Die Teilnehmer einer Versammlung vom 13.2.1921 im Restaurant Adler in Vaduz fordern in einer Resolution, dass die Regierung den Vertrag mit dem Briefmarkenkonsortium löse, die Briefmarken in Zusammenarbeit mit der Schweiz herstellen lasse und die Marken nur in Liechtenstein verkauft werden


Maschinenschriftliche Resolution des Organisationskomitees für eine Informationsversammlung am 13.2.1921 im Restaurant Adler in Vaduz an die Regierung, [1] gez. Alois Schädler, Vorsitzender; Josef Beck, Franz Wachter, Franz Verling [2], Arnold Gassner, Anton Beck, [Franz Josef] Schlegel, Xaver Beck v. Schäfle, W. [Walter] Feger, Alois Frick, Fidel Büchel, Bernh. Risch [3]

16.2.1921, Vaduz

Hohe fürstliche Regierung, Vaduz

Die heute, Sonntag den 13. Februar ds. Jhrs, nachmittags 2 Uhr im Adlersaale in Vaduz versammelten zweihundert Liechtensteiner aller Parteirichtungen haben nach Anhörung der Vorträge nachstehende Resolution gefasst und fordern feierlich und ausdrücklich die fürstliche Regierung auf, Vorsorge zu treffen, dass:

1.) Der bestehende Vertrag mit dem österreichischen liechtensteinischen Konsortium gänzlich und binnen unten angeführter Frist zu lösen ist und bis dahin jede weitere Ausgabe von Liechtensteinmarken unterlassen wird.

2.) Die liechtensteinischen Postwertzeichen von der schweizerischen Postverwaltung für Rechnung des Landes hergestellt und vom Lande nur durch die bereits bestehenden oder eventuell noch einzurichtenden Postämter vertrieben werden.

3.) Sofort sämtliche Markenbestände des Konsortiums in Wien und Salzburg, sowie die Originalplatten zu Handen der fürstlichen Regierung in Vaduz übermittelt werden; ebenso genaue Aufstellung der Auflagen und Verkäufe und Vorlage der Geschäftsbücher seitens des Konsortiums zu geben ist.

4.) Zur Deckung des Postbedarfes vorerst Schweizer Marken in Liechtenstein zur Verwendung gelangen, bis genügende Liechtensteinmarken, neuer, noch herzustellender Zeichnung, durch die Schweiz hergestellt sind.

5.) Der Verkauf der Liechtensteinmarken zu Nominale ausschliesslich von den liechtensteinischen Postämtern aus stattfindet und letztere mit allen Werten genügend versorgt werden.

6.) Von den kommenden Postwertzeichen in Frankenwährung nur dann ein neuer Wert zur Ausgabe gelangt, wenn ein Vorrat von mindestens 500‘000 Stück jedes dieser Werte vorhanden ist.

7.) Von der Druckerei die Marken direkt an die schweizerische Postverwaltung zur Beteilung der liechtensteinischen Postämter gesandt werden. Probedrucke dürfen nur der fürstlichen Regierung unterbreitet werden. Von der Druckerei darf an niemanden etwas abgegeben werden. Druckausschüsse, Fehldrucke, etc. sind auszuscheiden und in bestimmten Zeiträumen kommissionell zu vernichten.

8.) Die Ausgabe von Überdruckmarken in kleinen Auflagen zu unterlassen ist.

9.) Alle bisherig erschienenen einschliesslich der z. Zt. kursierenden Frankenmarken dürfen keinerlei postalische Verwendung mehr finden.

Die fürstliche Regierung wird ersucht bis Samstag den 19. ds. Mts. eine bestimmte klare Antwort zu Handen des Vorsitzenden zu geben, ob sie gedenkt, vorangeführte neun Punkte durch sofortige Einberufung eines Landtages zu regeln, andernfalls trägt die fürstliche Regierung allein die Verantwortung aller hieraus entstehenden Folgen.

Gleichzeitig wird die fürstliche Regierung ersucht, die in dieser Sache stattfindende Landtagssitzung so frühzeitig zu puplizieren, dass die Öffentlichkeit rechtzeitig von derselben Kenntnis erhält.

Das Komitee:

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[1] LI LA SF 3/1921/653. Die Informationsversammlung wurde von der Regierung nicht bewilligt; die Versammelten beschlossen, dass Leopold Kronik, Briefmarkenfachmann in Wien, trotzdem den Vortrag halten sollte, zu dem er eingeladen war. Die Organisatoren wurden darauf mit 10 Fr. gebüsst. Als sie sich mehrheitlich weigerten, die Busse zu bezahlen, beschloss Fürst Johann II. eine "Amnestie" in der Form, dass die Bezahlung nicht durchgesetzt werden sollte. Da die Resolution nicht im Sinne des Komitees erledigt wurde, wurde auf den 26.2.1921 eine Demonstration organisiert.
[2] Franz Verling ging am 23.2.1921 zu Regierungschef Josef Peer und zog seine Unterschrift zurück.
[3] Bernhard Risch unterschrieb "vorbehaltlich ruhigen, gesetzmässigen Vorganges in dieser Sache", wie auf der Resolution vermerkt ist.