Handschriftliches Schreiben von Landestierarzt Ludwig Marxer, gez. ders., an die Regierung [1]
11.4.1921, Vaduz
Hohe fürstl. Regierung
Das Schächten von Tieren im Schlachthause des Herrn Metzger Hilte [Josef Hilti] in Schaan wurde schon vor Jahren von Einer hohen fürstl. Regierung bewilligt [2] und ist diese Todesart für Kälber und Schafe die leichtere, als wie es gewöhnlich geschieht. Nach einem mündlichen Berichte des Herrn Metzger [A.] Vetsch in Grabs würden diese Tiere hier eingekauft, wenn sie aber hier nicht zu bekommen wären im Sommer, würden selbe aus der Schweiz zur Schlachtung eingeführt, da in der Schweiz das Schächten verboten ist. Es müsste also auch bewilligt werden, dass diese Kälber u. Schafe allenfalls aus der Schweiz eingeführt würden, in diesem Falle müssten die Tiere mittelst Wagen transportiert werden, aus einer seuchenfreien Gegend kommend, mit vorschriftmässigem Gesundheitsscheine versehen, an der Grenze tierärztlich untersucht und sogleich zur Schlachtung ins Schlachthaus überführt werden. Nach Ansicht des ergebenst Gefertigten wäre die Sache unbedenklich, zudem wenn wir Vieh nach der Schweiz einführen wollen, müsste auch die Einfuhr frei sein. [3]
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[1] LI LA RE 1921/1387 (Aktenzeichen des Landestierarztes: N. 73). – Die Grossmetzgerei Th. Bircher in Zürich hatte am 4.4.1921 bei der liechtensteinischen Regierung um die Bewilligung zur Schächtung von wöchentlich 2 bis 4 Kälbern und 2 bis 4 Schafen im Schlachthaus Schaan ersucht. Den Einkauf der Tiere in Liechtenstein sowie das Schlachten und den Fleischtransport nach der Schweiz sollte dabei der Grabser Metzgermeister A. Vetsch besorgen (ebd.).
[2] Vgl. die von der liechtensteinischen Regierung bzw. von Landesverweser Leopold von Imhof am 2.3.1917 erteilte Schächtungsbewilligung zuhanden der Israelitischen Religionsgesellschaft Zürich (LI LA RE 1917/0910).
[3] Die Regierung erteilte der Grossmetzgerei Bircher am 19.4.1921 die gewünschte Schächtungsbewilligung (LI LA RE 1921/1387). Diese erstreckte sich jedoch nur auf in Liechtenstein einzukaufende Tiere. – Am 5.2.1929 wurde schliesslich dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) die Bewilligung zur Vornahme von Schächtungen in Liechtenstein erteilt. Da sich dagegen jedoch Widerstand regte, verzichtete der Gemeindebund auf die Bewilligung.