Im Liechtensteiner Volksblatt publiziertes Landtagsprotokoll [1]
16.12.1909
Antrag der Finanzkommission betr. Einschränkung des Automobilverkehrs.
Der diesbezügliche Kommissionsbericht (Referent: Abg. [Franz] Schlegel) äussert hierüber:
„In der Sitzung vom 21. Dezember 1908 stellte der Landtag an die fürstliche Regierung das Ersuchen, eine Verfügung zu erlassen, welche den Automobilverkehr in ähnlicher Weise wie das im benachbarten Kanton Graubünden der Fall ist, verbietet und nur in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen eine Ausnahme zu gestatten. Der Regierungskommissär [Karl von In der Maur] erklärte in der damaligen Sitzung, dass die Gründe für den Antrag wohl berechtigt wären, es sei jedoch schwierig eine solche Verordnung zu erlassen und es sollen fürs erste statistische Erhebungen gemacht werden über die Anzahl der im Lande verkehrenden Automobile.
Nach den bei den Zollämtern eingezogenen Erkundigungen sind in den letzten zwei Jahren jährlich etwas zu 300 Automobile durchgefahren. Dazu kämen noch diejenigen, welche von Vorarlberg unser Land besuchen und auch wieder dahin zurückkehren, ohne ein Zollamt zu berühren. Der Regierungskommissär erklärte sich auch dieses Jahr wieder gegen das vollständige Verbot betreff Automobilverkehrs.
Nach längerer Besprechung einigten der Regierungsvertreter und die Finanzkommission sich dahin, dass der Verkehr mit Automobilen nur auf der Hauptstrasse mit den Zufahrtswegen zu den Zollämtern gestattet, dagegen alle andern Strassen für diesen Verkehr zu sperren wären. Zu diesem Zweck sollen an den notwendigen Stellen Verbotstafeln angebracht werden. Es wäre auch wünschenswert, bei allen an der Hauptstrasse gelegenen Gemeinden Warnungstafeln wegen zu schnellem Fahren anzubringen. Ebenso wurde noch die Frage angeregt, ob es nicht Wünschenswert wäre, dass an zwei oder drei Stellen im Land, wie z.B. in Balzers, Schaanwald und auch in Schaan jemand in der Nähe der Telephonstelle von der Regierung beauftragt würde, auf telephonischen Anruf von einer andern Gemeinde ein Automobil anzuhalten, welches sich gegen die Fahrordnung verfehlt hat, oder an irgend einem Unfall schuld ist. Zugleich sollte die betreffende Vertrauensperson ermächtigt werden, eine Kaution bis zu 100 K von dem Beschuldigten einzuheben und an das Gericht abzuliefern.
Die Kommission beantragt, für jedes im Land verkehrende Automobil eine Durchfahrt-Taxe in der Höhe von wenigstens K 10 zu erheben. [2] Über die Höhe der zu erhebenden Taxe konnte mit dem Regierungskommissär vorerst eine Einigung nicht erzielt werden und wäre die Regierung zu ersuchen, bis im nächsten Frühjahr im Einverständnis mit dem Landesausschuss die Höhe der Taxe zu bestimmen. Durch die Einführung einer solchen Taxe hätte das Land eine teilweise Entschädigung für die starke Abnützung der Strasse, und wäre zudem zu hoffen, dass der Automobilverkehr dadurch eher verringert würde."
Der Landtag beschliesst im Sinne dieser Kommissionsvorschläge.
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[1] L.Vo. 24.12.1909, S. 7.
[2] Die Taxen für die Strassenbenützung betrugen schliesslich zwischen 5 (bis eine Woche) und 60 Kronen (ein Jahr). Art. 1 der Verordnung vom 17.6.1911 betreffend Einführung von Taxen für den Automobilverkehr, LGBl. 1911 Nr. 2.