Bericht in der "Vorarlberger Landeszeitung", nicht gez. [1]
28.8.1926
Historische Kommission für Vorarlberg und Liechtenstein
Am 25. August hielt die Historische Kommission für Vorarlberg und Liechtenstein im Pensionat Stella matutina in Feldkirch ihre ordentliche Jahressitzung ab. In der grossen Reihe der Arbeiten des abgelaufenen Jahres konnten einzelne zum Abschluss gebracht, andere wesentlich gefördert werden. Bezüglich Veröffentlichung der Urkunden beider Länder wurde beschlossen, den zweiten Band (bis 1360) nicht mehr in Regestenform, sondern als Urkundenbuch herauszugeben, da die Mehrzahl der Urkunden dieses Zeitraumes ungedruckt ist. Die Originale werden an der Innsbrucker Universitätsbibliothek durch das Photoklark–Verfahren reproduziert werden. Das Werk bearbeitet wieder Dr. [Adolf] Helbok. Die Anlage des Registers der Urbare, welche zur Bearbeitung bestimmt wurden, wird bis auf das 18. Jahrhundert ausgedehnt und, soweit Vorarlberg in Frage kommt, Doktor [Franz] Häfele und Irlinger mit der weiteren Sammlung betraut. –
Besonders die Flurnamensammlung (Leiter Prof. Dr. [Oskar] Baldauf) erfuhr in diesem Jahre eine bedeutende Förderung, indem fertige Arbeiten abgeliefert wurden von Au (Schulleiter Flatz), Übersaxen (Schulleiter Sonderegger), Schoppernau (Schulleiter Bischof), Doren (Lehrer Dür), Schnepfau (Pfarrer Sieber) Mellau (Altvorsteher Wüstner), Koblach (Schulleiter Ruess), Lorüns (Schulleiter Witwer), Viktorsberg (Schulleiter Walser), Stallehr (Schulleiter Martin), Thüringerberg (Schulleiter Wehrle), Hard (stud. phil. [Benedikt] Bilgeri). –
In der Sache der anthropologischen Aufnahme der Bevölkerung Vorarlbergs teilte der Vorsitzende Prof. Dr. Helbok mit, dass er im Vereine mit Fachleuten des Deutschen Reiches, dem Museum für Völkerkunde in Hamburg und anderen Faktoren die Frage der Geldbeschaffung geregelt hat. Nach Festlegung verschiedener Grundsätze für die Durchführung der Aufnahmen wurde beschlossen, die weiteren Massnahmen dem familienkundlichen Ausschuss des Landesmuseumsvereines als Fachstelle zu überweisen und Professor Dr. Baldauf als Vertreter der Histor. Komm. beizuziehen. Die grosse Last der Schuld von etwa 4500 S aus der mit Erfolg durchgeführten Reproduktion der Katasterkarten Vorarlbergs wird nun durch die Vermittlung Prof. Helboks restlos der Kommission abgenommen, da ein wissenschaftliches Institut des Deutschen Reiches die gesamten Herstellungskosten übernahm und ausser der Anfertigung von zwei Kopien des ganzen Kartenwerkes nach dem Vorbild Vorarlbergs die Reproduktion der Katasterkarten des ganzen deutschen Sprachgebietes plant. So ist dieses Unternehmen der Histor. Kommission nicht nur in Deutschland vorbildlich geworden, sondern es sind auch seine Kosten jenen abgenommen worden, denen die Sache am meisten zum Nutzen gereichen könnte, den Gemeinden Vorarlbergs, welche die kleine Auslage von S 40 für jede ablehnten, wo doch diese Karten für den heimatlichen Unterricht wohl zu verwenden wären und der wissenschaftlichen Forschung damit ein bedeutender Behelf geliefert wird. Anerkennung muss dagegen jenen wenigen Gemeinden ausgesprochen werden, welche die Wichtigkeit des Unternehmens für die Allgemeinheit und die Wissenschaft erkannt haben. Damit ist für weitere wissenschaftliche Unternehmungen der Kommission der Weg frei geworden. Die sprachwissenschaftliche Bearbeitung der Flurkarten im Verein mit den Flurnamensammlungen, sowie die Bearbeitung und Drucklegung der etwa 1500 Urkunden aus den Jahren bis 1360 geben für reichliche Mittel Verwendung, die wohl auf gefunden werden, um in den Arbeiten der Kommission keinen Stillstand eintreten zu lassen.
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[1] "Vorarlberger Landeszeitung", 28.8.1926 (LI LA SgZs 1926).