Das „Liechtensteiner Volksblatt“ verteidigt das heimische Schulwesen gegen den Vorwurf der Rückständigkeit seitens der „Oberrheinischen Nachrichten“


Veröffentlichung einer Zusendung im „Liechtensteiner Volksblatt“ [1]

5.7.1914

Vom Schulwesen

(Einges.)

Die „Oberrh. Nachr.“ [2] finden, dass die Leistungen unserer Schulen nicht auf der Höhe der Zeit stehen und den Lebensverhältnissen nicht angepasst seien. Wir wollen versuchen, zur Ehrenrettung unseres Unterrichtswesens einige Punkte anzuführen.

In den Schulen zu Schaan, Vaduz und Triesen finden sich bald mehr bald weniger Schüler aus der Schweiz, aus Österreich und auch aus dem Deutschen Reiche ein und es wird die Beobachtung gemacht, dass diese Schüler in den Forderungen unseres Lehrplanes durchschnittlich um ein ganzes Jahr zurückstehen.

Es ist aus unsern Schulen schon eine ganz erhebliche Anzahl Schüler an schweizerischen und österreichischen Mittelschulen aufgenommen worden, ohne dass sie hätten einen speziellen Vorbereitungskurs durchmachen müssen: Es sind diese Schüler auch bei angemessenen Fähigkeiten und entsprechendem Fleisse ordentlich durchgekommen.

Der grösste Teil unserer Handwerker kann sich mit den Kenntnissen und Fertigkeiten, die unsere Schulen vermitteln, behelfen; dies wird von vielen Handwerkern offen und ehrlich zugegeben. Wir haben, was unseres Wissens in einem anderen Staate nicht der Fall ist, für die Knaben seit vielen Jahren ein neuntes Schuljahr eingeführt; [3] dann folgen noch zwei Winterkurse, die sogen. Fortbildungsschule. [4]

Wenn unser Schüler besonders diese drei letzten Schuljahre, wo er teilweise schon in einem Berufe steht, fleissig ausnützt, darf er sich sehen lassen. Wenn aber in erster Linie den Eltern die Schule nur als eine Last erscheint und der Schule nur als eine Zwangsanstalt betrachtet, dann ist der junge Mensch, wenn der Kampf ums Dasein an ihn herantritt, allerdings im Rückstande. Sind dann aber die Unterrichtsverwaltung, die Schulanstalten und das Lehrpersonale schuld an diesem Rückstande!?

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[1] L.Vo., Nr. 27, 5.7.1914, S. 1-2.
[2] Vgl. O.N., Nr. 6, 30.5.1914, S. 1 („Der Franken unseres Arbeiters“). Vgl. auch O.N., Nr. 8, 13.6.1914, S. 2 („Zum Franken unseres Arbeiters“).
[3] Vgl. Art. 1 des Gesetzes vom 3.10.1872 über die Regelung des schulpflichtigen Alters der Elementarschüler, LGBl. 1872 Nr. 1.
[4] Vgl. § 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 15.1.1899 betreffend den revidierten Lehrplan für die Fortbildungsschulen des Fürstentums Liechtenstein, LGBl. 1899 Nr. 1.