Zeitungsbericht, nicht gez. [1]
25.6.1927
Alpenvereinshütte [2] am Bettlerjoch. (Eingesandt.)
Der Erbauer der geplanten Hütte am Bettlerjoch, der „Verband der Pfälzischen Sektionen im Deutschen und Österr. Alpenverein, Ludwigshafen", hat vergangene Woche zwei Vertreter nach Liechtenstein entsandt, um die letzten Einzelheiten des Hüttenprojektes an Ort und Stelle zu regeln. Es fand bei schönstem Wetter eine nochmalige Begehung statt, wobei der von Gritsch zum Bettlerjoch durchzuführende Weg und die Frage der Wasserversorgung der Hütte besprochen wurden. Der Bauplatz wurde von Architekt [Ernst] Sommerlad ausgesteckt. Ein schöner Bauspruch eines der Pfälzer Herren, Architekt Strang, wünschte dem nicht leichten Werk ein gutes Gedeihen und glückliches Vollenden.
Der Hüttenplatz, der sicherlich vielen Lesern bekannt ist, bietet einen der grossartigsten Rundblicke, die von unsern Bergen aus möglich sind. Die Hütte selbst wird genau auf dem Grat stehen, der östlich und westlich steil ins Nenzinger Tal bezw. zum Naaf abfällt. Die erforderliche Baufläche wird durch einen Grateinschnitt gewonnen, der das gesamte Untergeschoss aufnimmt.
Die Hütte wird als vollkommener Massivbau ausgeführt. Sie bietet Unterkunft für ca. 60 Personen (Betten und Matratzenlager). Die vorgesehenen Wasch- u. Duschräume werden müden Wanderern höchst willkommen sein. Besonders hervorzuheben ist der geräumige Gast- und Aufenthaltsraum, der breite Fenster nach drei Seiten hat, und dem eine weitläufige, natürliche Terrasse vorgelagert ist. Auch die Nebenräume entsprechen dem zu erwartenden lebhaften Touristenverkehr. Da für die Sommermonate eine ständige Bewirtschaftung in Frage kommt, ist auch eine Verwalterwohnung vorhanden. Das Innere der Hütte soll einfach, zweckmässig und behaglich, mit viel Holzwerk, ausgebaut werden; die meisten Möbel werden eingebaut. — Es ist sogar vorgesehen, die Hütte im Winter als Ausgangspunkt für Skitouren, auch zur Abhaltung von Skikursen, zu benutzen.
Es ist geplant, die Hütte im August nächsten Jahres zu eröffnen. Mit der Fertigstellung soll der vom Verband der Pfälzischen Sektionen noch durchzuführende Höhenweg zur Csesaplana [3] dem Verkehr übergeben werden. Dieser Höhenweg zur Csesaplana (Strassburger Hütte) wird von Bergsteigern als die schönste Gratwanderung im Rhätikon bezeichnet.
Die bewirtschaftete Bettlerjoch-Hütte in 2111 Meter Höhe und diese neue direkte Verbindung mit dem Csesaplana-Gebiet sind für den Liechtensteiner Fremdenverkehr von ausserordentlicher Bedeutung. Viele der zahlreichen Besucher der Csesaplana werden gerne die Gelegenheit benutzen, auf dem interessanten und nicht anstrengenden Höhenweg ins Rheintal zu kommen. Mit den Arbeiten ist bereits begonnen.
Die Maurer- und Zimmerarbeiten werden von der Firma Gebr. Hilti, Baumeister, Schaan, ausgeführt. Das gesamte Hütten-Projekt nebst Innenausbau wird nach den Plänen des Architekten Sommerlad durchgeführt, der auch die Bauleitung ausübt.
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[1] L.N. 25.6.1927, S. 2.
[2] Heute Pfälzer-Hütte, benannt nach der Pfälzischen Sektion des Alpenvereins. Der Verband der Pfälzischen Sektionen im Deutschen und Österreichischen Alpenverein schrieb 1926 einen Architekturwettbewerb für die Hütte aus, den Ernst Sommerlad gewann. Vgl. L.N. vom 19.1.1927, S. 2. Die Hütte wurde am 5.8.1928 feierlich eröffnet.
[3] Schesaplana, höchster Berg im Rätikon.