: Es erübrigt sich, auf die Ausführungen Dr. Schädlers weiter einzugehen. Den Herrn Reg. Chef begreife ich. Ich stelle den formellen Antrag, darüber abzustimmen, dass zwei Gutachten eingeholt werden.

Vogt Basil: Wenn der Landtag für sich kein Gutachten mehr braucht, dann können wir verzichten.

Präsident [Anton Frommelt]: Nachdem Sie sich heute auf den Standpunkt des eingeholten Gutachtens stellen und Ihre Demission aufgrund des Gutachtens gestellt haben, ist es klar und einleuchtend, dass ein Rechtsgutachten am Platze ist. Wenn kein Rechtsgutachten da wäre, wäre ich der erste, der sagt, wir brauchen keines. Nachdem eines da ist und man sich jetzt noch so auf diesem Standpunkt stellt, muss der Herr Reg. Chef das verlangen. Er kann sich das nicht jahrelang nachsagen lassen, Herr Prof. Burkardt habe gesagt, dass er verfassungs- und gesetzeswidrig gehandelt habe. Ich würde das von meiner Person auch verlangen.

Reg. Chef [Josef Hoop]: Wenn die Vertreter der Opposition aus gegen mich ausgesprochene Misstrauen zurückziehen, könnte ich von der Einholung eines Gutachtens Abstand nehmen.

Beck Wend[elin]: Vom Standpunkte des Reg. Chef's verstehe ich das, doch wir können uns nicht auf diesen Standpunkt stellen. Wie würden wir dastehen vor Dr. Burkardt, der das Gutachten erstattet hat?

Der Landtag beschliesst sodann mit 13 Stimmen bei Stimmenthaltung der Abg. Dr. Schädler und Basil Vogt, die Einholung zweier Rechtsgutachten, das eine von einem praktischen Juristen und das andere von einem Staatsrechtsgelehrten.

Präsident [Anton Frommelt]: Ich glaube, damit haben wir den unangenehmen Gegenstand behandelt. Es hat mir leid getan, Sie meine Herren Abgeordneten in dieser Angelegenheit zusammenrufen zu müssen. Ich habe die betreffenden Schreiben, die mir als Unterlage zur Einberufung des Landtages dienen, am Freitag bekommen. Infolgedessen habe ich vorher keine Unterlagen gehabt und auch keine andere Möglichkeit gehabt, als telegraphisch einzuladen. Es ist manches gesprochen worden in der Sitzung, manches ausgesprochen, was schon lange gegärt hat. Diese Aussprache war von einer so grossen Wichtigkeit, dass der Schluss naheliegt, die Augen aufzuhalten, wohin gewisse Dinge führen können. Man muss bedacht sein, wie Kleinigkeiten grosse Sauereien anstellen können. Das andere ist kaum erwähnt worden, dass der gute Wille doch da ist zur Ruhe und Ordnung. Wenn das die heutige Regierung und der Landtag in dieser Zusammensetzung zu halten in der Lage ist, dann ist es recht. Wenn sie zur Überzeugung kommen müssen, dass sie dieser Aufgabe nicht mehr gewachsen wäre, dann wäre es Zeit, dass sie ihre Demission dem Volke vorlegt. Ich hoffe nicht, dass es soweit kommen wird. Eines ist sicher und vergessen Sie das nicht, dass solche Anfänge es sind, die mit schweren Katastrophen geendet haben. Mit solchen Anfängen ist mancher Staat schon zu Grunde gerichtet worden. Bedenken sie das das Gären und Brodeln für die Wirtschaftslage des Landes abträglich ist. Das ist denn doch etwas weit geschossen, gleich wegen einer solchen Sache solche Forderungen zu stellen. Das Ausland ist sehr aufmerksam, was bei uns vorgeht und man sollte überlegen, bevor eine solche Handlungsweise Platz greift. Hätten wir heute erreicht, dass ein vernünftiger Geist einziehen würde, dann würde dem Lande ein grosser Vorteil erwachsen. Das Schönste wäre, wenn der Friede aus einem solchen Streit erwachsen könnte. 

 

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[1] LI LA LTP 1937/061. Das Protokoll ist irrtümlich auf den 26.4.1937 datiert.
[2] Handschriftliche Einfügung: Geldmarktes.
[3] Handschriftliche Einfügung: in Genf.