Nicht gez. Beitrag im Liechtensteiner Volksblatt [1]
27.5.1898, Eschnerberg
Korrespondenz vom Eschnerberg.
In der Landtagssitzung vom 2. Juli 1897 wurde die Erstellung eines liechtensteinischen Telephonnetzes beschlossen und zwar in der Überzeugung von der Wichtigkeit, dieses Werkes, einstimmig beschlossen. Wenn ein Korrespondent aus Liechtenstein anfangs dieses Jahres im „Vorarlb. Volksblatt" sagte, das Volk erachte die Errichtung eines Telephonnetzes, welches die einzelneu Gemeinden unter sich und allenfalls mit dem Auslande verbindet, für unnötig, so entspricht dies der Wahrheit nicht. Nicht nur die Geschäftsleute, wie es in der gleichen Notiz des genannten Blattes hiess, haben hievon den Vorteil. Auch der Bauer wird manches kleinere Geschäft, bei dem seine persönliche Anwesenheit nicht nötig ist, durch das Telephon abmachen können und sich hiedurch Zeit und Geld ersparen. Ich will auch daran erinnern, wie viele Verlegenheiten, Sorgen und Mühen uns Bewohnern des Eschnerberges erspart bleiben, wenn wir rascher ärztlicher Hilfe bedürfen und dann das Telephon zur Verfügung haben. Die einstimmige Annahme der diesbezüglichen Regierungsvorlage wird allgemein begrüsst als ein Werk des Fortschrittes.
Wie aus dem betreffenden Landtagsberichte zu entnehmen ist, lag dem Beschlusse die Annahme zu Grunde, den Telephonbetrieb in eigene Verwaltung zu nehmen. Gegenwärtig wird vielfach dem Wunsche Ausdruck gegeben, einer der Nachbarstaaten, die Schweiz oder Österreich, welch letzteres unser Post- und Telegraphenwesen in generöser Weise besorgt, sollte bewogen werden, die Instandsetzung und den Betrieb unseres Telephonnetzes zu übernehmen. Die Beweggründe genannter Meinungsäusserung sind finanzieller Natur und sollen nachstehend etwas erläutert werden.
Da auf elektro-technischem Gebiete fortwährend neue Erfindungen gemacht werden, sind zum ersten immer, wenn das Werk allen Anforderungen entsprechen soll, Nachschaffungen nötig. Zum zweiten erleidet der Telephonbetrieb vielfache Störungen, welche nur durch einen Fachmann erkannt und behoben werden können, und es muss ein solcher, wenn die Einrichtung gut funktionieren soll, stets bei der Hand sein, also eine feste Anstellung erhalten. Durch die Zeitungen wissen wir, welche Zerstörung das Feuer am Telephonnetz in Zürich heuer angerichtet hat [2] und dieser Tage vernichtete der Blitz in Elberfeld (Rheinprovinz) ungefähr 600 Telephonleitungen so gründlich, dass eine vollständige Neueinrichtung nötig wird. Für den ständigen Techniker, für die Nachschaffungen, für die Mietzinse der Telephonlokale und für Entlöhnung des nötigen Personals — die Schäden durch Elementarereignisse, als Schnee, Stürme und Blitzschlag nicht in Betracht gezogen — würde ein ganz respektabler Posten in das jährliche Landesbudget eingestellt werden müssen. Des weitern kann als sicher angenommen werden, dass Liechtenstein den Telephon-Tarif nicht so niedrig stellen könnte, als einer der Nachbarstaaten, die bereits ausgedehnte Telephonnetze im Betriebe haben. So beträgt z. B. die Normaltaxe für den Lokalverkehr in Österreich für ein drei Minuten lang dauerndes Gespräch 10 Kreuzer. Man darf wohl auf eine verhältnismässig lebhafte Inanspruchnahme des Telephons rechnen, wenn für 10 kr. von Balzers nach Ruggell ein drei Minuten anhaltendes Gespräch geführt werden könnte.
______________
[1] L.Vo. 27.5.1898, S. 1. - Der Schreiber war möglicherweise im Besitz von Informationen, die Landesverweser Karl von In der Maur in Bezug auf den Aufbau der Telefonie bei Fachleuten eingeholt hatte. Jedenfalls waren zu diesem Zeitpunkt die Gespräche über einen Staatsvertrag mit Österreich schon so weit gediehen, dass die Regierung in der nächsten Landtagssitzung vom 18.6.1898 bereits einen entsprechenden Vertragstext vorlegte und der Landtag darüber abstimmte.
[2] Am 8.4.1898 berichtete das L.Vo. über einen Brand der Telefonzentrale in Zürich, der grossen Schaden angerichtet hatte.